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GastroGuide-User: x2x
x2x hat Zum alten Fritz - Braugasthaus in 18057 Rostock bewertet.
vor 4 Jahren
"Rustikales Flair, Rustikales Essen - angenehme Abwechslung."

Geschrieben am 09.11.2020 | Aktualisiert am 09.11.2020
Besucht am 08.09.2020 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
* Unser Urlaub an der Ostsee näherte sich dem Ende. Wie es war ? Ganz ehrlich, Corona hatte uns dazu quasi gezwungen. Ja es war ganz nett in Warnemünde, trotzdem fehlte uns vieles. Es fehlte das Flair südlicher Länder, es fehlte die Leichtigkeit der Menschen in der Karibik, auf den Kanaren oder sonst wo auf der Welt. Uns fehlte die Lebensfreude der Asiaten, der Latinos, der Spanier, der Italiener. Dort wo das Leben erst am Abend gegen 22:00 Uhr beginnt, fühlen wir uns doch deutlich wohler. Wo man über viele kreative, kulinarische und exotische Küchen stolpert und wo der Gast vielfach gelebte Herzlichkeit und Gastfreundschaft erfährt. Hier im kühlen hanseatischen Nord-Osten, wo man gegen 22:00 Uhr die Bürgersteige hochklappt, ist nicht unsere Welt. Ist das überheblich ? Ich meine nicht. Warum sollte man seine Ansprüche verstecken ? Bisher kamen wir aus Urlauben zurück und schwelgten noch lange in wunderbaren Erinnerungen. Erinnerungen an die Ostsee ? Ja die (Ost) See war vorhanden, viel mehr aber nicht.

* So genug der Kritik. Seien wir zufrieden das wir gesund sind und es auch weiter bleiben. Irgendwann konnte ich sie nicht mehr sehen, die Buffet's in unserem Hotel Hohe Düne. Irgendwann hatte ich keinen Bedarf mehr an Edelfischen und Krustentieren und die z.T. selbstherrlichen Kellner gingen mir auf den Sack. Entweder hochnäsig bis zur Decke oder umgekehrt offensichtlich nach einer nur 14 tägigen Schnellausbildung, auf die Gäste losgelassen. Bei manchem Beleg fehlte mir auf der Rechnung der Aufdruck: "Es bediente Sie unsere ahnungslose Mitarbeiterin Susi Sorglos", oder auch der Hinweis, "Sie wurden bedient von August, Landgraf von Selbstherrlich".  Ergo hatte ich mal wieder Lust in einem rustikalen Wirtshaus zu tafeln, obwohl wir uns mit dem Hopfenkeller in Rostock (siehe hier meine Bewertung vom 15.10.2020) schon einen ordentlichen Fehlgriff geleistet hatten. Unsere Wahl: Das Braugasthaus Zum Alten Fritz im Rostocker Stadthafen.

* Wir hatten reserviert. Das Wetter am Abend hätte noch zugelassen, im dortigen Biergarten (Außengastronomie) zu sitzen. Wir fanden den Biergarten allerdings nicht besonders einladend, denn er befand sich quasi in einem weißen Plastik Festzelt, mit wenig Atmosphäre. -  Ein Ober (dazu später mehr) führte uns innen zu einen netten Tisch in einer Nische - angenehm.

* Die Karten boten das an, was wir erwartet hatten. Fischteller, Dorsch, Scholle, Matjes, Wildteller, Entenbraten, Schwarzbierbraten und die ein oder andere Pfanne, mit diversen Inhalten. Die Burger waren zubereitet mit einer Wasserbüffel-oder Lamm Boulette. Es gab Lapskaus und ein Kotelett vom Susländer Schwein. Mich reizte das alles nicht. Mal wieder war ich auf dem "rheinischen Bütterken Trip". Eine Aufschnittplatte (herrliches Wort aus der Zeit der 60 er Jahre) bestückt mit Schinken vom Susländer Schwein, Leberwurst vom Wild, Rehsalami, Biokäse und Brot. Wobei ich auf die Wildleberwurst und das Griebenschmalz verzichten konnte. Hasimausi rümpfte etwas die Nase. Sie konnte es nicht verstehen, warum wir am Abend unser Hotel in Warnemünde verlassen hatten, dann gute 20 Kilometer gefahren sind, nur um dann hier einige "Bütterkes" zu essen. Dabei hatte sie den Blick "Du wirst immer sonderbarer". Sie wählte die Fischplatte Likedeeler. Etwas  schwieriger gestaltete sich die Bier-Auswahl. Die Karte führte gefühlt 20 Sorten. Alles Biergetränke der Braumanufaktur Störtebeker. Hasimausi entschied sich für das Schwarzbier des Seeräubers, ich für ein Überseebier des Piraten.


