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Ein herrlicher, sonnendurchfluteter Tag neigte sich dem Ende entgegen.
Zunächst ein Ausflug auf den Garmischer Hausberg Wank: beeindruckende Fernsicht bis nach München und eine himmlische Ruhe - das mit Abstand lauteste dort oben waren die Glocken der auf dem Hochplateau und dortigen Wanderwegen friedlich grasenden oder dösenden Kühe.
Hernach folgte eine, aus athletischer Sicht nicht minder eindrucksvolle, wassersportliche Übungseinheit im von unserem Hotel fußläufig zu erreichenden Alpspitzbad, ein gepflegtes Wellenbad mit 50 Meter Außenbecken und einer hübschen Sauna und Wellnesslandschaft.
Peinlicher Höhepunkt: Herr S. ließ es sich in seiner juvenilen Dynamik nicht nehmen, die „Speed Rutsche“ auszuprobieren!
Ca. 6 Meter fast freier Fall sind namensstiftend, unten, wieder in der Horizontalen, bremst ein Wasserbecken, das allerdings aus Sicherheitsgründen nicht breiter als die Rutsche selbst ist, zum Spritzschutz ist dieses am Ende rundum mit Glas und Metall eingefasst.
Das hat allerdings zur Folge, daß die unten unweigerlich entstehende Welle von dort wieder komplett in das „Bremsbecken“ zurückgeworfen wird, was man beim Aufstehen tunlichst bedenken sollte – ich tat dies nicht.
Meine Welle hatte aber tragischer Weise die Ausmaße eines veritablen Tsunamis und traf mich exakt in dem Moment, in dem ich mich geschmeidig erheben und aus der Rutsche klettern wollte – und schon lag ich wieder auf dem Rücken, sehr zur Belustigung einer Bande Zehnjähriger, die natürlich gerade dort rumlungern musste.
Ich schlich mit der verbliebenen Restwürde zu unseren Liegestühlen nach draußen, genoss das Panorama und während ich dem Wasserrutschen-Konstrukteur noch diverse unheilbare Krankheiten an den Hals wünschte freute ich mich bereits auf das Abendessen mit Obacht!.
Heute sollte es weniger Ur-Bayrisch sondern leicht gehoben, kreativ und raffiniert werden: Das Koch´s (ich schreibe das Apostroph, weil es das Restaurant so macht) im Zentrum von Garmisch war unser Ziel an diesem Abend.
Frau Obacht war wieder pünktlich wie verabredet am Hotel, gut gelaunt ging es kurz vor neun Uhr zu Dritt – Obachts armer Schatzl musste arbeiten und war darob „not amused“ - per Pedes Richtung Fußgängerzone, die nur Minuten entfernt lag - unsere Unterkunft war wirklich ideal gelegen, wie wir immer wieder feststellten.
Kritik
Die typisch bajuwarische Heimstatt des Restaurants empfing uns in der Außenansicht mit einer stimmungsvollen Beleuchtung, ich kann mir gut vorstellen, wie heimelig das erst im Winter anmutet, wenn Schnee liegt.
Herr und Frau Obacht speisen hier gerne, die Begrüßung durch den weiblichen Part des Betreiber Ehepaares fiel entsprechend herzlich und persönlich aus, Madame und mir stellte sich Frau Koch namentlich per Handschlag vor, freundlich und verbindlich. Ein sehr junger, noch in der Ausbildung befindlicher Kellner nahm uns derweil mit fast noch kindlichem Charme zuvorkommend die Jacken ab.
Der Gastraum gefiel mir gut, die u.a. von dunklem Holz und Leder geprägten Material- und Farbkombinationen in Zusammenspiel mit ebenfalls stimmungsvoller Beleuchtung schufen eine behagliche Grundstimmung, in der es sich hervorragend aushalten ließ.
Die hübsch anzusehende Bar mit einer Batterie gepflegter Spirituosen trug dazu ihren Teil bei, ebenso die offene Küche, die große Glasscheibe erlaubte gleichsam interessante wie beruhigende Einblicke in das blitzblanke Reich der Küchencrew und unser Tisch befand sich direkt an dieser.
An diesem lauen Sommerabend war zudem die Terrasse des Hauses komplett ausgelastet, dies sorgte in Kombination mit den offenen, ausladenden Schiebetüren auch im Inneren des Gastraumes für eine lebendige, beinahe schon mediterran anmutende Atmosphäre.
