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Sehr zentral in der Innenstadt im Dunstkreis der landeshauptstädtischen Kultur-Hochburgen (Kunsthalle, K20 Kunstsammlung, Kunstakademie, Schauspielhaus, Oper, Kom(m)ödchen etc.) gelegen, wirkt es von außen fast unscheinbar. Wir betreten das Areal durch die Hofeinfahrt/Hotelvorfahrt. Direkt linker Hand liegt die gut beschirmte Terrasse der Brasserie. Mit Blick auf die Rückseite der bajuwarisch anmutenden Kirche (Zwiebeltürmchen), einen mit wechselndem Farbspiel beleuchteten Brunnen und den Nobelkarossen vorm Hoteleingang des Derag Livinghotel De Medici sitzt man mitten im Geschehen. Hier zelebriert sich die schön-reiche Gesellschaft bis der nächste ‘Hotspot‘ in der verbotenen Stadt eröffnet wird. Osteuropäisch wirkende Modeläquivalente am Arm morgenländisch anmutender Geschäftsreisender, in die Jahre gekommene, mehr oder weniger abschreckende Schnittmuster der plastischen Chirurgenelite und die übliche D’dorfer Bussi Bussi-Schickeria geben sich ein Stelldichein, für Kurzweil ist also ausreichend gesorgt. Die betongepflasterte Terrasse scheint ausreichend luftig solange keiner qualmt und mit hochwertigen Terrassenmöbeln aus Kunststoffgeflecht bestückt. Auf den Tischen finden sich goldbestickte Servietten mit praxisorientiertem, ausgefranstem Knopfloch, ein schweres Glaswindlicht, eine lackierte Pfeffermühle, ein Porzellan-Salzstreuer, jeweils Brotteller, Gläser und Werkzeug für einen Hauptgang. Die personelle Ausstattung scheint quantitativ gut und breit gemischt. Vom jungen Azubi (4,8) bis zum gestandenen Sommelier(Oberkellner, 4,4) scheint alles (ø 4,5) vertreten. Souverän professionell die Gastgeberin Frau Oxenfort wie bereits im ‘Weinhaus Tante Anna‘ (dieses noch bis Ende des Jahres wegen Renovierungsumbau geschlossen). Leichte Irritation bei der Überprüfung unserer Reservierung, wenig überraschend, dass uns dann der einzige freie Vierertisch (vor dem wir bereits standen) zugewiesen wurde. Wenig später trafen unsere Freunde ein, die zu berichten wussten, dass sie vor wenigen Minuten mit dem Hinweis, die Herrschaften seien noch nicht da, fortgeschickt wurden. Merkwürdiges Verhalten! Eigentlich sollte man erwarten dürfen, dass selbst bei noch fehlendem Gastgeber, die Gäste platziert und ggf. mit Getränken versorgt werden.
Bald darauf wurden Getränke abgefragt, wir orderten wie üblich stilles Wasser (0,75 L à 5,50 Euronen) und wollten gerade nach Aperitif-Empfehlungen fragen, kam der umsatzsteigernde Hinweis doch noch von der Servicedame. Bereits bei der Rückfrage was genau denn angeboten werde geriet sie allerdings ins Stocken und nur mit unserer tatkräftigen Hilfe wurden es zwei Glas Champagner à 9,50 Euronen und zwei Gin-Tonic für jeweils 10,- (7,- Gin + 3,- Tonic) Euronen. Kurz nach ordern der Speisen gab es dann niedliches, kleines Baguette und gesalzene Rollenbutter, leider knüppelhart. Aufgrund der warmen Witterung und des eifrigen Nachschenkens seitens des anscheinend noch leicht unterbeschäftigten Service, war die erste Flasche Wasser (regionale Premium-Abfüllung ‘Düssel Aqua‘ der Haaner Felsenquelle, natriumarm, rechtsdrehend und was der Lifestyle Junkie sonst noch so braucht…) schnell geleert. Die auf Nachfrage bestätigte zweite Flasche kam dann entgegen der ursprünglichen Bestellung in leise statt still und sorgte bei der Reklamation für ungläubiges Nachfragen und Stirnrunzeln. Immerhin wurde die Flasche anstandslos getauscht. Irgendwie schien die Servicefachkraft nicht so richtig geschult. Die analog der französischen Speisenbezeichnungen gewünschte Garstufe ‘saignant‘ wurde nicht verstanden, meine darob ausgedrückte Verwunderung, mit der Bemerkung, man müsse die französischen Fachausdrücke nicht kennen, weggebügelt, abgeschwächt durch den halbherzigen Zusatz man lerne noch. Soso, also ist die Aussage der Homepage, man serviere die französischste Küche der verbotenen Stadt, wirklich buchstäblich ernst zu nehmen. Französisch kann demnach ausschließlich die Küche. Das vorsichtshalber hinterhergeschobene: „Blutig also medium rare“ wurde leider ebenfalls nicht verstanden bzw. nicht korrekt übermittelt, >>später bei den Hauptgängen mehr dazu<<. Hatten sich anfangs die Kellner beim Nachschenken noch fast überschlagen, kehrte mit zunehmender Auslastung etwas Ruhe ein. Schließlich brachte man:
| Les Entrées |
FROMAGE DE TÊTE DE VEAU 11,- Euronen
Kalbskopfsülze, Meerrettich, Radieschen
Sehr gut gegartes Kalbfleisch mit ausreichend bissfesten Gemüsewürfeln in aromatischem Aspik von perfekter Konsistenz (nicht zu weich und nicht zu hart oder zäh). Dazu ein modern angerichtetes Bouquet von Blattsalaten, nett dekoriert mit Radieschenscheiben, Orangenzesten, Schnittlauch und gehackten Pistazien. Einzig die Anrichteweise der Meerrettichcrème und die sehr zerklüfteten Sülze-Brocken wirkten nachlässig.
