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Aber auch die Aussicht auf eine zweite Einkehr am Abend – war waren zusammen mit meiner Schwägerin bei Onkel Manu aus Neapel zu Besuch – ließ mich gerne noch ein paar Extra-Kalorien außerhalb des 50m-Beckens verbrauchen.
Aus dem geplanten „Duathlon“ – mit dem Rad von der Neuen Vahr zum Horner Bad, wo dann der Kilometer weggekrault werden wollte und wieder zurück – wurde nichts, da mich auf dem Heimweg ein schlimmer Hungerast heimsuchte. Dies ereignete sich im sogenannten Bremer „Ostend“ – die ersten Siedler nannten es damals wie heute „Oberneuland“ – unweit des Achterdiekparks.
Ein mir wohlgesonnener Bekannter versprach mir blühende Bambuslandschaften in des Chinesen Garten. Nicht nur aufgrund der Jahreszeit war berechtigtes Misstrauen von vornherein angebracht. Dennoch zwang mich das sprichwörtliche „Loch im Magen“ in diesem Teil des wilden Bremer Ostens beim China-Restaurant Bambus Garten haltzumachen.
Dann mal hinein in den von außen nicht besonders einladend wirkenden Asia-Tempel.
Von außen so lala...
Immerhin war ich der erste Gast am frühen Mittag und durfte mir deshalb einen Platz an der Sonne bzw. direkt vor der Glasfront mit Blick auf den „idyllischen“ Parkplatz, der dem etwas in die Jahre gekommenen Zweckbau vorgelagert war, aussuchen.
Kaum saß ich auf einem der von pinkfarbenem Kunstleder überzogenen Polsterstühle, ging mir eine Textzeile des weltberühmten Elvis Pressluft durch die Birne. „…Caught in a trap – I can’t walk out…“. In der Tat war die Einrichtung des Ladens mehr als „suspicious“.
"Suspicious" Interieur
Grelle Farben trafen auf kitschige Wandfolklore made in China. Ansonsten dominierte der funktionale Charme der 90er den nüchtern eingerichteten Gastraum.
Back to the 90's...
Das Interieur erinnerte mich stark an ein chinesisches Lokal, das ich im Sommer 2014 nach einer Klettertour im südwestpfälzischen Städtchen Dahn besucht hatte. Damals rannte ich mehr nolens als volens ins „frittierte Verderben“. Sollte mir hier Ähnliches blühen?
Die Worte „authentisch“, „Klein-Shanghai“ und „Hotspot“ eines berühmten Bremer „Edamamen“ klangen noch in meinen Ohren nach. Stattdessen war ich wohl einer heimtückischen „Fata Argana“ aufgesessen und zappelte bereits im Netz der mit einem preisgünstigen Mittagstisch lockenden „Pho-gel-Spinne“.
Da kam schon der Bambus-Garten-König mit Kron’ und Schweif – mein ausgehungertes Ich dachte zuerst, es wär‘ ein Nebelstreif (das Chlor des Horner Bads wirkte noch etwas nach…). Ich war gespannt, was mir der freundliche „Glutamese“ jenseits von „Ente süßsauer“, gebratenen Nudeln und Chop Suey noch offerieren würde.
Bami und Nasi – beide aus der wohlgewokten Familiendynastie der Goreng waren natürlich auch vertreten. „Ewiges Glück“ wurde mir aus einem kleinen, mit allerhand Getier gefüllten Tontopf versprochen. Ansonsten wurden Schwein, Rind, Huhn, Ente, Garnelen und Tintenfisch in den üblichen Garnituren standardmäßig durchdekliniert.
Doch bevor sich Enttäuschung über den Tipp des vermeintlichen Szenekenners von der Weser breitmachen konnte, ließ mich die Zubereitungsart „à la Gong Bao“ zum guten Menschen von Szechuan mutieren und all meine hohen kulinarischen Erwartungen in den Achterdieksee werfen. Vertrauten damals nicht auch die Cartwrights von der Ponderosa-Ranch ihrem Haus- und Hofkoch namens „Hop Sing“ blind? Da sollte mich doch ein Lunch im Garten des Bambus nicht vom Radsattel werfen.
