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Der diesjährige Besuch sollte diesmal am Anfang unserer oberbayerischen Urlaubswoche stehen, Obachts Schatzl hatte sich frei genommen und somit sollte dieses Highlight auch zusammen genossen werden können, soweit Obachts Plan.
Zunächst einmal aber musste vorab ein angemessen großes Hallo mit vielen Umarmungen zelebriert, unsere ess- und trinkbaren Mitbringsel überreicht sowie der neue vierbeinige Familienzuwachs mit einem monströsen Knochen und einem Pfund Hundekekse bestochen und hernach geknuddelt werden.
Monate hatte ich mich auf diesen Abend gefreut und konnte noch gar nicht richtig glauben, wieder da zu sein, das letzte Jahr ist wahrlich wie im Fluge vergangen und Ruhe und bewusster Genuss außerhalb der eigenen vier Wände kamen wieder einmal viel zu kurz.
Gemeinsam ging es also voller Vorfreude auf in den Garmischer Abend, gegen halb neun trafen wir uns vor unserem Hotel, das Koch´s liegt – wie fast alles im Ort – nur wenige Schritte entfernt, das Restaurant liegt abseits des Haupt-Touristen-Stroms der Fußgängerzone, was aber abends nach Ladenschluss ohnehin keinen Unterschied macht.
Im Gegensatz zum letzten Besuch war es an diesem Montagabend nicht proppenvoll, sondern wir sollten die einzigen Gäste bleiben, was ich mitunter etwas bedrückend finde, aber das sollte der Stimmung am Tisch keinen Abbruch tun.
Freundlich und herzlich fiel sie dann auch aus, die Begrüßung des Betreiber-Ehepaares Koch, der junge Kellner, den ich aus dem letzten Jahr noch positiv in Erinnerung hatte, sprang zur Seite und bot höflich an, uns unsere Jacken abzunehmen.
Die Wahl des Tisches war ideal, von meinem Platz hatte ich durch die großzügig dimensionierte Scheibe einen guten Blick in die hinter ihr liegende Küche, linkerhand beglückte der nett anzuschauende Bar-Bereich das Auge des Kritikers.
Die Karten wurden gereicht, eine wohltuend überschaubare, dennoch viel Bandbreite bietende Auswahl regionaler Zutaten und Rezepturen, wobei man sich stets wohltuend von der bayerischen Wirtshausküche abhebt ohne die heimische Kulinarik zu verleugnen.
Im Gegenteil, so findet sich dort z.B. ein Gericht mit Huchen, eine Art hiesiger Lachs aus einer nachhaltigen Fischerei in einer Nachbargemeinde, schwer zu bekommen da vom Aussterben bedroht und der Fang folgerichtig strengstens kontrolliert wird.
Die Gliederung vorbildlich, ein sechsgängiges Degustationsmenü wird von einer etwa 12 Gerichte umfassenden kleinen à la carte Sektion komplettiert. Die Gänge lassen sich munter aus beiden Teilen der Karte einzeln bestellen und so nach Gusto zusammenstellen, der Großteil immer in Menü oder à la carte Portion verfügbar, was für zusätzliche Flexibilität sorgte.
Leider war die von Obacht und mir anvisierte Vorspeise „Schwarze Linguine AOP mit Scampi“ nicht verfügbar, weil man keine frischen Meeresfrüchte bekommen hatte, Frau Koch war allerdings engagiert bei der Sache eine Alternative anzubieten.
Aperitif & Amuse
Zum Aperitif empfahl Frau Koch einen Bellini mit frischem Pfirsichpüree, einer meiner Sommer-Lieblinge, da sagte ich nicht nein, Madame sollte auch nicht leer ausgehen, ihr wurde problemlos eine alkoholfreie Variante angeboten. Herrlich gekühlt erreichten diese den Tisch, wir stießen an und wohlige Entspannung machte sich innerlich breit, was für ein schöner Moment.
In angenehmen zeitlichen Abstand nach der Aufgabe unserer Bestellungen erreichte neben frischem Brot ein nett anzuschauender Gruß aus der Küche den Tisch. Im Gegensatz zur senflastigen Offerte aus dem letzten Jahr setzte man diesmal passend zu den hochsommerlichen Temperaturen auf erfrischende Kühle und Bitternoten.
Ein kaltes Gurkencremesüppchen und ein kleiner Löffel von Ochsenzungensalat wurde gereicht, letzterer überzeugte mit absoluter Frische und gutem Fleischgeschmack, dazu eine süß-saure Abschmeckung, die entfernt an Gurkenwasser erinnerte, im positiven Sinne wohlgemerkt.
