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GastroGuide-User: Huck
Huck hat Brauereigasthof Ratskeller in 17192 Waren (Müritz) bewertet.
vor 7 Jahren
"Der Service ist um Ausreden nicht verlegen …"
Verifiziert

Geschrieben am 04.06.2017
Besucht am 20.05.2017 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 46 EUR
Schönstes Wanderwetter, Sonnenschein und angenehme Temperaturen – wir haben den Feisnecksee, einen im Müritz–Nationalpark durch einen schmalen Graben mit der Binnenmüritz verbundenen See, umrundet. Mit einem Abstecher zum Teufelsbruch, einem Moorgebiet mit großen Wiesen, sind 16 km Wanderstrecke zusammengekommen. Nun plagt uns das Hüngerchen, und wir fassen einen schnellen Entschluß. Bei einer vorhergehenden Stadtführung durch Waren haben wir den Ratskeller näher kennengelernt. Also gehen wir hin!

Der Ratskeller liegt direkt am Neuen Markt in Waren. Er firmiert im Web zwar als Brauereigasthof, aber Bier wird dort nicht gebraut. Vom Faß werden Lübzer und Ducksteiner serviert.
Ratskeller
Vor dem im Erdgeschoß grau, im oberen Geschoß rot gefärbten Gebäude mit einem ausladenden Halbrund-Balkon breitet sich auf dem Marktplatzpflaster die Außengastronomie des Lokals aus, typische Biertische und Stühle.

Das Innere unterstreicht den vorgeblichen Brauhauscharakter. 
Gastraum
Blanke Tische, hell- und dunkelbraun, gleichfarbige Stühle und etliche maritime Accessoires füllen einen Teil des Gastraums im Erdgeschoß. 

Der andere Teil des Gastraums ist eher barmäßig ausgestattet.
Ratskeller – Gastraum
Vor blanken beigen Holztischen stehen dunkel gepolsterte Hocker dunkel gepolsterten Bänken auf der anderen Seite des Tisches gegenüber.

Ein Gastraum liegt im Keller.
Ratskeller – Gastraum im Keller
Hier sind vor uraltem Gemäuer die blanken Holztische eingedeckt. Etliche Spiegel an den Bruchsteinwänden werfen das Bild der Rundbögen und des Mobiliars in den Raum.

Gegenüber dem  Abgang zum Keller bietet noch eine Lounge Gästen Platz.
Ratskeller – Lounge
Es ist ein uriges Ambiente, das seine vier Sterne verdient.

Als wir das Lokal betreten, sind nur noch wenige Tische frei. Ein dem Anschein nach gestreßter älterer Herr mit gerötetem Kopf eilt mit beladenen Tellern durch den Gastraum und bedient eine größere Gruppe. Unterstützt wird er, wie sich in Laufe des Abends herausstellt, von einer resolut zu nennenden älteren Dame mit humorigem Einschlag. Sie kümmert sich den Abend über auch um uns. 

Sie beherrscht ihren Job, serviert gekonnt und ist freundlich. Man merkt, daß sie lange Zeit im Geschäft ist, ihrem Auftreten nach im Bierhaus-Geschäft. Sie fragt nach unserer Zufriedenheit mit den Gerichten. Nur ihr „Beschwerdemanagement“ bedarf eines Updates, worüber noch zu erzählen ist.

Unsere Getränke,
• ein Riesling (0,2 l) für meine Frau
Riesling in der Karte
und das 
• 0,5 l - Lübzer (4.- €) für mich,

notiert sie mental und serviert die Getränke wenig später gut gekühlt und richtig temperiert.

Inzwischen sind wir in den von der Dame ausgehändigten Speisekarten fündig geworden. Wir haben uns für Fisch entschieden, meine Liebste 
• Speziell für die Offiziersmesse
Offiziersmesse in der Karte
Ich möchte was Deftiges und entscheide mich für den 
• Landgang.
Landgang in der Karte
Der Laden brummt. Mittlerweile sind alle Tische besetzt, neben uns hat sich an einem Achtertisch eine feucht-fröhliche Männerunde niedergelassen.