* Was uns bereits am Eingang aufgefallen war und ebenso jetzt an unserem Tisch, hier gab es ihn noch, den Ober den meine Mutter und meine Oma damals anhimmelten. Groß, korrekter Scheitel, schwarze Hose, (langweiliges) weißes Hemd, preußisch korrekt und immer leicht überheblich, aber keinesfalls unfreundlich. Er nahm unsere Bestellung - inklusive meines Wunsches auf Wildleberwurst und Griebenschmalz  zu verzichten - auf. Preußisch korrekt, "natürlich mein Herr", so sein Antwort. Mir fehlt nur noch das vom Alten Fritz bekannte stramm stehen. Herrlich.

* Wir sahen uns etwas um. Natürlich wie für solche Brauhäuser üblich, rustikal bis zur Halskrause. Kupferrohe, Kupferlampen, Kupfer wohin man schaute. Dazu rohe Backsteinwände und rohe Brauhaustische und Stühle. Insgesamt aber relativ authentisch und mit Bedacht eingerichtet. Die Biere kamen schnell, ordentlich gezapft, herb und lecker. Der "Alte Fritz" war in den Innenräumen kaum zu 30% belegt, dafür war es draußen proppenvoll.

* Unser preußisch korrekte Ober servierte auf den Punkt genau das was wir bestellt hatten. Für mich kein  Griebenschmalz und auch keine Wildleberwurst. Was er allerdings dort auf einem Holzbrett serviert, "mein lieber Alter Fritz", das machte einen sehr gefälligen Eindruck. Ganz viel Schinken vom besagten Susländer Schwein (Susländer Schwein, das "reine" Schwein aus Schleswig-Holstein, ohne Antibiotika, ohne chemische Zusatzstoff), noch mehr Rehsalami (locker 10 Scheiben), zwei ordentliche Stücke Käse, ganz viel (zu viel) jute Butter und ein Brot, wie man es selten so frisch, knusprig und geschmackvoll erlebt. Die Rehsalami "mild und wild" im Geschmack, der Schinken herzhaft und kernig, der Käse würzig und das alles mit einem extrem frischen grauen Brot, das ich mir immer genau so wünsche, aber selten so bekomme. Das alles war die schlappen 17,- Euro für diese Platte mehr als wert. Nennen wir es rheinisch: Bütterken in Perfektion. Und Hasimausi ? Als sie die Fischplatte (23,- Euro) mit Lachs, Zander und einem Garnelenspieß serviert bekam, lächelte sie mich an um mir zu sagen: "Schon war anderes als Deine Butterbrote". Wobei mein liebe Dame mich damit nicht ernsthaft ärgern möchte. Aber ab zu kleine Seitenhiebe heben oft die Stimmung, auf beiden Seiten. Einzig der hier übliche östliche Kartoffelstampf - und dann noch mit Wasabi - fand nicht ihre Zustimmung. Die Meerrettich-Dominanz war wohl zu überdeutlich. Machte ihr allerdings nichts aus. Sie war mit den 3 unterschiedlichen Tieren aus dem Meer und dem Wurzelgemüse schon mehr als reichlich versorgt. Mit anderen Worten, unser abendlicher Ausflug zum Alten Fritz, zum Seeräuber Störtebeker und den korrekten Obern (plural !) hatte sich gelohnt. Es muss nicht zwingend das Wagyu Filet aus Japan oder Neuseeland sein. Auch der heimische Schinken vom Gut Wardow aus MeckPo, hat durchaus eine ordentliche Qualität. 

* Beim Dessert beschränkten wir und noch auf ein oder zwei Störtebeker, ergänzt um heimische Kümmel bzw. Meerbrand aus Stralsund.

Fazit: Das Essen verdient 4 Sterne. Ebenso der korrekte ("Helm ab zum Gebet") Service. Wie so oft tun wir uns bei einem solchen Ambiente schwer. Obwohl uns dieses "Brauhaus-Design" insgesamt eher nicht zusagt, war die Version hier in diesem Brauhaus doch recht ordentlich. Weniger gut allerdings die Außengastronomie. Dort könnten wir uns einen netten Abend kaum vorstellen. Dort fehlte völlig ein gewisses Flair. Gerade wenn man sich doch direkt am Wasser befindet, könnte doch ein maritimes Flair sehr einladend sein. Daher für das Ambiente "Innen + Außen" gut gemeinte 3,5 Punkte. Das erlebte PLV war sehr gut, daher dafür 5 Sterne. Bleiben für den Gesamteindruck gute 4 Sterne.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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