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Zwischen Abfahrt und Ortseingang war weniger als ein Kilometer. Gleich rechts, wenn man reinkommt, lagen die Bürgerstuben, am hinteren Ende eines von Zweckbauten umstellten, gnadenlos verpflasteterten Platzes, in dessen Mitte sich brachiale Betonkunst erhob.
Sie hatten bei einem bereits sieben Jahre zurückliegenden Besuch durch einen GastroGuide zu einer Bewertung Anlass gegeben, die 2,5 mal so viele Sterne wie Zeilen aufwies. Andere, nachrangige Portale meldeten ebenfalls Erfreuliches; davon, dass ReiseBerater das gutbürgerliche Haus zu Burgerstuben umdeutete und darüber hinaus behauptete, dort gäbe es nur Abendessen, ließen wir uns nicht verwirren, auch nicht davon, dass auf der Website des Hauses die Speisekarte noch aus dem Frühjahr 2019 (oder früher) stammte, es war jedenfalls Spargelzeit.
Wir betraten einen Saal, der für eine geschlossene Gesellschaft eingedeckt war. Lauf- und sonstige Kundschaft waren deshalb im Hinterzimmer untergebracht, wo zum Glück gerade ein Tisch für uns frei geworden war. Platziert wurden wir von einer etwas gehetzt wirkenden Dame, die, so schien es uns wegen der Spuren an der Uniform, sowohl am Gast als auch am Herd tätig war. Wir bekamen fast ein schlechtes Gewissen, dass wir durch unser Verlangen nach Essen noch mehr Stress verursachten.
Auf der Karte gab es Schwäbisches und Außerschwäbisches. Zu Letzterem gehörten die Doradenfilets, die wir auf der Tageskarte fanden, in Currysauce und mit „Asiagemüse“ (21 €). Meine Frau war zufrieden, schon deshalb, weil man der Dorade sogar drei üppige und schön auf der Haut gebratene Filets von den Rippen geschnitten hatte. Diese waren adrett um eine große Brokkolirose drapiert, die, damit es des Asiatischen nicht zu viel wurde, ganz deutsch überbröselt war, aber trotzdem mit der milden Currysauce gut harmonierte. Obenauf balancierte noch eine schöne Riesengarnele.
Das Asiagemüse verdiente diese Bezeichnung wegen der frischen Sojasprossen und, zumindest dem Namen nach, wegen des Chinakohls. Und natürlich wegen der Sojasauce, mit der die Speise exotisiert worden war.
Mich hatte der schwäbische Wurstsalat angelacht (9 €). Dieser beeindruckte dann nicht nur durch seine schiere Masse, sondern auch dadurch, dass er zu einem gefühlten Drittel aus Zwiebelringen bestand. Da diese sehr dünn geschnitten waren und vorher ausreichend in Essig hatten ziehen dürfen, waren sie zwar gut genießbar, aber weil wir danach noch eine gute Stunde zusammen im Auto verbringen mussten, hatte ich sie doch, so gut es ging, aussortiert.
Es war aber nicht die Zwiebelmasse, die das Schwäbische am Wurstsalat ausmachte, sondern die Schwarzwurst, die mit reingeschnitten war, das allerdings leider nur in ganz unschwäbisch niedriger Dosierung.
Um der Wurst etwas entgegenzusetzen, hatte ich mir noch Bratkartoffeln dazubestellt (3 €), aber die waren leider ein wenig trocken geraten.
Die Personalsituation entspannte sich später, weil die freundliche und gesprächige Chefin das Servieren in die Hand nahm. Von dieser erfuhren wir zum Beispiel, dass der Saal auf eine Beerdigung wartete, die anschließend von einer verspäteten Weihnachtsfeier abgelöst werden sollte. Und um überhaupt bei ihr Abend essen zu können, sollte man besser reservieren. Der Laden scheint also richtig zu brummen; sie meinte aber auch, dass sie am Ort eigentlich keine richtige Konkurrenz hätte. Sei es, wie es sei - umso erfreulicher jedenfalls, dass trotz dieser angenehmen Situation das Preisniveau sehr vernünftig ist. So bieten die Bürgerstuben eine gute und auch schnelle Gelegenheit, dem allgegenwärtigen Grauen der Tank & Rast Gruppe zu entwischen und dabei mal richtig satt zu werden.