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GastroGuide-User: NoTeaForMe
NoTeaForMe hat Restaurant Unter Freunden in 23552 Lübeck bewertet.
vor 1 Monat
"Wieder gab es einen gastronomischen Neuanfang am Krähenteich, der mich bei diesem ersten Besuch mit seiner Qualität bereits in höchstem Maße erfreuen konnte."

Geschrieben am 27.03.2024 | Aktualisiert am 27.03.2024
Besucht am 27.03.2024 Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen Rechnungsbetrag: 16.1 EUR
Für einen einheimischen Lübecker ist es sicherlich ziemlich auffällig, wie häufig sich die Pächter in diesem Haus direkt an der Mühlenstrassenbrücke am Krähenteich die Klinke in die Hand gehen. Da sich die Räume im Untergeschoss des Hauses befinden, waren wir in den letzten Jahren vor allem Bar-Betriebe zu finden.
So gab es hier sehr lange eine Bar mit spanisch angehauchter Tapas-Küche, der 2023 Jahr ein recht kurzes Intermezzo mit einem Betrieb für eher internationale, einfache Küche folgte. Überraschend schnell wurde Ende letzten Jahres die Aufgabe auch dieses Betriebs vermeldet. Doch wie bereits angedeutet blieben die Räumlichkeiten nicht lange leer. So startete Anfang 2024 das „Unter Freunden“ und machte mich mit seinem auf der Homepage feil gebotenen Speisenangebot sofort sehr interessiert. Dazu aber gleich mehr.
Außenansicht.
Wie gesagt, befindet sich das Lokal im Untergeschoss dieser weiß gestrichenen Villa direkt an der von Süden in die Innenstadt führenden Mühlenstrasse, wo diese die Passage zwischen Mühlen- und Krähenteich überquert. Für die dadurch unvermeidlichen Treppenstufen nach unten gibt es für meinen kurzen ersten Eindruck keinen alternativen Eingang. Aber ich bin mir sicher, dass das Team das Restaurants auch dafür irgendeine Behilfsmöglichkeit hat.
Kleiner Aussenbereich.
Von einem Gatter von dem Bürgersteig abgegrenzt befindet sich vor dem Lokal zu dem noch ein mit Holzplanken ausgelegter Außenbereich, in dem man auch in der warmen Jahreszeit bei schönem Wetter sein Mahl und seine Pause genießen kann, ohne direkt dem Passantenstrom an dieser Hauptachse ausgesetzt zu sein.
Plätze direkt am See.
Noch attraktiver ist aber mit Sicherheit die Sitzmöglichkeit unter freiem Himmel, die sich zusätzlich nach hinten hinaus direkt am See befindet.
Interieur.
Hinsichtlich des Innenbereich es sieht man sofort, dass es sich hierbei eben um anscheinend auch alt ehrwürdige Räumlichkeiten in einer Villa handelt. Das zeigt sich vor allem daran, dass es keinen einzelnen großen Gastraum gibt, sondern mehrere kleine Räume, zwischen denen noch die ehemaligen Durchgänge beziehungsweise sogar Schiebetüren zu sehen sind. Es ist also etwas verwinkelt, und das scheint auch der Grund dafür zu sein, dass hier bisher noch nie eine größere Gastronomie, sondern meist ein kleiner gehaltener Betrieb im Stile einer Bar beziehungsweise eines Bistros vertreten war. Dafür ist die räumlich vorgegebene Kapazität für nur kleinere, aber dafür recht separiert verteilte Tischpartien wesentlich besser geeignet, da sich die Gästegruppen hier ungestört einem vielleicht auch stärker mit alkoholischen Getränken begleiteten Abend hingeben können.
Interieur.
Den Einrichtungsstil würde ich kurz mit einer Verbindung aus moderner Schlichtheit und Tradition zusammenfassen. Die Geschichte des Hauses zeigt sich vor allem an den typischen weißen und blauen Kacheln, die an vielen Wänden diese bis zur Hälfte auskleiden. Hier findet man auch weitere, weiße Möbelstücke, die aufgewertet sind, aber trotzdem klar einen älteren Charme ausstrahlen. Eine gleiche Farbgebung wie die Kacheln zeigt auch teilweise erhaltenes Glasmosaik, dass an manchen Fenstern zu finden ist. Ebenso strahlt auch der dunkle Fliesenboden deutliche Historie aus.
Den modernen Charakter geben dem Interieur einerseits die hellen, simplen Holztische mit schwarzem Fuß und farblich dazu passenden, mit Samt gepolsterten Stühlen ohne Armlehnen. Manche Wände hat man, als Kontrast zum ursprünglichen Weiß der Villa passend, eine schwarze Gestaltung als teilweisen Anstrich gegeben.
Die Bar.
Holz und Schwarz machen auch die Bar im hinteren Bereich des Lokals, sowie weitere kleine Wandinstallationen aus.
Dazwischen finden sich, zum Weinglas-Logo des Betriebs passend, zahlreiche Weinregale und ein Weinschrank, sowie viele Einmachgläser, die ebenfalls einen Vorgeschmack darauf liefern, welche kulinarische Ausrichtung man hier anbieten möchte.
Hier spielt der Wein wahrlich eine wichtige Rolle.
Zu guter Letzt finde ich auch die durchgehend indirekte Beleuchtung mit Wandspots (an Decke und Boden) gut gewählt.
Man merkt sowohl insgesamt, als auch im Detail, dass sich die Betreiber viele Gedanken darüber gemacht haben, wie sie die ihnen gegebenen Räumlichkeiten auskleiden, ihr Konzept dabei herüberbringen und gleichzeitig doch eine einladende Atmosphäre bieten. Das ist meiner Meinung nach für den Bistro-Bar-Charakter sehr gut gelungen.

