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GastroGuide-User: Ehemalige User
Ehemalige User hat Commami in 67433 Neustadt an der Weinstraße bewertet.
vor 5 Jahren
"Saucengrüße aus der Quetschflasche! – Angesagter Panasiate, der neben Sushi und Pho auch ein paar bemerkenswerte Hauptgerichte bereithält, aber sonst allen gängigen Fusionsklischees entspricht"

Geschrieben am 18.08.2019 | Aktualisiert am 18.08.2019
Besucht am 15.06.2019 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 55 EUR
Am Haardtrand bei Neustadt lässt es sich bekanntlich gut wandern. Wolfsburg, Hambacher Schloss, Kalmit oder Weinbiet sind allesamt beliebte Ausflugsziele, die nicht selten mit einer Einkehr kulinarisch verknüpft werden. Eine dieser klassischen Wanderungen führt von Neustadt-Hambach zum ca. 3 km entfernten Hohe-Loog-Haus, das mit deftigen Pfalztellern, gehaltvollen Hüttensuppen und leckeren Kuchen die hungrigen Hiker erfreut.
 
Und hätten wir nicht schon in dem Ende 2017 neu eröffneten, panasiatischen Restaurant Commami zwei Plätze reserviert gehabt, der Hohe-Loog-Teller mit Hausmacher Wurst bis zum Abwinken wäre definitiv eine Vesperoption gewesen. So sparten wir uns den Hunger auf, um erstmalig bei der „Reismutter“ („Com“ = Reis + „Mami“ = Mutter), wie die Geschäftsführerin und gebürtige Vietnamesin Thi Thu Hien Ho ihren Mix aus Sushi- und Indochina-Fusion-Restaurant nennt, einzukehren.
 
Das Commami gehört zusammen mit zwei Restaurants in Kaiserslautern (Mr. Lian Einsiedlerhof und Mr. Lian Schillerplatz) und dem gleichnamigen Ableger in Worms – dort schreibt man sich allerdings ComMami mit großem „M“ in der Mitte – einer vietnamesischen Gastrofamilie, die mit ihrem panasiatischen Konzept Erfolg zu haben scheint. Schon im September 2018 folgte auf das Neustadter Sushi-Lokal die Filiale in der Nibelungenstadt. Das erinnert doch stark an die nach nahezu gleichem Fusionsmuster arbeitende „Koza-Gang“, die sich von Haßloch über Landau bis nach Speyer ausgedehnt hat.
 
Und da steckt schon das eigentliche Grundproblem dieser NPGW (neuen panasiatischen Gastro-Welle). Kennt man eines dieser Restaurants, kennt man alle. Die mit viel Trockeneisnebel, bunten Saucenspritzern sowie panierten bzw. geflämmten Knuspermänteln kunstvoll arrangierten Rohfischplatten sehen im Grunde überall gleich schick aus. Auch die inflationär verwendeten Asia-Saucen schmecken alle wie aus der gleichen Quetschflasche gedrückt.
 
Ein derzeit angesagter Foodtrend „for a new generation“, zu dem auch die selbstgemachten Limonaden und Eistees passen. Und einer, der sich ganz nach dem Geschmack seines Publikums richtet. Ob das dann noch authentische Asiaküche ist, kann sich jeder selbst beantworten. Es soll leicht schmecken, hübsch aussehen und am besten noch ohne Fleisch (oder noch besser: vegan) daherkommen. Das suggeriert nicht nur Qualität, sondern lässt das schnelle Essen auch viel gesünder erscheinen. Wellness-Häppchen für den hippen Kulinarnomaden, der gestern noch sein trendiges Dasein im Bio-Burger-Laden um die Ecke fristete.
 
Genug gelästert. Sonst wird das Ganze hier noch eine Kolumne zum Thema „Zeitgeistküche“. Zurück zum Commami, das sich am Rande der Neustadter Innenstadt, direkt an der viel befahrenen Maximilianstraße (B 38) befindet. Die Parkplatzsituation ist in Neustadt sowieso nicht besonders prickelnd. In der Ecke findet man so gut wie gar nichts. Mein Tipp: den Wagen auf dem etwas weiter westlich gelegenen Parkplatz an der Rittergartenstraße oder in Bahnhofsnähe (inkl. kleinem Spaziergang durch die Fußgängerzone) abstellen. Neustadts Stadtkern ist ja Gott sei Dank recht übersichtlich angelegt.
 
Es war ein warmer Tag im Mai und nach kurzer Anmeldung im Inneren des Lokals (aufgrund der Reservierung), entschlossen wir uns, unter freiem Himmel zu speisen. Das war jedoch im Commami mit eingeschränkter Bequemlichkeit verbunden, da die zwischen Parkbänken und Weinfestgarnituren angesiedelten Sitzgelegenheiten für harte Verhältnisse sorgten. Insofern bestand unsere allererste Order in der Nachfrage nach ein paar Sitzkissen, der man mit zwei Decken – es gab scheinbar keine Kissen mehr – alternativ nachkam.
 
