Besucht am 31.05.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 35 EUR
Das 3000-Seelen-Dorf Steingaden lockt zwar mit landschaftlicher Schönheit und der UNESCO-Welterbestätte Wieskirche, jedoch kaum mit verlässlicher Gastronomie. An einem Dienstagabend in der Pfingstwoche herrscht kulinarisch gesehen eher tote Hose. Die Landlady unserer Unterkunft zählt zwar vollmundig einige Lokalitäten auf, doch die scheinen alle Ruhetag zu haben (oder gar nicht mehr zu öffnen…). Aber gut: den allgemeinen Personalmangel haben wir schon durchdiskutiert. Und die vergangenen schweren Zeiten haben Spuren hinterlassen.
Als gegen 18 Uhr auch noch fieser Nieselregen einsetzt, sind wir vollends demoralisiert. Da wirkt das offene Tor des imposanten Gasthofes Post – direkt am zentralen, kopfsteingepflasterten Markplatz gelegen – sehr einladend. Mutig betrete ich die riesigen, offenbar verwaisten Hallen. Mehrere weitläufige Gasträume sind menschenleer und kaum beleuchtet. Auf mein lautes Rufen meldet sich erst einmal niemand. Im Vorraum findet offenbar ein Bücherflohmarkt statt, in einem Nebenraum werden Weine und Weinutensilien verbilligt angeboten. Während ich mich interessiert umschaue, erscheint nach einiger Zeit doch noch die Gastwirtin, allerdings etwas wortkarg und nicht sonderlich ambitioniert. Offenbar hat das Lokal geöffnet.
Wir wählen einen grossen Tisch mit umlaufenden Sitzbänken im hinteren Gastraum, der an eine weitläufige Theke grenzt und über mehrere Fenster noch diffus beleuchtet wird. Manches macht einen ganz soliden Eindruck: die rosa-weiss-karierten Tischdecken sind adrett gestärkt, auf den Sitzbänken liegen weiche Kissen aus den Seventies. Sogleich wird uns die laminierte Speisekarte gereicht und die Bestellung aufgenommen. Wir wählen das Cordon Bleu mit Pommes (15,90 Euro) und die Allgäuer Käsespätzle (11,90 Euro). Beides wird mit einem frischen Beilagensalat serviert (Blattsalat, Gurke, Tomate, Paprika und Möhrenstifte). Das sehr würzige Dressing überzeugt mit einem latenten Maggi-Unterton. Bis die Hauptgerichte den Weg zu unserem Tisch finden, vergehen noch einmal 20 Minuten, so dass wir uns unseren Getränken widmen können: ein Hefeweizen für 3,70 Euro und ein Riesenhumpen Rotweinschorle, der halbe Liter für sensationelle 3,80 Euro (dafür ist die Mischung arg dünn und könnte auch ein Johannisbeersaftschorle sein). Inzwischen haben noch eine Handvoll weiterer Gäste den Weg durch das offene Tor gefunden und wir können den beeindruckenden Einsatz der sehr schaffigen Chefin bewundern, die hier offenbar ganz alleine die riesigen Hallen bespielt und auf ihrer blossen Handfläche literweise die Getränke balanciert.
Das riesige Cordon Bleu ist hauchdünn geklopft wie ein Wiener Schnitzel, aber noch fein mit Schinken und Käse gefüllt, wie es sein muss. Die breiten, dicken Fritten wirken tatsächlich hausgemacht – werden jedoch so angeliefert, wie die Patronin offenherzig zugibt. Dass ungefragt eine Pulle Tomatenketchup dazu gestellt wird, hätte nicht sein müssen. Die grosse Portion Allgäuer Kässpätzle ist enorm sättigend und zieht herrliche Fäden. Auf die knurpseligen Röstzwiebeln aus der Packung hätte man auch hier verzichten können.
Beim Gang zur Toilette (modernisiert, gut in Schuss und sehr sauber) kommt man an einem weiteren Bücherflohmarkt vorbei und verläuft sich fast in den hinteren Räumlichkeiten. Zur Desorientierung mag auch beitragen, dass die dürftige Wandbeleuchtung nur zur Hälfte betrieben wird. Jedes zweite Leuchtmittel ist ausser Betrieb. So langsam verfestigt sich das vage Gefühl, dass sich dieses Lokal eher auf dem Abwärtstrend befindet. Nebenbei scheint noch alles vertickert zu werden, was nicht niet- und nagelfest ist. Nur unter Mühen verzichte ich auf den Kauf mehrerer verbilligter Weinflaschen und beschränke mich auf ein Bücherschnäppchen aus den üppigen Flohmarktbeständen. Ein bisschen traurig stimmt einen die hiesige Atmosphäre schon. Das Haus verfügt über beeindruckende historische Traditionen, die über viele Jahrhunderte zurückführen. Aber das Ende scheint sich abzuzeichnen.
Das 3000-Seelen-Dorf Steingaden lockt zwar mit landschaftlicher Schönheit und der UNESCO-Welterbestätte Wieskirche, jedoch kaum mit verlässlicher Gastronomie. An einem Dienstagabend in der Pfingstwoche herrscht kulinarisch gesehen eher tote Hose. Die Landlady unserer Unterkunft zählt zwar vollmundig einige Lokalitäten auf, doch die scheinen alle Ruhetag zu haben (oder gar nicht mehr zu öffnen…). Aber gut: den allgemeinen Personalmangel haben wir schon durchdiskutiert. Und die vergangenen schweren Zeiten haben Spuren hinterlassen.