Was mich, wie bereits angedeutet, am meisten erfreut hat, ist die Kulinarik, der man sich im "Unter Freunden" verschrieben hat. Zum Ersten ist es gerade heute ja umso seltener, dass man hier ein an jedem Öffnungstag eine Mittagszeit mit Nachmittagspause vor dem Abendgeschäft pflegt. Wo heute gastronomisch zum Mittagsmahl eine Qualität über Convenience- und Imbiss-Niveau immer rarer wird, ist ein solches, durchgehendes Angebot mit dem bereits in der Lunch-Karte kolportierten Anspruch ein wirklich erfreulich zu bewertender Fund.

Ganz aktuell muss hier aber vermeldet werden, dass gerade diese Mittagsöffnungszeit nun nach Ostern nur noch von Fr.-So. angeboten wird!

Obwohl sie nur eine Seite umfasst, enthält sie dabei sowohl ausgefeilte, als auch sehr vielfältige Kreationen bereit, die zudem noch rein vegetarisch daherkommt. Die Schreibweise, die die Gerichte lediglich mit deren Hauptzutaten benennt, ist dabei aus feineren Küchen bereits bekannt. Von 12:30-17:00 gibt es hier bereits neben kreativen vegetarischen Arrangements (z.B um Artischocken mit Haselnuss und Kichererbse oder auch Austernpilzen mit Mais und BBQ-Aromen) auch bodenständig und „schmackig“ anmutende Käsespätzle und Trüffel, sowie „Steakspitzen“ mit Pilzrahm und Lauch und sogar ein „Grilled Cheese Sandwich“.
Selbst eine Käseauswahl vom im Norden Deutschlands bekannten Affineur Waltmann kann man neben zwei süßen Desserts zum Abschluss des Mittagsmahls genießen.
Ein Tagesgericht bietet sogar tägliche Abwechslung für einen zusätzlich schlanken Preis. Obwohl das alles also durchaus ausgefeilt und auch aufwändig klingt, wird ein Preisniveau zwischen zehn und 20 € nur ein einziges Mal mit 26 € für ein Trüffel-Upgrade gerissen. Ein wirklich attraktiver Anschlag, der, sollte sich die Qualität, die sich beim Lesen anbahnt, gehalten werden, ein großartiges Preis-Leistungs-Verhältnis bedeuten würde.

