Tian · Vegetarisches Gourmet-Restaurant
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Frauenstr. 4, 80469 München
Vegetarisches Restaurant Catering Sternerestaurant
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GastroGuide-User: DerBorgfelder
DerBorgfelder hat Tian · Vegetarisches Gourmet-Restaurant in 80469 München bewertet.
vor 10 Jahren
"Vegan am Viktualien"

Geschrieben am 05.12.2014
Besucht am 27.11.2014
Fleisch bleibt zwar mein Gemüse, und das Tian konnte nur teilweise überzeugen. Nach dem Vorbild des mittlerweile mit einem Stern und drei Hauben ausgezeichneten Tian in Wien soll seit kurzem auch am Viktualienmarkt vegetarische und vegane Küche auf hohem und höchstem Niveau kreiert werden. Das gelingt schon recht gut, wobei bis zu dem auch hier selbstbewusst angesteuertem Stern schon noch ein Weg vor dem Münchner Ableger liegt. Ein Anfang wäre, die Gewürze aus der hintersten Schrankecke wieder hervor zu holen.Im mutig designten DEVAG Living Hotel gelegen, empfand ich den Stil des Interieurs als stylische Romantik-Eleganz. Damit ist ja nun alles gesagt... Warme Braun- und Grüntöne. Modern interpretierte Kronleuchter, Gold hie und da. Auf der bequemen lederbezogenen Bank konnte ich die 1,5 Stunden ganz locker absitzen. Kein Vergleich zu der fast vierstündigen Holzbanktortur in Geisels Werneckhof vorletzte Woche... Wie häufig hatte ich einen Platz am Laufweg des zahlreichen Personals gewählt, was mir die jederzeitige Aufmerksamkeit sicherte, mangels Begleitung aber auch nicht störte. Die nur dezent eingedeckten Tische waren gar nicht so weiträumig gestellt, aber kurz nach 18.00 Uhr kaum belegt. Auch später kamen nur noch einige wenige Paare hinzu. Die geschickte Aufteilung des recht lang gezogenen Raumes in drei Bereiche tat ein Übriges, dass ich mich ganz ungestört fühlte und einen entspannten frühen Abend vor dem Heimflug hatte. Maßgeblichen Anteil hatten die jungen Menschen im Service, die sehr freundlich, gut ausgebildet und fehlerlos agierten. Ich wurde begrüßt, die Garderobe abgenommen und mir ein Tisch nach Wunsch angeboten. Die Speisekarte  wurde aufgeklappt überreicht und auf mein Zögern nach der Aperitif-Frage auch die Getränkekarten gebracht. Ein wenig mehr Erläuterung und, sagen wir mal Führung bei den Speisen hätte ich mir gewünscht. Der junge Sommelier war da etwas offensiver, mit seiner Empfehlung zu Beginn allerdings zu spät. Da ich mich danach erneut für Wasser entschieden hatte, kamen wir erst wieder zum Dessert glücklich zueinander. Das Wasser wurde auf Wunsch um Kühler serviert und sehr aufmerksam nachgeschenkt; das geht eben doch... Es wurde alles vollständig angesagt, wobei das nicht alle Herrschaften konnten. Die dafür zuständigen Kräfte waren aber umgehend zur Stelle. Gab es Mängel? Nein, nicht wirklich. Handschuhe kann man sich wünschen, hier hätten sie allerdings auch leicht deplatziert wirken können. Die Frage nach der Herkunft des Olivenöls konnte nicht sogleich beantwortet werden und ob der Sake aus Japan oder China stammt, blieb offen. Man merkt, das ist wie ein extra Schönheitsfleck auf einem makellosen Antlitz. Und, dass ich nach der Zwischenrechnung zweimal nach der Endrechnung bitten musste, machte Ina mit dem bezauberndsten Lächeln seit langem wieder Wett...Beim Gehen wurde die Garderobe gereicht und mit Handschlag verabschiedet. Das war eine sehr, sehr gute Serviceleistung. Und auch die etwas dick aufgetragene Selbstbeweihräucherung ("einzigartiges Konzept", "eines der besten Salze der Welt") ist leichter erträglich, wenn sie mit österreichischem Schmäh vorgetragen wird...Zunächst wurde ein Kartoffelchip mit Ziegencreme und Meerrettich gereicht. Feine Aromen, auch der Kren spielte sich nicht in den Vordergrund. Mit dem Brot - eines mit Nüssen, eines mit schönem Oregano auf der Kruste - wurde ungesalzene Butter, Fleur de Sel und ein spanisches Olivenöl gereicht, dessen leichte Schärfe angenehm war. Die Präsentation auf einem Holzstück scheint mir inzwischen etwas zu oft gesehen, besonders, wenn es sich um einen extra dafür bearbeiteten Ast handelt. Auch nicht mehr überraschend die dunklen Kiesel unter