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GastroGuide-User: Minitar
Minitar hat Schildwirtschaft Zum Rothen Ochsen in 88471 Laupheim bewertet.
vor 8 Jahren
"Vom Feinsten!!"
Verifiziert

Geschrieben am 15.05.2017
Besucht am 13.05.2017 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 64 EUR
Die Kleinstadt Laupheim im Oberschwäbischen an einem lauen Samstagabend im Mai. Tatsächlich ist es nicht ganz einfach, ein solides Lokal zum Abendessen zu finden. Zwei haben geschlossene Gesellschaften im Haus, ein drittes verkündet Urlaub (trotz Tischen vor der Türe und Hinweisen auf frischen Spargel auf einer Schiefertafel im Gastgarten), ein viertes hat ohne Gründe einfach geschlossen. Da entsinnen wir uns (gottseidank!!) des Rothen Ochsens. Und das zu unserer Rettung und absoluten Freude!

Ein paar Worte zur Historie vorneweg: Laupheims berühmtester Sohn dürfte der inzwischen wieder entdeckte Carl Laemmle sein, quasi der Erfinder von Hollywood und Gründer der Universal Studios. Ende des 19. Jahrhunderts wanderte er aus dem Schwäbischen aus – um bitterer Armut zu entgehen. Später in Amerika zu großem Ruhm und viel Ehre gekommen, reiste er trotzdem noch jedes Jahr in die alte Heimat und erwies sich als grosser mildtätiger Förderer Laupheims. Wann immer er im Ländle war, hielt er im Rothen Ochsen Hof, denn sein ursprüngliches Elternhaus lag sozusagen vis a vis. Und als reicher Onkel aus Amerika residierte er gerne in diesem Gasthaus.

Heute ist das 200 Jahre alte Haus mit viel Liebe und einer ganz eigenen Handschrift sorgsam in Stand gesetzt worden und wird von Sandra und Magnus Wilfert überaus ambitioniert betrieben. Mit einem derartigen Engagement, dass man sich am liebsten für die ganzen Sommerferien hier einmieten und sich verwöhnen lassen möchte. Hier stimmt einfach alles: Ambiente, Interieur, hochwertige und ehrlich-authentische Küche, einzigartiger Service und ein glücklicher Stern, der über allem schwebt. Kein Wunder: der Rothe Ochse ist Mitglied bei Slow Food Deutschland und der kulinarische Reiseführer "gusto" zählt das Lokal zu den besten Restaurants in Baden-Württemberg. Dem müssen wir uns unumwunden anschliessen!!

Als wir das Lokal geschätzt gegen etwa 19 Uhr betreten, werden wir gefragt, ob wir reserviert hätten und wir sehen schon unsere Felle davon schwimmen. Als wir zerknirscht verneinen, tiriliert das entzückendste, lieblichste Service-Mädchen, das man sich vorstellen kann: „Das macht gar nichts aus…“ und weist uns einladend einen großen, rustikalen, langen Holztisch gleich gegenüber der Theke zu. Wunderbar! Den Tisch ziert ein handgewebtes Leinentuch mit Lochstickerei und eine Glasvase mit einem herrlichen, natürlichen Strauss von Wiesenblumen.

Die Karte weist regionale Klassiker in anspruchsvoller Interpretation (Hausgemachte Maultaschen vom schwäbisch Hällischen Landschwein oder Ochsenpfännle mit Kürbis, Apfel, Birne) und saisonale Spezialitäten auf, die sich momentan stark an der Spargelsaison orientieren. Wir wählen nach langen Überlegungen (die Wahl bei all den Köstlichkeiten fällt ausnahmsweise sehr schwer) einmal Kässpätzle mit Salat für 13,80 Euro und einmal Spargelrisotto für 15,80 Euro (als vollwertige Portion – wäre aber zu etwas günstigerem Preis auch als Vorspeise zu bestellen gewesen). Die gar nicht lange Wartezeit wird uns mit wundervollen Grüssen aus der Küche verkürzt: einem Mini-Wiener-Schnitzel (mit exotischem Einschlag!) auf aromatischem Krautbett, sowie einem kleinen Spargelragout an Ziegenkäse. Schon diese winzigen Gaumenkitzler lassen die Stärken der Küche erahnen. Apropos Küche: von meinem Platz aus habe ich direkten Blick in dieselbige hinein und kann mich vergewissern, dass jeder Handgriff konzentriert, mit Freude, ohne Hektik, ohne Stress vonstatten geht. Zum Essen wird übrigens frisches Baguette und ein Topf mit garniertem Frischkäse serviert.

Die Spätzle sind frisch und handgeschabt, voluminös und knöpfleartig geformt. Dass tatsächlich nur schlichter Edamer verwendet wird, mag man kaum glauben. Sensationell der luftig-duftige Beilagensalat, mit frischestem Pflücksalat und Wildkräutern, Sprossen und ganz feingehackten Partikelchen von Paprika und Möhre. Ebenfalls eine Offenbarung: das cremige Risotto mit weissen und grünen Spargelstücken, gekrönt mit würzigem Parmesan und frischer Zitrone, die diesem sonst oft schweren Gericht eine ganz prickelnde Note gibt. Wir trinken dazu einen blumigen Weissburgunder des hochgeschätzten Weingutes Drautz-Able. Hernach einen Walnussbrand aus dem österreichischen Hörbranz (6,00 Euro) und eine wundervolle Creme Brulee als Dessert (8,80 Euro) – hier mit Popcorn (!) und frischen Erdbeeren arrangiert.

Das liebevolle Interieur verbindet historische Wurzeln mit hochwertigen Materialien. Der Service ist locker-leicht, von sichtlicher Freude an der Arbeit erfüllt und von tiefer Authentizität geprägt. Jedes Detail trägt eine individuelle Handschrift. Einen solch harmonischen Abend haben wir lange nicht erlebt! Bitte weiter so!
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


Carsten1972 und eine andere Person finden diese Bewertung hilfreich.

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