Dieses Basis Programm umfasst auch die Dinner minus Karte, wird aber noch mit ein bis zwei Gerichten in jeder Kategorie erweitert. Ein erhöhtes Preisniveau gibt es dabei im Vergleich zur Mittagskarte hingegen nicht. Es bleibt also auch am Abend somit sehr attraktiv.

Auch wenn es wahrlich nicht meine Domäne ist, möchte ich trotzdem auch noch den klaren zweiten Schwerpunkt im „Unter Freunden“ erwähnen: der Weinkarte. Für solch eine kleinere Neueröffnung finden Wein-Freunde hier mit Sicherheit einen guten Tropfen in dem 6-seitigen, internationalen Repertoire, von dem eine ganze Seite sogar Glasweise Angebote für Probierfreudige umfasst.

Bevor ich nun zur von mir ausprobierten Köstlichkeit bei diesem Premierenbesuch komme, will ich natürlich noch ein paar Worte zur Serviceleistung verlieren. So kümmerte sich zu dieser späten Mittagszeit bereits der junge Inhaber selber im Lokal allein um Gästebetreuung.
Nachdem ich in eintrat, wurde ich bereits mit natürlicher Freundlichkeit und Aufmerksamkeit empfangen, was sich natürlich auch während des ganzen Besuchs fortsetzte.
Dieser fiel dabei am Ende sogar viel länger aus, als von mir geplant, denn mit dem Inhaber konnte ich sofort über Gastronomie, Kulinarik, den Michelin (der ja gerade gestern für 2024 neu erschien) und allem drum und dran so sprechen, als hätte man sich zu einem Treffen verabredet. So schnell habe ich mich nur selten sofort angekommen und heimisch in einem neuen Lokal gefühlt. So erfuhr ich z.B. auch, dass er unter anderem bereits im berühmten Frantzen und Noma gearbeitet hat und da wurde mir auch einiges zur Basis dieser hier vorgelebten Gastronomie klar. Ein Service mit Herzblut und Leidenschaft für seine Branche, der für mich einfach nur perfekt ist.

Die Wahl fiel für mich als ja ohnehin sehr experimentierfreudigen Kulinarik-Freund angesichts der bereits erläuterten, sehr vielfältig und kreativ zusammengestellten Karte gar nicht so leicht. Letztendlich entschied ich mich für ein italienisch anklingendes und mutig zusammengestellte Potpourri um „Gegrilltes Artischockencarpaccio | Verjus | geröstete Haselnuss | Rucola | Olivendrops | getrüffelter Kichererbsenparmesan“. Für 14 € erhielt ich sodann nach wenigen Minuten diesen von mir mit Spannung erwarteten Teller.
„Gegrilltes Artischockencarpaccio | Verjus | geröstete Haselnuss | Rucola | Olivendrops | getrüffelter Kichererbsenparmesan“.
Zunächst sei für mich zu erwähnen, dass es sich hierbei auf keinen Fall um eine in der „Top-Gastronomie“ häufig zu sehende, ziselierte Pinzettenanrichte in Miniportion handelte. Das wohl eher den Vorspeisen zuzuordnende Gericht hatte nicht nur eine ansprechende Größe, sondern wollte auch nicht vornehmlich mit Dekoration oder Geometrie beeindrucken. Für solch ein kleines Lokal durchaus ein gutes Zeichen dafür, dass man sich hier eher auf den Geschmack der Zusammenstellung konzentrieren will.

Gleich der erste Bissen von einem Stück des feinen „Artischockenteppichs“ als Basis des Tellers offenbarte im Mund einen perfekten Garpunkt. Knackig und trotzdem keineswegs holzig. Zudem waren sie dabei trefflich mit Öl versehen, dass geschmeidig und keinesfalls zu fettig am Gaumen wirkte.

