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Heute ist sie für die Gestaltung der Weinkarte verantwortlich und beliefert das „Henne“. In der ersten Woche ließ sie es sich nicht nehmen, hier tatkräftig mit unter die Arme zu greifen, denn der Zuspruch ist enorm. Hendrik Olfen hat hier sein erstes eigenes, lang erwartetes Restaurant eröffnet und es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn dies nicht ein dauerhafter Erfolg wird.
Olfen ist in Köln kein Unbekannter. An der Seite von Hans Horberth hat er lange Jahre als Sous-Chef im „La Vision“ im Hotel Im Wasserturm gekocht, das zu dem Zeitpunkt zwei Michelin-Sterne hielt. Nach Horberths schlimmen Unfall hatte Hendrik Olfen die Küche alleine geführt und die zwei Sterne verteidigt, bis sich das Hotel entschloss, das Restaurant zu schließen.
Das „Henne“, benannt nach dem Spitznamen von Hendrik Olfen, ist sowohl Restaurant als auch Weinbar. Natürlich kann man hier auch nur etwas trinken, aber dann würde man die ausgezeichnete Küche verpassen. Die Karte ist überschaubar, die Gerichte in kleineren Portionen und gerne zum Teilen gedacht. 13 Euro für die Taube markieren die preisliche Obergrenze. Man tut gut daran, mit mehreren zu kommen und dann die Karte nach Belieben rauf und runter zu bestellen.
Beim ersten Besuch bin ich allein und bestelle mir vier Gänge. Zu zweit schaffen wir beim nächsten Mal 12 Gerichte und das gibt uns dann doch einen ziemlich umfassenden Eindruck von der Küchenrichtung.
Sehr gutes Brot und Salzbutter bestellt man hier separat. Für geringen Flatrate-Preis gibt es das dafür dann gerne nach.
Wir starten langsam mit ausgezeichnetem, hauchdünn aufgeschnittenem Schinken vom Duroc-Eichelschwein und Austern, die mit Johannisbeeressig angemacht sind, der für meinen Geschmack nicht viel beisteuert. Petersilienstiele geben etwas Würze und Textur, ansonsten sind die Austern eben das, was sie sind. Und das ist auch eigentlich ausreichend.
Bereits nach kurzer Zeit hat sich der Spargel mit Brathähnchencreme zu einem Renner entwickelt. Der Spargel ist bissfest gegart und mariniert, die Brathähnchencreme mir beim ersten Besuch fast zu wenig deutlich schmeckbar, beim zweiten mal dann wesentlich präsenter, so dass ich die Idee viel besser verstehe. Die Brösel habe ich beim ersten Mal noch für Schwarzbrot gehalten, Hendrik Olfen erklärt beim Servieren, dass es Crumble aus Hähnchenhaut sind. Sie weisen deutlich stärkere Rauch- und Röstnoten auf als beim Erstbesuch. Etwas weniger hätte es davon für mich schon sein können. Dennoch ist das Gericht originell konzipiert, bedarf meiner Meinung nach nur sehr genaue Feinabstimmung.
In der nächsten Runde machen wir weiter mit Lachs, hauchdünn aufgeschnittenem Carpaccio vom Blonde d'Aquitaine Kalb und hausgemachtem Ricotta.
Der Lachs bekommt durch die Molke und dünn geriebenen, marinierten Blumenkohl einen säuerlich frischen Touch, wobei der eigentliche Pep für mich vor allem durch den Dill und mehr noch durch die gewöhnliche Gartenkresse kommt, die schöne scharfe Akzente beisteuert. Schade eigentlich, dass sie für die anspruchsvolle Küche offenbar nicht exotisch genug ist und daher so selten zu finden ist.
Das Kalbfleisch gewinnt seine Spannung eindeutig durch die großartige Krustentiermayonnaise. Zusammen mit Dörrtomaten und Brunnenkresse ist das eine abwechslungsreiche, unkomplizierte Angelegenheit.
Die eigentliche Überraschung ist für mich aber der Ricotta, den ich mir vermutlich selbst nicht bestellt hätte, weil ich normalerweise kein großer Freund dieses Frischkäses bin. Aber mein Mann ist neugierig und so steht der Teller nun auch auf dem Tisch. Schon die erste Gabel macht klar, dass wir es hier mit einem ganz außergewöhnlichen Gang zu tun haben. Der Ricotta hat eine schlotzige Konsistenz, ist gerade passend geräuchert, so dass hier ganz viel Tiefe ins Spiel kommt. Dünn aufgeschnittener grüner Spargel und Radieschen samt Blattgrün und Sonnenblumenkerne bringen zusätzlichen Spaß. Ein vollumfängliches Vergnügen, nicht nur für Vegetarier!
