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GastroGuide-User: marcO74
marcO74 hat Waldgasthof Bienwaldmühle in 76779 Scheibenhardt bewertet.
vor 5 Jahren
"Familiengeführter Traditionsgasthof direkt an der deutsch-französischen Grenze, wo man ausgezeichnete Regionalkost zeitgemäß auf den Teller bringt und mit hausgemachten Details überrascht"

Geschrieben am 31.12.2018 | Aktualisiert am 31.12.2018
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Besucht am 01.12.2018 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 106 EUR
Schuld war wieder einmal der lange Sommer. Selbst Ende Oktober konnte man noch regenfrei und bei angenehmer Wärme durch die Südpfalz radeln. Während einer solchen Radtour, die mich über die Dörfer des Viehstrichs (Freckenfeld, Schaidt, Steinfeld, Kapsweyer) bis in den Bienwald führt, kam mir ein Hungerast zur Mittagszeit nicht ungelegen, zumal der Waldgasthof Bienwaldmühle ganz in der Nähe war. Bei meiner Spontaneinkehr am Sonntagmittag war aber außer dem Katzentisch vor der Theke nichts mehr frei. Weder in der vorderen Gaststube, noch im rustikalen Kaminzimmer gab es Alternativen, weshalb ich den zeitweise etwas zugigen, zwischen Eingang und Tresen gelegenen Platz dankend annahm.
 
Damals wunderte ich mich nicht nur über den großen Andrang, sondern in erster Linie über den freundlich-flinken Service und das schmackhafte Essen, das mir hier serviert wurde. Das zart geschmorte Ragout von Reh und Hirsch duftete herrlich nach Waldpilzen. Die dazu gereichten hausgemachten Kartoffelknödel zeugten von handwerklicher Kompetenz und selbst der einfache, mit Essig und Öl angemachte Beilagensalat schmeckte vortrefflich. Für 15,90 Euro in der Summe hatte ich schon lange nicht mehr so fein zu Mittag gegessen. Verblüfft, gut gesättigt und von der Speisenkarte angetan radelte ich nach Steinweiler zurück. Die Bienwaldmühle war vorgemerkt, um dort auch zeitnah in Begleitung aufzuschlagen.
 
So viel zur Vorgeschichte unseres ersten gemeinsamen Abends in der Bienwaldmühle, der in so mancher Hinsicht ein überraschender wurde. Ich hatte an einem besonders feierlichen Samstagabend einen Tisch für Zwei reserviert und gehofft, dass wir in der vor fünf Jahren komplett renovierten, „alten“ Gaststube unterkommen würden. Der mit modernen Elementen ausgestattete, in hellen Holztönen gehaltene Gastraum machte unmissverständlich klar, wo sich dieses beliebte Ausflugslokal befand, nämlich mitten im Bienwald.
 
Hübsch in Szene gesetzt, leuchteten Äste hinter dem Glas zweier mitten im Raum platzierter Säulen, deren Glashülle ebenfalls von hellem Holz eingefasst war und die bis zur Decke reichten. Die Rückseiten der schlanken Pfeiler dienten der Weinpräsentation, bei der feinste Pfalzware ins rechte Licht gerückt wurde. Aus wertigem Holz waren auch die mit weißem Leinen überzogenen Tische und die bequem gepolsterten Stühle gestaltet. Der helle Parkettboden, die in Raummitte, zwischen den „Astvitrinen“ platzierte Anrichte und eine komplett mit Holz vertäfelte Wand suggerierten bodenständige Eleganz, die ich als sicheres Indiz für gehobene Gastlichkeit wertete. Zylinderförmige Leuchten beachtlichen Umfangs tauchten den Raum in helles Licht. Ein paar Lux weniger hätten es meiner Meinung nach ruhig sein dürfen. Es hätte den Raum etwas gemütlicher wirken lassen.
 
Die Bienwaldmühle wird heute von Philipp Roth und seiner Frau Miriam in dritter Generation geführt. Aus dem von Opa Ferdinand und Oma Johanna im Jahre 1954 erworbenen Gasthof wurde mit den Jahren eine Anlaufstelle für Freunde gehobener Gutbürgerlichkeit, die auch in großer Zahl aus dem benachbarten Elsass kamen. Das tun sie übrigens heute noch gern, was sich an den französischen Nummernschildern der auf dem großen hauseigenen Parkplatz stehenden Autos ablesen lässt. Werner und Gerdi Roth, die Eltern des heutigen Küchenchefs, prägten in der Folgezeit über viele Jahre die kulinarischen und gastronomischen Geschicke der Bienwaldmühle.
 
Noch heute sind auf der Speisenkarte Klassiker von damals vertreten. So wurden beispielsweise die Rehnüsschen in Morchelrahmsauce schon vor über 30 Jahren von Vater Werner zubereitet. Sein Sohn Philipp führt diese Tradition heute fort ohne sich neuen Einflüssen zu verweigern. In seine saisonal beeinflusste Regionalküche fließen deshalb auch mediterrane und asiatische Akzente mit ein. Und die kulinarischen Auswirkungen des lediglich einen Steinwurf entfernten Elsass sind schon seit vielen Jahren im Speisenangebot verankert.
 
