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Ein kleiner Wochenendtrip in die Friedens- und Zoostädte Osnabrück und Münster führte uns am Freitagabend in das bereits vorher ausgewählte Restaurant Algarve Grill. Bekanntlich zählen Portugiesen auswärts zu meiner bevorzugten Küche, darben wir hier in Bremen doch nach wie vor ohne Portugiesen vor uns hin.
Außerhalb von Hamburg mit seiner Vielzahl an portugiesischen Einkehrmöglichkeiten habe ich gemischte Erfahrungen gemacht (Daumen rauf im Adega Aletejana in Darmstadt, runter im Lisboa in München und Algarve in Aachen). Der Algarve Grill in Osnabrück lässt den Daumen wieder zum Erectus werden.
Es kommt halt auf eine engagierte Wirtsfamilie an, die Spaß daran hat, uns ihre Heimatküche möglichst ungekünstelt und ohne Anbiederungen an 08/15-Tapaslangeweile nahe zu bringen. Das Gefühl hat man im Algarve Grill. Wie ich nachlesen konnte, gibt es das Restaurant erst seit September 2016 und das Wirtspaar sind Antonio Magalhaes und Maria Madeiros, die viel Gastronomieerfahrung aus dem Osnabrücker Raum mitbrachten und das Portugiesische einbrachten.
Als wir am frühen Freitagabend einkehrten, waren wir erst einmal eine Weile die einzigen Gäste. Bis 19 Uhr waren die meisten Tische auf der Terrasse belegt. Meist mittlere Jahrgänge.
Eine Homepage pflegt der Algarve Grill leider nicht. Facebookjünger können sich unter https://de-de.facebook.com/www.algarvegrill.de/ einen Eindruck verschaffen.
Ich empfehle den Algarve Grill sehr gerne.
Das Preis-Leistungsverhältnis sehe ich angesichts der sehr gastfreundlichen Getränkepreise bei 4,5 Sternen.
Service:
Das Restaurant wird wohl von Frau Maria und Mann Antonio im Alleingang bespielt. Zumindest am Tisch agiert Frau Maria Madeiros solo und beim Blick in die Küche war nur Antonio mit hoher, steifer Kochmütze und ebenso weißer Kochjacke (ähnelte dem klassischen Bocuse-Outfit) zu sehen.
Frau Maria Madeiros agiert portugiesentypisch zurückhaltend; ausschweifige oder humorige Konversation sind ihr Ding nicht. Aber die Pflicht hinter dem Tresen und am Tisch erledigte sie routiniert. Auch als es sich füllte entstanden keine langen Wartezeiten. Da ich mir eine Hauptspeise mit dem Hinweis auf 40 Minuten Zubereitungszeit auswählte, passten auch die Zeiten zwischen den Vor- und Hauptspeisen.
Für die ordentliche Pflichtausübung wie immer drei Sterne von mir.
Die Getränke im Algarve sind auf einem Niveau angesiedelt, das mich an Hamburg vor zehn Jahren erinnert: 0,5 l Vinho Verde gibt es für 5,00 € (!) und der Liter Wasser dazu kommt auf 5,20 €. Bitburger vom Fass 0,3 l kostet 2,50 € und die 0,33-l-Flaschen portugiesischer Provenienz kommen auf 2,00 € für Sagres und 2,30 € für Super Bock. Bemerkenswert die Auswahl von 27 Flaschenweinen aus diversen portugiesischen Anbaugebieten.
Der offene Vinho Verde moussierte ganz leicht beim Eingießen; er hätte gerne fünf Grad kälter sein dürfen, um an dem warmen Tag richtig erfrischend zu sein, so war er nur kühl.
Essen:
Die Karte zeigt 11 Vorspeisen, eine Suppe, neun Fischgerichte mit Bacalhau, Pulpo, Sardinen, Lachs, Rochenflügel oder Meeresfrüchten von 12,90 bis 18,90 € und sieben Fleischgerichte (Hähnchen, Schwein, Lamm und Rind) von 9,00 bis 17,90 €. Vermisst habe ich Kaninchen. Auf der Extrakarte als Grillgerichte Dorade (18,90 €) und Wolfsbarsch (19,50 €) und eine Cataplana mit Hähnchen, Scampis, Speck und Paprikawurst (16,50 €).