Aus der warmen Abteilung bestelle ich beim ersten Besuch die gebackenen Graupen, die in einer Art Kroketten kommen. Trotz der Kaperncreme ist das recht trocken und bröselig beim Anschneiden. Den Tiroler Speck kann ich nicht ausmachen. Als Beilage zum Fleisch ist das in Ordnung, alleine haut es mich nicht um.
Als Fisch gibt es Fjordforelle, die perfekt glasig gegart und trotzdem mit krosser Haut kommt, dazu ein wunderbar bissfester Spitzkohl, der mit Kümmel ganz fein abgeschmeckt ist. Die aufgeschäumte Pilzbuttersauce steuert Cremigkeit bei, lässt das Gericht aber noch feiner wirken. So vermeintlich simpel dieser Gang konzipiert ist, so ausgezeichnet ausgeführt ist er und ein Beispiel dafür, dass es nicht unzählige Komponenten auf dem Teller für etwas Hervorragendes braucht.
Gleiches gilt auch für die beiden Fleischgerichte, wobei die Bluttaube das große Highlight schlechthin ist. Sensationell saftig und auf den Punkt gegrillt, mit kräftigem Raucharoma, die Leber als Creme auf einem Crostini – mehr braucht es nicht. Außer einer ebenso fabelhaften tiefen, wunderbar glänzenden Sauce, wie sie nur echte Könner hinbekommen. Dies ist eines der besten Taubengerichte, das ich seit sehr langem hatte.
Ähnlich perfekt das Bürgermeisterstück vom US-Beef, das mit einer ebenso guten Sauce, die mit Vadouvan einen exotischen Touch bekommt, überzeugen kann. Der Sellerie erscheint im ersten Moment ungewohnt, in Konsistenz wie Schnitt. Eine deutliche Zitronennote ist auszumachen, aber den Sellerie schmeckt man im ersten Moment nicht deutlich heraus. Wir erfahren, dass es tatsächlich die üppige Verwendung von Butter ist, die dafür verantwortlich ist. Auch dieses also ein absolutes Wohlfühlgericht.
Um unsere Probe vollständig zu machen, bestellen wir auch noch die drei Desserts. Zu zweit lässt sich das gut bewältigen.
Als Käsegang weiß der geriebene Comté zu überzeugen. Am Boden ein mildes Apfel-Zwiebel-Kompott, dazu noch etwas dezenter Röstknoblauch und fertig ist eine harmonische Komposition, die sich einfach löffeln lässt.
Das gilt auch für die beiden süßen Varianten, ein Rhababerkompott mit Dickmilch-Eis und kandierten Oliven sowie eine Buttercreme, die gar nicht so schwer daherkommt, wie es klingen mag, mit geröstetem Buchweizen und Zitronenzesten.
Nachdem wir bis auf wenige Ausnahmen die Karte tatsächlich einmal von oben nach unten durchprobiert haben, bleibt festzustellen, dass das Speisenkonzept in der „Henne“ gut aufgeht. Unkomplizierte Gerichte, dennoch mit Tiefgang und oft einem überraschenden Twist, die bestenfalls an der ein oder anderen Stelle etwas Feinjustierung vertragen könnten. Mengenmäßig hat man die bei manchen Gerichten bereits vorgenommen. Halbiert man den Spargel längs, fällt es auf dem Teller kaum auf, aber statt zwei Stangen kommt man nun auch mit einer aus. Aus vier Scheiben Lachs wurden drei, aber das ist angesichts der aufgerufenen Preise immer noch völlig akzeptabel.
Sharing ist ja ohnehin der aktuelle Trend, wenn es um Casual Dining geht, aber selten habe ich das stimmiger erlebt als hier.
Das Preisniveau der Weinkarte ist ebenfalls bemerkenswert und ich hoffe sehr, dass das so bleibt, denn dann gilt es, viele Entdeckungen zu machen. Sind die offenen Weine noch eher normal kalkuliert, lädt die Flaschenweinauswahl sehr dazu ein, auch die ein oder andere Flasche mehr zu probieren. Die Karte ist nach Rebsorten aufgeteilt und darin noch einmal nach Gefälligem, Unkonventionellem und Herausragendem. Bei meinen zwei Besuchen habe ich mich vor allem an Frankreich gehalten, aber je nach Vorliebe und Budget kann man hier auch eine vinophile Reise durch viele andere Länder vornehmen.
Die „Henne“, das „Henne“ oder wie man es künftig auch immer nennen mag, wird seinen Platz finden in Kölns Szene. Die Lage ist schon mal prädestiniert, wenn vermutlich auch nicht die günstigste, aber mit dem Konzept, der Preisgestaltung, dem charmanten Service und vor allem der Qualität hat man alle Karten in der Hand, hier dauerhaft ein volles Haus und Erfolg zu haben. Fände ich gut!
Bericht und sämtliche Bilder wie immer auch auf meinem Blog: http://tischnotizen.de/henne-weinbar-restaurant-koeln/