Gourmetrestaurant Zur Post
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Altenberger-Dom-Straße 23, 51519 Odenthal
Restaurant Hotel Sternerestaurant Ausflugsziel
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GastroGuide-User: kgsbus
kgsbus hat Gourmetrestaurant Zur Post in 51519 Odenthal bewertet.
vor 9 Jahren
"Mein Lieblingslokal im Bergischen Land"
Verifiziert

Geschrieben am 20.02.2015
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Gourmetrestaurant Zur Post
Besucht am 19.02.2015
Etwas Schönes hat die Fastenzeit: Die „Post“ bietet wieder ihr „Wassergetier-Spezial“ an. Ich liebe diese Zusammenstellung von Gerichten ohne Fleisch (Verzicht auf Säugetiere und Vögel, aber viele wechselwarme Tiere sind dabei auf der Karte – oder umgekehrt nach Europarecht: Fleisch sind alle genießbaren Teile (einschließlich Blut) von Huftieren (Haustiere der Gattungen Rind, Schwein, Schaf und Ziege sowie als Haustiere gehaltene Einhufer), Geflügel, Hasentiere und frei lebendem Wild. -> http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:139:0055:0205:DE:PDF). - Eine schöne Tradition der Post.

 
Doch das neue Jahr brachte auch Änderungen im Hause: Neue Öffnungszeiten. Das Gourmetrestaurant macht in der Woche nicht mehr mittags auf (die Postschänke aber weiterhin) und dienstags ist ein weiterer Ruhetag dazugekommen.
 
Wirtschaftliche Zwänge wie Mindestlohn für den Arbeitgeber und der Verlust an Zeit für Genießen bei den Gästen führen wohl hauptsächlich dazu, dass gerade Sternehäuser ihre Öffnungszeiten einschränken (müssen).
 
Immer mehr Menschen interessieren sich (scheinbar) grundsätzlich für Essen und Trinken (Kochsendungen im Fernsehen, Foren im Internet etc. belegen dies und nehmen noch zu), haben aber keine Zeit oder Geld oder beides, um selber mit „Kultur“ zu speisen. Lieber Selbstbedienung (Vapiano zum Beispiel oder Büffet beim Chinesen) in Kauf nehmen oder sogar Vorgefertigtes schnell runter schlingen (Hauptsache viel und schnell – und auch billig). Keine gemeinsamen Esszeiten mit Artgenossen – jeder für sich. - Das Auto oder Handy werden meist besser behandelt als der eigene Körper und die Seele!
 
Doch kein Grund zur Resignation für mich: Denn ich kann die Welt nicht abhalten, das Genießen zu verlernen. Ich kann nur selber meinen Weg gehen: Weiterhin in Lokalen mit Bedienung und saisonalen Angeboten einkehren und selber mit hochwertigen Produkten zu Hause arbeiten („Was tue ich mit mir, wenn die Welt nicht so ist, wie sie mir gefällt?“ – frei nach Ruth Cohn: Beobachten, verarbeiten, gewichten und handeln).
 
Und dann der Schreck am Telefon: Der Aschermittwoch ist ausgebucht – aber dann die Entspannung: Wir können das Menü auch einen Tag später noch bekommen und haben sogar noch die Platzauswahl im Restaurant.
 
Kein Problem für uns – vielleicht geht es sogar etwas entspannter an diesem Donnerstagabend zu. Das Haus ist jedoch auch heute gut besucht. Wir haben den Tisch vor der Küche erhalten. Dort haben wir bisher noch nie gesessen. Wir empfinden das als eine Ehre und so können wir die Arbeit des Teams gut durch die geöffnete Jalousie beobachten. Die Tätigkeiten in der Küche gehen erstaunlich ruhig und konzentriert den ganzen Abend von Statten. Die Zettel am Bord werden systematisch Stück für Stück abgearbeitet. Wir sehen, wie auch unsere Speisen angerichtet werden und vom Service abgeholt und zu den Gästen gebracht werden.
 
Ambiente *****
 
Die Gebrüder Wilbrand wissen, dass ein altes Fachwerkhaus gepflegt werden muss und haben immer wieder die Gasträume „frisch“ gehalten – zuletzt wurde der große Saal (http://www.der-festsaal.de) komplett renoviert und ist jetzt ein Ort für viele Gelegenheiten; sogar eine Showküche ist darin enthalten.
 
Uns sagen die Dekoration und die Anordnung der Tische im Restaurant voll zu. Klassisch, dezent, nicht überladen, hell und dunkel in gutem Zusammenspiel.
 
