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GastroGuide-User: Huck
Huck hat Burgschänke Ebernburg in 55583 Bad Kreuznach bewertet.
vor 8 Jahren
"Die Hausfrauen, die ich kenne, machen Heringsfilets und Bratkartoffeln anders – und besser!"
Verifiziert

Geschrieben am 06.08.2016
Besucht am 22.07.2016 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 37 EUR
Drei anstrengende Wanderungen liegen hinter uns. Der zweiköpfige Wadenmuskel und der vordere Schienbeinmuskel sind verdammt strapaziert, wir haben es deshalb heute langsam angehen lassen. Wie Rentner im Rollatorenalter sind wir heute durch Bad Kreuznach geschlurft und fahren (nicht laufen!) jetzt am Abend durch Bad Münster am Stein zur Ebernburg hoch. Die dortige Burgschänke annonciert nämlich Heringsfilets nach Hausfrauenart auf ihren Webseiten. Nach sowas Bodenständigem steht mir jetzt der Sinn.

Das Ambiente ***
Die Ebernburg thront über Bad Münster am Stein. Das schöne Panorama des Nahetals liegt hier dem Besucher zu Füßen. 
Blick von der Terrasse der Burgschänke Ebernburg
Die Burgschänke liegt im Ostteil der Burg. Außengastronomie gibt es im Burginnenhof und auf einer großen Panoramaterrasse. 
Burgschänke Ebernburg – Terrasse
Das Wetter gibt sich an diesem Abend ganz passabel, wir entscheiden uns deshalb für einen Tisch auf der Panoramaterrasse. Aber auch den Gastraum werden wir notgedrungen noch kennenlernen. Dazu ist später noch ein Erlebnis zu erzählen.

Ein paar Tische auf der Außenterrasse sind besetzt. Wir steuern auf einen Tisch an der Außenbrüstung zu und nehmen Platz. Einladend sehen die Sitz und Tischmöbel nicht aus. 
Gartenmöbel auf der Terrasse
Meine Güte, hätte ich Farbeimer und Schleifmaschine dabeigehabt, ich hätte mich womöglich ans Renovieren gegeben. Dieses verwitterten, sturm- und regengepeinigten Gartenstühle und -tische sind wahrlich keine Einladung für Gäste. Später bitten wir die Servicedame um eine Tischdecke, die dann auch prompt aufgelegt wird – und unser späteres Erlebnis dramatisiert.

Der Gastraum ist uns ja nicht verborgen geblieben. 
Burgschänke Ebernburg – Gastraum I
Entlang einer Fensterreihe – zum Teil mit Blick ins Nahetal – schmiegen sich vorwiegend Vierertische mit rubinroten Tischdecken und weißen Mitteldecken, umstanden von braunem Gestühl mit ebenfalls rubinroter Polsterung, an die Fensterwände und füllen auch die Raummitte. Die Rubinröte findet sich auch auf einer Wand, die Fensterwände kontrastieren in gebrochenem Weißton wie auch die Decke, an der etliche Hängelampen Licht auf den hellbraunen Holzfußboden werfen.

Einen ansehnlichen Anblick bietet dieser Raum auf's Erste. Aber bei genauem Hinsehen könnte man hier mit der Renoviererei weitermachen. Mehrere Stuhlpolster sind an der Sitzvorderkante aufgeplatzt – kein gepflegtes Erscheinungsbild!

Die Lage der Burgschänke und der Blick von dort oben sind schon top – gäbe  glatte fünf Sterne für das Ambiente her. Aber der Zustand der Möbel auf der Terrasse als auch der im Innenhof, wie wir beim Verlassen der Burgschänke sehen, und die aufgeplatzten Polster der Stühle lassen beim Ambiente Luft nach oben und reißen die Topwertung auf drei Sterne herunter.

Der Service **
Eine Dame in den Dreißigern bedient uns den Abend über, sowohl auf der Terrasse als auch im Gastraum. So richtige und herzliche Freundlichkeit will bei ihr nicht aufkommen, sie reagiert nüchtern und geschäftsmäßig. Sie fragt, ob es geschmeckt habe, aber es fehlt die Herzlichkeit, die Gäste sich willkommen fühlen läßt. Auf der Terrasse legt sie eine Tischdecke erst nach unserer Bitte auf den verwitterten Tisch auf. Mein leeres Bierglas läßt sie schließlich auch unbeachtet und unser Handzeichen, um ihr Bedienungsbedarf zu signalisieren, entschwindet ins Nirwana. Dann eben kein weiteres Bier. Bitte zahlen!

Die Dame hat uns mit ihrer Serviceleistung nicht vom Hocker, pardon!, Stuhl gerissen. Zwei Sterne für die Serviceleistung.

Essen und Getränke ***
Die Speise- und Getränkekarten überreicht uns die Dame auf der Terrasse. Das Speiseangebot ist gutbürgerlich und zum Teil regional orientiert. Das Preisniveau ist angemessen und für derartige Ausflugsgaststätten typisch.

Als Getränk wählt meine Frau einen 
Grauburgunder (4,00 € für 0,2 l).
Da ich noch unser Gefährt den Berg hinunter auf die andere Naheseite steuern muß, nehme ich ein 
alkoholfreies Bischoff-Pils (0,3 l für 2,50 €).

Als Vorspeise zu unseren Hauptgerichten bestellen wir jeweils einen 
• Beilagensalat (3,50 €).

Meine Angetraute nimmt einen
Flammkuchen "Käse" mit Crème fraîche, Zwiebeln, Speck und Käse (7,50 €). 

Für mich soll es das schon ausgeguckte
Heringsfilet Hausfrauenart mit Bratkartoffeln (9,80 €)
sein.

