Osteria Da Totò
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Kasinostraße 23, 42651 Solingen
Restaurant Lieferdienst Pizzeria
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GastroGuide-User: Shaneymac
Shaneymac hat Osteria Da Totò in 42651 Solingen bewertet.
vor 5 Jahren
"Juicy beats meet tasty pies…"

Geschrieben am 02.02.2020 | Aktualisiert am 02.02.2020
Besucht am 08.08.2019 Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen Rechnungsbetrag: 10 EUR
Geradezu euphorisch wurde mir diese kleine, etwas versteckt liegende Osteria im vergangenen Sommer von Ilka (der herzensguten Catering-Meisterin, die auch bei Casa Luz bei den Weinproben stets für ansprechende kulinarische Begleitung sorgt und die ich dort kennenlernen durfte) angepriesen: „Da musst du hin, die riesigen Pizzen sind großartig und die junge Kellnerin so unfassbar nett, dass einige gar meinen, sie wolle die Gäste veräppeln!“
 
Auf der ewigen, epischen Suche nach der perfekten Pizza sind solche Hinweise am Wegesrand natürlich hochwillkommen, vielleicht würde ich ja einen bedeutenden Schritt weiter kommen, Versuch macht klug.
 
Vor unserer lange ersehnten Fahrt nach Garmisch im August hatte ich bereits einige Tage vor Madame meinen Urlaub angetreten und somit Gelegenheit, Ilkas wohlmeinenden Rat in die Tat umzusetzen.
 
Die Kasinostraße 23, ein Ort mit persönlichen Erinnerungen, hier existierte viele Jahre die kleine Pizzeria Unica mit seinem sympathischen Betreiberpärchen im fortgeschrittenen Lebensalter. Leider musste man den Betrieb aus gesundheitlichen Gründen einstellen, wie mir der mittlerweile als Pizzaiolo in einer anderen Solinger Lokalität aushelfende italienische Senior vor einiger Zeit erzählte.
 
Ich war dort, als ich noch in der Nähe arbeitete, gerne mittags zu Gast und habe damals auch eine wohlwollende Kritik verfasst, in der ich meiner Zufriedenheit Ausdruck verlieh, besonders die Salate waren eine stets liebevoll zubereitete Ausnahmeerscheinung - große Fußstapfen also, in die man zu treten hatte.
 
Vor Ort selbstredend unverändert die Parkraumsituation: Wenn man in der mehr oder weniger unmittelbaren Innenstadt-Lage nicht gerade an einem Samstag in der Adventszeit auf Parkplatzsuche geht, ist eigentlich im Umfeld des Lokals immer etwas zu finden und in größter Not ist immer noch das Parkhaus der Clemens Galerien (nein, keine Galerie sondern ein unfassbar hässliches, kleines Einkaufszentrum im Stil der späten 90er Jahre…) als sichere Bank vorhanden.
 
Nicht viel pittoresker das Gebäude der Osteria, schon zu Unica-Zeiten wusste man beim beiläufigen Vorbeifahren nicht unbedingt, ob es Gastronomie, ein Sportwetten Etablissement oder eine Shisha Bar beherbergte.


 
Hier hat man versucht, das Beste daraus zu machen, mittlerweile stehen kleine Olivenbäumchen in Ferrari-roten Töpfen vor dem Lokal, eine Fotoschönheit wird aus dieser Fassade aber vermutlich nie werden können.
 
Ich trat ein, schaute mich um und war Sekunden später sehr froh darüber, von Ilka auf die ekstatisch freundliche junge Dame im Service vorbereitet worden zu sein.
 
„HALLOO! GUTEN TAG!! Herzlich willkommen bei uns, setzen sie sich gerne wo sie wollen, ich komme sofort, schön dass sie zu uns gefunden haben!!!“ tönte es maximal euphorisch durch den Raum während eine quirlige Signora Anfang zwanzig mit der Karte auf mich zusteuerte.
 
Das putzige Mädel ist einfach von Natur aus so überdreht freundlich, bei jeder Interaktion, selbst am Telefon, wenn man den Lieferdienst in Anspruch nimmt, aber dazu später mehr.
 
Wenn man das weiß, ist es amüsant, auch, sich darauf einzulassen und es macht gute Laune, seltene, gelebte Liebenswürdigkeit eben. Aber im regnerischen Bergischen, wo das Dolce Vita nicht unbedingt jedem Zeitgenossen aus dem Allerwertesten scheint, läuft man damit durchaus Gefahr, dass der ein oder andere Bergische Motzkopp sich durchaus etwas veräppelt vorkommt – gut, dass sie sich davon jedoch nicht beirren lässt….
 
