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GastroGuide-User: DerBorgfelder
DerBorgfelder hat Restaurant Landhaus Hadrys in 39116 Magdeburg bewertet.
vor 6 Monaten
"Das neue Landhaus überzeugt"
Verifiziert

Geschrieben am 16.10.2023 | Aktualisiert am 16.10.2023
Besucht am 26.01.2023 Besuchszeit: Abendessen 1 Personen Rechnungsbetrag: 140 EUR
Nach dem Re-Start verblüffte mich die Wirkungsstätte von Sebastian Hadrys (Küche) und seiner Partnerin Jenny Ebeling (Service) zunächst mit einem Tausch der Räumlichkeiten. Während das zum Garten gelegene, bisherige Landhaus-Restaurant nun für Gesellschaften und Veranstaltungen genutzt wird, spielt sich das tägliche Geschäft im vorderen, ehemaligen Schulungsbereich ab. Durch eine neu eingezogene, großzügige Holztreppe ist zudem das Dachgeschoss geöffnet und zu einer Lounge ausgebaut worden. Eine sicher nicht ganz billige, aber nachvollziehbare Entscheidung. Für Schulungen etc. war der bisherige vordere Raum recht klein. Und das ehemalige Restaurant hatte durch seinen Fliesenboden und die leicht barocke Wandgestaltung auf manche Gäste vielleicht eine etwas zu einschüchternde Atmosphäre.
Jetzt geht es im Hadrys rustikaler zu, hell und freundlich. Der dunkelgraue Fußboden kontrastiert gut mit dem weiß gestrichenen Stahlträger. An den Wänden ebenfalls Holzpaneele mit Lampen, die ein warmes Licht geben. 

Nur die Setzteller machen mit ihrem hübschen Muster weiterhin gute Laune.

Statt (gefühlt) steifem fine-dining jetzt Wohlfühlatmosphäre.

Dazu passt die manchmal erfrischende Ansprache von Frau Ebeling (Man kennt sich jetzt schon einige Jahre;-), die von einer ebenso selbstbewussten, aber nie ruppigen Kollegin im Service unterstützt wurde. 

Ich starte mit einem für die Jahreszeit ungewöhnlich fruchtig-leichten Aperitif „Testarossa“: 

Sekt mit Himbeere und  Zitrone und treffe dann eine ungewöhnliche Entscheidung: Weinbegleitung! 
Aber die Flaschenweine, die mir gefallen, habe ich hier schon mehrfach getrunken. Also Zeit für neue Erfahrungen! Nicht neu sind die fairen Preise: Das komplette 6-Gang-Menü kostet 65 Euro, die Begleitung im Glas 45 Euro; es wird großzügig eingeschenkt. Aufgesprudeltes Leitungswasser (Pardon: Landhauswasser!) wird immer noch mit 3,8€ berechnet.

Als Appetithappen schickt die Küche zweierlei Landhaus-Brot (frisches Baguette und das dünne Knäckebrot mit Körnern, das ich seit meinem ersten Besuch feiere) dazu Gänseschmalz, in dem Apfel und Röstzwiebeln verarbeitet sind. Köstlich!



Der erste Gang ist gleich ein Paukenschlag: Winter-Caprese!
Sahnige Burrata verbindet Sebastian Hadrys mit in Zimt eingelegter Tomate. Tolles gewürzig-fruchtiges Aroma in den Paradeisern und einem davon gezogenen Schaum. Als grüne Komponente Rucola: Aber nicht nur als Bett für weiß und rot, sondern auch als Sorbet(!) mit Ginger-Ale!
Mutig, kreativ, funktioniert gut! Auch, weil die Ingwer-Limo die sonnenreife Süße der Tomaten übernimmt. Kein Wunder, dass der Gang schneller verspeist als abgelichtet war…
Der Weißburgunder hielt ordentlich mit. 

Danach kommt „Unser Linseneintopf": Optisch eher Soljanka, da tomatisiert. Die Linsen haben noch ganz wenig Biss. Aber mutig gewürzt, so dass der geflämmte Atlantik-Lachs trotz minimaler Röstnoten untergeht. Zudem wurde der Tran nicht sauber entfernt; das mag ich nicht. 

Der Kerner im Glas dazu recht fett, aber Säure gleicht das aus. Die Restsüße passt jedenfalls.

Nach der Suppe Krustentier: Zwei Garnele gefallen geschmacklich durchaus, haben aber durch eine zu lange Flämmung außen ein ledrige Schicht bekommen. Das ist schade. Der am Tisch angegossene Sud führt durch Ingwer, Chili und Zitronengras in die asiatische Aromenwelt und ist schön scharf. Zwei als Nocke eingelegte Beilagen sind vegetarisch und saisonal-regional: 
Rote Bete in zwei Texturen ist überraschend süß und hat eine angenehme, nicht muffige Erdigkeit. Die in Schnittlauch gewälzte Ziegenkäse-Crème brachte eine gewissen Kühle, die wohl die Schärfe des Suds dämpfen sollte. Für mich wäre das gar nicht notwendig gewesen, denn so verlor der Teller Spannung. Geschmeckt hat’s trotzdem.


Nach interessierter Abfrage meiner Rotwein-Vorlieben (Nein.) reichte Frau Ebeling dazu einen sehr fruchtigen neuseeländischen Spätburgunder. War gar nicht schlimm. 

Noch war aber nicht Schluss mit Fisch: Der auf der Haut gebratene Winterkabeljau (Was auch sonst…) wurde recht bodenständig auf einer Basis von Kartoffelstampf und einer Schicht Bohnen-Potpourri aufgetürmt. Aber es sind - neben der untadeligen Produktqualität - die „kleinen“ Dinge, die gefallen: Die Fischhaut knusprig (Letztens im Canova das schlabberige Gegenteil!) und zu den Bohnen gesellten sich etwas Speck und Pilze und schon war auch Umami im Spiel. Ein Hummerschaum verband die Komponenten passabel und tat auch dem recht lange gegarten Fisch ganz gut. 
Wie häufig nicht ganz das Niveau der Vorspeisen, aber schon ein geradliniges, sehr gutes Winter-Gericht.

Ich hatte mir nochmals Weißburgunder gewünscht und diesmal kam etwas Gereifteres, das mich wieder in meine kleine Weißwein-Blase (That’s for you, folks!) zurück lullte. 

Genau mit dem letzten Gang erschien eine langjährige Freundin (Kennengelernt im Türkei-Urlaub - EM 1988 - Rijkaard, das Lama!), die auf meinem Anruf mal eben von der anderen Elbseite gesprintet war. Nach zwei Jahren Corona-Pause gab es viel zu erzählen, so dass der perfekt rosa gebratene Rehrücken mit Pflaume und Sellerie-Texturen etwas in den Hintergrund trat. Ich weiß nur noch, dass das Fleisch wunderbar und eine angebratene Scheibe der Knolle (wie häufig) noch sehr „al dente“ war… 


Und, dass der Spätburgunder von der Ahr (Us de Lameng 2019) natürlich prima matchte.

Und dann nur noch etwas Süßes 

zum Abschluss dieses rundum erfreulichen Abends im neuen Landhaus! Die Fahrt aus der Innenstadt lohnt. 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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