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GastroGuide-User: Gaston
Gaston hat Cuore Matto in 70771 Leinfelden-Echterdingen bewertet.
vor 1 Woche
"Im Cuore Matto geht das verrückte Herz verloren"
Verifiziert

Geschrieben am 23.04.2025 | Aktualisiert am 23.04.2025
Besucht am 12.04.2025 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 160 EUR
Im „Cuore Matto“ (= verrücktes Herz) hatten wir bereits beim ersten Besuch unser Herz verloren und wollten nun prüfen, ob diese Verliebtheit auch beim zweiten Biss bestätigt wird. Zwei Monate später stand ein besonderer Tag an, den wir dort kulinarisch angemessen ausklingen lassen wollten. 
Gleich vorweg: Es war abermals ein Genuss.
Kaum hatten wir den Barbereich betreten, wurden wir auch schon von Alessandro Arianiello begrüßt – herzlich und charmant. Er führte uns zu unserem reservierten Tisch, diesmal im gemütlicheren, überschaubaren Nebenzimmer.
Beim letzten Besuch hatten wir so kurzfristig reserviert, dass lediglich Hochtische im Barbereich frei waren – hatte auch seinen Charme, ist dort jedoch etwas betriebsamer.
Der große Hauptsaal – ein tadelloser Raum, aber wegen des Geräuschpegels eher unsere dritte Wahl.

Alessandro reichte uns Speise- und Weinkarte und nannte auch das Tagesgericht, das sein Bruder Daniele „Nello“ Arianiello mit seiner Küchenmannschaft zaubert. Auf die Frage nach einem Aperitif wurde der aktuelle Cocktail „Pornstar Martini“ empfohlen (Wodka, Vanille, Limette, Passionsfrucht, Prosecco) – der Name ein bisschen verrucht, macht umso neugieriger.
Bei der mitreißenden Schilderung der Ingredienzien konnte ich nicht widerstehen – ach ja, Alessandros Leidenschaft: Er war früher auch Barchef in einem Hotel der Region.
Der fruchtig-kühle Cocktail: ausgezeichnet. Hin und wieder mal etwas Neues für mich. Meine Partnerin hingegen blieb standhaft bei ihrem Lieblingsglas Weißwein – diesmal ein Roero Arneis – perfekt zum Kartenstudium. Das Angebot der neapolitanischen Brüder ist italienisch-mediterran, deckt ein breites Spektrum ab, bleibt jedoch angenehm überschaubar und wechselt saisonal sowie marktfrisch. 
Und wie es sich für ein Ristorante ziemt – ohne Pizza.
Als Begleiter für die folgenden Gerichte – Fisch und Geflügel – wende ich mich Norditalien zu: „Winkl“ Sauvignon Bianco Alto Adige Terlano DOC 2023. Ein Südtiroler, der sich nicht aufdrängt, aber trotzdem Eindruck hinterlässt (wurde kurze Zeit zuvor auch von einem anderen GG-Autor bevorzugt ;-). Die Weinflasche wird umgehend und stilsicher im Weinkühler am Tisch bereitgestellt.

Antipasto: „Gambas al Stampaggio“
In einer heißen Gusseisenpfanne: drei stattliche Garnelen (Black Tiger), teilweise vom Panzer, ganz vom Darm befreit, auf einigen Eismeergarnelen gebettet, mit Olivenöl, Chili, reichlich Knoblauch und einem Hauch Zitrone mariniert. Kross geröstete Weißbrotstücke saugten begierig die pikante Sauce auf und begleiteten die kurz angebratenen, im Kern noch glasigen, aromatischen Krebstiere – samt dem Saft ihrer Köpfe und den Kräutern. Geschmacklich eher Spanien oder Italien? Hauptsache mediterran.

Tagesgericht: Pollo Fino mit grünem Spargel und Bärlauch-Gnocchi als Secondo Piatto
In goldbrauner Panko-Panade, mit Kräutern und Gewürzen verfeinert, lag der ausgelöste Pollo-Oberschenkel auf gedämpften grünen Spargelstücken und in Bärlauch und Olivenöl geschwenkten, fluffigen Gnocchi – über einem Spargelcreme-Spiegel mit feinem Olivenöl. Ausgezeichnet, dass Gnocchi und Spargel das Geflügel über der Sauce praktisch schweben ließen, ohne dass die Panade vor dem Anschneiden durchweicht wurde. So blieb der krosse Panko-Effekt mit der milden Würzmischung auf beiden Seiten erhalten. Das Fleisch des Hühnerschenkels zerging – mit einem zufriedenen Blick meinerseits – auf der Zunge. Der grüne Spargel hielt sich, nicht nur als Stütze, dezent zurück, ohne sich verstecken zu müssen.

