Zurück zu Zum Lamm
GastroGuide-User: Ehemalige User
Ehemalige User hat Zum Lamm in 76777 Neupotz bewertet.
vor 9 Jahren
"Kulinarische Bestandsaufnahme im bestbürgerlichsten Sinne"
Verifiziert

Geschrieben am 22.10.2016 | Aktualisiert am 22.10.2016
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Zum Lamm
Besucht am 06.10.2016 Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Neun Monate sind seit meinem letzten Besuch im „Lamm“, nach wie vor einem der besten Fischlokale der Südpfalz, vergangen. Auf die Historie des Lokals sowie die Kochkünste von Küchenchef Kreger bin ich in meinem letzten Bericht ausführlich eingegangen. Das mit dem Bib Gourmand ausgezeichnete Restaurant befindet sich im Ortskern von Neupotz, einem idyllischen Dörfchen in unmittelbarer Nähe zum Rhein. Dass hier seit Jahren hervorragend zubereitete Fischgerichte serviert werden ist kein Geheimnis, weshalb wir für unseren traditionellen Genießerabend mit Kollegen vorsorglich einen Tisch für vier Personen reservierten. 

Für manche mag die behagliche Gaststube vom Ambiente her etwas zu anachronistisch wirken. Für mich ist sie schon immer ein Hort gehobener Gastlichkeit, in dem ich mich sehr wohlfühle. Da stören mich auch die etwas in die Jahre gekommenen Einrichtungsdetails wie etwa der Teppichboden unter den Füßen sowie das leicht angestaubte Design der Rückenpolster der einmal ringsherum führenden Wandbänke nicht. Gelbliches Licht lässt uns die in schnörkellosem Weiß eingedeckten Tische in einem deutlich wärmeren Farbton wahrnehmen. Von der holzvertäfelten Decke baumeln die sich dafür verantwortlich zeichnenden Verursacher: Hängelampen in Tropfenform, die sich auch auf den dezent begrünten Fenstersimsen als Tischleuchten wiederfinden. Einfachbesteck, Stoffservietten, Wein- und Wasserkelche prägen das klassische Tischbild. Gediegener Landhausstil, der jedoch äußerst unprätentiös wirkt und damit das Ankommen erleichtert.

Chefin Ulrike Kreger und eine weitere Dame im Service haben an diesem Abend alle Hände voll zu tun, denn der Hauptgastraum ist fast bis auf den letzten Platz besetzt. Dennoch herrscht hier kein hektisches Treiben. Mit pfälzischer Gelassenheit und Routine werden die Gäste umsorgt und herzlich begrüßt. Wir kamen an diesem Abend als „Spätgäste“, was den Vorteil hatte, dass der große, manchmal leider auch zeitgleiche, Ansturm hungriger Mäuler schon gestopft war.

Auch Manfred Kreger nimmt am diesjährigen Wettbewerb „So schmeckt die Südpfalz 2016“ mit zwei verschiedenen Drei-Gang-Menüs zum Thema „Apfel“ teil. Die vegetarische Version mit Ziegenkäse, Pastinaken-Apfel-Soufflé und karamellisierter Salzdampfnudel mit Rahm-Eis vom Apfelbrand wurde mit 34 Euro berechnet. Einer meiner Kollegen am Tisch wählte das „normale“ Apfel-Menü (37 Euro). Es beinhaltete eine Reh-Crêpe-Roulade mit Gala-Rote Beete in Quittenkaramell und Orangenblütenessig als Vorspeise, ein Filet vom Flusszander mit geliertem Elstar-Apfel, Schwarzdirnel (eine Art trocken gereifte Blutwurst) und Kartoffelrisotto zum Hauptgang sowie das bereits erwähnte Dampfnudeldessert. Da hatte er sich was vorgenommen.

Der Rest der Truppe wählte aus der übersichtlichen Aufklappkarte. Diese wird in gewohnter Regelmäßigkeit saisonal angepasst und weist eine durchdacht zusammengestellte Auswahl an Speisen auf. Fünf Vorspeisen, eine gute Handvoll außergewöhnlicher Fischgerichte und genauso viele lecker klingende Hauptgänge für Fleischfans. Lediglich das vegetarische Angebot fällt mit frischen Pfifferlingen an Basilikumrahmsauce, Gnocchi und Salat (17 Euro) etwas dünn aus.

Zum Einstieg gehe ich mit der Jahreszeit und wähle das Kürbiscremesüppchen mit gebratenen Garnelenschwänzen und Mangosalsa (7,90 Euro). Mein Kollege steht nicht so auf Meeresgetier, weshalb er die Suppe ohne Fischeinlage bestellt. Bei den Hauptgerichten steht es zwischen den beiden Fleischessern am Tisch und uns Fischfans (der Menü-Kollege und ich) unentschieden. Rumpsteak mit gebratenen Zwiebeln, Pommes frites und kleinem Beilagensalat (21,90 Euro) sowie verdammt lang geschmorte Ochsenbäckchen mit Pilzen an Rahmwirsing und Serviettenknödel (18,50 Euro) lassen meinen beiden Kollegen von der Carnivorenfraktion schon bei der Bestellung das Wasser im zusammenlaufen. Ich dagegen gebe mich ganz „old school“ und frage vorsichtig an, ob denn der Klassiker früherer Tage, Zander in Rieslingsauce, noch erhältlich wäre. Wohlwissend, dass Maître Kreger dieses nicht auf der Karte stehende Fischgericht aufgrund kulinarischer Traditionspflege hin und wieder auf den Teller zaubert, erlaubte ich mir die Nachfrage. Und siehe da: ihr wurde stattgegeben. Wahrscheinlich weil das Hauptgeschäft an diesem Abend schon gelaufen war und die Küche nicht mehr ganz so viel „rausschicken“ musste, war diese „Special-Order“ kein Problem. Ich freute mich jedenfalls wie ein Flusszander im Altrhein auf diesen Fischteller aus den 80ern, den die Mutter von Manfred Kreger schon damals so lecker zubereitet hat.

