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Ich mag die locker unaufdringliche Art des Chefs (Herr Siems) sehr und bewundere immer wieder sein phänomenales Gedächtnis für Namen und Garderobestücke. Das Restaurant war recht gut besucht, aber beim Abschied steht Herr Siems garantiert mit den richtigen Teilen in der Nähe des Ausgangs.
Einen großen Teil des Service erledigt der Chef im vorderen Gastraum selbst, nur beim gleichzeitigen Servieren wird er von der sehr gestandenen männlichen Servicekraft unterstützt. Man hat immer das Gefühl, dass sich alle wohl fühlen und Stress ein Fremdwort ist.
Wir waren mit Freunden um 19:00 Uhr verabredet, und meine Frau bekam prompt um 18:30 Uhr einen Asthmaanfall (zu lange Katze gekrault), so dass ich nach dem Verarzten eilig allein startete und gerade noch halbwegs pünktlich kam.
Nach einem Jahr und zwei Monaten Abstinenz begrüßte Herr Siems mich mit meinem Namen (obwohl nicht auf diesen reserviert war), geleitete mich zum Tisch, nahm mir meine Jacke ab und verstaute sie im begehbaren Wandschrank. Der Tisch war rund (finde ich toll), so dass man sich mit allen Aug in Aug unterhalten kann. Dass stilvoll eingedeckt war, versteht sich von selbst. Eine MInute nach dem Hinsetzen standen drei beschlagene Gläser mit einem schönen deutschen Brut-Sekt vor uns (als Gruß vom Haus). Das ist eine tolle Einstimmung.
Die Speisekarten (Pappe DinC3 quer mit eingelegtem DinA3-Blatt) wurden uns überreicht. Kurz danach kam Brot (so, wie ich es gern mag, hochelastisches Baguette wie aus der Renault-Werbung) und das Amuse gueule, ein wenig Feldsalat mit ein paar Farbtupfen aus Tomate auf einer äusserst schmackhaften und (auf meinem Hemd) farbintensiven Himbeer-Vinaigrette. Die Speisekarte wechselt hier ständig.
Es war höchste Zeit für meinen Rotwein. Wegen Geschmacksdifferenzen wähle ich offen einen Montepulciano d'Abruzzo, von dem ich dann doch im Verlauf des Abends eine ganze Flasche vertilgte. Ja, ich bin unmäßig.
Meine Vorspeise, ein Carpaccio vom Rind, war nicht so ganz nach meinem Geschmack. Die Fleischscheiben lagen auf einem für sich genommen schmackhaften Dressing. Für das zarte Rindfleisch war es aber zu intensiv.
Ein zweiter Brotkorb kam, kurz danach mein Zwischengang, herausragend gute Spaghettini mit drei großen King Prawns auf einer Buttersoße, absolut perfekt.
Recht zeitnah trafen unsere Hauptgerichte ein, absolut zeitgleich. Wir beiden Männer nahmen das Rinderfilet (schönes Stück aus dem Mittelteil, ca. 250 g). Der Gargrad medium rare war perfekt. Leider lagen die Fleischstücke auf einem Bett von recht bissfesten Paprika (für mich eher unpassend). Als Beilage gab es eine recht mehlige dreifach eingerollte Ofenkartoffel mit Sour Cream (ich mache sie besser). Das Fleisch schmeckte undefinierbar eigenartig. Ich beschriebe es einmal mit matt, ein wenig verfremdet, zu gut gereift). Die Steakmesser zerteilten es wie ein Stück Margarine. Saft trat kaum aus.
Kurz nach dem Abräumen des Tellers wurde mir schlecht. Der Grünkohl vom Vortag mochte die dicke Paprikaportion wohl nicht. Somit hatte ich erstmals Gelegenheit, die Toiletten aufzusuchen, die wohlriechend und gut aufgehübscht waren.
Auf ein Dessert mussten wir wegen Überfüllung verzichten. Zum Trost brachte Herr Siems aber noch drei halb chocolatierte Mini-Gugelhupf als sehr gelungenen Pralinenersatz.
Alles in Allem war es wieder ein sehr schöner Abend. Dass das Gebotene bei stetig wechselnder Karte nicht immer 100% mit den individuellen Geschmacksvorlieben harmoniert, ist unvermeidlich.