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GastroGuide-User: tischnotizen
tischnotizen hat maiBeck in 50667 Köln bewertet.
vor 7 Jahren
"Kulinarischer Leuchtturm in der Kölner Altstadt"
Verifiziert

Geschrieben am 15.02.2017
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Besucht am 05.02.2017 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 213 EUR
Eines meiner Lieblingsrestaurants in Köln ist das maiBeck. Ich mag die ausgelassene Stimmung in diesem schlicht, aber urban und geschmackvoll eingerichteten Restaurant, wo man selten ohne Reservierung einen Tisch bekommt. Ich mag es, dass ich auf der Karte immer etwas Neues finde, aber immer auch einiges Vertrautes. Ich mag es, dass die Preise seit Eröffnung und auch seitdem man einen Michelin-Stern hat, nahezu unverändert sind. Noch immer gibt es für höchst erschwingliche 42 Euro ein wohlfeiles 4 Gang-Menü, das in Qualität und Kreativität keine Abstriche gegenüber den à la Carte-Gerichten macht.  Und ich finde es bemerkenswert, dass der Service auch nach drei oder vier Monaten noch weiß, wo wir beim letzten Mal gesessen haben und welchen Wein wir getrunken hatten. All das trägt zu meinem Wohlbefinden bei und auf einmal sind auch die viel zu kleinen Tische gar nicht mehr viel zu klein. Denn das spielt keine Rolle mehr.

An diesem Sonntagabend gehen wir à la Carte und ich beginne mit einem fein geschnittenen Tatar vom Eifeler Rind, das von einigen Stücken ausgezeichneten Räucheraals, Chinakohl und Mandarinen begleitet ist. Durch die geschichtete Anrichtung im Servierring wird der Gast quasi automatisch gezwungen, sämtliche Komponenten miteinander zu kombinieren. Und das bekommt dem Gericht sehr gut. Das Fleisch ist eher dezent abgeschmeckt, aber je nachdem, wie man die übrigen Zutaten gewichtet, kommt ein herzhafter, fruchtiger oder cremiger Charakter zum Vorschein. Gefällt mir ausgezeichnet.

Tatar vom Eifeler Rind / Räucheraal von Inken / Chinakohl / Mandarine / Kapern

Mein Mann ist sehr angetan von seinem Forellenfilet, das sich mit Lauch in einem frischen, grünen Sud suhlt. Das Eigelb hätte ich mir etwas wachsweicher gewünscht, aber es hat zumindest noch eine leichte Cremigkeit. Etwas frischer Meerrettich steuert leichte Schärfe bei. Insgesamt ist dieser Gang aber eher zurückhaltend als laut.

Forellenfilet aus dem Lambachtal / Lauch / Eigelb / Meerrettich

Deutlich mehr Wumms hat mein Zwischengang, der auch gleich neidische Blicke vom Nachbartisch provoziert. Die Flönz, also die Kölsche Variante der Blutwurst ist herzhaft gewürzt und kommt halb-klassisch kombiniert mit Äpfeln und Röstzwiebeln. Aber den gewissen Twist gibt mit Haselnüssen abgeschmeckter Couscous. Darauf muss man auch erst mal kommen. Bei diesem Gericht läutet definitiv eher der Dicke Pitter als ein dezentes Glöckchen. 

Fred's Flönz / Couscous mit Haselnuss, Apfel und Rapunzel / Röstzwiebeln

Nicht minder neidische Blicke erntet der Teller auf der gegenüberliegenden Seite. Ein dampfender Wintergemüseintopf mit relativ knackigem Grünkohl und Mettwürstchen ist das passende Essen zu den kalten Außentemperaturen. Und offensichtlich erfreuen sich noch mehr Gäste am bloßen Anblick eines derart rustikalen Gerichtes. Dabei ist der Eintopf alles andere als plump, sondern verströmt fast eine frühlingshafte Leichtigkeit durch den nur leicht gebundenen Sud und die angenehme Bissfestigkeit der meisten Gemüse. Ich bin wahrlich kein ausgewiesener Eintopf-Fan, aber das hier hat schon Charakter. Welch angenehme Bodenständigkeit, auch mal so etwas in einem Sternerestaurant zu bekommen. Die 7 Euro für den prall gefüllten Teller als Zwischengang-Portion darf man getrost als lachhaft günstig bezeichnen.