Als Weinbegleitung entschied ich mich für die Weißweincuvée „Schorsch“ (übersetzt: „Georg“) vom Siebeldinger Weingut Dr. Steiner. Diese außergewöhnliche Liaison aus Muskateller, Silvaner, Chardonnay, Auxerrois und Sauvignon blanc hatte mit 6,80 Euro das Viertel zwar seinen Preis, war ihn aber auch wert und passte ganz hervorragend zur leicht säuerlichen Rieslingsauce meines Zanders.

Bevor es kulinarisch hoch her ging, grüßte uns das Küchenteam mit einem kleinen Stückchen von der Lachsroulade. Ein kleiner, aber wirklich sehr feiner Auftakt. Dann eröffneten die Vorspeisen den Schlemmerreigen. Die  Reh-Crêpe-Roulade des Apfelmenü-Vernichters neben mir sah schon mal klasse aus und schien ihm auch dementsprechend zu munden. Meine Kürbissuppe wirkte dagegen von der Optik her weniger spektakulär, entpuppte sich aber dank perfekter Abschmeckung und Würze zu einem Erlebnis am Gaumen. Die Idee, die pikant gewürzten Garnelenschwänze auf eine Mangosalsa in Tellermitte zu platzieren und danach die himmlisch-herbstliche Kürbissuppe um dieses exotische Türmchen herum aufzugießen, ging auf. Mit etwas Kürbiskernöl obendrauf stellte sie eine sehr gelungene Vorspeise, die den stolzen Preis von 7,90 Euro auch rechtfertigte, dar. Auch mein Kollege, der die Suppe ohne „Garnelentuning“ bestellte, war voll des Lobes.                         

Aus der Küche drang schon der Duft gebratener Zwiebeln. Da wusste ich, dass das Rumpsteak meines Nebenmannes nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Er bekam jedoch zuerst seinen tadellos angemachten gemischten Beilagensalat, eher er die pfälzische Fleischkeule kreisen lassen durfte. Das Rumpsteak lag auf einem braunen Zwiebelsaucenspiegel. Oben auf dem Fleisch thronten die angerösteten Vertreter aus der Gattung der Lauchgewächse. So muss ein Pfälzer Rumpsteak aussehen und vor allem schmecken. Die Zufriedenheit meines Kollegen war nicht zu übersehen. Da hätte das Stück vom Rind gerne auch ein paar Gramm mehr auf seinen nicht mehr vorhandenen Rippen haben dürfen. Bei meiner Oma hieß so ein Stück früher „Biffdeck“, sah im Grunde genauso aus und hüllte das ganze Haus in betörenden Zwiebel-Fleisch-Duft.

Mein Zander alter Schule kam mit einem Schüsselchen voll Salzkartoffeln an den Tisch. Er schwamm förmlich in appetitlich duftender Rieslingsauce, bei der u.a. die Zwiebelstückchen für geschmackliche Tiefe sorgten. Mit etwas Schnittlauch bestreut und einem aus dünnem Brikteig gebackenem „Deko-Segel“ wirkte das Ensemble wie ein kleines Boot, das im Rieslingsee schipperte. Doch der Weg des „Zanderschiffes“ führte natürlich in eine ganz andere Richtung und mundete dort ausgezeichnet. Der Fisch war natürlich perfekt gebraten (so wie man das von Manfred Kreger kennt) und die Soße ein säuerlich-aromatischer Traum, der in Kombination mit den Salzkartoffeln zur wahren Delikatesse wurde.

Etwas aufwendiger in Szene gesetzt wurde der Flusszander meines Tischgenossen. Der lag meliert und gebraten auf einem wunderbar abgeschmeckten Kartoffelrisotto und war von Würfeln aus Elstar-Apfel-Gelee mit darauf liegenden, angebratenen Blutwurstscheibchen flankiert. Ein sowohl optisch als auch geschmacklich gelungener Menü-Hauptgang. Und für die Ochsenbäckchen des mir gegenüber sitzenden Genießers brauchte es noch nicht mal den Einsatz eines Messers.

Damit unser Menü-Esser seine karamellisierten Salzdampfnudeln nicht alleine futtern musste, bestellten wir trotz bereits vorangeschrittenem Sättigungsgrad ein paar „Sympathie-Desserts“. Ein gemischtes Eis mit Sahne sowie eine „Monsternocke“ Passionsfruchtsorbet machten den Nachtischverzehr gesellschaftsfähig.

In bester Gesellschaft befanden auch wir uns an diesem Abend und verließen nach hervorragendem Essen hochzufrieden das „Lamm“. Die nächste kulinarisch-kollegiale Viererrunde findet dann im Dezember statt. Den Bericht dazu könnt ihr dann auch hier lesen.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


kgsbus und 27 andere finden diese Bewertung hilfreich.

Gast im Haus und 27 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.