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GastroGuide-User: Ehemalige User
Ehemalige User hat Restaurant Kachelofen im Hotel Allgäuer Hof in 40878 Ratingen bewertet.
vor 8 Jahren
"Gut umgesetzte, ehrliche Frischeküche -oder: 'Magen(Herz), was willst Du mehr?'"
Verifiziert

Geschrieben am 14.02.2016
Besucht am 02.11.2015
Nach einem mühsamen Wochenende stand mir nicht der Sinn nach Küchenfron und so besuchten wir mal wieder das Restaurant Kachelofen im Hotel Allgäuer Hof. Durch die etwas abseits des Zentrums zu verortende Lage und die im Sommer schmerzlich fehlende Terrasse ist dieses Restaurant imho unterbewertet und dementsprechend weniger besucht. Vornehmlich lebt man von Hotelgästen (Messe), auch wir nehmen uns jedes Mal wieder vor die bodenständige aber sehr gut umgesetzte, ehrliche Küche von Herrn Gilles öfter zu genießen. Das Ambiente ist, um es diplomatisch auszudrücken, von traditionell rustikalem Charme. Der hintere Teil des Gastraums wird von einem großen, grünen Kachelofen dominiert, ansonsten herrschen gelb und Rottöne vor, trotz der Balkendecke wirkt es aber nicht düster. Auf den Tischen finden sich echte Kerzen, Stoffservietten, massives Hotel-Besteck, Salz- und Pfeffermühlen, jeweils ein frisches Blümchen sowie Brot und Butterteller. Also ein schönes, klassisches Setup ohne wastelsche Verfehlungen.

 
Freundlich bei unserem Eintreffen durch Frau Gilles begrüßt wurden wir direkt mit dem Hinweis: „Es ist alles frei, auch am Kachelofen.“ auf die Plätze verwiesen. Wie gesagt wir sind leider nicht so oft dort wie wir möchten, inzwischen kennt man sich trotzdem und redet Tachles.
Rasch war Frau Gilles dann mit den Karten zur Stelle und wie so oft geriet die Bestellung eher zur Nebensache. Den Auftakt bildete ein Winzersekt, 0,1 L à 5,- Euronen, zusammen mit den wechselnden, hausgemachten Sirup-Variationen von Herrn Gilles eine sichere Bank. Zügig kam auch das bestellte stille Wasser (Haaner Waldquelle, 0,75 L à 5,50 Euronen), sowie Baguette nebst Kräuterbutter-Frischkäsecrème. In der frischen, leicht geknobten Interpretation ein Mehrwert zu Baguette, Salz und Pfeffer und nicht wie bei vielen Mitbewerbern ein Mystery-Alibi aus dem großen Eimer.
 
Die gut strukturierte, kompakte (was, wenn wir es nicht sowieso bereits wüssten ein Zeichen wirklich frischer Küche darstellt) Karte offeriert vier Aperitifempfehlungen, drei Vorspeisen, zwei Suppen und neun Hauptgänge auf zwei Seiten. Die Desserts finden sich auf einer Extrakarte, die in der Regel nach dem Abräumen präsentiert wird. Teilweise empfiehlt Frau Gilles die Desserts auch nur mündlich.
 
| Die Vorspeisen |
Wegen Madames pathologischer Suppenabhängigkeit fiel ihre Wahl auf das Rahmsüppchen von Krustentieren mit Estragon und Crème fraîche für schlanke 6,50 Euronen. Überhaupt nicht schlank war der mit crèmiger Garnelenbisque gefüllte, tiefe Teller. Die schön geschäumte Suppe mit einer Farbnuance die, wenn überhaupt, nur auf vorsichtigsten Einsatz von Convenience-Krustentierpaste schließen lässt, hatte eine hervorragende Konsistenz. Geschmacklich bin ich versucht zu sagen besser geht’s nicht. Das maritim-nussige Garnelenaroma wurde von der dezenten Anisnote des Estragons weiter verstärkt und beides durch die frische Milchsäure der Crème fraîche ausbalanciert. Mit der Einlage von einigen Garnelenschwänzen und der Kapuzinerkresse-Blüte ein Fest für Madame.
 