Wir waren die letzten Gäste, die an jenem Abend die vordere Gaststube betraten. Nach freundlichem Empfang wurden wir an den letzten freien Tisch geführt. Die meisten Gäste um uns herum hatten entweder schon gegessen oder bekamen gerade ihre Hauptgänge serviert. Was mir schon beim ersten Besuch auffiel, konnte ich auch diesmal beobachten: die Damen vom Service richteten bei manchen Hauptgängen die Teller am Tisch an. Sie trugen die Speisen in kleinen Schalen aus der Küche und erledigten den Rest vor den Augen der Gäste. Das machten sie so akribisch und geschickt, dass es eine Freude war, dabei zuzusehen.
 
Die für uns zuständige Servicekraft, deren Pfälzer Zungenschlag mir von vornherein sympathisch war, machte einen hervorragenden Job. Sie umsorgte uns ohne Fehl und Tadel. Auf Nachfragen hatte sie immer eine Antwort parat und war zusätzlich mit einer gesunden Portion Humor ausgestattet. Die Art und Weise, wie sie uns bediente, ließ uns glauben, wir wären schon seit Jahren hier Stammgäste.
 
Wir schlugen die Speisenkarten auf und das Angebot ließ uns förmlich das Wasser im Mund zusammen laufen. Die Auswahl bewegte sich primär in heimischen Gefilden, denen ein Mindestmaß an Internationalität gut tat. Gäste, die hier althergebrachte Hausmannskost erwarten, werden überrascht sein. Denn spätestens wenn die saisonorientierten, mit bodenständiger Ambition und großer Sorgfalt zubereiteten Speisen vor einem stehen, ist man sich sicher einig, dass die einzelnen Gerichte mitunter eben doch um einiges finessenreicher auf dem Teller landen, als man das von durchschnittlichen Gasthäusern gewohnt ist.
 
Zur Adventszeit wurde ein dreigängiges Charity-Menü angeboten. Von den 40 Euro, die das Menü kostete, gingen 4 Euro an den Förderverein zur Unterstützung der onkologischen Abteilung der Kinderklinik Karlsruhe. Man hätte die verschiedenen Gänge des Menüs aber auch einzeln bestellen können. Feldsalat mit gebratenen Garnelen, Rumpsteak an Pommery-Senf-Sauce und Karamell-Erdnuss-Parfait bildeten die Menüfolge. Meine Entscheidung fiel damit schon auf der ersten Seite der Speisenkarte.
 
Meine Begleitung wählte dagegen aus dem Standardprogramm, das zwei Suppen, sechs Vorspeisen, neun Hauptgerichte mit Lamm, Kalb, Schwein und Rind, dreimal Fisch, vier verschiedenen Wildspezialitäten, zwei Veggie-Gerichten, drei Kinderteller und ein Chateaubriand für 2 Personen (59 Euro) bereit hielt. Eine erlesene Auswahl gutbürgerlicher Wohlfühlkost, die von Filetsteak mit Sauce Béarnaise (26 Euro) über Kalbsrahmschnitzel (19,20 Euro), Seeteufelmedaillons an Rieslingsauce (25,50 Euro) und geschmorte Hirschkalbskeule (20,90 Euro) bis hin zu gebratenen Kartoffelknödel mit Steinpilzrahmsauce (13,90 Euro) eine respektable Geschmacksbreite abdeckte. Und dies zu äußerst reellen Preisen. Übrigens sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass bei jedem Gericht ein kleiner Salatteller im Preis inbegriffen war.
 
Dem von mir georderten Charity-Menü folgten ein Feldsalat mit Speck (8,20 Euro) sowie der Rehbraten mit Kartoffelknödel und Salat (18,20 Euro). Die Dame gegenüber von mir hatte sich also entschieden. Dem Durst begegneten wir mit einer Flasche Teinacher Mineralwasser zu fairen 3,90 Euro. Beim Wein fiel da die Entscheidung schon schwerer.
 
Bereits im Oktober war mir die gut sortierte Flaschenweinkarte aufgefallen. Neben ein paar ordentlichen Tropfen im offenen Ausschank, waren es vor allem Kreszenzen aus der Pfalz, die hier fachkundig zusammengetragen wurden. Namhafte Winzer wie Kleinmann (Birkweiler), Jülg (Schweigen) und Schneider (Ellerstadt) waren vertreten. Zur Feier des Abends sollte es eine Flasche „Black Print“ (32 Euro) vom Ellerstädter Cuvée-Spezialisten sein. Bei seinen Rotweinverschnitten liegt man eigentlich nie falsch. Der samtig-kräftige Rote machte seinem Namen alle Ehre und funkelte wie  schwarze Tinte im Glas. Mit fünf Rebsorten, 14 Prozent und einem leichten Duft nach Cassis und Macchie waren wir mehr als gut bedient. Ein Rotwein, der sehr gut mit kräftigen Saucen harmoniert und nicht umsonst zu den erfolgreichsten Premium-Cuvées Deutschlands gezählt wird.
 