Wir warten nicht allzu lange auf unseren Fisch.
Offiziersmesse
Schon beim ersten Hingucken auf die „Offiziersmesse“ murrt meine Frau: „Alles voller Fett“. In der Tat, die angehäuften Kartoffelecken und auch die zwei Zanderfilets glänzen: Fettglanz! Den Fisch an sich wertet meine Frau geschmacklich als gut. Die Kartoffeln hingegen sind nicht nur fettig, sondern darüber hinaus nicht durchgegart. Sie haben erheblichen Biß und sind zudem geschmacklos. Der Rosmarin ist nicht gehackt und nicht mitgegart, sondern vor dem Servieren nur über die Kartoffeln gestreut worden, die Rosmarinnadeln sind dementsprechend hart. Das geschmacklose Gemüse (Broccoli, Blumenkohl, geriffelte Möhrenscheiben) scheint einer TK-Tüte entsprungen zu sein und ist teilweise zu lange gegart. Geschmacklich kann meine Liebste der Hummersauce auch nichts abgewinnen. 

Noch während wir essen, fragt unsere Servicedame, ob es schmecke. Auf diese Frage scheint meine Frau gewartet zu haben. „Nein, die Kartoffeln sind hart“, schießt es wie aus einer Pistole aus meiner Angetrauten Mund. Ratloser, fragender Blick der Dame vom Service, dann ergreift sie die von meiner Frau abgelegte Gabel, zerquetscht eine der Kartoffeln auf dem Teller meiner Frau und kommentiert: Das liege an den Kartoffeln, weil diese geschält geliefert würden. Es bleibe ein harter Kern. Auf die monierten rohen und harten Rosmarinnadeln geht sie nicht weiter ein.

So sieht Resolutheit aus, so hören sich faule Ausreden an. Immerhin bekommt meine Frau später als „Entschädigung“ eine Spezialität des Hauses, einen Kräuterschnaps, dem meine Frau eine gewisse Schärfe zuspricht. Auf der Oberfläche schwimmen Chilipartikel.

Die fröhliche Männerrunde von nebenan wird neugierig und spricht meine Frau an, wie man denn an so einen Gratis-Schnaps komme. Meine Frau erzählt die Story von den geschält gelieferten Kartoffeln mit dem angeblich bleibenden harten Kern. „Geschält geliefert: Das macht ja alles noch schlimmer!“, konstatiert einer  der feucht-fröhlichen Jungmannen. Die von ihm später bemängelte Salzlosigkeit der Erdäpfel hat dann doch nicht zu einem Gratis-Schnaps gereicht.

Bleibt noch was zu meinen Matjes zu sagen.
Landgang
Die drei „marinierten“ Matjesstücke auf meinem Teller sind salzig, jedenfalls salziger als sonst mild gesalzene Matjes sind. Darüber hinaus: Natürlich bedeutet das französische „mariner“ „einpökeln“ oder „in Salzlake einlegen“ und wurde früher zur Haltbarmachung des Fischs praktiziert. Heute versteht man aber unter „marinieren“ das Einlegen in eine würzige, meistens säuerliche Flüssigkeit. So etwas habe ich erwartet – und auch anderweitig in Waren bekommen. Von Kräutern oder säuerlichem Geschmack habe ich jedenfalls bei meinen Matjes nichts gemerkt. Mit den Apfelscheiben zusammen lassen sich die Matjes essen, nicht aber genießen.

Die Bratkartoffeln sind soweit okay, aber auch sie haben eine Portion Fett abbekommen. Die Salatgarnitur ist reichlich, ist aber mit zu wenig Dressing angerichtet, nur ein glänzender Klecks obenauf.

Nach dem Fett auf den Bratkartoffeln muß ein „Lösungsmittel“ her. Ich lasse einen eiskalten
• Malteser Aquavit (2 cl für 2,50 €)
durch meine Kehle rinnen.

Hätte die feucht-fröhliche Männerrunde nicht am Nebentisch gesessen, wir hätten nach den gemachten Erfahrungen wie Trauerklöße an unserem Tisch dahin gefristet.

Bezüglich der Sauberkeit haben wir nichts auszusetzen. Wir waren allerdings nicht auf den Toiletten.

Die Leistung der Küche und das Auftreten der Servicedame wird dem Preis der Speisen nicht gerecht. Wären die Gerichte tadellos gewesen, würde das Preis-/Leistungsverhältnis als gut durchgehen.

Vielleicht war unser Abend im Ratskeller ein Ausrutscher. Lebten wir aber dauerhaft in Waren, würden wir ein gerüttelt Maß Zeit vergehen lassen, bevor wir wieder über die Stufen des Ratskellers träten.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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