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Im Sommer sitzt man hier sehr angenehm auf advokatentauglichen Polstern auf dem schattigen Balkon, und mit etwas Glück gibt es auch sportliche Unterhaltung, diesmal das Pokalspiel 1860 gegen den BVB, nachgestellt durch die Jugend des SV Südstern.
Meistens halten wir uns ja an Gerichte, von denen wir wissen, dass sie uns mit einem guten Bauchgefühl den restlichen Heimweg antreten lassen. Manchmal, ganz selten, packt mich aber auch die Experimentierlust. Und das Yangda, mit seinen teils recht exotischen Angeboten, bietet da ein reiches Spielfeld.
So kam es denn, dass ich mir diesmal die mir noch unbekannte Nummer 122 bestellte: „Rindfleisch in Scheiben mit Gemüse, gegart in Sichuanpfeffer-Öl-Suppe (scharf)“ (13,90 €). Sichuanpfeffer, daran sei erinnert, hat mit Pfeffer nichts zu tun, ist auch nicht scharf, sondern die hohlen Blütenkapseln lösen im Mund ein eher betäubendes, nicht unangenehmes Kribbeln aus. Da musste also noch mehr drin sein, denn das Gericht war in der Karte mit zwei gefährlich aussehenden Chilis markiert, eine hochinteressante Kombination.
Meine Frau war mit „Knuspriger Ente mit Sojasprossen und Kantonsauce“ (ebenfalls 13,90 €) auf der sicheren Seite geblieben. Mit Ente macht man im Yangda nichts falsch. Weit entfernt von jenen in der Fritteuse gedörrten Vögeln, an denen man in deutsch-chinesischen Speisehäusern häufig sein Gebiss trainiert, sind diese hier nicht umsonst gestorben. Mit ihrem zartem, leicht mürbem Fleisch und ihrer knusprigen, aromatischen Haut machen sie Freude vom ersten bis zum letzten Scheibchen. Ich durfte probieren und war sehr dankbar dafür.
Mein Experiment ging nämlich gründlich in die Hose, weil meine Rindersuppe sich als äußerst schräge Erfahrung erwies. Auf dem Tisch erschien eine gewaltige Suppenschüssel mit einer dicke Ölschicht obendrauf. Die war aber nicht das Problem, sondern überreichlich dosierte Sichuanpfefferkörner, die aus mehr Salz als Sichuanpfeffer bestanden. Nach drei Löffeln schmiss ich das Handtuch, denn da hatte ich den Natriumchloridbedarf der Woche schon gedeckt.
Was tun? Leider saßen wir am Ende des Balkons und etwas außerhalb des Service-Blickfelds, so dass ich mit der gewaltigen Suppenschüssel erst mal auf mich selbst gestellt war. Also nahm ich es auf mich, Fleisch und Gemüse, das heißt Sojasprossen und Chinakohl, rauszufischen und von den Unmengen Blütenkapseln zu befreien. Etwas umständlich, aber so konnte ich wenigstens weiteressen, ohne meinen Nieren Gewalt anzutun. Allerdings längst nicht mit dem Genuss, den ich mir erhofft hatte.
Das anschließende Gespräch mit dem Service verlief wenig ergiebig. Eigentlich gibt es nur eine Erklärung, nämlich dass es in der Küche noch einen zweiten Sichuanpeffer-Behälter gibt, in dem sich das ungemahlene Rohmaterial für Blütenpfeffersalz befindet. Da muss der Koch aus Versehen reingelangt haben. Die Bedienung konnte sich das zwar nicht vorstellen, aber eine bessere Idee hatte sie auch nicht. Ein anderer Kollege meinte noch, das wäre Gewöhnungssache. Wenn dem so wäre, dann hätte Sichuan ein massives Bluthochdruckproblem. Das wars, eine Rückmeldung aus der Küche selbst gab es nicht.
Wanderer, kommst du ins Yangda, verkündige dorten, du habest keinen Hunger auf Rindfleisch in Scheiben mit Gemüse, gegart in Sichuanpfeffer-Öl-Suppe (scharf). Sonst liegst du da wie Leonidas und seine 300 Spartaner.
Und wir wissen, was wir das nächste Mal nicht bestellen.