AVOCAT AUX CREVETTES 14,- Euronen
Garnelentatar, Avocadocrème, Orangenessig, Sprossen
Ebenfalls gut gelungen das Garnelentatar, recht kräftig abgeschmeckt in fruchtiger Komposition mit Apfelscheibe, Cracker, Sprossen-Kresse-Salat und grünem Tobiko. Madame fand es etwas salzig, mutmaßlich wurde das Tatar aus eingesalzener Rohware hergestellt.
TERRINE DE FOIE GRAS DE CANARD MAISON 17,- Euronen
Entenstopfleber, hausgemachte Brioche, Chutney
Reduzierte Anrichteweise mit perfekt gerösteter Brioche-Scheibe, schön gemaserter, auf den Punkt gegarter Terrine und einigen Gelee-Tropfen, unter Chutney würde ich mir allerdings etwas anderes vorstellen. Nun, letztendlich ist die Interpretation Sache des Kochs unser Freund war jedenfalls hochzufrieden.
COQUILLES SAINT-JACQUES FUMÉES 14,- Euronen
Geräucherte Jakobsmuscheln, Zitrone, Trüffel-Mayonnaise
Fein geräucherte Jakobsmuschelscheiben in der Muschelschale auf grobem Salzbett präsentiert, die Muscheln sehr zart und angenehm rauchig ohne den nussigen Eigengeschmack zu überdecken. Dazu aromatische Trüffel-Mayo und der bereits vom Garnelentatar bekannte Sprossen-Kresse-Salat. Zitrone konnte ich weder im Dressing noch am Salat ausmachen, war aber auch nicht wirklich nötig.
Insgesamt waren die Vorspeisen in Ordnung, kleinere Nachlässigkeiten sind wohl dem Gästeaufkommen geschuldet. Verglichen mit typischen Brasserien in Frankreich wirkten entweder die Portionen zu klein oder die Preisgestaltung zu ambitioniert. Der bestellte Wein (Chardonnay) kam sehr zurückhaltend rüber, leider war auch im Verlauf des Abends keine Entwicklung zu verzeichnen. Eher ungewöhnlich, da La Forge Estate zu Les Domaines Paul Mas gehört und das ist eigentlich immer ‘ne sichere Bank. Serviceseitig gab es nix zu meckern, die Teller wurden annähernd gleichzeitig eigesetzt, eine Ansage erfolgte nicht bzw. wurde vernuschelt. Die Wartezeit bis es weiterging hatte schon einige Längen, in anregender Gesellschaft fällt das aber kaum auf. Kurz bevor es unangenehm zu werden drohte servierte man:
| Les Plats Principaux |
STEAK TARTARE 100g 15,- Euronen
100% Rind von Hand geschnitten, Frites
Erster Eindruck ist ein Berg unregelmäßig geschnittener aber kross frittierter Kartoffelschnitze, teilweise mit Schalen. Fast schamhaft ragt ein kleines, von grüner Daikonkresse gekröntes Türmchen, relativ grob geschnittenen Tatars hinter dem Kartoffelmassiv hervor. Laut unserer Freundin aber gut gewürzt und saftig mit genau dem richtigen Biss. Für mich würden etwas Remoulade oder andere kalte Saucen das Gericht erst richtig vervollständigen.
