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In den letzten Monaten verschlug es mich mehrfach in das kleine Lokal in der Karlsruher City. Der Erstbesuch fand Ende Juli im Rahmen eines Familienausflugs, zu dem sich auch mein Vater hinzugesellte, statt. Ein paar Tage zuvor hatte ich über ein Karlsruher Online-Stadtmagazin von der Existenz des von außen recht unscheinbaren Teigtaschentempels Wind bekommen.
Da auch mein Herr Papa – seit unserem Kanada-Trip vor ein paar Jahren – um den hohen Genussfaktor lecker gefüllter Dim Sum weiß, war er natürlich sofort dabei. Er wäre hier wohl nie eingekehrt, denn am unscheinbaren „Mr. Dumpling & Noodle“ läuft man eher vorbei, als dass einem das äußere Erscheinungsbild zu einem Besuch animiert.
Und dieser etwas schmucklose Eindruck setzt sich im Inneren leider fort. Es ging wenige Stufen hinauf zu einem sehr funktional eingerichteten, recht schmalen Gastraum. Gleich zu unserer Linken werkelte „Mr. Dumpling“ (der Koch) hinter dem Tresen in seiner kleinen, offen einsehbaren Küchenecke. „Mrs. Dumpling“ (die Servicekraft) begrüßte uns sehr freundlich und wies uns einen Tisch im hinteren Bereich des hell gestrichenen „Dampf – und Mampfschuppens“ zu.
Die sympathische junge Dame erfüllte ihren Bedienungsauftrag auf asiatisch zurückhaltende Art und Weise, unterhielt sich mit den Gästen aus Fernost in deren Landesprache und half uns bei Fragen zu den Gerichten gerne weiter. Da füllten wir uns doch gleich willkommen.
Das recht karge Interieur lenkte uns – positiv formuliert – zumindest nicht vom Essen ab. Viel Weiß, viel Grau.
Dazu ein gefliester Boden aus alten Zeiten. Ein paar großformatige Farbtupfer an den Wänden hätten der Umgebung mit Sicherheit das Eintönige genommen. Naja, wem‘s gefällt. Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.
Mittlerweile zieren zumindest ein paar Bambusmatten eine Wand im kleinen Gastraum, wie ich bei meinem letzten Besuch vor ein paar Tagen feststellen konnte.
Aber zusammen mit den Hängeleuchten im Industrial-Look und dem freiliegenden Abzugs- bzw. Entlüftungsrohr, das sich von der Küche kommend seinen Weg entlang der Decke durch die Räumlichkeit bahnt, wirkt das Interieur immer noch etwas steril und ungemütlich.
Das Speisenangebot steckte im Sommer noch etwas behelfsmäßig in abgegriffenen Klarsichthüllen, die notdürftig von einer Schnur zusammengehalten wurden. Mittlerweile hat diese – wahrscheinlich provisorische – Art der Unterbreitung des Speisenangebots jedoch ausgedient. Ein übersichtlich gestalteter DIN-A4-Flyer im Querformat kündet heuer vom bewusst kleingehaltenen, kulinarischen Programm des Lokals.
Das halbe Dutzend Vorspeisen (Kimchi, Yakitori, Edamame, Hähnchensalat mit Erdnussdressing) von unserer Einkehr im Sommer suchte ich darauf vergebens. Anscheinend hat man seitdem die Karte verkleinert. Die Teigtaschenauswahl – nach wie vor serviert man hier sechs verschiedene Dim-Sum-Varianten (entweder gedämpft oder gebraten) – war dieselbe geblieben.
Auch an den Ramen-Gerichten hatte sich nichts geändert. Die Karte listete ein halbes Dutzend Nudelsuppen, die sich mit diversen Toppings aufwerten ließen. Für Nudelfreunde gab es noch eine Handvoll verheißungsvoll klingender Schüsselgerichte. Auch diese ließen sich optional mit einem Topping (würziges Rindfleisch, Hähnchenbrust oder Tofu) aufpeppen.
Meine Frau entschied sich damals für eine Nudelsuppe auf Sojasoßen-Basis namens „Shoyu Ramen“ (7,90 Euro), die sie um dünn aufgeschnittenes, würziges Rindfleisch (5,90 Euro) erweiterte.
