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An diesem Sonntagabend gehen wir à la Carte und ich beginne mit einem fein geschnittenen Tatar vom Eifeler Rind, das von einigen Stücken ausgezeichneten Räucheraals, Chinakohl und Mandarinen begleitet ist. Durch die geschichtete Anrichtung im Servierring wird der Gast quasi automatisch gezwungen, sämtliche Komponenten miteinander zu kombinieren. Und das bekommt dem Gericht sehr gut. Das Fleisch ist eher dezent abgeschmeckt, aber je nachdem, wie man die übrigen Zutaten gewichtet, kommt ein herzhafter, fruchtiger oder cremiger Charakter zum Vorschein. Gefällt mir ausgezeichnet.
Mein Mann ist sehr angetan von seinem Forellenfilet, das sich mit Lauch in einem frischen, grünen Sud suhlt. Das Eigelb hätte ich mir etwas wachsweicher gewünscht, aber es hat zumindest noch eine leichte Cremigkeit. Etwas frischer Meerrettich steuert leichte Schärfe bei. Insgesamt ist dieser Gang aber eher zurückhaltend als laut.
Deutlich mehr Wumms hat mein Zwischengang, der auch gleich neidische Blicke vom Nachbartisch provoziert. Die Flönz, also die Kölsche Variante der Blutwurst ist herzhaft gewürzt und kommt halb-klassisch kombiniert mit Äpfeln und Röstzwiebeln. Aber den gewissen Twist gibt mit Haselnüssen abgeschmeckter Couscous. Darauf muss man auch erst mal kommen. Bei diesem Gericht läutet definitiv eher der Dicke Pitter als ein dezentes Glöckchen.
Nicht minder neidische Blicke erntet der Teller auf der gegenüberliegenden Seite. Ein dampfender Wintergemüseintopf mit relativ knackigem Grünkohl und Mettwürstchen ist das passende Essen zu den kalten Außentemperaturen. Und offensichtlich erfreuen sich noch mehr Gäste am bloßen Anblick eines derart rustikalen Gerichtes. Dabei ist der Eintopf alles andere als plump, sondern verströmt fast eine frühlingshafte Leichtigkeit durch den nur leicht gebundenen Sud und die angenehme Bissfestigkeit der meisten Gemüse. Ich bin wahrlich kein ausgewiesener Eintopf-Fan, aber das hier hat schon Charakter. Welch angenehme Bodenständigkeit, auch mal so etwas in einem Sternerestaurant zu bekommen. Die 7 Euro für den prall gefüllten Teller als Zwischengang-Portion darf man getrost als lachhaft günstig bezeichnen.
Im Hauptgang wähle ich Zander, der auf einem Bett aus Weißkohl kommt. Ich mag es, wenn der Weißkohl seinen Biss noch behält so wie hier. Etwas Dill und Korinthen geben interessante Akzente, aber insgesamt finde ich den Kohl eher schwierig zu essen, ohne in permanente Kleckergefahr zu geraten. Der Fisch hingegen ist makellos. Spannend ist die Beilage, die wie üblich in einem separaten Schälchen gereicht ist. Sehr gutes Kartoffelpüree erhält durch Shiitake und Schalotten Biss und Würzigkeit.
Und wieder erntet der Teller auf der anderen Seite des Tisches neugierige Blicke, denn es folgt ein stattliches Stück Sauerbraten (warum der hier als "so 'ne Art Sauerbraten" angekündigt wird, weiß eigentlich niemand so genau) unter einer veritablen Kruste von Pumpernickel-Crumble. Dazu gibt es Wirsing mit Haselnüssen und separat Kartoffelstampf. Das Fleisch ist wunderbar zart und mürbe, die Sauce kräftig, alles insgesamt sehr stimmig und sehr gut.
Danach bin ich zwar pappsatt, aber Dessert muss trotzdem sein. Schade, dass es den Nachtisch aus dem Tagesmenü nicht mehr gibt. Die Käsekuchenwürfel mit Sauerrahmeis hätten mir gut gefallen. Nun wähle ich statt dessen die pochierte Birne mit Schokolade und Topinamburchips und gerate doch arg an meine Grenzen. Eine komplette Birne ist eine Sache, aber so gekonnt die diversen Texturen von Schokolade und das köstliche Eis auch sind - es bleibt nur eine weitere Version von "death by chocolate". Und so brauche ich Hilfe von gegenüber, wo man sich klugerweise mit einer Kugel Quittensorbet begnügt hat.
So geht ein Abend zuende, bei dem die meisten Gerichte voll überzeugten. Sehr gute, oft regionale Zutaten werden gerne in einem traditionellen Kontext präsentiert und bekommen durch einige wenige Kniffe den entscheidenden Twist, um nicht alltäglich zu wirken. Wenn wie dieses Mal das Dessert zu mächtig oder die Beilage zum Fisch etwas zu grob wirkten, ist das zu verschmerzen. Und nach drei opulenten Gängen ist es vielleicht auch unsere eigene Schuld, wenn man sich dann noch ein ebenso üppiges Dessert gönnt.
Trotzdem geht das Konzept, das Jan Maier und Tobias Becker für das maiBeck entwickelt haben, auch weiterhin voll auf. Es wird anspruchsvoll, in Maßen kreativ gekocht, aber in jedem Fall in guter Qualität. Wenn das Ganze dann noch zu angemessenem Preis passiert, öffnet man die Tür auch denen, die immer schon mal sehen wollten, wie Sterneküche auf dem Teller aussieht, ohne erheblich mehr ausgeben zu müssen als anderswo. Hält man sich mit Wein zurück, kann man hier ein Viergang-Menü mit Getränken für etwas mehr als 100 Euro bekommen, was der ansonsten gastronomisch ziemlich abgezockten Altstadt gut bekommt. Das bunt gemischte Publikum genießt es. Wir ebenso.