Sauberkeit *****
 
Brauche ich nicht vertiefen. Alles vorbildlich.
 
Sanitär ****
 
In Ordnung – klein und sauber, aber kein Glanzstück.
 
Service *****
 
Die Übersicht der Gastgeber hat mich stets überzeugt; egal ob es die Herren Thomas Wilbrand, Andre Naujoks oder Stefan Krüger waren. Heute war Herr Wilbrand bei der Arbeit. Seine Kenntnisse vom Wein erfreuen mich und wir unterhalten uns über die Gewächse in der Weinbegleitung angeregt. - Aber auch die Damen sind bestens ausgebildet und gerne zu kleinen Gesprächen und Bemerkungen bereit. Das Personal fühlt sich wohl auch wohl, denn viele arbeiten hier schon über einen längeren Zeitraum. Und das ist im Gastgewerbe nicht der Regelfall.
 
Die Karte(n) *****
 
Menü und a-la-carte-Gerichte stehen übersichtlich in der Speisekarte. Die Getränkekarte umfasst ein großes Angebot an offenen Weinen und auch an besonderen Flaschen. Durch ein Glasfenster im Boden kann man den Weinkeller teilweise einsehen. In einem Klimaschrank sind auch Flaschen im Lokal ausgestellt. Aber auch ein Kölsch (Gaffel vom Fass) oder andere Biere werden gerne gereicht.
  
Die verkosteten Speisen *****
 
Fischmenü am Aschermittwoch (jedoch am Donnerstag, 19. Februar 2015) im Gourmetrestaurant.
 
Kleiner Gruß aus der Küche
 
Wir erhalten Brot und Aufstriche (Butter und eine köstliche rote Paste mit intensiven Tomatenaromen), kleine Häppchen (zum Beispiel eine Gänseleberpraline) und zwei Gerichte. Besonders der letzte Teller ist mir in Erinnerung geblieben: Moerser Schnecken (sie kommen aus der Stadt am Niederrhein und werden dort gezüchtet), Knoblauchschaum, Möhrenspaghetti und grüner Räucheraal als Mousse verarbeitet (die speckigen Geschmacksmomente waren köstlich).
 
***
 
Marinierter Hummer | Maiscreme | Bisque
 
Hummer habe ich in der Post bereits früher serviert bekommen. Daher bin ich auf die Darbietung gespannt. Bisque ist eine dicke, geschmacksintensive und reichhaltige Suppe aus Hummer und Krebsen gekocht – ein Klassiker der französischen Küche. Der Mais war als Schaum, Popcorn und Kolben ein feines Erlebnis. Die würzige elegante Suppe befand sich in einem Reagenzglas. Der Hummer war zart und geschmeidig im Mund.
 
Malvira Roero Arneis 2013 – frische Noten - im Stahltank vergoren
 
***

Gebratene Jakobsmuscheln | Schnittlauchbaumkuchen | Knollenzist |gelbe Bete
 
Jakobsmuscheln habe ich schon auf viele Arten zubereitet bekommen und es ist für mich ein Lieblingsgericht. Auch der orangerote Rogen (Corail) war zu einer kleinen Nocke verarbeitet. Das hat mir zugesagt. Gelbe Bete habe ich bisher nur als frittierte Chips selber hergestellt und war vom Ergebnis sehr angetan. Hier gab es ein „Segel“ und kleine Stücke und Creme davon. Rote Bete sind etwas erdiger im Geschmack – die Gelben scheinen mir etwas eleganter im Aroma.
 
Krück Selection Sauvignon Blanc trocken
 
 
***
 
Seezungenfilet | Perigord Trüffel | Topinambur | (Kichenerbsencrouque) - Kaisergranat | Champagnerschaum
 
Trüffel gelten als Inbegriff einer Delikatesse. Gute Exemplare haben deshalb einen hohen Preis. Aber nicht alle Pilze dieser Familie haben einen guten Ruf. Der weiße Albatrüffel ist besonders wertvoll. Aber der schwarze Perigordtrüffel gilt ebenso als schmackhaft – leider ist der minderwertige chinesische Trüffel ihm im Aussehen sehr ähnlich. Bisher habe ich in einem Restaurant noch keinen Trüffel gereicht bekommen, der mich vom Hocker gerissen hätte. Vielleicht waren die Sorten nicht hochwertig gewesen. Daher war ich besonders gespannt auf diesen Gang.
 