Dann kamen auch die weiteren Komponenten des Arrangements auf die Gabel und bewiesen nun endgültig, dass hier mit gekonntem Köpfchen und Kreativität in der Küche gearbeitet wird.
Haselnusshälften lieferten Crunch und Nussigkeit, während der täuschend echt aussehenden Kichererbsen-„Parmesan“ dem Ganzen das richtige Maß Salzigkeit beigab und pur genossen tatsächlich Trüffelnuancen hatte.
Die halbgetrockneten Tomaten lieferten nicht nur weitere Würze, sondern auch Saftigkeit.
Durch den Ruccola wurden natürlich nochmals bittere Noten der bereits herben Artischocke beigestellt, doch hier entfaltete dann das Verjus-Dreesing seine Wirkung, welches nicht nur den richtigen Grad Säure enthielt, sondern dank Ahornsirup die „süße Kompensation“ des ja eher herben/bitteren Grundtons dieses Gerichts lieferte.
Das gewisse etwas zum Abschluss fügte schließlich noch der zunächst wie eine Weintraube aussehende Olivendrop, der ein besonders fruchtiges Olivenöl enthielt.

Ein vegetarisches Gericht, dass nicht nur in allen Belangen stimmte, sondern dank feiner Nuancen auch nachhaltig im Gedächtnis blieb: einfach grandios.

Als ich von der Neueröffnung des „Unter Freunden“ las, erwartete ich natürlich zunächst wieder ein recht einfaches und weniger kreatives Angebot, dass vor allem als Bar mit begleitenden Snacks fungieren wollte. Umso erstaunter war ich dann, als ich einen ersten Blick auf die Homepage mit der dazugehörigen Speisekarte warf. Die Tatsache, dass es das auch zum Lunch gibt, setzt meinem Interesse, wie eingangs erwähnt, die Krone auf, auch wenn sich dieses Angebot eben nach Ostern nun nur noch auf Fr.-So. beschränkt.

Gemessen an dieser durchaus erhöhten Erwartung ergab sich für mich bei diesem ersten Besuch folgendes Fazit.

Bereits beim Ambiente merkt man, dass man sich hier eigenständig und renoviert zeigen wollte, die Tradition des Gebäudes dabei aber mit seinem Konzept in Einklang bringen wollte. Das ist hinsichtlich des Interieurs für mich auch wirklich gut gelungen.

Der Service des jungen Betreibers war wie beschrieben wunderbar einladend und dem Gast zugewandt, womit er sich an den qualitativen Anspruch perfekt angliederte.

Aus der vielfältigen und sehr interessanten Karte überzeugte mich meine gewählte Melange um die Artischocke in jedem Detail, sowie in seiner Gesamtheit zu 100%. Das war der Küchenstil, den ich besonders liebe, denn hier ging es um den klaren und kräftigen Geschmack, sowie das Produkt an sich, was dann einfach auch eine natürliche Schönheit des Gerichts nach sich zieht.

Setzt man diese gebotene Qualität nun also mit dem eigentlich sehr unspektakulär angesetzten Preisniveau im <20-€-Bereich ins Verhältnis, so bleibt mir zum Abschluss auch hier nur eine Wertung auf dem allerhöchsten  Niveau.

Somit bietet das „Unter Freunden“ mit seinem hochwertigen Angebot eine für mich sehr empfehlenswerte und extrem rar zu findende gastronomische Einkehrmöglichkeit (wenn auch nun nur noch Fr.-So. schon vor dem Abend), welche sich hoffentlich noch weiterentwickelt, floriert und möglichst lange in diesem Gebäude mit eigentlich eher hoher Fluktuation hält. Ich kann es wirklich nur empfehlen.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


kgsbus und 9 andere finden diese Bewertung hilfreich.

Huck und 9 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.