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Die Rede ist von Romano Critelli, der sein Eiscafé im Maximilian-Center (Einkaufszentrum nördlich vom Wörther Ortsbezirk Maximiliansau, Anm.) aufgegeben hat und ins Clubhaus des FC Bavaria Wörth eingezogen ist. Seine seit dem 1.Mai dieses Jahres eröffnete Osteria trägt dabei seinen wohlklingenden Vornamen.
Romano Critelli ist in Wörth kein Unbekannter, betrieb er doch vor seiner Eiscafé-Karriere sieben Jahre lang das Restaurant Diverso in der Ottstraße, was leider die Schließung während des Corona-Lockdowns nicht überlebte und seitdem leer steht. Mit Arben Rama, der zuletzt im Diverso als Inhaber und Küchenchef fungierte, hat er in der Küche die passende Verstärkung gefunden.
Mein Vater hatte sich an jenem Sonntag zu einem Kurzbesuch in Wörth angekündigt. Die Option auf ein Mittagessen beim Italiener mit anschließendem Spaziergang „über den Dorschberg“ – so heißt nämlich das Wohnviertel, dessen Suffix auf die vom alten Rheinverlauf geprägte Geländestufe (= Hochgestade) zurückgeht und keinesfalls auf eine größere Erhebung schließen lässt, – ließ ihn gerne zusammen mit seiner Frau aus dem nicht weit entfernten Ettlingen über den Rhein kommen.
Von außen betrachtet, wirkte das direkt neben dem Kunstrasenplatz (zu meiner aktiven Fußballzeit noch ein knüppelharter Tennenplatz!) befindliche Clubhaus ziemlich schmucklos. Zwei funktionale Quader im monotonen Baustil der 70er Jahre, möchte man meinen. Von der Optik her nicht wirklich einladend.
Das Wetter war jedoch angenehm warm und so konnten wir auf der wesentlich einladender wirkenden Terrasse Platz nehmen. Dort war bereits eine kleine Familienfeier in vollem Gange. Auch drinnen hätte es sich gut aushalten lassen, denn Romano Critelli hat den Gastraum größtenteils neu möblieren lassen. Dem Hang zur klaren Linie folgend, entstand ein von dunklem Mobiliar bestimmtes, recht nüchternes Ambiente, das auch ganz gut ohne sentimentale Folkloredrapierung auskam.
Auf dem mit Bambusmatten überdachten Freisitz saßen wir ganz vergnügt im Halbschatten und blickten hinüber zu den Tennisplätzen, wo sich bei so manchem Medenrundenspieler die deutlich erkennbare Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit lautstark bemerkbar machte. Darüber konnte ich nur verständnisvoll lächeln, denn früher beim Badminton war mein Benehmen auf dem Platz keinen Deut besser. Ganz im Gegenteil…
Ich meine mich zu erinnern, unseren freundlichen Servicemann schon früher im Eiscafé des Herrn Critelli in Aktion erlebt zu haben. Wahrscheinlich hat er zusammen mit seinem Chefe „rübergemacht“. In Zeiten geringer Personaldichte ist sowas sicherlich kein Fehler.
Ein paar Empfehlungen waren mit Kreide auf diversen Schiefertafeln notiert. Siehe da, eine Tapas-Variation (Albondigas, Salsiccia, Scampis) hatte man auch außer der Reihe. Interessant. Daneben wurde für einen mit Schwein, Rind und Pute bestückten Grillteller (15 Euro) geworben. Kartoffelgratin und gegrillte Tomate inklusive.
Doch mir war an diesem Sonntagmittag irgendwie „puramente italiano“ zumute. Und da holte mich die mit jeder Menge Pizza- und Pastagerichten ausgestattete Speisenkarte mit reichlich Adressatenbezug ab. Warum man als Osteria jedoch unbedingt Schnitzel, Rumpsteak und Co. anbieten muss, wird sich mir wohl nie erschließen, aber der Betreiber wird sicherlich seine Gründe haben, welche die Zubereitung solch gutbürgerlicher Allerweltskost rechtfertigen. Oder genügend Gäste, die danach verlangen.
