Zurück zu Dürkheimer Riesenfaß
GastroGuide-User: simba47533
simba47533 hat Dürkheimer Riesenfaß in 67098 Bad Dürkheim bewertet.
vor 1 Jahr
"Wir hatten das größte Fass der Welt beide größer in Erinnerung..........."
Verifiziert

Geschrieben am 08.11.2022 | Aktualisiert am 08.11.2022
Besucht am 04.11.2022 Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 48 EUR
Meine Frau stand vor etwa dreissig Jahren zuletzt vor diesem Fass; bei mir war es noch länger her, denn ich hatte das Fass zuletzt mit den Speyerer Großeltern besucht, da war ich so zehn oder elf Jahre alt. Zwar war ich mit dem Hockeyclub HC Blauweiss Speyer später  immer wieder mal zu Auswärtsspielen beim HC Bad Dürkheim zu Gast; vor den Spielen hätte sich ein "Fass"-Besuch ohnehin als prekär für unsere Kondition erwiesen und nach den Spielen gings, egal ob Sieg oder Niederlage, mit dem Mannschaftsbus immer direkt zurück nach Speyer.

Und dabei ist das "Derkemer Fass" sprich Dürkheimer Fass immer einen Besuch wert. Das größte Fass der Welt mit einem Fassungsvermögen von 1.700.000 Litern (im Gegensatz zum kleineren Heidelberger Fass wurde es nie befüllt) steht direkt neben dem Wurstmarktgelände, wo alljährlich im September  über 9 Tage und Nächte der Worschtmarkt, das weltweit größte Weinfest, bei dem im Weindorf und an den Schubkarchständen die Winzerinnen und Winzer der Region ihre besten Weine feilbieten, stattfindet. Besucher kommen nicht nur aus der Pfalz sondern auch aus aus dem näheren und weiteren Ausland. Das Fass wurde im Jahre 1934 vom Dürkheimer Winzer und Küfermeister Fritz Keller gebaut; 178 jeweils 15m lange Fassdauben mit einer Stärke von 15cm wurden dabei verbaut und der Fass-Durchmesser beläuft sich auf 13,5m. Barrierefrei geht es hier leider nicht zu; schon am Haupteingang gibt es mehrere Stufen und leider wissen nur Kundige, dass es  einen barrierefreien Seitenengang für gehbehinderte bzw-. im Rollstuhl sitzende Gäste gibt. Einen entsprechende Hinweis gibt es nicht und dieser Eingang muss auch durch das Personal aufgeschlossen werden. Ganz finster wird es dann,. wenn man  vom Gastraum zu den Toiletten möchte bzw. muss; eine steile Treppe mit dreizehn oder vierzehn Stufen führt hinab. Wohl dem, der da gut zu Fuss ist.

Ambiente: "hygge" sprich gemütlich. Vom Haupteingang nach links  geht es zu einer Reihe von "Separees", bestückt jeweils mit einen mittig durchgehende Tisch eingesäumt von zwei Bänken. In so einen kleinen Raum passen sechs nicht allzu Dicke bzw. acht "schmale Hemden". In der Mitte und auf der anderen Fassseite stehe Vierertische, die im Bedarfsfall teilweise auch zusammengeschoben werden können. Wer Weinstuben mag wird sich hier wohlfühlen; nicht nur Touristen sondern auch viele Einheimische  bevölkern tagtäglich das Derkemer Fass, das täglich durchgehend zwischen 11:30 und 22:30 Uhr geöffnet hat. Für das Ambiente vergebe ich vier Sterne.

Sauberkeit: Obwohl hier von mittags bis abends überaus reger Besuch bzw. Andrang herrscht (während unseres Aufenthalts erlebten wir mehrfach, dass Gruppe von sechs oder sieben Leuten abgewiesen werden mussten: das Fass war voll) ist alles picobello sauber; das ergibt eine Wertung von fünf Sternen.

Service: Das Serviceteam ist voll auf Zack; auch wenn der Laden brummt, und das tut er durchgängig, ist seitens des Personals nichts von Hektik zu spüren. Man waltet freundlich, flott und mit viel Übersicht seines bzw. ihres Amtes; der Gast wird am Eingang in Empfang genommen, platziert und zügig mit Speise- und Getränkekarte versorgt. Man lässt ihm Zeit, in Ruhe auszuwählen, ist aber auch sofort zur Stelle, sobald die Karten zugeklappt sind, um die Bestellungen aufzunehmen und sie an die Küche weiterzugeben. Das Abräumen von abgegessenem Geschirr wird lässig "zwischendurch" erledigt und auch die verlangte Rechnung lässt nicht lange auf sich warten. Wir fühlten uns jedenfalls sehr gut betreut und besonders gut gefallen hat mir, wie das Personal sich um Stammgäste kümmert. Beispiel: Am Tisch neben uns sass eine alte Dame, mit Sicherheit stark in den Achtzigern. Der für unseren Tisch und die beiden zur Rechten und zur Linken stehenden Tische zuständige Ober hatte ein sehr waches Auge auf sie und sobald sie nur ein Fingerlein hob, war er zur Stelle, um ihre Wünsche zu erfüllen. Aber auch das nicht für sie zuständige Personal kam an ihren Tisch für ein paar freundliche Worte oder ein kleines Schwätzchen. Klar, dass ihr auch beim Abschied in den Mantel geholfen  und ein sorgfältig verschnürtes Päckchen (sie hatte ihr Essen nicht ganz gepackt) überreicht wurde. So möchte ich im entsprechenden Alter auch gepampert werden :-)) Für den sehr guten Service vergebe ich viereinhalb Sterne.

