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Meinecke führt seit sechs Jahren die Tapasbar „Nachbar“ in der Zeile auf dem Untermarkt. Er hat sie von seinem Vater übernommen, der das Lokal unter dem Namen „Le Trou“ bekannt gemacht hatte. In diesen Tagen hilft Vater Meinecke in der Küche aus. Denn der Winter, vor allem die Monate Januar bis März sind auch für das kleine Lokal am Untermarkt besonders schwer zu überstehen. Meinecke kann sich erst in der Saison weitere Mitarbeiter leisten, jetzt kommen stundenweise Kräfte am Wochenende. Die Touristen sind weg, und die Görlitzer allein sind zu wenige für die vielen Lokale in der Stadt. Das spüren alle, die in der Branche tätig sind. Und sie haben alle unterschiedliche Strategien entwickelt, damit zu leben. Einige machen einfach den Laden dicht und gehen in den Jahresurlaub, aus dem sie Anfang März wieder zurückkehren. Andere geben ihrem Lokal einen neuen Anstrich oder bauen um. Die „Destille“ und das Cafe „1900“ haben das bereits getan, die Pizzeria auf dem Obermarkt ist noch mitten dabei. Und Dritte wie Meinecke versuchen, mit gezielten Aktionen durchzuhalten. Nur am Sonntag hat er geschlossen, sonst öffnet er seine Bar. Unter der Woche vor allem für die Stammgäste. „Klar habe ich auch schon überlegt, nur am Wochenende zu öffnen“, sagt Meinecke, „aber viele kommen nach dem Sport oder Chor zu mir.“
Fast täglich schickt er auf Facebook eine Nachricht an seine mittlerweile 1 500 Adressaten. Mal kündigt er einen Burger-Abend an. Dann wieder, dass er am Valentinstag trotz seines Sonntags-Schließtages doch geöffnet hat. Das Superbowl-Finale mitten in der Nacht hat er auch übertragen, und den ganzen Monat Februar gibt er für jedes Gefällt-mir-Häkchen auf Facebook ein Freigetränk aus. „So bleibe ich immer im Gespräch“, ist er überzeugt. Diese Werbestrategie ist auch vergleichsweise preiswert. „Facebook eignet sich für diese Angebote sehr sehr gut“, sagt er. „Die Gäste können mir dann ganz schnell antworten, ob sie kommen.“ Flyer oder andere Werbung könnte er sich auch überhaupt nicht leisten. „Und wer schaut da schon noch rein“, fragt er sich. Simone Apitz ist diesen klassischen Weg gegangen, legte Faltblätter in Schulen und Kitas sowie in der Bibliothek aus. Die Geschäftsführerin des Restaurants „Vino e cultura“ am Untermarkt spricht vermutlich auch ein anderes Publikum als den Nachbarn gegenüber an. Zusammen mit der Görlitzer Puppenspielerin Anne Swoboda initiierte das Restaurant eine Reihe von Puppenspielen Anfang Februar. „Wir wollen einheimischen Künstlern in unserem kleinen Theater im Obergeschoss die Möglichkeit einräumen, ihr Können zu zeigen“, sagt Frau Apitz. Zwar lagen die Veranstaltungen ausgerechnet auf dem ersten Ferienwochenende, und es gab auch Parallelveranstaltungen in Museen. Doch Anne Swoboda zeigte sich über den Auftakt zufrieden: „Besonders am Sonnabendabend waren wir über den Besucherzustrom mehr als erfreut.“ Mitte März gibt es die nächsten Vorstellungen. Simone Apitz und Anne Swoboda wollen ihre Zusammenarbeit gerne fortsetzen. „Wenn es gut läuft, dann gibt es im Herbst die nächste Figurentheaterreihe“, sagt Frau Apitz.
Dass solche besonderen Vorstellungen auch dringend nötig sind, dafür muss Frau Apitz nur aus dem Fenster schauen. „In diesem Januar und Februar empfand ich die Stadt als besonders leer“, schätzt sie ein. Ein Phänomen, das nicht neu ist. Auch schon im vergangenen Jahr verlief der Auftakt für die Gastronomie- und Hotelbranche schleppend. Erst ab April zog die Entwicklung an. Dank des verlängerten Christkindelmarktes im Dezember konnte am Freitag die Europastadt Görlitz/Zgorzelec sogar das beste Tourismusjahr aller Zeiten für die Stadt vermelden: Mit 258 000 Übernachtungen und 118 000 Ankünfte wurde das bisherige Rekordjahr 2013 deutlich übertroffen. Damals sorgten vor allem Filmdrehs für ausgebuchte Hotels, dieses Mal brauchte es das für den Rekord nicht.
Natürlich hoffen nun alle, dass der März schnell vorbeigeht und nach Ostern das Geschäft brummt. Robert Meinecke liegt dann mit seiner Bar mitten im Touristenstrom. Doch wird er die Zeit bis dahin noch für eine kleine Umgestaltung nutzen. Bar und Bistro „N 13“ heißt anschließend sein Lokal. Stammgäste, so denkt er, werden keine großen Veränderungen feststellen. Aber er möchte natürlich neue Besucher in den Salon und in den Keller locken, wo weitere 35 Plätze auf Gäste warten.
(C) SZ GR Sebastian Beutler