Ohne Küchengruß ging es gleich zur Sache. Warum soll man sich auch immer den Bauch mit Frühlingsquark und drei Sorten Brot vollschlagen bevor die kulinarischen Hauptakteure auf den Plan treten. Mein Start fiel erfreulich aromatisch aus. Auf einem in vier Segmente unterteilten Glasteller lagen genauso viele, herrlich nach Knoblauch, Kräuter und Elsassküche duftende Garnelenschwänze, die so gnadenlos lecker gewürzt waren, dass ich von ihnen locker die dreifache Menge verputzt hätte. Der begleitende Feldsalat erfüllte seine Rolle als säuerlich angemachter Nebendarsteller mit Bravour. Auch meine Begleitung lobte ihren mit ausgelassenem Speck und in Butter geschwenkten Croutons verfeinerten Rapunzelsalat. Der Start war geglückt, wir waren gespannt auf unsere Hauptspeisen.
 
Zum Rehbraten wurde ein sauer angemachter, gemischter Salatteller gereicht. Das Dressing des sorgfältig in dünne Streifen geschnittenen Endiviensalats besaß eine dezente Knoblauchnote und erinnerte mich an die Art des Salatanmachens meiner Oma. Frisch geraspelte Möhren und ein wenig Feldsalat komplettierten die aus knackfrischen Zutaten bestehende Grünbeilage. Der Rehteller selbst bestand aus drei zart geschmorten Fleischinseln, die aus einem dunklen Saucensee empor ragten. Die schön lockeren, homogenen Kartoffelknödel trugen ein Toupet aus Butterbröseln und wurden à part serviert. Die seriös zubereitete, harmonisch abgeschmeckte Wildsauce zeugte von langem Einköcheln und einer kräftigen Jus-Basis.
 
Bei meinem Rumpsteak wurde auf argentinische Ware zurückgegriffen. Wie gewünscht bekam ich es „ein wenig vor medium“ gebraten auf den Teller. Überzogen von einer rahmigen, jedoch nicht opulent sahnigen Pommery-Senf-Sauce und begleitet von den besten Kroketten, die ich bis dato in einem deutschen Speiselokal genießen durfte (die spanischen mit Schinken, Käse und Spinat gefüllten „Croquetas“ sind hier bewusst ausgenommen). Mit den Kartoffelknödeln und den Kroketten gelangen hier zwei hausgemachte Beilagen der Spitzenklasse, wie man sie auch in hochdekorierten Häusern nicht besser serviert bekommt.
 
Die Bedienung sah mir meinen Krokettenenthusiasmus förmlich an und „überredete“ mich zu einem kleinen Nachschlag. Innen geschmeidig, außen dünn von Bröseln ummantelt und leicht knusprig frittiert gerieten sie zu einer Beilage, die allen Ernstes versuchte, dem perfekt gebratenen Stück Rind die Schau zu stehlen. Gut, dass da die von feinem Senfgeschmack bestimmte Sauce als vermittelndes Element fungierte und Fleisch- wie Krokettenmasse gleichermaßen süffig bediente. Pommery-Senf-Saucen-Neid Fehlanzeige!
 
Eigentlich schon komplett gesättigt ging es auf die kulinarische Zielgerade, wo ein Karamell-Erdnuss-Parfait als abschließendes Dessert auf mich wartete. Die Dame gegenüber von mir wollte mich wohl nicht alleine vor mich hin naschen lassen und bestellte aus reiner Nachtischliebe einen mit Eis und Sahne aufgepeppten Espresso (3,90 Euro). Mir war der süße Abschluss etwas zu heftig, zumal das Parfait noch mit zusätzlicher Karamellsauce übergossen war und dadurch ein zu eindimensionaler, überzuckerter Geschmack entstand, der das feine Erdnussaroma fast komplett überdeckte. Die eine Physalis konnte zu wenig Fruchtsäure beisteuern, um ein ausgeglichenes Geschmacksbild zu erzeugen. So geriet der Nachtisch zum schwächsten Teller des Abends, was aber in Anbetracht der bereits zuvor genossenen Gänge nicht besonders ins Gewicht fiel.
 
In der Summe war es ein höchst erfreulicher Abend, der uns noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Danke an das Team der Bienwaldmühle, das einen hervorragenden Job machte und uns mit seinen kleinen, hausgemachten Details so positiv überraschte. Wir sind sehr gespannt, wie sich der Waldgasthof nach der Renovierung des Kaminzimmers im neuen Jahr präsentieren wird und freuen uns jetzt schon auf den Besuch.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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