LE CARRÉ DE PORCELET NOIR DE BIGORRE 26,- Euronen
Spanferkel-Karree, Brokkolistampf, Trüffelkartoffeln
Perfekt auf den Punkt leicht rosa gegartes Spanferkelcarrée, zwei Tranchen mit jeweils zwei Rippen, von der Konsistenz her sehr zart, ein paar mehr Röstaromen wären unserer Meinung nach besser gewesen. Das ist aber auf hohem Niveau gemeckert. Stimmig dazu der Stampf mit seinen Röschen in leichter Velouté, drei ‘Quenelles‘ rote Zwiebelmarmelade und drei Trüffelkartoffeln. Entgegen unserer Erwartungshaltung, weil von den Mitbewerbern oft einfache blaue/violette Kartoffeln als Trüffelkartoffeln deklariert werden, hatte die Küche teilweise auf molekularer Ebene gebastelt. Schwarz gefärbter Kartoffelteig, mit einer äußerlich an Perigord-Trüffel erinnernden Struktur, gefüllt mit einer graubraunen, aromatischen Trüffelcrème. Sehr schöne Umsetzung auch wenn Madame sie etwas trocken fand.
LANGUE DE VEAU DE LAIT 24,- Euronen
Milchkalbszunge, Wiesenkräuter, Vinaigrette, Kartoffelwürfel
Drei Scheibchen von der Pökelzunge, schön weich gegart und aromatisch. Dazu passendes Gemüse in Form von Silberzwiebeln, Minimaiskolben, kleinen Pilzen (Enoki?), Kresse, Zucchinischnipsel auf einer Mousseline. Unser Freund war insbesondere von den drübergestreuten ‘pommes carrées‘ sehr angetan, ich fand’s etwas übersichtlich.
STEAK FRITES 350g 34,- Euronen
Entrecôte, Frites, Sauce Béarnaise
Überhaupt nicht übersichtlich das französische Nationalgericht schlechthin. Tolles Fleisch, sehr gut angebraten, eventuell entgegen der Order (saignant/medium rare) etwas zu bleu. Aber das entsprach meiner Befürchtung, die sich beim Einsetzen des Tellers und der damit verbundenen Ansage: „Einmal das Entrecôte rare“, manifestierte. Wegen der guten Qualität aber problemlos zu bewältigen. Dazu etwas gut gemachtes Grillgemüse, eine milde Zwiebelmarmelade und die zartcross frittierte Pommes Frites-Interpretation. Die Béarnaise war wieder so ´ne Sache für sich. Offensichtlich im ‘gasgetriebenen Aufschlaggerät für die Sahne- und Steifmassenherstellung‘ vorgehalten, verringerte sich deren Volumen beim eintauchen des Löffels schlagartig auf ein Viertel der Menge. Verteilt auf dem Steak wirkte die Sauce dann auch leicht geronnen. Abgesehen davon, dass in eine echte Sc. Béarnaise gehackter Estragon und Kerbel gehören (im Sprühgerät ist das natürlich nicht möglich und kostet daher imho Aroma), scheint die Konsistenz nicht wirklich gelungen. Auch wenn eine derartige Umsetzung sicher monetäre Vorteile beim Wareneinsatz bringt, sollte dies bitte überdacht werden.
Nach den Hauptspeisen wurde der Service wieder aktiver, offerierte Desserts und Kaffee, fragte auch nach der Zufriedenheit ohne indes besonders interessiert zu wirken. Da kamen die zwischendrin von Frau Oxenfort geäußerten Nachfragen wesentlich glaubwürdiger rüber. Für mich sollte es lediglich ein Digestif sein, die übrigen am Tisch wählten:
| Les Desserts |
Zwei Mal TARTE AU CITRON jeweils à 7,- Euronen
Zitronentarte
Nette kleine Zitronentartelette mit knackiger Säure trifft Fruchtsaucenkleckse und Beeren. Eine sehr erfrischende Umsetzung des Themas, die Damen fanden ‘s unisono prima.
CRÈME BRÛLÉE 7, Euronen
Gebrannte Crème
Eine recht ordentliche Portion des Klassikers, mit frischem Rahmeis, vorsichtig goldbraun abgeflämmt. Die nach dem Verzehr auf dem Tellergrund zu erkennenden, schwarzen Körnchen (…O-Ton unseres Freundes; Vanillemark - meine Aussage) belegen die handwerkliche Qualität eindrucksvoll. Bisher die Beste die wir in Deutschland probiert haben.
Bei den Hauptspeisen und Desserts scheint das PLV (wobei es in D’dorf generell eher PLMV heißen müsste…) angemessener. Für drei Flaschen Wasser, vier Aperitivs, eine Flasche Weißwein (La Forge à 22,- Euronen), vier Vor- und Hauptspeisen, drei Desserts und drei Digestive (Nonino Reserva à 7,50, Balvenie Doublewood 12J à 8,- und ein Tquila Añejo à 10,- Euronen) wurden insgesamt 279,- Euronen fällig. In der gehobenen Hotelgastronovie sind knapp 70,- Euronen pro Kopf durchaus im Rahmen. Die Küche scheint manchmal mit den Brasserie-Klassikern zu spielen, mit mal mehr und mal weniger Erfolg. Beim Service gibt es mutmaßlich noch eine gehörige Portion Schulungsbedarf. Insbesondere Begrifflichkeiten der reklamierten Kernkompetenz könnten präsenter sein.