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Ab und an muss es Regionalküche sein, also Bratkartoffeln, Sülze, Hering, Knipp und Co. Die Zahl der Gasthäuser, die diese Küche schmackhaft zubereiten, ist in den letzten Jahren drastisch gesunken.
Beklagt habe ich schon in einigen Besprechungen, dass in der sog. Bremer Schweiz und an Lesum und Hamme etliche Traditionsnamen verschwunden sind (Schoops, Lamcken, Bruns Garten, Imhoff, Ritterhuder Schleuse). Bis vor Kurzem stand auch Murkens Krug zur Fähre auf dieser Liste, gelegen am Lesumufer gegenüber von Knoops Park.
Nach dem Aus der alten Bewirtschaftung unter der Familie Murken seit 1855 in 2011 hatte sich seit Herbst 2013 unter dem Namen „Alma“ ein vegetarisches Restaurant in dem Traditionshaus versucht und ist gescheitert, was vorauszusagen keiner prophetischen Begabung bedurfte. Die Segler und Ausflügler erwarten von einem Ausflugslokal und ein solches ist das Haus von der Lage her, Deftiges auf dem Teller und kein vegetarisches Grünkohlgericht in der Wintersaison, was ein echter Frevel ist!
Am 25.05.2019 hat die polnische Wirtin Katharina Szkudlarska unter dem alten Namen eine Neueröffnung gewagt. Traditionelle Regionalküche, ergänzt um polnische Spezialitäten wurden in einer Anzeige angepriesen. Eine Internetpräsenz sucht man derzeit noch vergebens.
An einem Freitag mit eher kühlem Wetter kehrten wir um 18:00 Uhr in den Krug ein. Drinnen sollten wir erst einmal die einzigen Gäste sein. Draußen waren vielleicht fünf Tische besetzt. Später erschien dann eine kleinere Gesellschaft mit älteren Herrschaften. Der Zuspruch ist also noch sehr verhalten.
Nach unserem Besuch waren wir uns einig, dass die Küchenleistung nicht dazu angetan ist, Murkens auf unsere Liste zu setzen. An unsere Referenzen für deftige Bratkartoffelküche (Lesumer Hof, Nordseite, Zur Schleuse, Brunnenhof) reicht Murkens nicht heran. Die polnische Karte ist auch nicht dazu angetan, eine Wiederholung zu animieren.
Die Preisgestaltung ist moderat. Die Zeche von 55 € umfasste immerhin vier Gerichte, fünf Biere und zwei Schnäpse.
Service:
Wir wurden von der Wirtin persönlich bedient, die die wenigen Gäste alleine bespielte. Ein junger Mann in einer farbbeklecksten Handwerkerhose schleppte zuweilen Getränke heran. Wenn eine große durstige und hungrige Gruppe eingefallen wäre, hätte Frau Szkudlarska wohl weitere Arme und Beine ausfahren müssen, um keinen Frust bei den Gästen aufkommen zu lassen.
So aber konnte sie gelassen präsent sein und bediente zügig. Ihre Kommunikation beschränkt sich auf das Nötigste. Das ist etwas wenig, um insbesondere ältere Gäste an sich zu binden. Der betagten Gruppe hätte sie z. B. die polnischen Gerichte mit Beschreibungen ans Herz legen können. Dann wäre es auch nicht zum Missverständnis gekommen, dass Bigos, der mit dem Zusatz „Polnischer Sauerkrauteintopf“ auf der Karte steht, kein Suppengericht ist.
Also nur drei Sterne für die Pflichtübung.
Die Getränkepreise sind moderat. Immerhin werden drei Biere gezapft: Das lokale Haake Beck vom großen Konzern für 2,50 €, das beliebte naturtrübe Kräusen aus derselben Brauerei für 2,90 € und als weitere Konzernschwester wird das Franziskaner Kellerbier für 2,60 € angeboten, immer 0,3 l. Für das Wasser 0,7 l stehen 4,40 € auf dem Bon.
Das Weinangebot habe ich nicht dokumentiert.
Essen:
Die Karte ist überschaubar, aber für eine Ausflugsgaststätte ausreichend. Für den schnellen Hunger gibt es Currywurst und Bratwurst, traditionell sind Bratkartoffelgerichte mit Sülze, Knipp, Matjes, Brathering oder schlicht Spiegeleiern. Kurzgebratenes vom Schwein und Puter und die Rindsroulade runden das Erwartbare ab. Die polnische Karte umfasst Hühnersuppe, Piroggen, Bigos, Schweinemedaillons und -schnitzel mit Rahmchampignons oder gebratenem Kohl, Kartoffelpuffer, einen Kartoffel-Hackfleischauflauf und gedämpfte Knödel mit Braten. Preislich bewegen sich alle Hauptgerichte zwischen 8,50 bis 16,50 €. Brot mit Sülze oder Bratwurst mit Pommes gibt es schon für knapp 7 €. Die Fleischwaren kommen vom nächstgelegenen Fleischer Boes aus Burg, der zu Recht einen guten Ruf genießt.
Wir wählten die Hühnersuppe (4,50 €) und sieben Piroggen mit Käsefüllung (8,50 €) als Vorspeisen.