Die Tischkultur ist als minimalistisch-gepflegt zu bezeichnen, nicht reservierte Tisch verbleiben „nackt“, unser Exemplar schmückten weiße Tischläufer, kreisrunde Platzdeckchen und schwere Wassergläser aus grünem Glas.
Die makellosen (bis auf die Tatsache, daß ich es nicht ausstehen kann, im Deutschen alles klein zu schreiben) Karten wurden gereicht, Küchenchef Steffen Koch verfolgt hier ein für mich geradezu perfektes Konzept:
Man bietet drei Menüs, von einem eher handfesten Dreigänger über ein schon deutlich anspruchsvolleres Stück in fünf Akten, bis hin zur letzten Ausbaustufe, einem eklektischen „Acht-Ender“, der inhaltlich mit einer feingeistigen Fusion von Saisonalität und Regionalität angesichts des Standortes einige deutliche kulinarische Ausrufezeichen setzt.
Alle Gerichte können nach Belieben zu eigenen Menüfolgen zusammengestellt werden, oft mit der Option, sie als größere Portion zu ordern falls man sich auf wenige Gänge beschränken möchte.
Da die Karten online nicht zu finden sind, habe ich diese hochgeladen (herzlichen Gruß an Siebecko, wir sprachen jüngst drüber), was ich in diesen Fällen sehr hilfreich finde, zumal da von den auf der Website aufgelisteten „Koch´s Klassikern“ kein einziger auf der Karte zu finden war.
Das ist aber keine Kritik, denn man entschuldigt sich auf der Seite schon vorab dafür, daß dies nur Beispiele seien und daher nicht „immer alle“ Gerichte verfügbar seien. Dass allerdings nichts davon zu haben war fand ich etwas schade, denn einige dieser „Klassiker“ klangen äußerst mundwässernd.
Als wir unsere Auswahl trafen, erreichte eine erste Flasche feinperlendes Mineralwasser den Tisch, hervorragend gekühlt und mir gefiel die edle Gastro-Flasche mit dem breiten Hals ausnehmend gut, ich erinnere leider die Marke nicht mehr.
| Aperitif & Amuse |
Aprikosenpüree mit Prosecco aufgegossen
Das Glas war derart beschlagen, daß Obacht! und meine Wenigkeit sofort erfreut zu einer 2-minütigen Herabwürdigung aller Gastronomen ansetzten, die für unsere Begriffe lauwarmen Schaumwein servieren.
Das Fruchtpüree stellt man selbst her und das roch man quasi schon vor dem ersten Schluck, ich habe schon Bellinis in guten Häusern gehabt die trotz allem mit – guter - Convenience zubereitet wurden.
Das trockene Blubberwasser aus Bella Italia schien von solider Qualität, sofern die Mischung mit Aprikosenpüree der Zunge noch ein Urteil erlaubte.
Ich bin kein großer von „Fizz“, wie man Schaumweine auf einer ehemals zur EU gehörenden Insel in der Nähe von Frankreich feingeistiger Weise nennt, habe aber eine Schwäche für Champagner in besonderen Momenten und eben auch für diese Art von Aperitif.
Kurzum, ich hätte hiervon drei Gläser trinken können, das wunderbar aromatische Püree, der knochentrockene Prosecco, das ideale Mischverhältnis und diese erfrischende Kälte, seufz!
Senf³
Nicht viel später erreichten kleine Grüße aus der Küche den Tisch, zusammen mit ausdrücklichst hausgemachtem Brot.
Auf nettem Porzellan fand sich ein Wurstsalat – den würden die Gäste ständig einfordern sagte man uns, eine temporäre Änderung habe zu Tumulten geführt – in einer leichten Vinaigrette und eine warme, leicht geschäumte Senf-Cremesuppe.
Im Brotkorb fand sich das optisch zunächst leicht belanglos anmutende Backwerk und – wer hätte es geahnt – eine Senf-Creme.
Alles war für sich handwerklich perfekt, die Konsistenzen von Süppchen und Creme ideal, die jeweilige Abschmeckung dank des wohl dosierten Senfes ausgewogen, der Wurstsalat überzeugte zudem mit guter Wurstware.
Auch das optisch blasse Brot erfreute die Zunge weit mehr als das Auge, leicht an Brioche erinnernd war es ein guter Partner für das kleine Amuse-Assortiment.