Also einmal die knusprig gebratene Ente mit Gemüse à la Gong-Bao aus der Mittagskarte für schmale 12,50 Euro, bitte! Ein Glas Ginger Ale (0,4l für noch akzeptable 4,50 Euro) tauchte später als Guavennektar getarnt auf meiner Rechnung auf. Sei’s drum, eine perlende Ingwer-Limo passt zu jedem Asia-Snack.
Das Mittagsangebot beinhaltete übrigens noch eine kleine Vorspeise. Es standen eine Suppe nach Hauptstadt-Art (nicht Berlin, sondern Peking…) und eine Portion Mini-Frühlingsrollen aus den Tiefen der Kühltruhe zur Auswahl. Ich entschied mich für Letzteres, da mir die säuerliche China-Suppe schon immer ein Graus ist.
Geliefert bekam ich sechs weitgehend geschmacksneutrale Fettfinger im Wan-Tan-Mantel, deren undefinierbares Inneres mich ohne nennenswerte Gaumeninformation zurückließ.
Wenig frühlingshafte Rollen im Glanze des Fettes
Der meiste Geschmack ging noch von der zugekauften Sweet-Chili-Sauce aus, die ein erstes Bitzeln auf der Zunge provozierte. Ein Schelm, der Glutamöses dabei denkt!
Vorwegsättiger ohne Gaumeninfo
Eine alles in allem ziemlich entbehrliche Vorspeise, die jedoch – und damit konnte wirklich keiner rechnen – einen wesentlich erfreulicheren Hauptgang folgen lassen sollte.
Die bereits tranchierte Brust vom Lieblingsvogel der Chinesen hatte ihr Fettbad im Wok gut überstanden. Sie lag außen knusprig und innen noch schön saftig auf einem ansehnlichen Hügel knackig gewoktem Gemüse.
Saftig-knuspriger Vogel auf Knackgemüse
Das hatte ich aus meiner Studentenzeit doch deutlich trockener in Erinnerung. Ein Schälchen mit süß-sauer eingelegten Keimlingen von der Mungobohne, eine würzige Soße auf Sojabasis und ein weiterer Napf mit Klebereis komplettierten das Mittagsmahl.
Das komplette Lunch-Ensemble
Das Balsamico-Graffiti auf meinem Teller wünschte mir – soweit ich es entziffern konnte – einen klebrig-guten Appetit. Den Sojasprossensalat stellte ich nach einer halbherzigen Kostprobe auf die Seite. Der war nicht ganz so mein Ding.
Keimlinge in Reisessig angemacht
Die wahrscheinlich vorher mit Five-Spices-Powder eingeriebene Ente besaß eine krosse Haut, deren subtile Zimtnote mir zusagte. Das recht rustikal zerteilte Gemüse überzeugte mit ausreichend Biss.
Nochmal die lobenswerte Ente
Die leicht angedickte Sauce, in der das Wokgemüse gebrutzelt wurde, war einen Tick zu süßlich geraten. Etwas mehr Würze bzw. Schärfe brachte da die mitgelieferte Gong-Boa-Sauce aufs Porzellan. Leider wurde bei ihr – dem Prickeln auf der Zunge nach – mit zu viel Pulver nachgeholfen.
Viel Gong - wenig Bao!
Da verzichtete ich dankend auf das Saucen-Add-On und knabberte lieber an meiner Knusperente. Auch mit meiner Reisbeilage war ich nicht sonderlich zufrieden. Mit dem Ausdruck „drüsch wie en Zementtütt“ würde man wohl im Rheinland dieses klebrige Häuflein Dampfreis würdigen.
Staubreis aus dem heißen Dampf
Um auf die Frage im Titel dieses Berichts einzugehen, würde ich das „alles gut“ eher verneinen, die fachmännisch gebratene Ente jedoch als durchaus positive Erfahrung werten. Auch wenn ich nicht jedes Schälchen leerte, war es doch ein akzeptables Mittagsmahl das nach dem Borgfelder’schen Motto „Alles kann dienen!“ einen gut gesättigten Pfälzer in Richtung Neue Vahr radeln ließ.
Und der Hunger würde sich am Abend bei Onkel Manu aus Napoli bzw. der Bremer Überseestadt schon wieder einstellen, da war ich mir sicher. Oder wie der pflichtbewusste Chronist zu schreiben pflegt: Fortsetzung folgt!