Yangda | Chinesische Küche
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Ettlinger Allee 7, 76199 Karlsruhe
Restaurant Biergarten Gaststätte
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GastroGuide-User: marcO74
marcO74 hat Yangda | Chinesische Küche in 76199 Karlsruhe bewertet.
vor 2 Jahren
"Erst war der „Yin“ und dann auch der „Yang“ da…"
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Geschrieben am 01.11.2021 | Aktualisiert am 01.11.2021
Besucht am 15.09.2021 Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 43 EUR
…und zwar in der von außen recht unscheinbaren Vereinsgaststätte des Karlsruher FC Südstern 06, deren 1.Mannschaft in der Kreisklasse A (Kreis Karlsruhe) derzeit im sicheren Mittelfeld der Tabelle rangiert und am letzten Spieltag eine derbe Klatsche gegen den SSV Ettlingen kassierte.
 
So viel fußballerisches Halbwissen sei hier mal vorangestellt, da sich zwei der chinesischen Futterphilosophie zugewandte Genussathleten in ungewohnt sportlicher Umgebung – erste gemeinsame Einkehr in einer Vereinsgaststätte (!) – auf den Weg nach Fernkost begaben.     
 
Über den Background des Karlsruher Yangda-Konsortiums hat mein guter Gaumenfreund ja schon in seiner unverwechselbaren Art referiert. Er kennt alle beiden Filialen – laut Homepage sind es derer zwei, vielleicht existiert die dritte Dependance in der Kaiserstraße ja nicht mehr – dieser erfreulich unprätentiösen, jedoch recht authentisch auftischenden China-Gastronomie in der Fächerstadt.
 
Da saßen wir also in trauter Herrenrunde an einem Mittwochmittag auf dem Balkon des Yangda im Stadtteil Dammerstock, der sich etwas südlich des Zentrums erstreckt und zur Zeit der Weimarer Republik dank Walter Gropius (Bauhaus) und Konsorten zu einem der wichtigsten Beispiele für die Kunst des „Neuen Bauens“ avancierte.
 
Doch was interessierte uns die dort vorherrschende Zeilenbauweise mit dem Ziel einer optimalen Besonnung? Hatten wir doch sowieso Letztere im Herzen als wir das gemeinsame Mittagsmahl begingen. Und das, obwohl unsere beiden Herzensdamen nicht mit von der Partie waren. Meine bessere Hälfte musste aufgrund ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft und den dazugehörigen Begleiterscheinungen passen. Frau Oparazzo wohl aus Gründen der Solidarität mit ihr.
 
Mit einem alkoholfreien Hoepfner Pils (2,90 Euro) – der Mann musste ja schließlich noch den serpentinenreichen Weg zum Herrenalber Hochplateau unter Verwendung seines persönlichen Kraftwagens erklimmen – und einem Fläschchen Tsingtao (auch 2,90 Euro) – der junge Wörther gab sich ganz bewusst weltmännisch – bewaffnet, bliesen wir zum kulinarischen Sturm auf die reich gefüllte Speisenkammer des sympathischen Vereinslokals, dem man eines sicherlich nicht nachsagen konnte, nämlich der zeitgeistigen Ponzu-Yuzu-Shiso-Dashi-Mode hinterherzurennen.
 
Hier in der von außen eher an eine schaurige Schnitzelstube erinnernden Speisegaststätte erwarteten wir keine avantgardistische Verblüffungsküche der asiatischen Art, sondern kompetent Gewoktes – auch gerne jenseits ausgetretener Schweinefleisch-süß-sauer-Pfade.
 
Unser Hunger war groß. Mein verspätetes Erscheinen schien den lechzenden Rentner klammheimlich in Richtung Unterzucker zu bugsieren. Eine schnelle Entscheidung war jedoch gar nicht so einfach, da ich mir als Neuling zunächst einen Überblick über die üppige Speisenauswahl mit Hilfe der komplett laminierten Karte verschaffen wollte. Anmerkungen und Tipps meines gegenübersitzenden Tofumeisters sog ich indes ein wie das zuvor bestellte Leichtbier aus der Volksrepublik.
 
Wohl um eine bessere Vorstellung von den einzelnen Gerichten zu bekommen, wurden sie alle mit einem kleinen Foto in der Speisenkarte versehen. Für die hier einkehrende Klientel aus China – die Universitätsstadt Karlsruhe gibt sich heute internationaler denn je – sind die Gerichte sogar in den Schriftzeichen ihres Landes abgedruckt.
 
Ich staunte nicht schlecht, las ich doch von Schweinezungen mit Lauchzwiebeln, tausendjährigen Eiern (für Historiker nicht uninteressant), Schweineohren und gebratenem Schweinemagen mit Paprika. Wenn eine Nation das Borstenvieh (egal ob juvenil oder senil) komplett verwertet, dann sind es wohl die Chinesen, ging es mir durch die Birne.
Um den Dammerstocker Aromafrieden am Tisch nicht zu gefährden, einigten wir uns im Stile daoistischer Geschmackszwillinge auf drei Tellergerichte:
 
Herr Yin sicherte beim doppelt gebratenen Schweinebauch mit Zwiebeln und Paprika (8,90 Euro) seine vollste Unterstützung zu und ließ sich gleichzeitig von seiner Lammfleisch-mit-Kreuzkümmel-Idee (11,90 Euro) nicht abbringen, was auch dem Herrn Yang aromatisch sehr zu Pass lief. Dieser wiederum setzte das Hühnerbeinfleisch nach guter alter Gong-Bao-Sitte (10,90 Euro) – einem Klassiker aus der südchinesischen Provinz Szechuan – durch.       
 