Allein, man musste Senf schon mögen um nicht eine gewisse Abwechslung an Aromen zu vermissen, zum Brot hätte ich mir auch etwas pikanteres, charaktervolleres vorstellen können, aber das ist Jammern auf hohem, verwöhntem Niveau.
Ich wünschte zu meinem ersten Gang einen Weißwein und erfragte die Optionen, sehr erfreut war ich über die folgende, fachlich substantielle Beratung von Frau Koch, die mir auch abseits der Standardkarte Empfehlungen für momentan „offen“ verfügbare Tropfen machte.
| Vorspeise |
Knoblauchgarnelen mit Caesarsalat
2014 Pinot Grigio, Weingut Platter, Region Garda DOC, Italien- 0,2l
Das in der amerikanischen Küche seit Jahrzehnten geradezu ikonisch gehandelte Gericht hat der Legende nach seinen Namen ja bekanntermaßen nicht in direkter Linie einem römischen Kaiser, sondern einem US-Gastronomen mit italienischen Wurzeln zu verdanken, der den gleichen kaiserlichen Vornamen trug.
Ich mag ihn in gut sehr, gerne mit frisch gegrillter Hähnchenbrust, auch mit Garnelen habe ich ihn schon sehr genossen, die Kombination der klassischen Caesar Zutaten schmeckt mir ohnehin außerordentlich gut.
Quantitativ überschaubar und optisch sehr erfreulich auf den Teller gebracht gefällt das Gericht in seiner auch farblich sehr ansprechenden Präsentation.
Serviert in einem Blatt von Romana-Salat fand sich das gleiche Grün in feine Streifen geschnitten, dieses großzügig benetzt mit einem klassischen Caesar Dressing, das geschmacklich seinen Schwerpunkt auf den Parmesan setzte, Sardellen und Kapern waren auch noch im Spiel.
Die Knoblauchgarnelen waren in Sachen „Aglio“ zurückhaltend, was mir gefiel, allzu schnell hätte er alles überlagert, Freunde glasig gegarter Meeresfrüchte kommen hier voll auf ihre Kosten, voller Aroma präsentierten sich die Garnelen auf dem Gaumen.
Obenauf thronte ein kleiner Textur-Spender, was ich auf den ersten flüchtigen Blick im Schummerlicht als Parmesan-Chip identifizierte, war ein aufwendig hergestellter Brotchip, der sich geschmacklich zurückhielt und somit gut mit dem kräftigen Dressing harmonierte.
Nicht nur reine Optik: Die spiralförmig aufgetragenen Gels von Basilikum und einer süßlichen Paprika, beides harmonierten mit leichter Säure hervorragend zu den erdigen Noten des Dressing.
Wo wir schon bei Säure sind: Der vorbildlich gekühlte Wein war hervorragend, kräftig in der Nase und auf der Zunge, nicht zu filigran und damit zu diesem Gericht eine ideale Empfehlung von Frau Koch.
| Sorbet |
„Sorbet von der Orange“
Es war ein warmer Tag, ich mag Sorbets und so wollte ich trotz einer überschaubaren Zahl an Gängen dem angepriesenen Orangen-Sorbet eine Chance geben.
Anscheinend war man der Sorbet-Produktion überdrüssig geworden, denn man servierte kein Sorbet, sondern, ja was war es nun, sagen wir ein überaus cremiges Orangen-Parfait.
Geschmeckt hat es hervorragend und der Zweitnutzen der Neutralisation wurde klaglos erfüllt, nur hatte ich mich auf die intensive Frucht und Säure eines Sorbets gefreut, ein kleiner Lapsus.
| Hauptgericht |
Lammkoteletten mit Bohnen und Kartoffeln
2009 Roggio del Filare Rosso Piceno Superiore, Velenosi Vini, Marken DOC, Italien – 0,2l
Ein schönes Lamm mit kräftigem Rotwein ist bei mir immer ein Garant für Zufriedenheit.
Serviert wurde ein Karree am Stück, zwei Koteletts im Ganzen, auf einem Bett von Edamame und gewürfelten, gekochten Kartoffeln, letztere benetzt von einer Art leichten Bechamel .
Dazu ein intensiver, auf die Schwelle zum Sirup reduzierter Jus, Aromen von Knoblauch, Port sowie leichten Anklänge von Sesam und Soja.
