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Wir hatten wieder von Hannover aus reserviert. Herr Diehm, der Chef, erwartete die Besucherströme am Stehpult. Er war um 18:00 Uhr schon wieder so in Aufruhr, dass meine Frau ihm sagen musste, dass er unseren Reservierungsnamen bereits durchgestrichen hatte. Er suchte nämlich recht verzweifelt. Es war ja auch schon zwei Minuten her, seitdem wir eingetroffen waren. Den erforderlichen Eintrag in die wieder einmal offenen und nicht DSGVO-konformen Listen erledigte ich elegant und schnell mit meinem Kugelschreiberstempel. Herr Diehm beschied uns mit einer Handbewegung, gleich ums Eck Platz zu nehmen, war aber schon wieder abgewandt Zu unserer Verwunderung stand dort ein Vierertisch. Das genervte Verscheuchen ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Die laminierten Karten mit reduziertem Inhalt hatten wir schon vor uns, und das San Pellegrino(8,50) war eingeschenkt. Wir erledigten den Umzug aber ohne Murren. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Tische ein wenig zu verrücken, so dass es gepasst hätte. Ich habe einmal überlegt, wie ich als ehemals recht erfolgreicher Dienstleister mit der Situation umgegangen wäre. So nicht.
Hektik war auch allen anderen Servicemitarbeitern anzumerken. Wenn man gerade die liebevolle Aufmerksamkeit eines 5-Sterne-Superior-Hotel, dem Fährhaus, erlebt hat, fällt einem das doppelt auf. Natürlich unterscheiden sich die Personalschlüssel extrem.
Der für uns zuständige Servicemann arbeitet sehr effizient. Er gehört zum Stammteam und wir kannten ihn aus dem Vorjahr. Die Vogelkoje sucht aber auf ihrer Homepage Mitarbeiter für Service und Küche.
Pflichtgemäß trug er eine recht große Schiefertafel mit den Tagesangeboten an unseren Tisch und sagte seinen Prolog auf. Wir wussten aber, was wir wollten, unterbrachen seine Annonce nicht und bestellten sofort, als er die Tafel absetzte:
Zwei Gläser Champagner, Alfred Gratien, weiß (14,50), einen halben Liter Waßmer Spätburgunder (29.-), zweimal Sommersalat(14,50) und zweimal Holsteiner Rinderfilet(48.-, einmal medium, einmal medium rare.
Das Amuse gueule wurde gebracht, drei Sorten sehr schmackhaften Brotes, diesmal kein Entenschmalz,
sondern ein dezent gewürzter Quark und der übliche Haufen Oliven und Sundried Tomato.
Als eine weiblich Servicekraft unseren Tisch passierte, wiesen wir noch einmal darauf hin, dass wir Champagner bestellt hatten. Das ging dann ganz schnell. Unser Servicemann tauschte eilig unsere eingedeckten Messer gegen Steakmesser und nahm mir alle Gabeln weg. Auf meinen Hinweis, dass wir auch einen Salat bestellt hatten, begann er zu blättern und revidierte dann sein Vorgehen.
Der Umgang mit der Pandemiebedrohung ist hier insgesamt eher lax. Immer wieder sah man beim Personal Masken ohne Nasenintegration oder ganz am Kinn. Herr Diehm, der Chef, bot in keiner Weise ein Vorbild für seine Mitarbeiter. Das Abwischen der Tische und der Karten erfolgte in der Vogelkojenhektik natürlich auch nicht so, wie es sein sollte. 30 Sekunden Wischzeit sind nun einmal notwendig für die Oberflächen.
Unser Sommersalat traf ein und entschädigte für Vieles. Solche Salate sind einfach selten zu bekommen. Es war eine enorme Vielfalt an Blättern (Rote Bete, Spinat, Rucola, Feldsalat, Frisée, Lollo, Blattsalat, Endivie. Radicchio) und wieder viele hauskandierte Walnusskerne. Auch viele Kirschtomaten und rote Grapefruit waren zu finden. Das Dressing war schmackhaft und pikant. Das Brot vom Amuse war hinreichend, auch zur Salatbegleitung. Endlich kam dann auch der Rotwein, von dem ich mir nur ca. 100 ml genehmigte. Ich ließ mir nun mein Erdinger alkoholfrei(6,50) bringen.
Nach unserer Zufriedenheit wurde mehrfach von verschiedenen Servicekräften gefragt.
Zeitnah trafen unsere Hauptgerichte ein. Die Teller waren gut vorgewärmt. Wiederum fand sich eine enorme Gemüsevielfalt auf unseren Tellern (grüner Spargel, Zuckerschoten, Topinambur, Teltower Rübchen, Pastinake, grüne Bohne, Schwarzwurzel, Pfifferlinge,Kartoffelgratin). Die traumhaft gute frische Béarnaise würzte alles buttrig und harmonisch. Das Fleisch war sehr herzhaft und geschmackvoll. Die nochmals abgefragten Gargrade waren perfekt getroffen.
Als wir unsere Teller geleert hatten, waren wir uns einig, grenzwertig abgefüllt zu sein. Trotzdem wollten wir uns die imposante Fontaine rouge (Erinnerung aus dem Vorjahr) nicht entgehen lassen und bestellten deshalb eine Portion für uns beide. Ich war begeistert, als zwei Gläser auf den Tisch kamen und nahm an, dass die sehr große Portion (Erinnerung aus dem Vorjahr, siehe dort) geteilt worden sei. Erst beim Blick auf die Rechnung stellte ich fest, dass zweimal der volle Preis (13,00) berechnet worden war. Das war etwas herb für diese kleinen Ausführungen (dezent gezuckerte Erdbeeren, eine Nocke Erdbeersorbet, darüber geschüttete Mascarpone-Sahne und goldener Crunch an der Oberfläche. Was das war, weiß ich nicht. Die Knusperteile hatten sehr viel Ähnlichkeit mit Gold-Inlays vom Zahnarzt. Immerhin schmeckte das Dessert hervorragend.
Zahlen konnte ich am Tisch mit der EC-Karte. Wir erkundigten uns noch nach den Modalitäten für ein Essen von der Tageskarte und dem Außer-Haus-Verkauf. Wir beschlossen, es bei diesem einen Abendbesuch zu lassen. Wir haben es so empfunden, dass das Fährhaus beim Service in einer anderen Liga spielt, das Essen aber in der Vogelkoje eine Klasse höher anzusiedeln war, das Preis-Leistungs-Verhältnis aber schlechter ausfiel. Wir schlenderten bei leichtem Regen zum Parkplatz und stellten fest, dass die Dichte der Oberklasse-Autos sehr zugenommen hatte (Tesla 100 S, 7er, S-Klasse, G-Modelle, Porsche, Jaguar).