Nun, auch der Verkehrslärm von der Maximilianstraße und der Blick auf die stümperhaften Graffitis an den etwas in die Jahre gekommenen Mehrfamilienhäusern gegenüber lud nicht unbedingt zum dauerhaften Verweilen ein. Da saß es sich wahrscheinlich im schlicht-modern eingerichteten Gastraum schon deutlich besser. Egal, die Entscheidung zum Draußen-Essen war eh gefallen. Auch die Speisenkarten hatte unsere dauerfreundliche Bedienung aus dem fernen Osten schon vorbeigebracht.
 
Für den ersten Durst tat es das in (Pan-)Asialäden scheinbar beliebte Aqua Morelli, das man an seiner tiefblauen Flasche schon von weitem erkennt. Vielleicht purer Zufall, aber auch im Landauer Koza wird dieses nicht gerade besonders wohlschmeckende Mineralwasser italienischer Provenienz angeboten. Mit 5,50 Euro für die Flasche ist man dabei. Warum die Asiaten gerne italienisches Sprudelwasser ausschenken, erschließt sich mir zwar nicht, aber vielleicht kennt ja der ein oder andere GG-Fuchs die Zusammenhänge unseres Global-Food-Village. Ergänzend sei noch erwähnt, dass auch eine hausgemachte Limo mit Ingwer, Limette, Pfefferminzblätter und Rohrzucker (0,5 l für 4,90 Euro) von uns geordert wurde. Letztere mussten wir mittels Röhrchen aus dem obligatorischen Einmachglas zuzeln.
 
Der Speisezettel listet eine umfangreiche Auswahl. Edamame, Hühnerspieße und Sommerrollen – alles alte Bekannte in Sachen Vorspeisen. Ein paar Teigtaschen (Dim Sum), Lachs- bzw. Thunfischtartar sowie zwei Suppen (Kokos- und Fischsuppe) standen außerdem als Appetizer für den ersten Hunger bereit. Für Freunde des grünen Blattes wurden ein paar Asia-Salate mit Sesamdressing angeboten. Tempura-Garnelen und gegrillter Oktopus fanden sich dabei in exotisch klingenden Kombinationen wieder.
 
Der vietnamesischen Traditionssuppe Pho wurde in drei Varianten gehuldigt. Mit Tofu-, Hühnerfleisch- oder Rindfleischeinlage konnte man die mit Reisbandnudeln, Lauchzwiebeln, Sojasprossen und Koriandergrün veredelte Hühnerbrühe genießen. Wahlweise als Vor- oder Hauptspeisenportion. Auf den nächsten Seiten war die Auswahl an Hauptgerichten nachzulesen. Sowohl beim cremigen Kokos-Curry als auch bei der mit Kokosmilch verfeinerten Mango-Crème konnte die Einlage wie beim Schnellchinesen um die Ecke (Rind, Huhn, Tofu, Ente, Garnelen) selbst gewählt werden.
 
Gegrillte Roastbeefwürfel wurden als „Lucky Cube“ bezeichnet. Das mit Miso und Tamarindensauce servierte Rinderfilet erhielt den tiefsinnigen Namen „Black Tower“. Na hoffentlich lassen sie es nicht so lange im Ofen, wie der Namen vermuten lässt, war mein erster Gedanke. Plötzlich stand mit der „Paris Ente“ ein geradezu ambitioniert klingendes Gericht auf der an Entdeckungen doch recht armen Speisesammlung. Eine französische Grill-Ente wurde da auf hausgemachtem Maronenpüree mit Grillkürbis und Süßkartoffeln angeboten. Das klang mindestens genauso spannend wie Thunfisch-Tataki in Gewürzkruste oder mariniertes Rindfleisch auf lauwarmen Reisnudeln. Das restliche Angebot verlor sich in unterschiedlichsten Rohfischpreziosen. Diese reichten von einfachen Maki bzw. Nigiri über Inside Outs bis hin zu diversen Special Rolls. Ein reichhaltiges Programm, das uns die Entscheidung nicht gerade leicht machte.
 
Wir schafften es trotzdem. Vorneweg wagten wir uns an die beiden Suppen. Die „Fisherman’s Soup“ (4,90 Euro) meiner Verlobten hatte Lachs und Butterfisch als Einlage. Meine „Coco Soup“ wählte ich mit Garnelen (5,60 Euro). Beide hatten übrigens Kirschtomaten und Champignons in der Serienausstattung. Als kleines Zugeständnis an unsere Teigtaschenliebe bestellten wir die als „Steamy Pearl“ (4,90 Euro) bezeichneten Dumplings. Jene waren mit Garnelen und Gemüse gefüllt und wurden mit einer speziellen Soja-Sauce serviert.      
 
Die Hauptgangfrage beantworteten wir mit einer „Crunchy Vegi“-Tempura-Roll (10,50 Euro) und einer als „Seascape“ (18,90 Euro) bezeichneten Komposition aus rohem Fisch und gekochten bzw. frittierten Garnelen, die mit Sushi-Reis, Guacamole und kleingehäckselten Cocktailtomaten serviert wurde.
 