Mit dem kalten Süppchen hatte ich gleich zwei persönliche Probleme; ich mag – mit Ausnahme einer wirklich guten Vichyssoise - keine kalten Suppen und Gurken sind mir ein Graus. Ich probierte dennoch und musste feststellen, daß das flüssige Küchenprodukt und ich keine Freunde werden sollten. Diese Gurkenbitterkeit in Verbindung mit der Temperatur hatte etwas von einem allzu gesund geratenen Smoothie für mich - gönnerhaft schob ich das Gläschen zu Madame.
Am von Gurkenunverträglichkeit ansonsten nicht betroffenen Tisch herrschte allerdings Zufriedenheit mit dem Süppchen, persönliche Abneigungen kann ich dem Restaurant sicherlich nicht anlasten, das war einfach Pech.
Umso mehr freute ich mich auf die Vorspeisenalternative, die bald den Tisch erreichen sollte, vorab wurde der vorbildlich temperierte Wein serviert. Der Service war dank der Tatsache, daß wir der einzige Tisch waren, rückblickend auf einem Niveau anzusiedeln, das man sonst so wohl nur bei hochklassigen Private Dining Abenden mit handverlesener Mietbrigade vorfindet.
Linguine mit Lachs – 11,80€
2016 Breuer "Gris" Grauer Burgunder, Weingut Georg Breuer, Rheingau, Deutschland – 0,2l zu 5,80€
Visuell ansprechend wenn auch in seiner Präsentation nicht außergewöhnlich, olfaktorisch zurückhaltend, nur der Fisch und der frische Dill schafften es sich in der Nase bemerkbar zu machen - und nicht etwa kitzelnd weil ich diese halb in den Teller tunkte.
Ein erster Löffel mit Fisch und etwas Sauce fand seinen Weg auf den Gaumen und dieser zeigte sich leicht enttäuscht. Der Fisch war gut gegart und nicht trocken, allerdings wurde dieser in keiner erkennbaren Weise gewürzt und auch die dünnflüssige Sauce, die mit beherztem Wermut-Einsatz entstand, wusste leider außer diffus süßlichen Noten mit einem Hauch von Dill geschmacklich ebenso wenig beizutragen.
Die hausgemachte Pasta konnte zudem nicht viel mit Saucen anfangen, leider waren diese nicht in der Lage selbige aufzunehmen, was die blassen sensorischen Eindrücke zusätzlich verstärkte.
Ich wollte an diesem Abend die gelöste Stimmung nicht durch Meckereien am Essen stören und behielt meine Kritik für mich. Als ich jedoch zwei Tage später mit Obacht! noch einmal über das Gericht sprach, stellten wir fest, daß wir es geschmacklich beide exakt gleich empfunden hatten, daher erwähne ich es ohne jegliche Beschönigung.
Vielleicht fiel das Sößchen auch deshalb so unangenehm blass auf, weil wir uns mit der AOP Variante einen vergleichsweise ausgesprochenen linken Haken auf die Geschmacksknospen ausgesucht hatten.
Versöhnend der von Frau Koch angeratene graue Burgunder, seine feine Frucht war eine durchaus passende Begleitung zu Fisch und hob sich positiv von allzu „fetten“ Vertretern seiner Zunft ab.
Madame labte sich in diesem Gang an einem kleinen Salat, der sich seine hübsche und aufwändige Anrichte mit 8,80€ bezahlen ließ. Dieser mundete, allerdings wurden sehr essigsaure Noten im Dressing bemängelt.
kleiner gemischter Salat
Rinderhüfte mit Röstkartoffeln und Cognac-Pfeffer-Rahmsauce – 24,80€
2014 Eguren Ugarte Crianza, Garnacha Tinta & Tempranillo, Bodega Eguren Ugarte, Rioja, Spanien – 0,2l zu 5,80€
Hüftsteak mit Cognac Pfeffer Rahmsauce und Röstkartoffeln
Der Teller verströmte durchweg appetitliche Noten von grünem Pfeffer und Röstaromen, auch optisch durchaus ansprechend, wenn ich es auch angesichts der herrlichen Garstufe sehr schade fand, daß man die Sauce so rustikal und großzügig über das in dicke Tranchen geschnittene Fleisch gab und es damit in großen Teilen verdeckte. Da gab es dann doch eine gewisse Diskrepanz zum filigran drapierten Salat, die sich auch in Madames Hauptspeise zeigen sollte.
Das Fleisch war derart gleichmäßig rosa gegart, daß ich durchaus an Sous Vide glaube, leider wurde für meinen Geschmack viel zu zurückhaltend in der Pfanne nachgebraten, die gewünschte Maillard Reaktion hatte gerade erst begonnen ihr gutes Werk zu tun.