Crunchy Branzino für meine Partnerin
Ebenfalls gekrönt von Luzerne- und Rote-Bete-Sprossen kam der Wolfsbarsch optisch im entsprechenden Panko-Gewand daher – auch hier kross und zurückhaltend, um das feine Aroma des kurz und saftig gegarten Fischs zu unterstreichen und nicht zu dominieren. Das köstliche Gemüsebeet aus bissfestem Paprika, Zucchini, Karotten – in einem Hauch Olivenöl geschwenkt – wurde wertig ergänzt durch Queller und wilden Brokkoli. Der wilde Brokkoli hatte ein intensives, typisch leicht bitteres Aroma und wird vom „Keltenhof“ in Filderstadt aus Italien importiert. Die rustikalen, neuen Kartoffelspalten in der Schale lieferten die wohlschmeckende Sättigungsbeilage.
Der Service wird von Alessandro Arianiello omnipräsent und unaufdringlich freundlich geleitet. Trotz gut besuchtem Haus bleibt immer wieder etwas Zeit für Beratung und Erfahrungsaustausch. Selbst das Nachschenken des Weins klappt harmonisch – gemeinsam mit der jungen Dame im Service, die ungezwungen locker und gut gelaunt agiert. Die Chefs haben anscheinend auch ein Händchen und Herz fürs Personal.

Dolce: Torta Caprese
Die kulinarische Reise ging nach Neapel, genauer gesagt nach Capri: Der traditionelle Mandel-Schokoladenkuchen auf Himbeerspiegel. Luftiger, nussiger Teig, nicht zu süß – genau, wie ich ein Dessert bevorzuge. Einzig die neutrale Sahne empfand ich als etwas einfallslos.
Der Espresso danach – von Bristot aus Norditalien, natürlich aus der Siebträgermaschine – mit filigranen Aromen und endlich mal kein „Espresso lungo“, wie so oft nördlich der Alpen serviert. Rundet den gelungenen Abend perfekt ab. Meine geliebte Variante „Caffè Corretto“ verbietet allerdings die Heimfahrt.

Ergänzend noch einige Bemerkungen zu den Gerichten unseres ersten Besuchs, deren Bilder ich hier bereits eingestellt hatte:

Variazione di Verdure
Gegrilltes, eingelegtes und geschmortes Gemüse. Die gegrillten Melanzane aromatisch und nicht in Öl ertränkt, geröstete Paprikastreifen und Pilze, marinierte Rote Bete, Tomaten und Oliven. Nicht nur ansprechend angerichtet, sondern auch aromatisch und gekonnt zubereitet.

Tagesgericht: Carré di Vitello
Kalbskarree, vom Knochen gelöst, mit rustikalen Kartoffeln. Ebenfalls mit Luzerne- und Rote-Bete-Sprossen sowie einem Rosmarinzweig angerichtet. Der sicherlich hausgemachte Kalbsfond begleitete das herrlich kurz angebratene Kalbfleisch – à point! Von vorne bis hinten zart und feinaromatisch.

Scaloppine Vino Bianco
Kalbfleisch in feiner Weißweinsauce mit mediterranem Gemüse und rustikalen Kartoffeln. Die dünnen Kalbsschnitzel waren behutsam plattiert und korrekt gegart – das Resultat: saftig und zart, sicherlich auch aufgrund ausgezeichneter Qualität. Ebenso stimmig: die feine Kalbsfond-Sauce. Das Gemüse entspricht dem der zuvor genannten Vorspeise, obenauf Rote-Bete-Sprossen mit Blattpetersilie – sorgen für den essbaren Farbklecks.

(Für 2 Personen hatte der 1. Besuch 87 € gekostet / der 2. Aufgrund der Getränke 160 €)

Bei der Verabschiedung bedankt sich die junge Servicedame noch ausdrücklich fürs Trinkgeld – finde ich sehr angenehm, da es andernorts meist kommentarlos eingesteckt wird. Auf dem Weg zum Ausgang fiel unser Blick im Flur auf die Wandbilder, die den Umbau im Jahr 2024 zeigen. Das alte Restaurant war zwar kein Augiasstall, jedoch glich die Renovierung einer Herkulesaufgabe – vor allem mit der komplett neuen, funktionalen Kücheneinrichtung, die solche Speisenqualität zwar nicht von allein produziert, sie aber sicherlich begünstigt. Das ein oder andere Gerät hätte ich auch gern zu Hause.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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Carsten1972 und 12 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.