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GastroGuide-User: Carsten1972
Carsten1972 hat Restaurant Fachwerk im Hotel Stadt Kassel in 31737 Rinteln bewertet.
vor 8 Stunden
"Unerwartet feines Dining an der Weser"

Geschrieben am 10.09.2025 | Aktualisiert am 10.09.2025
Besucht am 23.08.2025 Besuchszeit: Abendessen 6 Personen
Ja, an der Weser, aber nicht im gut bekannten Bremen, sondern erheblich weiter stromaufwärts im Schaumburger Land, dort liegt Rinteln. Ich war zum ersten Mal dort, endlich weiß ich, wofür RI auf niedersächsischen Kennzeichen steht.  Grund für meinen Aufenthalt war ein entsprechender Vorschlag von Herrn Tischnotizen, der von überzeugender Küche berichtete und einer unfassbar breit sortierten Weinkarte. Somit fand er diesen Ort geeignet, dort ein weiteres Treffen einer bekannten Genießer-Truppe stattfinden zu lassen. Am 23. August fanden sich an einem Tisch im Restaurant Fachwerk des Hotels Stadt Kassel in Rinteln folgende Herrschaften ein: Herr und Herr Tischnotizen, Frau und Herr Borgfelder sowie last not lease Frau und Herr Carsten1972.

Meine Frau und ich waren per Zug und Rad angereist und hatten uns wie die anderen Vier im Hotel einquartiert. Das war gut besucht, die Zimmer waren ordentlicher, aber nicht gehobener Standard. Gehobener Standard bot sich dann aber im Restaurant. Der Betrieb ist Mitglied beim JRE, ebenso wie Chef Moritz Christian Brand, der in seiner Vita als Sommelier Stationen wie das Schlosshotel Lerbach oder das Tantris vorweisen kann. Zusammen mit seiner Frau, auch im Service tätig, sorgt er mit dieser Vergangenheit dafür, dass in Rinteln ein Weinkeller zur Verfügung steht, mit dem sich jedes 3 Sterne Restaurant schmücken kann. Unglaubliche Jahrgangstiefen renommierter deutscher Weingüter stehen zur Auswahl. Ein Blick in die Karte lohnt sich:
https://www.hotel-stadtkassel.de/wp-content/uploads/2025/07/WINELIST-1.pdf
Ich nehme es vorweg, wenn 6 Personen wie wir zusammen sitzen, alle mit einer sehr festen Vorstellung davon, was ein guter Wein ist, wird es für den Sommelier schwer, alle unter einen Hut zu bekommen. Aber letztendlich sollte bei der Parade, die sich nach unserem Essen darbot, jeder glücklich geworden sein. 

Wir waren ja so brav an dem Abend! Gegessen haben wir auch! Die Karte lässt sich auf der gut gepflegten HP einsehen. Drei Personen wählten das angebotene 5 Gang Menü, aber auch ein paar Änderungen, beziehungsweise Sonderwünsche eines gewissen Bremers warfen Service und Küche nicht aus der Bahn. Los ging es mit schmackhaften Brot plus Butter und Aufstrich.

Dem bald darauf, es dauerte etwas, bis alle wirklich wussten, was sie wollten, Grüße aus der Küche von Küchenmeister Daniel Klein und seinem Team folgten. Zuerst ein sehr gut abgeschmecktes Rindertatar.

Sowie gebeizter Fisch, leider weiß ich nicht mehr, was für einer. Dieser leichtere Gruß wollte definitiv vor dem Tatar gegessen worden sein. 

Hier bot sich schon mal eine Anmutung von gehobenem kulinarischen Anspruch, und wir freuten uns auf die folgenden Gänge. Ich werde hier in der Kritik das von mir georderte 5 Gang Menü zu 118 EUR vorstellen, etwas im Preis erhöht, weil ein gewissen Bremer Genießer noch add ons für alle orderte. Los ging es mit Jakobsmuschel im ersten Gang. 

Chorizo, Erbse und Aprikose waren die Begleiter einer roh marinierten Muschel. Tja, dass passte wirklich gut, Frische, Salzigkeit, Umami, Säure, alles da, alles sehr gut ausbalanciert. Ich nehme es vorweg, dieser Gang war einer der besten des Abends! Aber Nummer zwei hielt sehr gut mit, Geflügel sollte es sein.

Sot-l'y-laisse, zu deutsch Pfaffenschnittchen, sind die beiden kleinen, besonders zarten und aromatischen Filetstücke vom Geflügel, die sich beidseits der Wirbelsäule oberhalb der Keulen befinden. Kommt einem in der deutschen Küche nie unter das Messer, aber in der französischen Küche ist es ein Klassiker. Jus, Gnocchi und Trüffel machten daraus einen Gaumenfüllenden Genuss! Klasse! 

In diesem Teller verbarg sich Steinbutt, kombiniert mit gebeiztem Wagyu-Fleisch, Dashi, Fenchel und Schnittlauch Kartoffelcreme. Auch wenn man ihn nicht sieht, der Fisch war hervorragend zubereitet. Etwas braver in seinen Aromen wie Gang 1 und 2, war das aber nichtsdestotrotz ein toller dritter Fisch-Gang. Es folgte ganz klassisch ein Sorbet als Erfrischung. 

Mit dem die Küche hinüber leitete zum Hauptgang. Ende August gibt es Pfifferlinge, und wie kombiniert man diese? Mit Wild, Rehrücken in meinem Fall. Jetzt hat meine Familie ja eigenen Wald, und niemand in meiner Familie kann Dingen entgehen, die die Jäger in unserem Clan dort so schießen. Deswegen muss ich nicht unbedingt Reh in einem Restaurant essen, aber hier fand ich es in der Kombination ganz gut. 

Die Küche um Daniel Klein servierte zum sous vide gegarten und angebratenen Rehrücken, sehr zart, wie gesagt Pfifferlinge, Pastinake, Pflaume und sehr leckere Pommes Dauphine. Insgesamt ergab sich daraus ein Gericht, dass sehr viel Freude beim Verzehr bereitete. Abschließender Hingucker war dann das Dessert.

Mais und Brombeere, Popcorn Eis, Honig Bacon Streusel klang erstmal nach großer Verwirrung auf dem Teller, aber es ergab sich dann doch ein stimmiges Ganzes aus Süße, Säure, Crunch und etwas Salzigkeit, guter Abschluss. Aber nicht ganz, ich meine mich zu erinnern, dass irgendwer, so ein Bremer wohl, noch Käse für alle orderte. Kein Foto, ich weiß nicht warum. Dann war er aber um, der Abend, nach abschließenden Digestifs und Kaffees. 

Tja, der Service unter dem Ehepaar Brand agierte über den Abend souverän und sehr freundlich zugewandt. Geht nicht besser und es ist immer eine Freude, Restaurants zu erleben, die diese Kultur der Gastfreundschaft und Zugewandtheit zum Gast noch zelebrieren. Es werden leider immer weniger. Genauso großen Anteil am Genuss hatte Daniel Klein mit seinem Team. Die Küche lieferte ein gehobenes Menü ab, dass wirklich Spaß machte. 

Ich komme gerne wieder, und sei es nur, um mich in den Weinkeller einschließen zu lassen. Der ist nämlich etwas sehr besonderes im Hotel Stadt Kassel in Rinteln. Und essen kann man dann da auch auf hohem Niveau! 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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