Meine Suppe wurde sehr heiß in einer ansehnlichen Terrine serviert. Beim Umrühren kamen nur Suppennudeln zum Vorschein, die mit der Brühe sofort wieder vom Löffel flutschten. Meine ständige Begleiterin gab dann den Tipp, erst die Brühe auszulöffeln und dann die Nudeln reinzuschaufeln, was sich als zielführend erwies. Die Brühe mit einem guten Fettfilm schien mir hausgemacht. Aber was macht die Küche mit dem Huhn? Hier hätte ich mir eine Einlage vom Huhn gewünscht, die den Namen rechtfertigen würde. So war es halt eine Brühe mit typischen Suppennudeln.
Interessanter die Piroggen. Sieben mittelgroße Teigtaschen mit geschmälzten Zwiebeln, gereiht um ein Töpfchen mit ungewürzter Crème fraîche. Die Teigtaschen waren mit Frischkäse gefüllt und gut essbar und sättigend. Statt der langweiligen Crème fraîche hätten sie eine saure Sahne verdient, wie sie gerne zu Pelmeni gereicht wird.
Dann die beiden Bratkartoffelgerichte; einmal mit Sülze (10,50 €) und einmal mit Knipp (11,50 €). Die Bratkartoffeln zumindest vom Schnitt her hausgemacht und mit recht weichen Speckstücken gebraten. Das hätte aber kräftiger geschehen dürfen, denn serviert wurden sie zu „blond“. Sehr gut die drei dicken Halbscheiben Sülze. Für meine ständige Begleiterin mit zu wenig Schwartenstücken, ich fand mein Probierstück mager, fest und sehr gut gewürzt. Eindeutig die Kümmelnote. Für mich eine sehr gute Sülze. Das Schälchen mit Remoulade verdient leider dasselbe Verdickt wie der Dipp zu den Piroggen. Sie schmeckte absolut flau. Nichts Würzendes wie Senf, Meerrettich oder Worcester Soße waren zu vernehmen oder Stückiges von der Gurke oder dem Ei. Auch den 08/15-Beilagensalat auf den Tellern fand ich langweilig. Uns erfreut zur deftigen Küche eher ein klassischer Gurken- oder Bohnensalat.
Überzeugen konnte also nur die Sülze, also die Lieferantenauswahl.
Mein Knipp war als Scheibe gebraten worden. Knipp (Hauptbestandteile: Hafergrütze, fettes Schwein, Schmalz, Zwiebeln) wird in großen Rollen im Kunstdarm verkauft. Brät man es als dick geschnittene Scheibe, sind die Röstaromen weniger ausgeprägt, als wenn man das Knipp beim Braten zerteilt und so mehr Oberfläche schafft. Das scharfe Anbräunen soll auch für den guten Geschmack entscheidend sein. So sah es fast wie ein pattygeformter Burger aus. Zumindest Ober- und Unterseite waren kross angebraten. Aber das Knippbrät war für mich nicht kräftig genug gewürzt. Es fehlten Pfeffer und Piment.
Auf den Tischen stehen simple Salz- und Pfefferstreuer und in einem Minifläschchen mit Bügelverschluss Maggisoße.
Für die Brühe und die Piroggen könnte ich knappe vier Sterne rausrücken. Die Hauptspeisen kommen aber über drei Sterne nicht hinaus. Also verbal 3,25 Sterne.
Durch die Küchentür konnten wir ab und an eine jüngere Frau in der Küche arbeiten sehen. Sie ist wohl die einzige Köchin an dem Tag gewesen. Ich wünsche ihr eindeutig mehr Mut beim Würzen der Dips und mehr Ausdauer bei den Bratkartoffeln, die im Bremer Raum für die Beurteilung von Landgasthäusern kriegsentscheidend sein können (legendär die Bratkartoffeln in Geffkens Schleuse aus den großen Pfannen).
Ambiente:
Der Gasthof ist einem roten Klinkerbau untergebracht, der mit seinem Krüppelwalmdach an hiesige Bauernhöfe erinnert. Vor dem Eingang eine schöne Terrasse, von der aus man über den Deich Richtung Fluss (Lesum) schaut. Auf dem breiten Deichvorland allerdings typische Gerätschaften eines Wassersportvereins wie Trailer oder ein alter Kran. Unter der alten Bewirtschaftung gab es einen Fährdienst zur anderen Seite, an den ich mich aus meiner Kindheit noch gut erinnern kann. Man musste eine Glocke am Anleger läuten und der Fährmann kam herübergerudert und später getuckert.
Sitzt man in dem geräumigen Gastraum, kann man durch das Fenster auch über den Deich schauen.
Die Einrichtung ist zurückhaltend. Auf einem helleren Holzdielenboden stehen blanke, dunkle Holztische, viele oval. Zwei verschiedene Stuhltypen, die den Tischen nach der Unterscheidung eckig oder oval zugeordnet sind. Im offenen Gastraum wirken nur einige tragende Säulen etwas unterteilend. Zwischen den Tischreihen gibt es viel Platz. An dem Abend empfand ich es als etwas kühl in dem Raum und die wenigen Gästen mögen den Eindruck zusätzlich verstärkt haben, dass es etwas ungemütlich wirkt. Die Säulen, Wände und die Decke sind in einem sehr hellen Ton bzw. weiß gestrichen. Die maritime Deko sticht noch am ehesten an der Decke ins Auge mit Deckenleuchten mit Tauwerk, einer Reuse und Segeln.
Durch die ovale Form wird dem Vierertisch unnütz Arbeitsfläche genommen.
Aus den Lautsprechern drang gut hörbar das Programm eines Radiosenders.
Sauberkeit:
Alles sehr gepflegt. Teilweise modernisiert die Damentoilette.