Restaurant Schneider
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Hauptstr. 88, 76857 Dernbach
Restaurant Hotel Weinkeller
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GastroGuide-User: Ehemalige User
Ehemalige User hat Restaurant Schneider in 76857 Dernbach bewertet.
vor 7 Jahren
"Das PLV war früher besser! Dennoch verlässlich gute Adresse im Dernbachtal - und das seit vielen Jahren schon"

Geschrieben am 27.07.2018 | Aktualisiert am 27.07.2018
Besucht am 10.06.2018 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 85 EUR
Mehr als sechs Jahre ist es her, dass ich zum letzten Mal bei Werner Püngeler (Inhaber) und seiner Frau Petra Roth-Püngeler (Küchenchefin) im beschaulichen Örtchen Dernbach (Pfälzerwald) zu Gast war. Noch heute erinnere ich mich an das formidable Wildragout mit Kartoffelknödeln, das ich als Hauptgang eines dreigängigen, sehr preisgünstigen Tagesmenüs verputzen durfte. Die dazugehörige RK-Rezension wurde auf meinen Wunsch hin wegge“yelpt“. Höchste Zeit also, über diese mit Bib-Gourmand-Abonnement ausgestattete Pfälzer Gastro-Institution mal wieder „ein paar“ Worte zu verlieren.
 
Eine Wanderung zur nicht weit entfernten Ruine Ramburg führte uns im Juni ins Dernbachtal. Ein Tisch für zwei Personen wurde zuvor problemlos am Telefon klar gemacht. Den zünftigen Pfälzer Teller ignorierten wir beim Besuch der unterhalb der Burg befindlichen Ramburgschenke geflissentlich, denn wir waren bereits in freudiger Erwartung dessen, was man uns „beim Püngeler“ so alles auftischen würde.
 
Trotz der warmen Witterung war das Lokal an diesem Sonntagabend gut besucht. Auf der schattigen Terrasse hinter dem Haus waren bereits alle Plätze belegt oder reserviert, weshalb man uns im hinteren Bereich des langgezogenen Gastraumes („Wintergarten“) platzierte. Durch dessen offene Glastüren verfolgten wir das Treiben auf der Terrasse und bekamen nebenbei ein wenig von der kühleren Abendluft ab. Ein guter Platz, an dem die Servicedamen wie Fleißbienen vorbei summten.  Zunächst jedoch ohne großartig von uns Notiz zu nehmen.
 
Zeit zum Umschauen. Seit 1884 wird in diesen Mauern Gastronomie betrieben. Seitdem ist die ehemalige Fuhrmannsschenke in Familienbesitz. Petra Roth-Püngeler und ihr Mann Werner führen das von Urgroßvater Jacob gegründete Gasthaus seit 1988. Es gibt nur noch wenige Adressen in der Pfalz, die eine solch lange Tradition vorweisen können. Aber altehrwürdig ist hier nicht mit antiquiert gleichzusetzen. Dazu machte das mit viel hellem Holz ausgestattete Innere des Lokals einen viel zu frischen Eindruck. Bei genauerer Betrachtung entdeckt man sorgfältig platzierte Elemente der klassischen Gastronomie, die mit dem Charme des familiär geführten Landgasthofes Hand in Hand gehen.
 
Die stilvoll mit weißem Leinen überzogenen Tische setzten mit glänzend poliertem Silberbesteck und Stoffservietten ein erstes Zeichen in Richtung gehobener Gastlichkeit. Kein Wunder, fühlt man sich doch als Mitglied der „Chaîne des Rôtisseurs“ gastronomischen Werten und gepflegten Tischsitten verpflichtet. An den Wänden hing gerade so viel wie das Auge des Kunstbanausen noch vertrug und die bequem gepolsterten Stühle bzw. Wandbänke sorgten für ein behagliches Sitzgefühl. Über den etwas schmucklos wirkenden Fliesenboden konnte ich locker wegsehen, denn das Wesentliche würde sich ja eh gute 70 cm darüber abspielen.
 