So leicht wie man Madame mit einem Süppchen immer beglücken kann, lässt sie sich mit jeglichen Innereien vortrefflich jagen. Daher sind diese meine erste Wahl, wenn das Umfeld auf gekonnte Zubereitung schließen lässt. Da ist man bei Herrn Gilles grundsätzlich in guten Händen. Für mich sollte es demnach das Entenleberparfait an Sauce Cumberland mit Brioche à 9,50 Euronen sein. Den fürsorglich von Frau Gilles angebotenen Süßwein lehnte ich ab, da wir uns als Begleitung einen Badischen Grauburgunder ‘Alte Reben‘ vom Bioweingut Rieger à 29,50 Euronen ausgesucht hatten und ein Wechsel von süß auf trocken (umgekehrt geht) für mich immer problematisch ist.
Nun, wie nicht anders zu erwarten war das Parfait sehr gut umgesetzt, kaum fettig und aromatisch abgeschmeckt. Klassisch dazu ein Scheibchen geröstetes Brioche und fruchtig-senfige Cumberlandsauce, alles offensichtlich hausgemacht. Einzig der dazu servierte Eisbergsalat in French Dressing erschien mir nicht so stimmig, ich hätte etwas Feldsalat favorisiert. Andererseits muss man eine derart gute Umsetzung zu diesem Kurs (insbesondere im Umfeld der verbotenen Stadt) lange suchen.
 
| Die Hauptspeisen |
Wenn im Restaurant Kachelofen von Hauptspeisen die Rede ist, dann sind es auch solche. Hier wird Mann, Frau erst recht, auch von einem Gericht satt. Meist denken wir aber nur kurz darüber nach lediglich eine kleine Portion zu ordern. Normaler Weise siegt die Gier, wohlwissend, dass wir dann später aufs Dessert verzichten (‘tschuldigung liebe Obacht…) müssen. So sollte es auch dieses Mal laufen.
 
Das perfekt auf den Punkt gebratene Kotelette vom Duroc mit Kräutersenfsauce, feinem Gemüse und Rösti (17,90 Euronen) traf ebenso Madames Geschmackszentrum. Gut angebraten, genau richtig dimensionierter Fettanteil, die Beilagen für sich genauso gut. Schön auch, dass hier die Rösti in einem eigenen Pfännchen warmgehalten und erst bei Bedarf in Teilstücken serviert wird.
 
Auch die von mir georderte, Eifler Rehkeule mit Apfelrotkohl, feinem Gemüse, Quitten-Chutney und Spätzle für 19,90 Euronen wurde sehr gut umgesetzt. Zartrosa gebratene Keulenstücke treffen auf feine, handgeschabte Spätzle mit schönem Muskatton, dazu auf den Punkt gegarte Gemüse, etwas Jus und fruchtiger Rotkohl. Den letzten Kick gibt der Klecks Quitten-Chutney. Die Portion ebenso reichlich wie bei Madame, da die Spätzle ebenfalls warmgehalten und bei Bedarf nachgereicht werden. Grundsätzlich ist es hier auch kein Problem Sauce oder ähnliches nachzuordern.
 
Frau Gilles agierte wie gewohnt zurückhaltend freundlich bei entsprechender Ansprache auch herzlich. Hier fühlen wir uns immer rundum wohl. Das Essen ist gut bis sehr gut, insbesondere das Preis-Leistungsverhältnis sucht seinesgleichen. Daher ist es für uns auch nicht nachvollziehbar, dass an diesem Abend außer uns und zwei Hotelgästen lediglich ein Pärchen nebst Hund aus der Nachbarschaft zu Gast war. Für zwei Aperitifs, eine Suppe, eine Vorspeise, Zwei Hauptgänge, eine Flasche Weißwein und eine Flasche Wasser wurden 98,80 Euronen fällig. Im Verhältnis zum Gebotenen absolut fair.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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