Wintergemüse-Eintopf / Grünkohl aus dem Vorgebirge / Mettwürstchen

Im Hauptgang wähle ich Zander, der auf einem Bett aus Weißkohl kommt. Ich mag es, wenn der Weißkohl seinen Biss noch behält so wie hier. Etwas Dill und Korinthen geben interessante Akzente, aber insgesamt finde ich den Kohl eher schwierig zu essen, ohne in permanente Kleckergefahr zu geraten. Der Fisch hingegen ist makellos. Spannend ist die Beilage, die wie üblich in einem separaten Schälchen gereicht ist. Sehr gutes Kartoffelpüree erhält durch Shiitake und Schalotten Biss und Würzigkeit.

Zander aus dem Ijselmeer / Weißkraut mit Dill / Korinthen aus Korinth


Kartoffelpüree mit Shiitake und Schalotten

Und wieder erntet der Teller auf der anderen Seite des Tisches neugierige Blicke, denn es folgt ein stattliches Stück Sauerbraten (warum der hier als "so 'ne Art Sauerbraten" angekündigt wird, weiß eigentlich niemand so genau) unter einer veritablen Kruste von Pumpernickel-Crumble. Dazu gibt es Wirsing mit Haselnüssen und separat Kartoffelstampf. Das Fleisch ist wunderbar zart und mürbe, die Sauce kräftig, alles insgesamt sehr stimmig und sehr gut.

So 'ne Art Rheinischer Sauerbraten / Wirsing mit Haselnüssen / Pumpernickel-Crumble


Kartoffelstampf

Danach bin ich zwar pappsatt, aber Dessert muss trotzdem sein. Schade, dass es den Nachtisch aus dem Tagesmenü nicht mehr gibt. Die Käsekuchenwürfel mit Sauerrahmeis hätten mir gut gefallen. Nun wähle ich statt dessen die pochierte Birne mit Schokolade und Topinamburchips und gerate doch arg an meine Grenzen. Eine komplette Birne ist eine Sache, aber so gekonnt die diversen Texturen von Schokolade und das köstliche Eis auch sind - es bleibt nur eine weitere Version von "death by chocolate".  Und so brauche ich Hilfe von gegenüber, wo man sich klugerweise mit einer Kugel Quittensorbet begnügt hat.

Stoofpeer / Schokolade / Topinambur / Sonnenblumenkerne


Quittensorbet

So geht ein Abend zuende, bei dem die meisten Gerichte voll überzeugten. Sehr gute, oft regionale Zutaten werden gerne in einem traditionellen Kontext präsentiert und bekommen durch einige wenige Kniffe den entscheidenden Twist, um nicht alltäglich zu wirken. Wenn wie dieses Mal das Dessert zu mächtig oder die Beilage zum Fisch etwas zu grob wirkten, ist das zu verschmerzen. Und nach drei opulenten Gängen ist es vielleicht auch unsere eigene Schuld, wenn man sich dann noch ein ebenso üppiges Dessert gönnt. 

Trotzdem geht das Konzept, das Jan Maier und Tobias Becker für das maiBeck entwickelt haben, auch weiterhin voll auf. Es wird anspruchsvoll, in Maßen kreativ gekocht, aber in jedem Fall in guter Qualität. Wenn das Ganze dann noch zu angemessenem Preis passiert, öffnet man die Tür auch denen, die immer schon mal sehen wollten, wie Sterneküche auf dem Teller aussieht, ohne erheblich mehr ausgeben zu müssen als anderswo. Hält man sich mit Wein zurück, kann man hier ein Viergang-Menü mit Getränken für etwas mehr als 100 Euro bekommen, was der ansonsten gastronomisch ziemlich abgezockten Altstadt gut bekommt. Das bunt gemischte Publikum genießt es. Wir ebenso. 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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