Ich blätterte mich durch eine hübsche Ansammlung frischer Salate, ehe ich bei den Vorspeisen meinen ersten kulinarischen Claim absteckte. Für den ersten Hunger war mir die Bruschetta (5,50 Euro) gerade Recht, nicht ahnend, dass es sich bei dieser Vorspeise in Wahrheit um ein verkapptes Hauptgericht handelte. Zu dem Preis hätte ich mir das niemals träumen lassen.
Die Frau meines Vaters hatte sich für einen Salat mit gegrilltem Lachs entschieden, der als weitere Empfehlung irgendwo geschrieben stand. Bei den vielen Schiefertafeln, die aushingen, verlor ich so langsam den Überblick. Meine Frau wählte nicht ganz überraschend die Pizza Vegetaria (8,50 Euro), die mit Spinat, Artischocken, Champignons und Oliven belegt war. Kann man so machen, wäre mir aber zu brav gewesen. Ein wenig mehr Belagwürze kann so ein Hefeerzeugnis schon vertragen.
Mir jedenfalls kam wesentlich Deftigeres in den Sinn. Die Pizza Bolognese (9 Euro), bei der sich zur namensgebenden Hackfleischsauce auch noch Salami und Schinken auf der Teigscheibe einfanden, wurde von mir eigenmächtig um ein paar milde Peperoni erweitert, um danach auf dem Bon in der Küche zu landen.
„Irgendwann, möglicherweise aber auch nie, werde ich dich bitten, mir eine kleine Gefälligkeit zu erweisen.“ So viel zum Thema „Extrawünsche auf der Pizza“. Dafür darf ein Don-Corleone-Zitat aus dem Film der Filme schon mal „Pate“ stehen.
Apropos (God)father: mein Vater hatte da bereits die Gnocchi Gamberetti (10,50 Euro) mit Shrimps, Zucchini und Kirschtomaten klargemacht – ganz ohne den lieben Gott um Rat zu fragen. Hoffentlich war das mal kein Fehler...
Bei meiner Bruschetta hatte man statt gerösteten Weißbrotscheiben frisch gebackenes Pizzabrot als Basis für den üppigen Belag aus Tomatenwürfeln, Parmesanbrocken und Rucolablättern verwendet. Hätte man die drei großen Stücke aneinandergelegt, wäre ein knusprig gebackener Halbkreis entstanden.
Selten habe ich eine so reichhaltige Bruschetta-Portion vorgesetzt bekommen. Wesentlich öfter dagegen eine, die nach tomatisierter Langeweile geschmeckt hat. Das tat diese hier nun wahrlich nicht. Gut, bei der Balsamico-Kalligrafie on Top wäre vielleicht weniger mehr gewesen. Aber ansonsten erfüllte der italienische Antipasti-Klassiker alle an ihn gestellten Erwartungen.
Die Zutaten waren frisch – nichts schmeckt dröger als welker Rucola! – und man hatte weitestgehend auf die Hinzugabe von Knoblauch und roter Zwiebel verzichtet. Olivenöl, Balsamico, Pfeffer und Salz wetteiferten um die Gunst der nicht allzu fein geschnittenen Tomatenschnipsel. Großzügig darauf verteilte Parmesanstücke sorgten für ein noch volleres Mundgefühl.
Selbst wenn die Portion nur halb so groß gewesen wäre, hätte sie mir locker gereicht. Aber eine Bruschetta teilen ist ja bekanntlich Ehrensache. Zumal der Rest der „Familia“ ja instinktiv auf eine Vorspeise verzichtet hatte.