Wir warten nur kurz, bis die Servicedame die Getränke zu unserem verwitterten Terrassentisch bringt. Sie stellt sie ab, wir reklamieren eine Tischdecke, die Dame legt eine saubere, gelb-karierte Decke auf. 

Es wird windiger auf der Terrasse. In nicht allzu großer Ferne zieht eine pechschwarze Wolkenwand an Bad Münster am Stein vorbei. Noch in der Hoffnung, daß die Böen gleich vorbei seien, setzen wir unsere oberen Extremitäten und unsere Foto- und Handtaschen ein, um die Decke, die Getränke- und die Weinkarte auf dem Tisch zu halten. Da kommen auch schon die Salate.

"Wir kommen gleich rein", sagen wir der Dame, noch immer in der Hoffnung, daß wir den Salat mit der Gabel in der rechten Hand, die Linke als Fixiermittel auf der Tischdecke, essen können. Aber da spielt Wotan nicht mit.

Wotan dreht auf. Das Weinglas wackelt bedenklich, die Bierflasche schaukelt, der Salat flattert im Schüsselchen. Unsere oberen Tentakel reichen kaum aus, um die Decke samt dem Draufstehenden von der Flucht über die Brüstungsmauer abzuhalten. 

Meine Frau führt die Gabel mit Salatblatt zum Mund. Wotan reibt sich die Hände und bläst verschmitzt. Das Salatblatt verschwindet über die Brüstung und segelt Richtung Bad Münster am Stein. Der Halt in ihrem Schüsselchen ist verloren gegangen, Rote-Beete-Schnitzel begeben sich auf die Reise. Erst auf die Tischdecke, dann über die Brüstung. 

Salatblätter schätzen offensichtlich den sozialen Zusammenhalt. Mein Salatblatt gedenkt überhaupt nicht, auf der Gabel zu bleiben. Ein Satz auf die Tischdecke, dann über die Brüstung dem anderen nach.

Wir lachen vor Verzweifelung. Wie Hasen schrappen wir den Teil des Grünzeugs, dem die sturmgetriebene Flucht über die Brüstungsmauer nicht gelingt, in atemberaubenden Tempo in uns hinein, über die Schüsselchen gebeugt, einen Arm ausgefahren, den anderen Ellenbogen als Fixativum auf dem Tisch. Paßt in jeden Slapstick-Film, aber auch in die "Versteckte Kamera".

Verzeihung, lieber Burgschänken-Wirt, die Tischdecke ist schließlich reif für Fleckentfernungsmittel im XXL-Pack. Rote Flecken, Joghurt-Dressing-Flecken, aber alle schön in West-Ost-Richtung ausgerichtet. Verzeihung, es war Wotans Gewalt!

Wer jetzt noch nach Bildern zum Salat fragt, der bringt mich zur Weißglut. Wotans Launen haben uns so stark beschäftigt, daß wir uns gerade noch an Tomate, Rote Beete, Weißkohl, Gurkenscheiben und Blattsalate erinnern. Geschmacklich ist auch kein bleibender Eindruck zurückgeblieben, auch nicht vom geschmacklosen Dressing. 

Wir schaffen es schließlich, die Decke unter den Arm zu knüllen, die Getränke und das Geschirr zu packen und Wotans Machtbereich zu entfliehen. Wir nehmen im Gastraum Platz.

Wir warten nicht lange, bis die Servicedame den Flammkuchen und die Heringsfilets serviert.

Der Flammkuchen sieht gut aus, mit schön viel Käse drauf.

Er  ist dünn, wie er sein soll, schön knusprig, gut belegt mit ausreichend Schmand, Käse, Zwiebeln und vielen Speckwürfelchen, die leider etwas zu salzig waren.

Drei Heringsfilets liegen auf meinem Teller.
Heringsfilet Hausfrauenart mit Bratkartoffeln
Die Bratkartoffeln sind kaum gebräunt, Röstaroma fehlt. Spuren von Speck verlieren sich in dem Kartoffelscheibenhaufen. Sie sind so ins Gelbliche abgedriftet, daß Kurkuma in der Pfanne eine Rolle gespielt haben könnte. Geschmacklich fällt mir auch ein nach Hausfrauenart bratkartoffelfremdes Gewürz auf.

Die Heringe sind zwar zart, aber derart salzig, daß ich beim ersten Bissen zu meiner Frau sage: "Ich glaube, die haben ungewässerte Salzheringe genommen, und die Tunke drübergegossen."  Die Tunke mildert den Salzgeschmack zwar etwas, aber zu salzig bleiben die Filets allemale. Heringsfilets nach Hausfrauenart habe ich jedenfalls in anderer Erinnerung.

Dem Flammkuchen gibt meine Frau vier Sterne, ich zwei für die Heringe, also gemittelt drei fürs Essen.

Die Sauberkeit ****
Geschirr, Bestecke, Gläser geben keinen Grund, an der Sauberkeit zu zweifeln. Die Toiletten haben wir nicht benutzt. Vier Sterne für die Sauberkeit.

Das Preis-/Leistungsverhältnis **/***
Für die ausgelobten Preise darf man bezüglich der Serviceleistung und der Qualität des Essens mehr verlangen, allerdings nicht mehr Salz. Für das Preis-/Leistungsverhältnis geben wir zweieinhalb Sterne.

Das Fazit **/***
Wenn es keine Alternativen gäbe, würden wir derzeit hier noch einmal einkehren zum Abendessen. Aber da haben wir Besseres in Bad Münster am Stein kennengelernt, kurioserweise im Schwesterbetrieb Ebernburger Hof. Ansonsten möge eine längere Zeit verstreichen, ehe wir wiederkommen. Zweieinhalb Sterne fürs Fazit!
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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