Mittlerweile hatte man uns auch die Speisenkarte gereicht. In deren Einband wurde noch einmal auf die familiäre Tradition des Gasthauses hingewiesen. Die kulinarische Ausrichtung würde zwischen „fantasievoller Gourmetküche und regionaler Frischeküche“ oszillieren, stand da genauso dickgedruckt wie die Anmerkung, dass man es hier mit einer der „besten Weinkarten der südlichen Weinstraße“ zu tun hat. Und wahrlich, die Auswahl an feinen Kreszenzen aus der Pfalz konnte sich in der Tat sehen lassen. Viele renommierte Pfälzer Weingüter ließen sich hier flaschenweise entdecken und das zu äußerst fairen Preisen. Eine vinophile Rundumversorgung, die Respekt einflößt.
 
Siegrist (Leinsweiler), Becker (Schweigen), Gies-Düppel und Siener (beide Birkweiler) – schon auf den ersten beiden Seiten tummelten sich jede Menge Spitzengewächse im 0,75-Liter-Takt. Schön, dass man sich die Mühe machte und zu jedem Winzer kleine Infotexte, die den einschlägig bekannten Nachschlagewerken und Magazinen (Gault Millau, Eichelmann, Vinum und Weinwelt) entnommen wurden, abgedruckt hatte. Hier lernt der Neuling noch etwas dazu und der Kenner fühlt sich bestätigt. Sicherlich auch ein Angebot für vinophile Gäste, die sich am Tisch nicht mehr ganz so viel zu erzählen haben. Sie können in aller Ruhe die Weinkarte studieren – genug Lesestoff ist ja da. Übrigens ist man hier auch auf den Genuss von offenen Weinen gut eingestellt. Über 20 verschiedene Rebsäfte gibt es hier glasweise zu erstehen.  
 
Menüesser kommen übrigens nach wie vor im Gasthaus Schneider voll auf ihre Kosten. Das viergängige „Tafelrundenmenü“ (52 Euro) lockte mit Rehterrine und Wildschweinschinken, einer doppelten Rehkraftbrühe, Barbarie-Entenbrust und einer Crème brulée. Wildfreunde würden hier wohl instinktiv zugreifen. Auch beim fünf- bzw. sechsgängigen „Feinschmeckermenü“ (62 bzw. 70 Euro) hatte man mit dem Rehrücken Leckeres aus heimischen Wäldern im Hauptgang. Und die Schneider’sche Gänseleberterrine (als Vorspeise) gehört nun wahrlich zu den kulinarischen Ewigkeitswerten dieses Gasthauses.
 
Das Tagesmenü von damals hieß nun schlicht „Menü zum Wochenende“, war nun viergängig und kostete mittlerweile 35 Euro (früher waren es für drei Gänge gerade einmal 26,50 Euro…). Bei der Vorspeise durfte man sich zwischen Bärlauch- und Spargelsuppe entscheiden, beim Hauptgang standen Kalbsrahmgeschnetzeltes, Filet von der Lachsforelle und Rückensteak vom Landschwein zur Auswahl. Was die Entscheidung nicht einfacher machte. Zusätzlich standen noch etliche Spargelgerichte auf der reichhaltigen Speisenkarte, deren Spanne von bewährten Leib- und Magengerichten (Wiener Schnitzel vom Kalbsrücken, Schweinelende, Pfälzer Rehnuss) bis hin zu international angehauchten Klassikern (Rinderfilet Rossini, Barbarie-Entenbrust, Lachs- und Zanderklößchen) reichte.
 
Nur am Sonntagabend wurde zusätzlich ein 4-Gang-Fischmenü für 45 Euro angeboten. Da nutzte ich die Gunst der Stunde und entschied mich für die Preziosen aus Fluss, Teich oder Meer, zumal mir die etwas leichteren Fischgerichte an jenem warmen Juniabend passender erschienen. Meine Begleitung wählte aus dem vegetarischen Angebot die Spinatknödel mit Spitzkohl und Bergkäse (16,90 Euro). Vor- und Nachspeise meines Menüs wurden also Opfer des Sharing-Gedankens.
 