Mein Vater wagte sich an die Black-Shrimp-Dumplings (9,90 Euro) aus dem Bambus-Dämpfkorb. Meine mit Hähnchenfleisch, Paprika und Ingwer gefüllten Gold-Chicken-Gyoza (9,90 Euro) brutzelten vorher kurz in der Pfanne.
Jede Portion dieser „Peking-Pelmeni“ bestand aus zehn Exemplaren, die sich schon farblich stark voneinander unterschieden. Die mit Garnelenfleisch, Taro-Yam-Paste, Bambussprossen und Hühnerfleisch gefüllten Shrimps-Taschen steckten in einer schwarzen Teighülle (Sepia, ick hör‘ dir tinten…). In der Karte verwies man auf den Einsatz „natürlicher Farben“ und den Verzicht auf „künstliche Zusätze“.
Die Teile sahen übrigens nicht nur verboten gut aus, sie schmeckten auch unverschämt lecker. Saftig, garnelig und wunderbar aromatisch. Onkel Tom (Yum) grüßte mit milder Schärfe und frischer Säure. Galgant, Zitronengras, ein Hauch Chili und (wahrscheinlich) Fischsoße brachten die handgemachten Teiglinge geschmacklich auf Kurs. Mein Vater war derart begeistert, dass ihm nur schwer ein Garnelentäschchen zu entlocken war.
Aber auch meine mit gelber Teighülle durch die Pfanne geschleusten Kanton-Ravioli waren nicht von schlechten Hühnern.
Unter „Gold Chicken“ versteht man im Osten unserer Republik wahrscheinlich etwas ganz anderes. Hier „broilerte“ das „geflügelte Gold“ nicht zuvor am Rotisserie-Grill, sondern versteckte sich zusammen mit Paprika, Ingwer und Chili in zehn gelben Nudeltaschen. Ein Schälchen Erdnuss-Sesam-Sauce zum Dippen befand sich ebenfalls auf dem Teller.
Kein Wunder, dass wir uns danach noch einen gemischten Satz davon nachbestellten.
Auch für gestandene „Dim-Sumonauten“ sei die nach eigenem Gusto zusammenstellbare Auswahl an Dampfbarkeiten (11,90 Euro) dringend empfohlen. Mit ihr lässt es sich nämlich prima durchs hiesige Teigtaschenrepertoire futtern.
Denn jede dieser kleinen Köstlichkeiten hat – neben der Teighüllenfarbe – ihr ganz eigenes, nach frischen Zutaten schmeckendes Aroma. So dominiert beispielsweise bei den mit Rindfleisch und Zwiebeln gefüllten Sakura-Beef-Dumplings ganz klar der Kollege Kreuzkümmel, während die Classic-Pork-Variante mit Shiitake-Pilzen und Chinakohl eher den bekannten Geschmacksbildern aus Fernost nacheifert.
Allzu gierige Dumplingvernichter sollten jedoch aufpassen. An der heißen Füllung der dem Dampf entstiegenen „Täschle“ verbrennt man sich gerne Zunge und Gaumen. Da heißt es entweder warten oder ein paar Soja-Nudeln mit Hähnchenbrust (12,90 Euro) parallel dazu genießen, so wie ich das bei meiner letzten Einkehr vor ein paar Tagen tat.
Auf die kleingeschnittene Salatgurke, die mir bei einem anderen Besuch meine süffig-pikante Schüssel mit gedämpften Wantan (Garnelen-Schweinefleischfüllung), Frühlings- und Röstzwiebeln sowie fermentiertem Senfkohl und Chili-Öl (13,90 Euro) regelrecht „vergurkte“, verzichtete ich dankend.
Und an das fermentierte, chinesische „Sauerkraut“ hat sich mein Gaumen mittlerweile ganz gut gewöhnt.
Wer also auf bunte Dampfgarerzeugnisse mit aromatisch-saftiger Füllung steht, es um sich herum aber nicht allzu bunt mag (Interieur!) und bei dem auch eine frisch gewokte Nudelschüssel (egal ob mit Suppe oder Soße – schmeckt alles hier verdammt gut!) absolut im kulinarischen Ra(h)men (sorry, der musste zum Schluss noch sein…) liegt, dem sei dieser Laden in der Karlsruher City wärmstens ans Herz gelegt.
Mich wird man hier in Zukunft wohl noch öfter sehen, denn diese Teigtaschen haben (auf mich) ein regelrechtes Suchtpotenzial. Und außerdem habe ich noch nicht alle Nudelschüsseln durchprobiert…