Geschrieben am 18.10.2020 2020-10-18| Aktualisiert am
18.10.2020
Besucht am 17.10.2020Besuchszeit: Abendessen 8 Personen
Schwiegervater hatte Geburtstag. Da weiß man schon vorher, dass es kein Zuckerschlecken wird. Während wir sonst grundsätzlich per Taxi die Restaurants aufsuchen, ist hier auf jeden Fall die autonome Anreise notwendig. Trotz vieler Jahrzehnte in der hannoverschen Oberzugleitung ist Schwiegervater im Herzen ein Landei geblieben. In Hannover ist es gar nicht so einfach, die Kombination aus Hochzeitssuppe und Ratsherrenpfanne zu bekommen. In der Provinz ist das kein Problem. Minimum ½ Stunde Autofahrt und ein alkoholarmer Abend für den Fahrzeugführer sind also Grundvorausssetzungen für Schwiegervaters Geburtstag. Bösartig, wie ich nun einmal bin, überzeugte ich meine Frau, auf ihren geräumigen Viertürer zu verzichten und stattdessen lieber meinen kleinen Gran Tourismo, also den 2+2-Sitzer, zu nehmen. So war sichergestellt, dass wir niemanden nach Hause fahren mussten, und wenn doch, wäre es nach einer halben Stunde auf den Notsitzen garantiert das letzte Mal gewesen.
Lichtblicke in solch grenznahen Lokalitäten bestehen darin dass manche gastronomischen Modeströmungen hier noch nicht angekommen sind. So gibt es z.B. keinen Prosecco, sondern deutschen Perlwein. Ein Clou ist sicher das hier gebraute Craftbier „das Freie“. Bier kostet hier pauschal fünf Euro je halbem Liter. Die üblichen verdächtigen wie karamellisierten Ziegenkäse, Süßkartoffel Pommes frites und Veggie-Burger gab es aber schon.
Wein und Sekt kommen meist aus dem rheinhessischen Ockenheim von Stefan Bauer und sind moderat bepreist. Will man mehr, sieht es anders aus. Ein Kiedricher Ortswein von Robert Weil kommt für 12,75 /0,2l auf den Tisch.
Wir trafen kurz vor 18:00 Uhr am Gutshof ein. Parkraum gibt es auf dem weitläufigen Gelände mit vielen alten Gebäuden und Teich reichlich. Schwiegereltern, Schwager und Schwägerin waren schon auf dem Parkplatz versammelt, so dass wir gemeinsam den Gastraum betreten konnten. Gut, dass von den Damen niemand Pfennigabsätze trug. Das „Katzenkopf“-Pflaster hätte ihnen schnell den Garaus gemacht. Der Handdesinfektionsspender funktionierte gut
Der Empfang war geschäftsmäßig, aber freundlich. Mit einer Armbewegung von der Theke wurde uns ein stark separierter Achtertisch zugewiesen, eine große dunkle blanke Holzplatte mit acht Hochlehn Polsterstühlen mit schwarzem Kunstleder. Der nächste Mensch, ein einsamer Trinker, gegenüber der Theke, war gut acht Meter entfernt. Unsere Jacken hängten wir über die Stuhllehnen, weil die Benutzung der Garderobe coronaphil untersagt war. Die Teelichte auf dem Tisch wurden entzündet, als wir unsere MNS abgelegt hatten. Da der Guthof als Feinschmeckerrestaurant firmiert, wäre das Besteck im Bierkrug stehend unangemessen gewesen. Stattdessen gab es für jeden Platz ein dunkelrotes Kuvert mit Messer und Gabel und Einmalserviette.
Der Gastraum ist urig rustikal mit viel Backsteinmauerwerk und offen liegenden Holzbalken. Es ist die ehemalige Schmiede des Gutshofes. Nicht nur außen ist es weitläufig, auch drinnen gibt es ausladende Gasträume. Der Außenbereich unter großen Gastroschirmen war vorbildlich mit Elektroheizstrahlern versehen. Im Untergeschoss gibt es noch Poolbillard, Kegelbahn, Dart-Parcours, Krökler.
Zu den ausführlichen Pappspeisekarten gab es eine laminierte Saisonkarte mit den Wildgerichten. Wohl wegen der notwendigen Desinfektion waren die Menge der Karten sehr knapp gehalten. Vier gab es für acht Gäste.
Wir eröffneten mit einem Rieslingsekt von Stefan Brauer für alle. Er kam gut gekühlt im passenden Glas. Obwohl die 30 g Restzucker bei diesem als trocken deklarierten Sekt uns störten, war er aus der frisch geöffneten Flasche durchaus trinkbar.