Die pragmatisch eingerichtete Osteria ist sicher nicht der Ort für das romantische Candlelight-Dinner, aber im direkten Vorher-Nachher-Vergleich ist es nunmehr doch spürbar „wohnlicher“: Die dudelnden Spielautomaten gehören ebenso der Vergangenheit an wie der ständig plärrende Fernseher, der weiland permanent hysterische italienische Gameshows aus dem Berlusconi TV präsentierte.


 
Das Team ist sehr jung, alle in den Zwanzigern, im Hintergrund liefen daher entspannte Beats aus Bella Italia, italienischer Hip-Hop der guten Sorte statt Pavarotti.


 
Die Pizzen sind insofern eine Besonderheit, dass es sie nur in einer, nämlich buchstäblicher Wagenradgröße gibt, 40 Zentimeter Durchmesser prädestinieren sie quasi zum Teilen, wer sich einen solchen Trumm zum Mittagessen alleine reinschiebt, hat sich meinen größten Respekt gesichert.
 
Ein gut gekühltes Wasser – die 0,33l Flasche zu günstigen 2€ - wurde rasch gebracht: „Soooo, bitteschööön, Moment ich schenke ihnen sehr gerne ein, sooo, bitteschööön, die Pizza kommt gleich ist schon im Ofen, dauert nicht mehr lange!“. Besten Dank, ich hoffte insgeheim weder einen allzu hilflosen noch einen zu unterernährten Eindruck gemacht zu haben.
 
Leider hatte ich bedingt durch die hysterisch-freundliche Rundumversorgung bei der Bestellung vergessen, meinen Standardwunsch nach einem gut gebackenen Exemplar alla Italia, ben cotta e ben condita per favore, zu platzieren. Ein Wunsch der immer nötiger wird, der deutsche Gast moniert ja leider gerne jegliche dunkle Stellen am Rand als „verbrannt“, ich verstehe die Pizzerien, die auf Dauerdiskussionen keine Lust haben.
 
Trotzdem war ich mit meiner ersten Pizza hier sehr zufrieden eine Mista sollte es werden, mit Schinken, Salami, Champignons, Thunfisch und Paprika, das Ganze zu im Vergleich mit anderen Pizzerien geradezu lächerlichen acht Euro.
 
Glühend heiß stand sie wohlig duftend vor mir, der gottlob wohldosierte Käse blubberte noch verheißungsvoll vor sich hin, Genuss kann so einfach sein.

Pizza Mista - 8€
 
Der Belag wurde auch in idealer Menge aufgebracht, sei es die Pizzaiola oder die anderen Komponenten, die sich eben nicht teutonen-anbiedernd unter einer zentimeterdicken Schicht Formaggio-Mistico verbargen, sondern auch die Ofenhitze genießen konnten, was dem Ganzen sehr, sehr gut tut.
 
Ob Schinken, Salami, Thunfisch oder die frischen Champignons; alles war aromatisch und von guter Qualität und auch, wenn man es klischeebeladener wohl kaum ausdrücken kann, war jeder Bissen ein kleiner Ausflug in den Süden.
 
Auch der Teig überzeugte mit viel Seele und gutem Eigengeschmack, er schmeckte nach langer Reifezeit und etwas Grana Duro, auch wenn der Boden bedingt durch den Rand auf dem Foto sehr mächtig erscheint, täuscht der Eindruck; knusprig und angenehm dünn, in der Mitte nicht matschig: sehr ansprechend!


 
Die Pizzailoa auch sehr schmackhaft, ehrlich intensiv tomatig, weder überwürzt noch süßliche Tristesse, der Würze konnte auf Wunsch noch mit Knoblauch- und Chili-Öl nachgeholfen werden.
 
Mit Appetit und Zufriedenheit verspeiste ich in Seelenruhe die Hälfte meines „kleinen“ Imbisses, dann streckte ich die Waffen, mein philanthropischer Service-Wirbelwind verpackte mir gerne den Rest, aber nicht bevor ich mehrfach überzeugend erklärt hatte, dass dies der Menge und nicht etwa einer etwaigen Unzufriedenheit geschuldet war.
 
Das ließ ich auch den jungen Chef vom Dienst wissen und lobte ausdrücklich sein Ofenerzeugnis in Relation zur Konkurrenz und fachsimpelte etwas mit ihm.
 
Das wiederum schien ihn sehr gefreut zu haben, beim Rausgehen sah ich aus den Augenwinkeln, wie er eine kleine Becker-Faust machte, hörte wie er seinem Kollegen kurz auf Italienisch erklärte, worum es ging (ein paar Brocken verstehe sogar ich…) und – ich war der letzte Gast an diesem Mittag – die Musik laut aufgedreht wurde und die Jungs teilweise kopfnickend klar Schiff in der Küche machten: ein schöner, stimmungsvoller Moment.
 