Essen: Vorab sei gesagt, dass der/die hier eine Art Massenabfertigung mit Hauruckküche mässiger Qualität vermutet, sich schwer wundern wird; das "Dürkheimer Fass" ist keine Touristenfalle sondern ein Lokal mit sehr ansprechender gutbürgerlicher Küche und einem wirklich guten Preis-/Leistungsverhältnis. Anders wäre es auch nicht zu erklären, dass hier so viele Einheimische einkehren; gibt es doch in Bad Dürkheim viele Weinstuben und sonstige Gastros, darunter sogar einen wohl recht guten Inder.

Die "Fass"-Küche bietet Pfälzer Küche, aber auch Überregionales. Die meisten Gerichte gibt es auch "fer zum mitnämme", wie die Speisekarte (einzusehen unter www.duerkheimer-fass.de) vermeldet, und sehr viele Gerichte gibt es nicht nur in der gut bemessenen Normalversion sondern auch "ebbes kläner" sprich als Seniorenteller. Sehr gut gefällt mir, dass zu jedem Gericht  auf der Karte ein entsprechender Weinvorschlag gemacht wird.

Meine Frau bestellte zu Trinken eine große Fanta (0,5l EUR 4,80), mein Bendiktiner Weißbier vom Fass (0,5l) kostete gerade mal EUR 0,10 mehr. Nach einer Vorspeise verlangte sie nicht, ich bestellte mir die "Pfälzer Leberknödelsuppe" auf Basis Rinderkraftbrühe für EUR 5,90. Sehr gehaltvoll und mit einem kapitalen Lewwerknopp drin, der wirklich intensiv nach Lewwer schmeckte; Daumen hoch! Die Weinempfehlung zu dieser Suppe: Grauer Burgunder, pikant und charaktervoll, Aroma nach reifer Birne (Winzergenossenschaft Vier Jahreszeiten, Bad Dürkheim). Genau diesen Wein hatte wir gestern am Abend beim Essen im Hotelrestaurant gehabt; der einzige Lichtblick  beim Menü-Desaster :-))

Meine Frau hatte als Gericht aus der Kategorie "Weitere Empfehlungen" den "Tafelspitz mit hausgemachter Meerrettichsoße, Preiselbeereen und gebutterten Kartoffeln" für EUR 17,90; in der Version "ebbes kläner" hätte er EUR 15,80 gekostet.  Weinempfehlung zu diesem Gericht war ein Portugieser Rotwein halbtrocken, ziegelrot und feinfruchtig (Winzergenossenschaft Vier Jahreszeiten, Bad Dürkheim). Sie lobte ihr Gericht über den grünen Klee; solch einen feinen Tafelspitz hatte sie eigener Aussage zufolge schon "ewig" nicht mehr gegessen. Ein Kostehäppchen überzeugte mich ebenfalls; das Fleisch war sehr zart, aber so was von, und auch die Meerrettichsoße war wirklich sehr gelungen.

Auch ich war mit meiner Wahl sehr zufrieden: "Ein Paar Pfälzer Bratwürste mit Bratenjus an Weinsauerkraut und Kartoffelpüree" für EUR 14,20; EUR 12,10 hätte die "ebbes kläner"-Version mit einer Bratwurst weniger gekostet. Die Weinempfehlung zu diesem Gericht war ein Riesling halbtrocken, fruchtig und duftig (Winzergenossenschaft Vier Jahreszeiten, Bad Dürkheim); hätte ich jetzt einen Wein getrunken, wäre ich dieser Empfehlung nicht gefolgt, sondern hätte mich stattdessen für einen trockenen Riesling entschieden. Geschmacklich gab es  nichts auszusetzen, allerdings hätte es mich sehr gefreut, wenn die Bratwürste noch grober als sie es waren gewesen wären; Jammern auf hohem Niveau. So oder so: der Küche im "Dürkheimer Fass" bescheinige ich eine überraschend hohe Qualität, die mich/uns natürlich gefreut hat, und vergebe dafür im Bereich "Essen" sehr gerne wohlverdiente viereinhalb Sterne.

Preis-/Leistungsverhältnis: Das stimmt hier absolut; vier Sterne.

Fazit: Sollte uns der Weg wieder einmal nach Derkem führen, schauen wir mit Sicherheit wieder im "Fass" herein.

P.S. Wer als Nicht-Pfälzer erfahren will, wie die Eingebotenen in diesem Bundesland ticken, dem empfehle ich zur Lektüre wärmstens das folgende Buch: Ernst Johann: Deutschland, deine Pfälzer (Wo Witz wie Wein wächst), Hoffmann und Campe Verlag. 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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