Die Kelter
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Schmiedtorstr.17, 72070 Tübingen
Restaurant Biergarten
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GastroGuide-User: Katha
Katha hat Die Kelter in 72070 Tübingen bewertet.
vor 8 Jahren
"Delikates Essen in schönem Ambiente"
Verifiziert

Geschrieben am 31.08.2016 | Aktualisiert am 31.08.2016
Besucht am 06.08.2016 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 65 EUR
Wenn ich in heimatlichen Gefilden unterwegs bin, gibt es Menschen und Orte, die ich freiwillig besuche… und es gibt Menschen und Orte, um die ich eher einen Bogen mache und freiwillig durch Schleichweg-Gassen in der Altstadt wusle. Dazu gehören meine ehemaligen Ich-verdiene-mir-meine-Studentenbrötchen-Läden… Ich hatte viele Nebenjobs, mit denen ich mein Studium finanziert habe und habe wirklich jeden Mist gemacht. Betritt man diese Orte nach langer Zeit wieder, verfallen viele Chefs in Nostalgie. Dann folgen die üblichen lang-lang-ist‘s-her und früher-war-alles-besser-und-aus-Holz-Gespräche die sich meist ewig hinziehen.
 
Nun habe ich es doch getan. Eher unfreiwillig, denn ich bin einer ehemaligen Chefin quasi vor die Füße gestolpert. Ja, lang lang ist’s her. Ja, mit geht es gut. Das Gespräch zog sich lang und länger, aus einem Kaffee wurden zwei und gegen Dienstschluss ihrerseits kam eine spontane Einladung in die Kelter und ich habe angenommen… Aber nicht ohne vorherunfreiwillig zu testen, dass ich die Registerkasse immer noch bedienen kann.
 
Die Kelter liegt strategisch-günstig am Rande der Altstadt und ist wirklich schön hergerichtet. Das Erdgeschoss teilen sich die Bar Liquid und die eigentliche Restaurant-Kelter, das über Treppen und kleine Brücklein in Galerien aufgeteilte Obergeschoss ist dem Restaurant vorbehalten. Wir bekommen einen Tisch oben, der Weg führt über eine Treppe und eine Bogenbrücke an einen kleinen und hübsch eingedeckten Zweipersonentisch direkt am alten und offen gelegten Gemäuer der Kelter. Man guckt quer über das Geschehen und sitzt herrlich.
 
Nach kurzer Zeit wuselt ein Kellner eine der Treppen herauf, bringt die Karten und berät in Weinfragen. Wir wählen eine Flasche Mineralwasser gegen den schön-war-die-Zeit-die-Klappe-fusselt-Durst und ich entscheide mich für ein Viertele feinen Chardonnay. Die schön-war-die-Zeit-Chefin wählt einen kräftigen Rotwein.
 
Der Blick auf die Speisekarte liest sich edel, aber das hier ist eines meiner gefürchteten An-Restaurants… An-Restaurants schießen aktuell wie Pilze aus dem Boden und bemühen sich um eine Aufwertung der Gerichte durch epische Nomenklatur. So wird ein „Schnitzel mit Pommes, Ketchup und Mayo“ gerne mal zum „Schwein in knuspriger Kruste an Kartoffelstäbchen, serviert an Tomatenjus und cremiger Ei-Öl-Emulsion“.
 
Zurück zur hiesigen Speisekarte. Die Auswahl von Gerichten ist klein, fein und überschaubar. Fünf fleischige, zwei vegetarische und eine vegane Hauptspeise stehen zur Auswahl. Die Fleischgerichte beginnen ab 20,50 Euro. Ich wähle Filet von der Echaz-Forelle in Hummerschaum, glasierten Kohlrabi und dazu hausgemachte Krustentier-Ravioli zu 21,50 Euro. Frau Ex-Chefin entscheidet sich für glasierte Entenbrust mit Lavendel-Pfefferhonig mit Zitrus-Jus, Pernod-Fenchel, Pfirsich-Chutney, Rosmarinbrioche, zu haben für 20,50.
 
Nach angemessener Wartezeit trudeln die Gerichte ein. Der inzwischen goutierte Chardonnay schmeckt herrlich fruchtig und gänzlich unkorkig. Meine beiden Forellenfiletstücke sind auf den Punkt und auf der Haut gebraten. Innen ist der Fisch noch schön glasig, einfach fein. Die knusprige Haut lässt sich wunderbar mitessen und ist weder gummiartig, noch fad. Der glasierte Kohlrabi wird in Stiftform geschnitten serviert und ist schön bissfest. Kein Fall für Nagetiere, aber auch nicht schon ab Werk vorpüriert. Der Hummerschaum gibt dem Kohlrabi außerdem eine feine Geschmacksnote, die ich sehr zu schätzen weiß. Irgendwie krustentierisch, schwer zu beschreiben. Die hausgemachten Ravioli sind ebenfalls al dente und ebenso krustentierisch gefüllt, wie der Hummerschaum schmeckt. Alles zusammen gibt ein wunderbar abgerundetes Geschmacksbild und ich muss mich wirklich beherrschen, nach geleertem Teller nicht auch noch die Sauce vom Teller zu lecken.
 
Frau Ex-Chefins Ente scheint auch gut zu munden, denn statt früher-war-alles-besser ertönt von der anderen Seite des Tisches nur noch mmmh und hhhhmm, unterbrochen von langen Phasen gefräßigen Schweigens.
 
Die Portionsgröße reicht gut zum Sattwerden, Laute mit einer Vorliebe für XXL-Portionen sind her aber eher fehl am Platz. Von mir gibt es glatte fünf Sterne, denn ich habe das Restaurant absolut lecker-satt-zufrieden verlassen. Ich komme, wenn ich kann, gerne wieder. Kundige und flinke Kellner, tolles Essen, stimmiges Ambiente und eine angenehme Atmosphäre. Ich war wunschlos glücklich.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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