Die beiden Suppen ließen nicht lange auf sich warten. Sie wurden zeitgleich mit den Dim Sum serviert. Beide waren in zeitgemäße Keramik gefüllt und dufteten vielversprechend. Die Fischeinlage der Fisherman’s Soup machte ihrem Namen alle Ehre. Neben Lachs- und Butterfischfetzen tummelten sich frisches Koriandergrün und Tomatenstücke in der leicht säuerlichen Brühe. Meine Kokossuppe war tadellos abgeschmeckt und bewegte sich im zurückhaltenden Schärfegrad. Aroma dank Currypaste – auf diese einfache Formel war auch hier Verlass.
 
Die Dumplings lagen neben Rettichschnipseln, Salatblättern und einer Schale mit Soja-Sauce im Bambuskorb. In der leicht süßlichen Sauce schwamm reichlich frischer Koriander. Über die mit Teriyaki-Sauce benetzten Teigtaschen hatte man geröstete Sesamkörner gestreut. Das war alles in allem ein ordentlicher Appetizer. Sicherlich keine frisch geformten „Har-Gow Deluxe“, aber auch keine Enttäuschung in Sachen TK-Krabbenknödel.
 
Nach dem gelungenen Start ließ man uns etwas Zeit zum Durchschnaufen, ehe die Hauptgänge aufgetragen wurden. Bei der vegetarischen Tempura-Roll hatte man es mit der Saucenverzierung etwas übertrieben. Da wurde drüber gespritzt, was die Quetschflaschen hergaben. Schade, dass man damit dem eigentlichen Protagonisten auf dem Teller jegliche Schau in puncto Geschmack stahl. Aber vielleicht hielt sich der bei der frittierten Veggie-Roll eh in Grenzen.
 
Mein aufgetürmtes Rohfischgebilde kam wohl auch gerade frisch aus der Teriyaki-Dusche. Hier bildeten Rettichstreifen und Salatschnipsel zusammen mit Wakame und Tomatenklein eine frische Basis, auf der es sich Sushi-Reis und Rohfischkonsorten gemütlich gemacht hatten. Dünn abgesäbelte Tranchen Thunfisch-, Lachs- und Jakobsmuschelsashimi lagen andächtig neben knusprigen, mit Pankomehl panierten Garnelenschwänzen sowie lediglich gekochten Vertretern ihrer Art. Das war genauso ansehnlich wie es gewöhnlich schmeckte. Nämlich in erster Linie nach der inflationär verspritzten süßlichen Sauce auf Sojabasis.
 
Lachs und Thunfisch hätte ich bei einer Blindprobe geschmacklich kaum unterscheiden können. Die crunchigen Garnelenschwänze profitierten von ihrem Fettgehalt und brachten noch am meisten Schmackes auf den Teller. Ihre gekochten Kollegen verweilten dagegen in gustatorischer Langeweile. Auch das geschmacksneutrale Jakobsmuschelfleisch sorgte eher für Gaumengähnen als für den ach so geliebten Kitzel. Das konnten die eingelegten Ingwerscheiben und die Wasabi-Knetmasse auch nicht ändern. In der Summe war das zwar ein recht ansehnlicher Fischhügel, aber vom Geschmack her eher unspektakulär. Passte aber irgendwie zur „mehr-Schein-als-Sein-Gesinnung“ hiesiger Panasiaten. Vielleicht hätte ich ja doch die französische Grill-Ente, für die es im Commami sogar einen speziellen Ofen gibt, erstehen sollen. 
 
Grundsätzlich ist gegen diese Art der schnelleren Nahrungsaufnahme gar nichts einzuwenden. Schließlich konkurriert man nicht mit kulinarisch unterbelichteten Fast-Food-Läden und ollen Imbissbuden. Dafür sind auch die Preise zu ambitioniert. Aber trotz frischer Zutaten, Glutamatverzicht, Ölreduzierung und verstärktem Kräutereinsatz bewegt man sich bei all diesen asiatischen Fusionsküchen geschmacklich kaum von der Stelle und bleibt damit vor allem eines, nämlich austauschbar.
 
Dass diese Läden trotzdem so en vogue sind, liegt in erster Linie an ihrem zeitgeistigen Gastrokonzept. Für mich werden sie hingegen mit jedem Besuch immer uninteressanter, da der Reiz des Neuen mittlerweile verblasst ist und bei den Gerichten nicht der Geschmack, sondern eher das Aussehen bzw. die Anrichtung im Vordergrund stehen. Die geschäftstüchtige Idee, die verschiedensten Neigungen der Gäste unter einen Hut zu bringen, bewirkt am Ende einen mittelmäßigen Mischmasch, der zwar gekonnt in Szene gesetzt wird, am Gaumen aber über weite Strecken versagt. Irgendwie nicht Fleisch und noch weniger Fisch. Für einen Sushiladen eigentlich ein K.o.-Kriterium. Man darf also gespannt sein, in welche Richtung sich dieser Food-Trend entwickelt.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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