Das Fleisch wurde – wie man erwähnte- im Sous-Vide zubereitet, war von bester Qualität, durch und durch rosa gegart, aromatisch und der schonenden Garung sei Dank überaus saftig.
Nur, mir fehlten ein wenig die Röstaromen, das Karree war zudem so pariert, daß Teile des Fettdeckels noch an Ort und Stelle war, was auf bzw. in Grill und Pfanne ja durchaus viel Sinn macht.
Aber wenn ich dem Fett keine Chance zum Auslassen gebe, schmilzt es nicht, sondern wird wabblig und gummiartig, was hier leider leicht der Fall war.
Eine Minute länger in der Pfanne hätte gereicht, so etwas kann aber im Hochbetrieb passieren, wenn man das Fleisch auch sonst eher nicht tiefbraun serviert, das man hier hochprofessionell kocht, konnte ich jederzeit mit einem Blick durch die große Scheibe in die Küche quasi live nachvollziehen.
In Sachen Wein blieben wir in Bella Italia, der von mir erbetene eher wuchtige Rotwein aus der Region Marken wartete mit gut eingebundenem Barrique auf, dazu typische Noten von roten Beeren und Pfeffer, langer Abgang, sehr schöne Begleitung zum Lamm.
| Dessert |
Steffens Kaiserschmarrn mit Kirschgrütze
Ich habe es ja schon oft erwähnt, ich bin kein Dessert-Fan und wo Meister Waltmann und Co. auf Karten locken wähle ich sehr gerne Käse, dazu ein schöner Portwein und ich bin happy.
ABER: Alpenländische Mehlspeisen liebe ich abgöttisch in jeder Form und da Obacht! den Kaiserschmarrn in den höchsten Tönen lobte, war meine Wahl eine leichte, obwohl ein Taleggio mit Zwetschgensenf auf der Karte mit Sirenengesängen um meine Aufmerksamkeit buhlte.
Auch den Kaiserschmarrn brachte man appetitlich auf den Teller, statt in der Pfanne zerrissen zu werden, wurde der Schmarrn hier anscheinend im Ofen gebacken und danach in mehr oder weniger akkurate Quader geschnitten.
Duft von Zimt und warmem Teig stieg in die Nase, ich lud etwas Grütze auf die Gabel, probierte diese zunächst separat und inhalierte das erste Stückchen Kaiserschmarrn.
Ein wirklich schöner Abschluss, angenehm fluffig im Inneren, dazu die leichte gebräunte Kruste, die Kirschgrütze aromatisch und gottlob nicht übersüßt.
Danach ging nicht mehr viel, Obacht! schwatzte :-)) mir noch einen Obstbrand auf – das Haus bietet hier hochwertige Optionen und man entließ uns hernach ebenso freundlich und persönlich in die laue Garmischer Sommernacht, wie man uns zuvor begrüßte.
Fazit
Gepflegte, kreative Küche in einem zum Teil stark touristisch geprägten gastronomischen Umfeld.
Das Koch´s hat in meinen Augen somit ein echtes Alleinstellungsmerkmal in Garmisch und mich hat die Küchenleistung überzeigt. Ein halber Stern Abzug aufgrund der obig beschriebenen leichten Kritikpunkte.
Der Service wusste auch zu überzeugen, mit Höflichkeit, Fachlichkeit, Präsenz und natürlicher Freundlichkeit.
Das Ambiente gefiel mir gut, ebenfalls die makellose Sauberkeit, der Blick in die Küche sprach hier Bände, hier hat man nichts zu verbergen.
Die Preiswürdigkeit ist außer Frage, ich kann mir an dieser Stelle nur bedingt ein Urteil erlauben, da ich die Getränkepreise nicht nennen kann, weil heute eine gewisse Mitstreiterin großzügiger Weise die Rechnung beglich und dies so geschickt anstellte, daß ich es nicht mitbekam und so nicht mal protestieren konnte.
Vielen Dank nochmal hierfür, liebe Obacht!, auch wenn ich mich vor Ort hoffentlich zumindest ein wenig revanchieren konnte.
Ich wünsche dem Ehepaar Koch weiterhin erfolgreiche Jahre in Garmisch und wie schon beim Gasthof Schatten wuchs bei mir beim Schreiben der unbändige Wunsch, schon bald wieder mit Herr und Frau Obacht im selben Lokal zu tafeln, auch dieser Abend war wieder ein spaßiges Fest, das ich mit dieser Kritik noch einmal in Gedanken genossen habe.