Unsere Wahl fiel erst einmal auf Oktopussalat (7,90 €), Pimentos (3,50 €), Aioli (1,00 €) und Brot, was je Korb mit fünf Scheiben mit 1,50 € auf dem Bon steht (keine Überraschung, entspricht der Karte). Fangen wir unten an: Das Aioli war die einzige Enttäuschung. Wir tippten beide auf eine Industriemayo, die mit frischem Knoblauch aufgepeppt war. Das Brot frisch und gut. Die Pimentos mit vielen groben Salzkristallen versehen und ich befürchtete schon, auf diesen herumbeißen zu müssen oder sie besser abzustreifen. Aber zu meiner Überraschung waren die Kristalle nicht von diamantener Härte. Die Pimentos fleischig im Biss und lecker. Ebenso löblich der Oktopussalat mit zarten, fleischigen Abschnitten vom Kraken, zurückhaltend angemacht und mit Koriander einen besonderen Würzpfiff aufweisend.
Dann die Lammhüftsteaks mit Rosmarinsoße und Pommes und Reis (16,50 €) für meine ständige Begleiterin und die Cataplana de Peixe (18,90 €) für mich.
Ein solcher Fischeintopf in der Cataplana zubereitet und serviert ist für mich neben Stockfischgerichten der Inbegriff für portugiesische Küche. Das Foto belegt die mächtige Portion, die bis zur Neige heiß blieb. Ein Sud mit Weißwein, leicht fischig bildet die flüssige Basis. Tomaten, Kartoffeln, Paprika und Zwiebeln die Gemüsespieler, Venusmuscheln, Scampis und Tubenabschnitte die Meeresfrüchtefraktion und vier Fischstücke stehen für den Namen. Ach ja, auch hier etwas Kerbel draufgestreut. Von den Fischvertretern war die Sardine einfach zu identifizieren. Dazu kam (ich gebe zu, es erfragt zu haben) ein Stück Seeteufel, ein Stück Lengfisch und Rochenflügel, der mich vom Fleisch her (Farbe, Konsistenz) an Scholle erinnerte. Eine solche Cataplana ist ein Gesamtkunstwerk und ich war begeistert über meine Wahl!
Auch meine ständige Lammexpertin war mit der guten Portion mit fünf zarten Lammfleischscheiben in würziger Soße mit reichlich Pommes sehr zufrieden. Was zur Komplettierung fehlte, war ein frischer Salat, der in den portugiesischen Restaurants in Hamburg reichlich gereicht wird.
Würde das Aioli in der Spitzengruppe spielen, würde ich in Richtung fünf Sterne denken, so gebe ich gerne 4 mit Sternchen.
Auf den Tischen Fläschchen mit Essig und Olivenöl und gute Salz- und Pfeffermühlen.
Ambiente:
Das Algarve ist in einem Eckhaus in einer kleinen Seitenstraße untergebracht, etwas abseits der Innenstadt. Die Räumlichkeiten beherbergten früher ein Rodizio. Aus der Zeit stammt die sehr dunkle Holzverkleidung an den Wänden und der Decke, zwar nicht durchgängig, aber sehr bestimmend und düster. Auf dem Boden Fliesen, die in freundlichem Orange eher an Portugal erinnern. Die Tische sind blank und schön geräumig. Man sitzt auf schlichten, aber ausreichend bequemen Stühlen und an der Wand auf einer Lederbank. Die vorfindliche Beleuchtung dürfte für ausreichend Illumination auf den Tischen sorgen, wenn es dunkelt.
Die Deko wird dominiert durch große Demillons, die auf Fensterbänken oder Raumteilern stehen, Weinflaschen und ein Barcelos-Hahn bewachte vom Fensterbrett aus unseren Tisch. Ins Ohr schmachtete sich Fadomusi.
Die geschützte Terrasse im Zwischenraum zum Nachbarhaus weist sechs Vierer- und zwei Zweiertische auf und wird von zwei gegenläufigen Markisen beschattet.
Sauberkeit:
Das Algarve macht einen gepflegten Eindruck. Die Toiletten bis auf die „historischen“ Bodenfliesen modern und frisch.