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Nun ist es mit dem klassischen 1. Haus am Platz so eine Sache. Entweder man trimmt es auf die Erwartungen der heutigen Kundschaft in dieser Klasse. Das kostet...und zwar nicht zu knapp. Oder man lebt von Banketten etc., im Übrigen aber vom Ruhm vergangener Tage und versucht, das alternde Haus betriebswirtschaftlich zu optimieren.
Im Schlosshotel Karlsruhe, das eine wechselvolle Eigentümer-Geschichte hinter sich hat, wird oft und gern darauf hingewiesen, dass von 1958 bis 1965 hier die Gala zur Bambi-Verleihung stattgefunden hat. Neuere Meriten sucht man vergebens. In den 90ern war das Haus sogar drei Jahre geschlossen. Immerhin gibt es mehrere gute Gründe, dass ich hier regelmäßig absteige: Man stolpert aus dem ICE und steht in der Lobby wieder auf (und auch die Anbindung an den ÖPNV ist exzellent). Es wird im Gegensatz zum Pendant Grandhotel EDEN auf der anderen Seite des Bahnhofplatzes noch immer betrieben. Und wenigstens die mir bekannten Zimmer sind renoviert worden.
Um die Gastronomie, die badische Spezialitäten verspricht, hatte ich bislang einen Bogen gemacht; das kulinarische Karlsruhe hält viele Alternativen bereit. Aber siehe Einleitung; außerdem kehrt der Vater eines hier fleißigen Kritikers dem Vernehmen nach gern zum Rostbraten ein, da kann es doch nicht schlecht sein.
Der offizielle Eingang wartet butzenscheibig an der Poststraße auf hungrige Gäste, einmal um die Ecke des Hoteleingangs. Aber auch von der Lobby weisen etliche geschnitzte Hinweise den Weg zur Schwarzwaldstube. Wanderer, siehst du nicht die Zeichen? Es geht abwärts, an der Kellerbar, Toiletten und Vorratsräumen vorbei. Irgendwann geht es wieder aufwärts und man steht endlich im eichenhölzernen Overkill der deutschen Weinstubenromatik, wie sie von Pisa bis Peking beworben wird. Der erste Raum komplett leer, traurig wie ein Karnevalswagen am Aschermittwoch.
Aber tatsächlich, nebenan ist noch gut zu tun. Der Service ist mächtig beschäftigt, mehrere Gruppen chinesischer Touristen mit fleischlastigen Schüsseln zu versorgen, deren Inhalt fotografiert und vorsichtig probiert wird, um dann zu 90% in die Verwertung zu wandern.
Meine Frage nach Platz und Speisung wurde eher ungnädig aufgenommen, doch nach Klärung in der Küche bejaht. Ich durfte mir eine fein eingedeckte Nische aussuchen
weit entfernt von größeren Menschenansammlungen und gut beleuchtet. Neben den Streuern für Salz und Tischasche fiel etliche Werbung für Hausveranstaltungen negativ auf. Mit der Speisekarte oder der Rechnung, o.k. Aber gleich auf dem Tisch verteilt?
Den Service übernahm eine Dame, deren Wiege eher zwischen Elbe und Oder denn zwischen Rhein und Neckar stand, aber hier natürlich erwartungsgemäß in etwas Dirndlähnliches gekleidet. Netter Kontrast zwischen „Uniform“ und Mundart. Sie war offenkundig bemüht, aber unsicher und schien erst kurz im Hause zu sein, denn Speise- und Weinkarte waren ihr weitgehend unbekannt und es gab etlichen Nachfragebedarf. Aber auch weit entfernt von manowarischen Totalausfällen im Service und daher freundliche 3 Sterne.
Tagesangebote waren nicht zu entdecken, also ran an die kunstlederne Brauerei-Mappe mit den welligen Plastikhüllen!
20 Angebote von Vorspeise bis Käseplatte, das ist eine gute Größe, erwartbar der Schwerpunkt auf den Fleischgerichten.
Was gab es Fischiges? Badischer Rheinzander, vielleicht? Oder Schwarzwaldforellen? Mitnichten. Die „badischen Spezialitäten“ Loup de mer und Island-Saibling lockten - nicht. Wer Regionales so herausstellt, muss auch liefern.