Gut, dass ich mir dadurch noch ein wenig Platz im Magen aufgespart hatte. Denn flugs dampfte mir eine zusätzlich mit Kochschinken, Salami und Peperoni belegte Bolo-Pizza von stattlichem Durchmesser entgegen. Eine Rundbackware, die wie erwartet recht gehaltvoll ausfiel. Mit dem Käse hätte man durchaus etwas sparsamer umgehen dürfen. Auch der Kochschinken hatte seine saftigsten Tage bereits hinter sich oder vielleicht nie gehabt.
Am Boden hingegen gab es deutlich weniger auszusetzen. Er wies im Kern eine fluffig weiche Textur auf, war dennoch schön knusprig und mit ein paar eingebackenen Luftblasen gesegnet. Auch die rote Grundierung aus fruchtiger Tomaten- und würziger Hackfleischsauce erfüllte saftig ihren Zweck. Doch leider wurde sie von einem zu mächtigen Schmelzkäseteppich erschlagen. An einen Komplettverzehr des sättigenden Teigfladens war bereits nach den ersten paar Bissen nicht mehr zu denken, weshalb die restlichen drei Achtel später im Alumantel nach Hause transportiert wurden.
Keine Ahnung, wie meine Frau es schaffte, ihre Veggie-Scheibe komplett zu verdrücken. Aber Hochschwangere sind ja bekanntlich zu so mancher Großtat fähig. Dennoch musste auch sie mit den letzten Stücken kämpfen.
Dass bei Romano auch die Hungrigsten der Hungrigen locker satt werden, war mir schon beim Anblick der Salatportion, an der sich meines Vaters Frau zum Hauptgang versuchte, klar geworden. Auch die stattliche Lachstranche, die man auf ihrem grünen, für meinen Geschmack völlig „übersoßten“ Frischehügel verteilt hatte, kam nicht gerade aus – Achtung Kalauer! – Kleinfischlingen (kleines Weindorf in der Südpfalz, Anm.).
Mit der Menge an Joghurtdressing und dem mitgelieferten Pizzabrot war das eigentlich kaum zu schaffen.
Rein optisch hatte mein Vater mit seinen Gnocchis die kleinste Ration abbekommen. Aber auch er musste bei den in Tomatensauce schwimmenden Sättigungsnocken aus Kartoffeln und Hartweizenmehl im wahrsten Sinne des Wortes „Stärke“ beweisen. Dennoch äußerte er sich positiv über seine mit ordentlicher Garnelen-Einlage servierten Teiglinge, deren gleichmäßige Form auf zuverlässige Industrieware hindeutete.
Dass nach diesen vier Hauptgerichten keinem am Tisch der Sinn nach einem Nachtisch stand, war wenig verblüffend. Dass man hier nicht mit der EC-Karte zahlen konnte, schon eher. Egal, mein Vater beglich die Rechnung in bar. Danach wurde noch eine kleine Runde gelaufen. Die Verdauung musste nach der Brachialspeisung schließlich angekurbelt werden.
Nachtrag 1:
Den Rest meiner Pizza genoss ich übrigens am nächsten Morgen zum Frühstück. So ein kühlschrankkalter Italo-Snack kann einen schon gut gelaunt in den Tag schicken, weshalb ich mich grundsätzlich freue, wenn vom Vortag noch ein saftiger Teigfladenrest in der Aluhülle schlummert.
Nachtrag 2:
Übrigens kreuzte ich ein paar Wochen später noch einmal alleine bei der Osteria Romano auf. Da ahnte ich bereits, dass die folgende Nacht eine recht lange werden würde. So gesehen war die mit zusätzlich etwas Paprika belegte, ordinäre Pizza Milano (Salami, Schinken, Champignons) die letzte Mahlzeit vor der Geburt unserer Tochter.
Auch diesmal schaffte ich das teiggewordene Wagenrad nicht ganz (wohl auch wegen der ganzen Aufregung…). Aber das machte gar nichts, denn vom kalten Rest profitierte ich am nächsten Morgen als frisch gebackener, von dem erlebten Wunder etwas mitgenommener und rundum glücklicher Vater.