Das Fleisch im Eigengeschmack gut aber einen Hauch zurückhaltend, zudem in der Konsistenz mir etwas zu bissfest, wohlwissend hier kein Filet zu verspeisen, aber Hüfte ist bei „mageren“ Rassen mit wenig Marmorierung oftmals ein Problem, zumal bei den deutschen, auf Milchproduktion gezüchteten – dennoch ein gutes Stück Fleisch und damit Jammern auf einem dem Standard des Restaurants angemessenen Niveau.
Für die erhoffte große Opulenz auf der Zunge sorgte aber die nach allen Regeln der Kunst gekochte Soße: ein kräftiger Fond, ein großzügiger Schluck Cognac, beherzter Einsatz von grünem Pfeffer – damit schmeckt auch Bauschaum auf Toast.
Köstlich auch die Röstkartoffeln, in diesem Fall war weniger wirklich mehr, die nur mit Meersalz gewürzten, ideal gebratenen Drillinge hielten sich angenehm im Hintergrund und waren zusammen mit der Pfeffersauce genossen ein kleiner Hochgenuss.
Zu diesem Gang empfahl Frau Koch zwei unterschiedliche Rotweine, ich entschied mich für Vertrautes aus Spanien, eine schöne Cuvée aus Garnacha und Tempranillo hat noch keinem Steak geschadet. Auch fiel positiv auf, daß der Wein genügend Zeit zum Atmen hatte, er war auch ohne Dekanter auf den Punkt, was bei dem relativ jungen und unkomplizierten Wein keine allzu große Überraschung war. Der Wein gefiel mir sehr gut, rote reife Frucht mit gut eingebundenem Barrique, ein wunderbarer Begleiter zur Sauce.
Rechts neben mir vergnügte Frau sich an Wildschwein auf Rahmsauce mit Serviettenknödeln (19,80€), es schmeckte ausgesprochen gut, allerdings empfand ich auch hier die Anrichtung gemessen am Anspruch und sonstigem Standard des Restaurants als vergleichsweise rustikal.
Koch´s Kaiserschmarrn – 7,80€
Den Kaiserschmarrn hatte ich noch aus dem letzten Jahr in köstlicher Erinnerung und auch diesmal sollte ich nicht enttäuscht werden. Mit dem Duft, den der Teller verströmte, könnte man mich aus jedem noch so tiefen Koma wecken.
Stefan Koch hat diesen alpenländischen Klassiker etwas abgewandelt, er zerrupft ihn nicht in der Pfanne sondern backt ihn in einer Form und zerteilt ihn mit dem Messer ihn gleichmäßige Quader – nett anzuschauen.
Zur Mehlspeise gesellte sich ein erfrischend säuerliches, stückiges Aprikosen-Ragout, das zusammen mit dem süßen, lockeren Schmarrn genossen eine ideale Balance von Süße und Säure schaffte.
In lebhafter Erinnerung blieb auch diesmal die leicht knusprige, karamellisierte Oberfläche des Teiges, was einen netten texturellen Akzent darstellt.
Spät war es geworden, wir plauderten noch ein wenig mit Herrn Koch, einen hochwertigen Obstbrand aus Tirol nach Wahl spendierte der redselige Gastronom noch, den wir gemeinsam im Stehen an der Bar einnahmen.
Und so ging er dem Ende entgegen, der erste von sieben fast schon unangenehm schönen Abenden, zufrieden und vorfreudig auf die vor uns liegende Woche blickend ging es auf den kurzen Fußmarsch in Richtung unseres gemütlichen Hotelzimmers mit seiner Postkarten-Aussicht.
Fazit
Die Bewertung der einzelnen Gänge wäre 2,5 für die Vorspeise, gefolgt von 4 für das Fleisch und einer klaren 5 für das Dessert. Somit komme ich diesmal trotz der Schwächen, die ich in Häusern mit gehobenem Niveau schon immer vergleichsweise detailliert schildere und sich somit manche Essen negativer lesen, als sie es im Gesamtbild waren, auf knappe vier Sterne für das Essen.
Den Service kann man nur mit fünf Sternen bewerten, was wie gesagt aber auch daran lag, daß wir die einzigen Gäste waren und somit die ungeteilte Aufmerksamkeit von Frau Koch und des jungen Mannes vom Fach genießen konnten.
Das Ambiente hat sich nicht geändert, hier bleibe ich bei vier Sternen, ebenso wie mit fünf Sternen für die makellose Sauberkeit in allen einsehbaren Bereichen, inklusive der Küche.
Beim PLV bin ich diesmal bei soliden vier Sternen, speziell der Rotwein ist angesichts des günstigen Flaschenpreises doch etwas sehr selbstbewusst kalkuliert.
Ich freue mich trotz aller hoffentlich fair vorgetragenen Kritik auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr, zumal mit Obacht! und ihrem liebenswertem bayrischen Original-Schatzl, mit Euch hat es wieder großen Spaß gemacht, danke für die Zeit, die Ihr Euch genommen habt, es war uns eine große Freude.