Die 0,75-l-Flasche Schwarzwald Mineralwasser Classic belief sich auf 5,20 Euro, während der kleine Traubensaft (0,2l) bei 2,40 eincheckte. Das Viertel Grüner Silvaner vom Weingut Hochdörfer aus Landau-Nussdorf ließ sich für 5,20 Euro erwerben. Der offene Weiße passte als flüssige Begleiterscheinung gut zu den Protagonisten meines Menüs.
 
Doch bevor es richtig los ging, reichte man uns zur Einstimmung ein kleines Fläschchen mit aromatischem Olivenöl, etwas Meersalz und frisch aufgebackenem Baguette in einem kleinen Holzkasten. Schlicht in der Anrichtung, aber keineswegs trivial im Geschmack, so konnte es weiter gehen. Mit einem zweiten Amuse in Form kleiner deftiger Blätterteigschnecken wurde nochmals freundlich aus der Küche gegrüßt. Die mit Speck, Zwiebel und Schmand gefüllte Petitesse erinnerte vom Geschmack her an den Elsässer Flammkuchen, der ja mittlerweile auch aus der Pfalz nicht mehr wegzudenken ist.
 
Mit einer Trilogie vom schottischen Lachs startete mein Menü. Gebeizt, geräuchert und als Tatar bildete er auf dem Teller ein ansehnliches Arrangement, das von drei Saucentupfern (Honig, Senf, Basilikum) und einem wachsweichen Wachtelei zusätzliche Farb- und Geschmacksakzente erhielt. Dazu reichte man eine geröstete Scheibe Brioche (war noch leicht warm), dessen süßlich fluffiges Innere von fachkundigem Backhandwerk herrührte.
 
Besonders die gebeizte Tranche vom fetten Zuchtfisch hatte es mir angetan. Keine Ahnung, ob es sich hier um Label-Rouge-Qualität handelte. Das Fleisch des „Scottish Salmon“ zerging auf der Zunge. Die u.a. mit Senfkörnern, frisch gemahlenem Pfeffer und leichtem Dillhauch versehene Fischbeize tat dem saftigen Filet ausgesprochen gut. Der rosafarbenen Tartarmasse fehlte hingegen die cremigzarte Avocado als mundfüllender Schmierstoff. Dafür konnte die mürbe Zuchtlachsnocke mit Kräuterfrische und spritziger Leichtigkeit (Zitrone oder Limette) punkten. Die Rauchvariante kam geschmacklich wesentlich unauffälliger daher. Die dünnen Scheiben säumte der obligatorische Dillrand, den man so auch von gutem Sockeye aus der Kühlteke kennt. Die drei Saucenkleckse wirkten etwas eklektisch, waren aber passend ausgewählt. Sie brannten sich zwar nicht ins kulinarische Unterbewusstsein ein, spielten jedoch den rotfleischigen Protagonisten auf dem Teller gut zu und gereichten schmeckbar dem Prädikat „homemade“ zur Ehre.
 
Während meine Begleitung ihren mit mildem Joghurt-Dressing angemachten Beilagensalat – er hätte ihrer Meinung nach ruhig mehr Essigkante zeigen dürfen – erhielt, duftete mir ein schaumig geschlagenes Spargelsüppchen mit Lachskloßeinlage entgegen. Schade, dass Gang Nummer Zwei das vom Fischteller vorgegebene Niveau nicht ganz halten konnte. Die handwerklich gut gemachten Klößchen wurden leider nur in homöopathischer Dosierung verabreicht. Der auf Basis einer Gemüsebrühe angesetzten Spargelsuppe mangelte es dagegen nicht an Sahne-Input. Ihrem geschmacklich eher zurückhaltenden Aroma konnte auch das fadenscheinige Dillkraut, welches sichtbar obenauf schwamm, keinen besonderen Kick am Gaumen entlocken. So blieb das Ganze bei einer sahnig-milden Angelegenheit, der es ein wenig an Würzfülle fehlte.
 