Meine Wahl fiel jedenfalls auf die Schaumsuppe von roten Linsen mit gebratener Blutwurst und Kräutern, das pochiertes Hühnerei mit Petersilienrisotto und Parmesanschaum und natürlich auf den empfohlenen Zwiebelrostbraten 300g mit Bratkartoffeln, Röstzwiebeln und Barolojus. Dann noch eine kleine Käseauswahl.
Als Stubenmenü standen dafür freundliche 43 Euro auf der Rechnung. Gemessen an norddeutschen Preisen ein gutes PLV.
Zu trinken gab es einen frischen Rieslingsekt (Affenbacher Winzergenossenschaft) für 6€. Später ein Viertele Spätburgunder vom Weingut Andreas Männle (6,9€), dazwischen nur ein kleines Teinacher Mineralwasser (2,2€).
Kulinarisch sollte der Abend mit Aufbackbaguette beginnen. Nach einer kleinen Intervention gab es aber ein kräftiges Mischbrot mit schöner dunkler Kruste. Geht doch.
Dazu ein veritables Amuse, was ich gar nicht erwartet hätte. Auf der Schieferplatte eine Scheibe guter Schwarzwälder Schinken und Butter. Zusammen mit dem Brot echt lecker. Der Couscous-Salat im kleinen Weck-Glas war nichtssagend, ihm fehlte eindeutig Würze.
Was sich leider bei der Suppe fortsetzte.
Die Linsen sehr fein püriert und tatsächlich aufgeschäumt. Bloß, geschmacklich ganz blass. Vermutlich sollte die Blutwurst es richten. Jedoch konnten die wenigen, sehr kleinen Stücke kaum durchschmecken und brachten noch nicht einmal Crunch. Tja, und die angekündigten Kräuter beschränkten sich auf etwas Kresse und Petersilienstreifen. Da hatte ich viel mehr erwartet.
Weiter ging es mit dem Risotto. Jetzt wurde auch klar, warum so wenig Kräuter für die Suppe übrig waren. Ein reichlich bemessenes Büschel verdeckte das Ei, während sich der Risotto unter ebenso viel - wiederum geschmacksarmen - Parmesanschaum versteckte.
Nach vorsichtiger Freilege-Arbeit konnte ich ein 1a-pochiertes Ei mit noch gerade flüssigem Dotter entdecken.
Und den Risotto, der tatsächlich etwas Petersilienaroma hatte. Sonst hatte er nichts. Schon mal gar nicht die berühmte Schlotzigkeit, dieses Verlaufen in Wellen „all´onda“. Ein fester Reispamps war es. Schrecklich.
Bis hierhin maximal 2 Sterne, wenn überhaupt.
Ich setzte meine ganze Hoffnung daher auf den Rostbraten. Und immerhin: Ein Teller, der mich versöhnlicher stimmte.
Das Rumpsteak ausreichend gebräunt, perfekt medium gebraten, mit gutem Fleischgeschmack. Dazu Bratkartoffeln aus der Champions-League, wirklich perfekt.
Das gewürfelte Mischgemüse ebenfalls mit Röstaromen, auch gut. Aber letztlich auch hier keine fehlerfreie Leistung. Die Röstzwiebeln seit längerem erkältet und überwiegend nicht mehr knusprig. Die Barolosauce in der Sauciere gefiel durch ihre Tiefe und das gute Weinaroma. Leider hatte sich auf dem Teller schon ein unschöner Ölrand getrennt. Trotzdem mit Abstand der beste Teller (der einzig gute...).
Die abschließende Käseauswahl brachte normale Qualität, wohl vom Frühstücksbüffet, aber es gab nichts zu meckern. Trauben und Nüsse dazu, das war ok.
Der als Trost bestellte Royal Porto Tawny schlug mit 6,5€ zu Buche.
Die Küche konnte sich etwas steigern. Reicht das zumindest für eine durchschnittliche Besternung? Ich meine: Nein. Allemal gemessen am Anspruch des Schlosshotels. Wer 1. Haus am Platz sein will...