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Ich hingegen kann von all diesen Zutaten gar nicht genug kriegen, und den ungewohnten, aber zeitlich begrenzten Körpergeruch nehme ich ggf. billigend, wenn nicht gar amüsiert in Kauf. Das muss eine gute Ehe aushalten.
Umso erfreuter waren wir, als wir mit dem Taj Tandoori ein Restaurant gefunden hatten, das wir beide zufrieden wieder verlassen konnten. Das elegante Lokal befindet sich in einem wunderschön an der Oos gelegenen Herrschaftshaus, das allerdings mit einem profanen Anbau böse verschandelt wurde. Zum Zeitpunkt unseres Besuches fand dort zu allem Überfluss auch noch einer dieser teppichhandelsüblichen Dauerräumungsverkäufe statt. Für diese Bausünde gehören die Verantwortlichen alle miteinander in einen Sack gesteckt und kräftig durchgewalkt. Am besten beim Reingehen nicht nach rechts und beim Rausgehen nicht nach links gucken.
Drinnen ist es, für indische Verhältnisse dezent, mit Drucken aus der Mogulzeit dekoriert, allerdings sehr eng mit zum Teil sehr kleinen Tischen vollgestellt. Unser Zweiertisch, den wir uns zugegebenermaßen selber ausgesucht hatten, weil er so schön in einer Nische stand, hätte einem Pariser Bistro alle Ehre gemacht, aber ein indisches Essen braucht eben mehr Platz als ein französisches Frühstück. Der Nachbartisch war zum Glück nicht besetzt, deshalb konnten wir das eine oder andere Gerät dorthin auslagern, da aber auf der anderen Seite gleich die Wand war, hatten wir uns mit unseren angelegten Ellenbogen zumindest einseitig wie bei Ryan Air gefühlt.
Jetzt aber endlich zum Essen. Gekocht wird, passend zur Dekoration, überwiegend nordindisch, ergänzt durch ein paar kulinarische Leihgaben aus dem Süden des Subkontinents, wie zum Beispiel dem mir bis dahin ungeläufigen Chicken 65 (16,50 €). Der offenbar frisch aus Indien eingeflogene Kellner konnte mir nicht verraten, warum das so heißt, das lag aber wohl an den Tücken der für ihn noch ungewohnten deutschen Sprache. Wikipedia wusste später, dass dieses Gericht im Jahre 1965 im Madraser (heute Chennaier) Hotel Buhari kreiert wurde. Eine andere Legende besagt, dass es deswegen so heißt, weil da 65 Chilischoten reingehören, aber das das wäre selbst für südindische Verhältnisse etwas übermütig.
Dieses nunmehr also 55jährige, exquisit marinierte Huhn zerging mir fast auf der Zunge, und besonders gefreut hatten mich die reichlich verwendeten Curryblätter. Chilis waren allerdings keine drin, obwohl sie auf der Karte standen, und 65 schon gar nicht.
Dazu gab es noch ein feines Tarka Dal (12,80 €, recht flott für eine Beilage), dem ich erheblich energischer zusprach als meine Frau, des eingangs erwähnten Kreuzkümmels wegen, mit dem die über das Dal gegossene Butter gewürzt war.
Meine Frau hatte aber viel Freude an ihrem Mixed Seafood Grill (ebenso flotte 24,50 €), bestehend aus Tiger Prawns, Heilbutt und, ziemlich untypisch, Lachs. Der Mann am Tandoor ist ein Meister seines Fachs, das gehört sich aber auch so, wenn schon der Name des Restaurants dem Ofen eine Krone verleiht.
Als Vorspeise hatten wir uns übrigens noch die Royal Prawns geteilt, die, bescheidene drei an der Zahl, infolge der Teilung zu einem Küchengruß schrumpften. Das war aber auch ok, den sonst wären wir am Ende vielleicht geplatzt. Die in der Karte angekündigten Chilis gab es wieder nicht, stattdessen rohe Paprikawürfelchen, die zwar hübsch aussahen, aber in der indischen Küche eigentlich keinen Platz haben.
Apropos Küchengruß: Angesichts des Niveaus wäre es durchaus passend, mit so einer Nettigkeit die verwöhnte Baden-Badener Gästeschaft gleich in die passende Stimmung zu versetzen.
Zum Nachtisch gab es dann noch ein Missverständnis in Form eines Mango Chilli Sorbets: Das ließ nämlich erneut jegliche Schärfe vermissen. Die Erklärung war, und hier lag es jetzt nicht an der Verständigung, dass es sich um eine Mangosorte namens Chilli handele. Wenn dem tatsächlich so wäre, was ich ganz entschieden bezweifle, dann wäre das Management aber gut beraten, angesichts der Rarität dieser Sorte darauf hinzuweisen. So hatten wir gleich dreimal etwas mit Chili bestellt und dreimal nicht bekommen. Abgesehen davon war das Sorbet aber trotzdem ein Hochgenuss, wenn auch ein milder.
Fazit: Ein indisches Restaurant der auch preislich gehobenen Kategorie, das einen guten Kompromiss aus den Charakteristika der indischen Küche und den mitteleuropäischen Geschmacksgewohnheiten seiner Gäste gefunden hat, genau das, was meine Frau und ich brauchen, wenn wir beide zufrieden sein wollen. Anders riechen tut man nachher auch nicht.
Abstriche gibt es aber dafür, dass überall dort, wo Chili draufstand, kein Chili drin war, und die Ausrede mit der obskuren Mangosorte können sie stecken lassen. Und wenn man das mit Rücksicht auf die Empfindlichkeiten der deutschen oder – wir sind ja in Baden-Baden - russischen Gäste tut, aber bereit und in der Lage wäre, schärfer zu kochen, dann könnte man es ja vorher sagen. Allerdings, das gebe ich zu, besteht da auch eine gewisse Holschuld seitens des Gastes, vor allem wenn er schon oft die Erfahrung gemacht hat, dass in indischen (oder thailändischen, chinesischen, mexikanischen usw.) Restaurants das Essen vorbeugend entschärft wird - mea semiculpa.