Als gegen 18 Uhr auch noch fieser Nieselregen einsetzt, sind... mehr lesen
Gaststätte Zur Post
Gaststätte Zur Post€-€€€08862203Marktplatz 1, 86989 Steingaden
3.0 stars -
"Abgesang im Alpenvorland" MinitarDas 3000-Seelen-Dorf Steingaden lockt zwar mit landschaftlicher Schönheit und der UNESCO-Welterbestätte Wieskirche, jedoch kaum mit verlässlicher Gastronomie. An einem Dienstagabend in der Pfingstwoche herrscht kulinarisch gesehen eher tote Hose. Die Landlady unserer Unterkunft zählt zwar vollmundig einige Lokalitäten auf, doch die scheinen alle Ruhetag zu haben (oder gar nicht mehr zu öffnen…). Aber gut: den allgemeinen Personalmangel haben wir schon durchdiskutiert. Und die vergangenen schweren Zeiten haben Spuren hinterlassen.
Als gegen 18 Uhr auch noch fieser Nieselregen einsetzt, sind
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Als gegen 18 Uhr auch noch fieser Nieselregen einsetzt, sind wir vollends demoralisiert. Da wirkt das offene Tor des imposanten Gasthofes Post – direkt am zentralen, kopfsteingepflasterten Markplatz gelegen – sehr einladend. Mutig betrete ich die riesigen, offenbar verwaisten Hallen. Mehrere weitläufige Gasträume sind menschenleer und kaum beleuchtet. Auf mein lautes Rufen meldet sich erst einmal niemand. Im Vorraum findet offenbar ein Bücherflohmarkt statt, in einem Nebenraum werden Weine und Weinutensilien verbilligt angeboten. Während ich mich interessiert umschaue, erscheint nach einiger Zeit doch noch die Gastwirtin, allerdings etwas wortkarg und nicht sonderlich ambitioniert. Offenbar hat das Lokal geöffnet.
Wir wählen einen grossen Tisch mit umlaufenden Sitzbänken im hinteren Gastraum, der an eine weitläufige Theke grenzt und über mehrere Fenster noch diffus beleuchtet wird. Manches macht einen ganz soliden Eindruck: die rosa-weiss-karierten Tischdecken sind adrett gestärkt, auf den Sitzbänken liegen weiche Kissen aus den Seventies. Sogleich wird uns die laminierte Speisekarte gereicht und die Bestellung aufgenommen. Wir wählen das Cordon Bleu mit Pommes (15,90 Euro) und die Allgäuer Käsespätzle (11,90 Euro). Beides wird mit einem frischen Beilagensalat serviert (Blattsalat, Gurke, Tomate, Paprika und Möhrenstifte). Das sehr würzige Dressing überzeugt mit einem latenten Maggi-Unterton. Bis die Hauptgerichte den Weg zu unserem Tisch finden, vergehen noch einmal 20 Minuten, so dass wir uns unseren Getränken widmen können: ein Hefeweizen für 3,70 Euro und ein Riesenhumpen Rotweinschorle, der halbe Liter für sensationelle 3,80 Euro (dafür ist die Mischung arg dünn und könnte auch ein Johannisbeersaftschorle sein). Inzwischen haben noch eine Handvoll weiterer Gäste den Weg durch das offene Tor gefunden und wir können den beeindruckenden Einsatz der sehr schaffigen Chefin bewundern, die hier offenbar ganz alleine die riesigen Hallen bespielt und auf ihrer blossen Handfläche literweise die Getränke balanciert.
Das riesige Cordon Bleu ist hauchdünn geklopft wie ein Wiener Schnitzel, aber noch fein mit Schinken und Käse gefüllt, wie es sein muss. Die breiten, dicken Fritten wirken tatsächlich hausgemacht – werden jedoch so angeliefert, wie die Patronin offenherzig zugibt. Dass ungefragt eine Pulle Tomatenketchup dazu gestellt wird, hätte nicht sein müssen. Die grosse Portion Allgäuer Kässpätzle ist enorm sättigend und zieht herrliche Fäden. Auf die knurpseligen Röstzwiebeln aus der Packung hätte man auch hier verzichten können.
Beim Gang zur Toilette (modernisiert, gut in Schuss und sehr sauber) kommt man an einem weiteren Bücherflohmarkt vorbei und verläuft sich fast in den hinteren Räumlichkeiten. Zur Desorientierung mag auch beitragen, dass die dürftige Wandbeleuchtung nur zur Hälfte betrieben wird. Jedes zweite Leuchtmittel ist ausser Betrieb. So langsam verfestigt sich das vage Gefühl, dass sich dieses Lokal eher auf dem Abwärtstrend befindet. Nebenbei scheint noch alles vertickert zu werden, was nicht niet- und nagelfest ist. Nur unter Mühen verzichte ich auf den Kauf mehrerer verbilligter Weinflaschen und beschränke mich auf ein Bücherschnäppchen aus den üppigen Flohmarktbeständen. Ein bisschen traurig stimmt einen die hiesige Atmosphäre schon. Das Haus verfügt über beeindruckende historische Traditionen, die über viele Jahrhunderte zurückführen. Aber das Ende scheint sich abzuzeichnen.