Als Gruß aus der Küche fanden acht kleine Steingutschälchen mit „Pulled Beef“ auf Steingutschiffchen den Weg zu unserem Tisch. Etwas Convenience-Baguette kam in einer Schale. Das war kein Genuss.
Das Brot diente auch als Beilage zu der von mir gewählten Tomatensuppe (6,00). Alle anderen nahmen die Hochzeitssuppe (6,50) mit noch bissfesten Gemüsestreifen, Mettklößchen und Eierstich. Alles war enorm heiß. Meine Tomatensuppe war ein wenig essiglastig, die Croutons durchgeweicht, die Hochzeitssuppe war keine Kraftbrühe.
Unsere Hauptgerichte, wiederum auf fast glühenden Tellern und Servierpfannen, wurden von einer einzigen Servicekraft paarweise serviert. Die Zukünftige unseres Neffen und mein Neffe hatten das Rumpsteak mit Kartoffelstampf und Schmorgemüse (21,50), meine Schwiegermutter den Zander mit Kartoffel-Blumenkohlstampf und Broccoli (16,50), Schwiegervater und Schwager die Gutshofpfanne mit verschiedenen Fleischsorten und Bartkartoffeln nebst Gemüse (18,50), der Rest den Hirschrücken mit Schupfnudeln und Romanesco. Das Fleisch war perfekt gebraten, aber sehr fest, der Romanesco schwach, aber knoblauchlastig gewürzt, die Schupfnudeln waren für mich kaum essbar. Sie schmeckten wie aus der Tüte, lediglich erhitzt, also mehlig. Nach zehn Minuten in der Pfanne mit Butter unter stetigem Rühren wären sie sicher ganz gut gewesen. Die angegossen dünne und dunkle Soße war belanglos. Dessert wurde nicht gewünscht. Ich gönnte mir einen Cappucino, der ausgezeichnet war. Mein Schwiegervater strebte maskenlos zur Theke, um zu bezahlen und wurde prompt zurückgeschickt, damit er Mund und Nase bedeckte.
Wieder auf dem Parkplatz versammelt, verabschiedeten wir uns mit etlichen Umarmungen. Bei uns mitfahren wollte – welch Wunder – niemand. Um 20:15 Uhr und nach 35 km waren wir wieder zu Hause, wo unser Kater schon von einem Bein aufs andere trat, um endlich an die frische Luft zu kommen.
Schwiegervater hatte Geburtstag. Da weiß man schon vorher, dass es kein Zuckerschlecken wird. Während wir sonst grundsätzlich per Taxi die Restaurants aufsuchen, ist hier auf jeden Fall die autonome Anreise notwendig. Trotz vieler Jahrzehnte in der hannoverschen Oberzugleitung ist Schwiegervater im Herzen ein Landei geblieben. In Hannover ist es gar nicht so einfach, die Kombination aus Hochzeitssuppe und Ratsherrenpfanne zu bekommen. In der Provinz ist das kein Problem. Minimum ½ Stunde Autofahrt und ein alkoholarmer Abend für den Fahrzeugführer sind... mehr lesen
3.5 stars -
"Unsere jährliche Landpartie" Ehemalige UserSchwiegervater hatte Geburtstag. Da weiß man schon vorher, dass es kein Zuckerschlecken wird. Während wir sonst grundsätzlich per Taxi die Restaurants aufsuchen, ist hier auf jeden Fall die autonome Anreise notwendig. Trotz vieler Jahrzehnte in der hannoverschen Oberzugleitung ist Schwiegervater im Herzen ein Landei geblieben. In Hannover ist es gar nicht so einfach, die Kombination aus Hochzeitssuppe und Ratsherrenpfanne zu bekommen. In der Provinz ist das kein Problem. Minimum ½ Stunde Autofahrt und ein alkoholarmer Abend für den Fahrzeugführer sind
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Lichtblicke in solch grenznahen Lokalitäten bestehen darin dass manche gastronomischen Modeströmungen hier noch nicht angekommen sind. So gibt es z.B. keinen Prosecco, sondern deutschen Perlwein. Ein Clou ist sicher das hier gebraute Craftbier „das Freie“. Bier kostet hier pauschal fünf Euro je halbem Liter. Die üblichen verdächtigen wie karamellisierten Ziegenkäse, Süßkartoffel Pommes frites und Veggie-Burger gab es aber schon.
Wein und Sekt kommen meist aus dem rheinhessischen Ockenheim von Stefan Bauer und sind moderat bepreist. Will man mehr, sieht es anders aus. Ein Kiedricher Ortswein von Robert Weil kommt für 12,75 /0,2l auf den Tisch.