An diesem Abend teilten wir uns den Rest der Pizza zu weiteren, jedoch selbstgemachten italienischen Leckereien und auch Madame war angetan vom Rundling aus der Kasinostraße.
 
Wenig später dann ein Folgebesuch, bei meinem ersten Aufenthalt wurde die Lasagne an einem Nebentisch von einem Landsmann der Betreiber hochgelobt, das hallte noch Tage nach.
 
„HALLOOO, SIE SIND JA WIEDER DA, WIE SCHÖÖÖN….“ „Ja, äh, hi, freut mich auch!“ :-))
 
Die klassische Lasagne wird mit ebenfalls fairen 7,50€ berechnet und auch sie erfüllte alle Erwartungen in der Disziplin „blubbernd Servieren“, dazu reicht man ofenfrische kleine Pizzabrote.

"Lasagne Bolognese" - 7,50€
 
Die Pasta besaß einen schönen Schmelz, das Ragù zwischen den Platten mit gutem Fleischanteil, die umgebende Sauce typisch italienisch eher dezent gewürzt, eine Küche eben, die die Zutaten feiert und diese wenn es eben geht für sich sprechen lässt.
 
Keine denkwürdige kulinarische Sternstunde sondern einfach eine gute, leckere Lasagne, Garfield would have approved! Aber heutzutage ist es angesichts der Convenience-verseuchten Gastronomielandschaft ja eigentlich schon etwas leichtfertig, die Attribute „einfach, gut und lecker“ einfach mal so lapidar in einem Satz zu erwähnen.
 
Fortan haben wir die Osteria mehrfach in Sachen Bringdienst in Anspruch genommen, obwohl ich seit Jahrhunderten bei jeder sich bietenden Gelegenheit ungefragt predige, dass kein Essen dieser Welt so sehr unter dem Transport leiden dürfte, wie Pizza.
 
Trotzdem regierte auch bei diesen Freitag-abendlichen Aktionen eigentlich immer große Zufriedenheit, wenn man von einem Ausrutscher beim Carpaccio absieht, das Fleisch erinnerte eher an Bresaola als an frisch plattierte Scheibchen von zartem Rind, konnte trotzdem noch mit halbwegs guter Laune verspeist werden.
 
Was die Laune allerdings bei den letzten beiden Bestellungen deutlich verhagelte, war die Wartezeit von über 90 (neunzig!) Minuten, im letzten Fall kratzte man fast an der zwei Stunden Markierung, die Pizza musste im Backofen wieder auf Temperatur gebracht werden.
 
Als Lieferdienst hat sich die Osteria damit für mich disqualifiziert, das ist allerdings im Kontext dieses Portals natürlich nur eine Randnotiz, ohne jeglichen Einfluss auf die Wertung.
 
Die junge Dame vor Ort ist wie erwähnt am Telefon genauso exaltiert freundlich wie im Restaurant, was Madame, welche meist das Bestellen übernimmt, irgendwie stets in den gleichen Betriebszustand zu bringen scheint. Es entspannen sich bei dieser Gelegenheit bereits derart bizarre, mehrminütige Konversationen, das ich mich umsah ob ich nicht doch als Darsteller in einer Szene von "jerks." gelandet bin und Christian Ulmen gleich klingelt um sich eine Flasche Cola zu borgen...
 
...ich schweife ab, kommen wir daher zum...
 
Fazit

Ehrliche italienische Kost mit landestypischer Lebensfreude zelebriert, wer zu diesen Preisen qualitativ oder quantitativ deutlich mehr erwartet gehört wohl zum harten Kern der „Geiz ist geil“-Fraktion. Die Pizzen alleine verdienen in der „Ben Cotta Version“ 4,5 – 5 Sterne, im Gesamtbild bin ich bei immer noch sehr guten vier Sternen.
 
Das Ambiente vor Ort sehe ich bei 2,5 Sternen, hier ist man weil man isst, nicht weil man im Ambiente schwelgen möchte, trotzdem fühlt man sich wohl.
 
Den Service könnte man für Zeitgenossen, die Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und Umsorgen in ihrem Leben vermissen sicher auch als Therapie bei der Krankenkasse abrechnen, 5 Sterne, alles andere wäre „senza cuore“. :-)
 
Sauber ist es trotz der schlichten Einrichtung überall, auch in der Küche, die teilweise einsehbar ist, 5 Sterne hierfür.
 
Das PLV sehe ich bei glasklaren 5 Sternen, die Margherita startet bei 6€, und schon alleine davon würden sicher drei bis vier normalgewichtige Teenager-Damen satt werden.
 
Für Pizza eine gute Adresse, bei Pasta ist die Konkurrenz von der Weyerstraße allerdings weit voraus, die Lokale lassen sich aber auch nicht ohne weiteres vergleichen.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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