Crouque ist die französische Variante des englischen Sandwich – ich bin gespannt, wie das aus Kichererbsen schmeckt. Aber dieser Teil war heute durch Kaisergranat ersetzt; der gut zubereitet war.
 
Ich habe mit Herrn Wilbrand über diese Kreation gesprochen. Er schätzt seine Wintertrüffel und will in der Kombination mit der Wurzelknolle mit deren erdigen Noten eine innige Verbindung herstellen. Ebenso können Eigelb und Parmesan den Trüffel zur Vollendung führen.
 
Der Duft von Trüffeln wird mich vielleicht nie begeistern, aber der Geschmack hat mich beim ersten Zusammentreffen mit Zunge und Gaumen schlagartig überzeugt. Hoch lebe das Perigord und seine Pilze. Ich hatte am liebsten eine kleine Knolle erworben, um eigene Erfahrungen zu sammeln. Leider war es nicht möglich, da sie in der Karte auch in den nächsten Tagen Anwendung finden.
 
Domaine des Lauriers Prestige Picpoul de Pinet 2013 – autochtone weiße Rebsorte aus dem Languedoc mit feinen mineralischen Aromen
 
***
 
Williamsbirnensorbet
 
Das halbgefrorene Eis gilt als Pflicht in der französischen Küche, um den Gaumen für den Hauptgang vorzubereiten.
 
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Filet vom Skrei | Fondue aus Kartoffel und Artischocke | Tomatenwürzsud |Oliven und Kapern
 
Der Winterkabeljau aus Norwegen ist großartig – selbst wenn ich ihn zu Hause eigenhändig verarbeite, hat mich das Aroma begeistert. Die Haut ist kross gebraten und mit Kräutern bedeckt. Der Tomatensud hatte einen angenehm-kräftigen Geschmack, war aber nicht zu dominant. Die anderen Beilagen ordneten sich unter bzw. passten sich an die Komposition an.
 
            
Wieninger Chardonnay Select 2012 – kräftiger Wein mit 14,5 Umdrehungen
 
***
 
Dessertvariation „ZUR POST“
 
Hier erwarte ich eine Ansammlung von mehreren Tellerchen mit kleinen verschiedenen Süßspeisen, die durchaus ein Wiedersehen mit bekannten Gerichten bedeuten:
Creme brulee, Schokotörtchen mit flüssigem Kern, Zuckerwatte, Lolli, Himbeerbällchen … an die zehn verschiedenen Teile umfasst das Arrangement. In der Post ist auch die Nachspeisenfolge stets ein würdiger Abschluss. Die Wilbrand-Brüder ergänzen sich halt in jeder Weise kongenial in ihrer Küche.
 
Sankt Urbans Hof Riesling "Piesporter Goldtröpfchen" Auslese 2011
 
Getränke *****
 
Gerne vertraue ich in diesem Haus den Empfehlungen des Service.
Picpoul de Pinet, Wieninger Chardonnay und den edelsüßen Urbans Hof Riesling möchte ich auf jeden Fall zu Hause nachverkosten. Das schöne an einer guten Weinbegleitung sind eben die Neuentdeckungen. Das lässt dann die Hotelpreise für den Rebensaft leichter verschmerzen (ein Glas kostet eben fast so viel wie die Flasche im Geschäft – aber das weiß ich ja vorher).
 
 
Preis-Leistungs-Verhältnis *****
 
Ein Sechs-Gang-Menü mit mehreren Grüßen aus der Küche für 79 Euro halte ich für bei diesen edlen Zutaten für absolut preiswert.
 
Fazit
 
5 – unbedingt wieder. Die Post war für uns eine der Einstiege in die Sterneküche und begeistert uns seither immer wieder. Die Vielfalt der saisonalen Angebote überrascht uns auch nach vielen Besuchen.
 
Zwischenzeitlich sind für mich die Wilbrand-Brüder auch wieder „französischer“ geworden. Und das gefällt mir sehr. Die Anklänge an Klassiker sind aber stets gepaart mit eigenständiger Handschrift und selbstsicher Umsetzung. Die Teller gefallen mir über alle Maßen. Ich möchte die Entwicklungsphasen, die ich bisher erleben konnte keinesfalls missen, doch genau die Gegenwart gefällt mir vorzüglich!
Die Speisen haben mich heute mit Kreativität und Geschmacklichkeit beeindruckt, die Zutaten sind hervorragend gewählt, die Umsetzung ist technisch perfekt ausgeführt.
Was fehlt noch für einen gelungenen Abend? Nichts – denn auch der Service ist großartig!
 
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder – nach „Kuechenreise“)
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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