dem Brot. Allerdings nicht warm, was der Service damit erklärte, dass dadurch das Brot schneller austrockne. Ich hoffe, dass die liebe Obacht! auf ihren noch warmen Steinen kein trockenes Brot erhielt... Sei's drum. Allerdings gibt es kaum Grund, Brot auf kalten Steinen zu servieren, das ist nur noch l'art pour l'art.Als weiteres Amuse wurde dann eine "Grüne Auster" serviert und einen kurzen Moment freute ich mich auf Frisches aus dem Meer. Aber mitnichten. In der Austernschale wurden feine Gurkenschnitte mit Salty Fingers (für mich waren das Queller/Salicornes, aber die junge Dame bestand auf der deutlich cooleren Bezeichnung) auf Joghurtschaum serviert, darüber ein tiefgrüner Crumble, vielleicht mit Alge gefärbt. Ein sehr gelungenes Zusammenspiel salziger und säuerlichen Aromen sowie vier verschiedener Texturen. I love it!Als Aperitif ein Pimm's für stramme 9,5€. Mehr Eis als Cocktail.Vorspeise Rote und gelbe Bete. Erste in kleinen Quadern geschmort, letzte in Julienne säuerlich mariniert. Dazu Zwiebelschaum und Tropfen von Misocreme, Estragon und Miniparisienne vom Apfel. Angegossen wurde das Ganze am Tisch mit reichlich Sakevinaigrette. Die Küche setzte hier ganz auf die Dualität von Süße und Säure. Und wenn die perfekte Gabel mit allen Komponente gelang, war das auch alles austariert. Wenn auch etwas langweilig. Eine leicht pikante Nuance hätte der Komposition m. E. nach gut getan. Und wehe, wenn nicht genügend rote Bete genommen wurde. In diesem Fall kippte der Geschmack zu - ich sag's deutlich - sauer. Der Gang hat vielleicht nicht gerade enttäuscht, aber eindeutig keine Begeisterung ausgelöst Das gelang dann aber mit dem Kräuterei als Zwischengang, schon von Obacht! gelobt. Einperfekt pochiertes Ei in einer knusprigen Kräuterkruste mit Nussstückchen. Dazu Blumenkohlschaum und -Röschen mit ganz leichter Bitternote, ergänzt durch die reichlich gehobelten Scheiben vom schwarzen Trüffel. Perfekt in Aroma und Textur. 13€.Im Hauptgang reichlich Komponenten: Taler von Maispolenta, schwarzer Sesam, Maismehlcrumble, Schaum von der Sonnenwurzel, die sich als Topinambur heraus stellte, Schnittlauch, schwarze Linsen, ein Eiszapfen, eine kleine Rettichart. Letzterer noch recht bissfest, aber vor allem mit einem für mich unangenehm seifigen Geschmack. Das Gericht im Übrigen zu kohlehydratlastig. Die Polenta ein wenig trocken, die Linsen wässrig. Alles sehr lasch. Eine seltene Notwendigkeit, in dieser Klasse sogar nachzusalzen. Allein die Maismehlbrösel waren würziger, aber geschmacklich auch nicht von ordinären Tortillachips aus der Tüte zu unterscheiden. Das war nicht schlecht, aber als Hauptgericht wahrlich nicht geeignet, Fleischliebhaber von der Köstlichkeit Veganer Küche zu überzeugen. Immerhin war das Dessert eine deutliche Steigerung. Die Eisnocke von der Tahitivanille war ungeheuer intensiv, so dass die Bergamottetarte ebenso wie Gelee und getrocknete Scheibe von der Birne es schwer hatten, deutliche Gegenspieler zu sein. Hier hätte etwas mehr Säure gut getan. Angekündigt war auch Thymian, was ich als sehr reizvoll zu den süßen Komponenten erwartet (oder wie ein Hustenbonbon gefürchtet) hatte. Leider war ich absolut nicht in der Lage, das Kraut geschmacklich zu identifizieren. Als Gimmick fürs Auge gabs Sekundenschaum, kleine helle an Unterwasserschwämme erinnernde Gebilde. "Kann man auch essen" raunte der junge Mann, also ran. Ja. Sieht aus wie Schwamm, schmeckt auch nicht anders... Geschmacklos, trocken, nachgiebig. Zu kritisieren - streng am formulierten Anspruch - war die Präsentation des Tellers. Alles in hellen, gelblichen Tönen, kein optischer Kontrast. 16€.Das Wasser mit 7,5€ für 0,75 l Vöslauer Natur wieder unangemessen.Zum Dessert wurde eine offene Beerenauslese 2011 Cuvée von Welschriesling und Chardonnay von Kracher vom Neusiedler See empfohlen. Im Netz für ca. 15€ die 0,375l Flasche angeboten, waren die 4,8€ á 0,1l sensationell günstig. Der Wein war keine Offenbarung, wie der Preis erahnen lässt, etwas flach, aber doch gut trinkbar.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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