Für die Daheimgebliebenen orderten wir zwei Portionen des ebenfalls aus dem Südwesten Chinas stammenden Scharfmachers namens „Mapo Tofu“ (jeweils 7,90 Euro), ein mir bis dahin völlig unbekannter Zungenerhitzer aus Tofuwürfeln und Schweinehack, der meiner Frau und mir am Folgetag mit seiner fast den Tatbestand der Körperverletzung erfüllenden, höllisch scharfen Reiswein-Soja-Chilisoße aber sowas von einheizte.
 
Die Portionen im Yangda geraten zwar nicht in den Verdacht „Schmalhansens Notrationen“ zu sein, sind aber auch nicht übertrieben üppig angelegt. Klar hätten auch zwei Tellergerichte gereicht, zumal das Ganze ja mit einer ordentlichen Menge Klebereis verspachtelt wurde, aber allein der kulinarischen Neugier willen geriet unser Mittagslunch zur genussvollen Drei-Teller-Orgie, die uns später schwer gesättigt in die jeweilige Heimat entließ.
 
Der doppelt gebratene Schweinebauch brachte dabei genau die richtige Würze aufs Porzellan, die den in dünnen Scheiben servierten, knusprig-zarten Leckerbissen gerecht wurde.
Best Schweinebauch in Town
Keine Ahnung, ob da auch ein wenig in die Glutamat-Tüte gegriffen wurde. In der Karte war jedenfalls nur Kartoffelmehl als „Stärkemittel“ ausgewiesen. Knackige Zwiebeln und Paprika ergänzten den chinesischen Schweineklassiker um ein paar frische Aspekte. Ein rundum gelungener Einstieg, der mir das „Mit-den-Stäbchen-essen“ ganz schnell abgewöhnte, da sich mein Appetit nicht so recht mit meiner semiprofessionellen Klemmakrobatik vertragen wollte.
For Bauch-Buddies only! 
Die mit Kumin verfeinerten Lammfetzen kamen geschmacklich hervorragend ausbalanciert aus dem Wok. Ich war überrascht, wie gut sich das häufig in der Küche des Nahen Ostens anzutreffende, intensiv duftende Gewürz mit dem Fleisch vertrug. Denn der gerne zur Aromentyrannei neigende Kreuzkümmel unterhielt sich mit den zarten, überhaupt nicht totgebratenen Lammschnipseln „auf Augenhöhe“. Keine Frage, das Leib- und Seelengericht des promovierten Chineasten aus Bad Herrenhalb hielt auch den Erwartungen seines Asia-Azubis stand. Ein Teller wie geschaffen für perpetuales Dauerdinieren in bester Gesellschaft.
Kreuzkümmel-Lamm
Teller Nummer Drei hatte zartes Hühnerschenkelfleisch mit einer an Teriyaki erinnernden, etwas dickflüssigeren Sauce auf Sojabasis zu bieten.
Hühnerbeinfleisch nach Gong-Bao-Art
Zwischen dem saftigen Geschnetzelten vom Huhn tummelten sich eher grob geschnittene Frühlingszwiebeln, getrocknete Chilischoten und jede Menge Erdnüsse.
Nochmal das Gong-Bao-Huhn im Detail
Szechuan-Pfeffer, Ingwer und Knoblauch waren weitere Mitstreiter auf dem Teller, die sich allerdings in wohltuender Zurückhaltung übten. Der Versuch, eine der roten Schoten zumindest teilweise zu verzehren, scheiterte jäh und hinterließ am Gaumen verbrannte Erde.
 
Nach dem Motto: „Versuch macht kluch“ wurden die restlichen Scharfmacher geflissentlich aussortiert. Neben ein paar groß geschnittenen Zwiebelstücken und etwas Frühlingslauch waren sie jedoch die einzigen Überbleibsel unseres Mittagsmahls, wie die ansonsten blank geputzten Teller bewiesen.
"Hat's geschmeckt?"...."Äh, ja...."
Wie zufrieden doch ein gutes Essen mit einem Gleichgesinnten macht. Und das ganz ohne Spektakel auf dem Teller oder Hochartistik am Herd. Konfuzius sagte mal: „Es gibt niemanden, der nicht isst und trinkt, aber nur wenige, die den Geschmack zu schätzen wissen.“ Schön, wenn man sich mit solch einem Mitstreiter ein Mittagessen teilen darf.
 
„Danke für diese wohlschmeckende Asia-Erfahrung, Herr Yin.“ sagte Herr Yang und fügte noch hinzu: „Ich freue mich schon auf unser nächstes Treffen.“ Dann trennten sich ihre Wege und die „Mapo-Tofu-Leiden“ des jungen Wörthers nahmen ihren Lauf…
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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