Wir trafen kurz vor 18:00 Uhr am Gutshof ein. Parkraum gibt es auf dem weitläufigen Gelände mit vielen alten Gebäuden und Teich reichlich. Schwiegereltern, Schwager und Schwägerin waren schon auf dem Parkplatz versammelt, so dass wir gemeinsam den Gastraum betreten konnten. Gut, dass von den Damen niemand Pfennigabsätze trug. Das „Katzenkopf“-Pflaster hätte ihnen schnell den Garaus gemacht. Der Handdesinfektionsspender funktionierte gut
Der Empfang war geschäftsmäßig, aber freundlich. Mit einer Armbewegung von der Theke wurde uns ein stark separierter Achtertisch zugewiesen, eine große dunkle blanke Holzplatte mit acht Hochlehn Polsterstühlen mit schwarzem Kunstleder. Der nächste Mensch, ein einsamer Trinker, gegenüber der Theke, war gut acht Meter entfernt. Unsere Jacken hängten wir über die Stuhllehnen, weil die Benutzung der Garderobe coronaphil untersagt war. Die Teelichte auf dem Tisch wurden entzündet, als wir unsere MNS abgelegt hatten. Da der Guthof als Feinschmeckerrestaurant firmiert, wäre das Besteck im Bierkrug stehend unangemessen gewesen. Stattdessen gab es für jeden Platz ein dunkelrotes Kuvert mit Messer und Gabel und Einmalserviette.
Der Gastraum ist urig rustikal mit viel Backsteinmauerwerk und offen liegenden Holzbalken. Es ist die ehemalige Schmiede des Gutshofes. Nicht nur außen ist es weitläufig, auch drinnen gibt es ausladende Gasträume. Der Außenbereich unter großen Gastroschirmen war vorbildlich mit Elektroheizstrahlern versehen. Im Untergeschoss gibt es noch Poolbillard, Kegelbahn, Dart-Parcours, Krökler.
Zu den ausführlichen Pappspeisekarten gab es eine laminierte Saisonkarte mit den Wildgerichten. Wohl wegen der notwendigen Desinfektion waren die Menge der Karten sehr knapp gehalten. Vier gab es für acht Gäste.
Wir eröffneten mit einem Rieslingsekt von Stefan Brauer für alle. Er kam gut gekühlt im passenden Glas. Obwohl die 30 g Restzucker bei diesem als trocken deklarierten Sekt uns störten, war er aus der frisch geöffneten Flasche durchaus trinkbar.
Als Gruß aus der Küche fanden acht kleine Steingutschälchen mit „Pulled Beef“ auf Steingutschiffchen den Weg zu unserem Tisch. Etwas Convenience-Baguette kam in einer Schale. Das war kein Genuss.
Das Brot diente auch als Beilage zu der von mir gewählten Tomatensuppe (6,00). Alle anderen nahmen die Hochzeitssuppe (6,50) mit noch bissfesten Gemüsestreifen, Mettklößchen und Eierstich. Alles war enorm heiß. Meine Tomatensuppe war ein wenig essiglastig, die Croutons durchgeweicht, die Hochzeitssuppe war keine Kraftbrühe.
Unsere Hauptgerichte, wiederum auf fast glühenden Tellern und Servierpfannen, wurden von einer einzigen Servicekraft paarweise serviert. Die Zukünftige unseres Neffen und mein Neffe hatten das Rumpsteak mit Kartoffelstampf und Schmorgemüse (21,50), meine Schwiegermutter den Zander mit Kartoffel-Blumenkohlstampf und Broccoli (16,50), Schwiegervater und Schwager die Gutshofpfanne mit verschiedenen Fleischsorten und Bartkartoffeln nebst Gemüse (18,50), der Rest den Hirschrücken mit Schupfnudeln und Romanesco. Das Fleisch war perfekt gebraten, aber sehr fest, der Romanesco schwach, aber knoblauchlastig gewürzt, die Schupfnudeln waren für mich kaum essbar. Sie schmeckten wie aus der Tüte, lediglich erhitzt, also mehlig. Nach zehn Minuten in der Pfanne mit Butter unter stetigem Rühren wären sie sicher ganz gut gewesen. Die angegossen dünne und dunkle Soße war belanglos. Dessert wurde nicht gewünscht. Ich gönnte mir einen Cappucino, der ausgezeichnet war. Mein Schwiegervater strebte maskenlos zur Theke, um zu bezahlen und wurde prompt zurückgeschickt, damit er Mund und Nase bedeckte.
Wieder auf dem Parkplatz versammelt, verabschiedeten wir uns mit etlichen Umarmungen. Bei uns mitfahren wollte – welch Wunder – niemand. Um 20:15 Uhr und nach 35 km waren wir wieder zu Hause, wo unser Kater schon von einem Bein aufs andere trat, um endlich an die frische Luft zu kommen.