Dafür konnte der Hauptgang glänzen. Denn es ist ja alles fett, was glänzt. In diesem Fall das prächtige, in Butter gebratene Schollenfilet, das in perfektem Gargrad und von aromatischer Mandelkruste umhüllt auf meinem Teller lag. Der hellfleischige Plattfisch strotzte dank subtiler Würzung vor saftigem Eigengeschmack und überzeugte durch seine hohe Produktqualität und -frische. Die mit kleingehackten Schnittlauchröllchen verfeinerten Salzkartoffeln wurden à part in einer kleinen Schüssel serviert. Bei dieser ultraklassischen Beilage wurde die Kochzeit anscheinend sehr genau eingehalten, was zu optimaler Kartoffelkonsistenz führte. Dafür lass ich jede Teigware links liegen. Dieser Hauptgang wäre auch singulär als Tagesgericht erhältlich gewesen, so stand es jedenfalls an der Schiefertafel neben der Eingangstür geschrieben.
 
In bester Fischlaune schielte ich auf die eher frugal wirkenden, von geschmolzenem Bergkäse leidlich bedeckten Spinatknödel, für die sich meine Freundin entschieden hatte. Der Beschreibung in der Karte nach wurden sie in etwas Nussbutter geschwenkt. Von den grünen Veggiebällen nahezu komplett verdeckt, geriet der darunter befindliche Spitzkohl, von Natur aus ja eher dezent aromatisch, auch geschmacklich ins Hintertreffen. Zu allem Überfluss bildete eine „geschmolzene“ Cocktailtomate – schon mehrfach von einem geschätzten Rezensenten dieses Portals als kulinarische Banalität entlarvt – den einzigen „echten“ Farbtupfer in diesem drögen Tellergericht, das Herr Biedermann noch nicht mal seinen Brandstiftern untergejubelt hätte. Und man muss es aussprechen: für 16,90 Euro war das auch preislich nicht mehr im Bereich des Akzeptablen. Spinat, Spitzkohl, Bergkäse – selbst mit dem inkludierten Beilagensalat passte das weder vom Wareneinsatz noch von seiner Verarbeitung her ins Bild.
 
Da lobe ich mir die Burrweiler Mühle – zugegeben ein mittlerweile von Pfalztouristen überranntes Ausflugslokal in bester Lage – wo man das nahezu gleiche Gericht für 6 Euro weniger anbieten kann.          
 
Der süße Abschluss gelang mit marinierten Nektarinen, Vanille-Eis und Himbeerschaum (eigentlich das Dessert vom Wochenend-Menü) und zwei Kugeln hausgemachtem Sorbet (6 Euro). Besonders das intensive Himbeeraroma meines im Glas servierten Nachtisches hatte es mir angetan. Ein würdiger Schlusspunkt eines gelungenen 4-Gang-Menüs, das auch bei der Preis-Genuss-Relation ordentlich abschnitt.
 
Wählt man im „Schneider“ dagegen à la Carte, schlagen hohe Preise wie zum Beispiel bei den Suppen (doppelte Rehkraftbrühe für 8,50 Euro), den einfachen Fleischgerichten (Schweinelende mit Mischpilzen für 23,50 Euro) und dem vegetarischen Angebot (Kräuterpfannkuchen mit Spinat und Röstgemüse für 15,90 Euro) zu Buche. Da hat man mit dem Status eines der exklusivsten kulinarischen Ziele im Pfälzerwald zu sein etwas die Bodenhaftung verloren. Bei den Menüs sieht es etwas anders aus, aber auch hier wurde in den letzten Jahren preislich angezogen. Das ausgezeichnete PLV von damals muss ich etwas revidieren und zum Ergebnis kommen, dass es in dieser Preisliga mittlerweile kreativere Vertreter in der Pfalz gibt. Etwas mehr Innovation statt Bewahrung von Tradition würde dem Gasthaus Schneider sicher gut stehen.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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