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GastroGuide-User: kgsbus
kgsbus hat Restaurant im Waldhotel Sonnora in 54518 Dreis bewertet.
vor 8 Jahren
"Unser Schlaraffenland – Dreis Teil 1"
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Geschrieben am 21.05.2016 | Aktualisiert am 21.05.2016
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Besucht am 18.05.2016 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 481 EUR
1982 verlieh der Guide Michelin dem „Waldhotel Sonnora“ den ersten Stern, 1991 folgte der zweite und seit 1999 wird Thieltges' Küche regelmäßig mit drei Etoiles bewertet - seit 1978 kocht er im familieneigenen Hotel.
 
Der Gault-Millau zeichnete den Meister 1998 als „Koch des Jahres“ aus und bewertet das „Waldhotel Sonnora“ regelmäßig mit 4 Hauben und der am höchsten vergebenen Punktzahl (19,5/20 Punkten).
 
Der Thieltges-Küche wird fast ausnahmslos von allen Seiten hohe Kochkunst attestiert.
 
Ein von mir geschätzter Gourmetkritiker aus dem Internet (Mohnkalb) brachte es für mich genau auf den Punkt. „Um sich für seine Küche zu begeistern, gibt es zwei Wege: Pure Freude an klassischen Gerichten oder den Fokus auf die unstrittigen Stärken des Hauses wie großartige Edelprodukte, perfekte Saucenkunst und klare Strukturen richten. - Sonst wird man unzufrieden sein.“ Denn einige Foren vermissen eine Weiterentwicklung seiner klassischen Küche und beklagen dies wortreich.
 

 
Nach unserem ersten Besuch im Jahre 2011 war für uns sofort klar, dass wir hier immer wieder gerne essen möchten.
Wir kommen ins Sonnora, weil wie grenzenlos genießen wollen und vergnügen uns den ganzen Abend einfach nur am Menü: Uns hat Helmut Thieltges gefangen und verzaubert.
 
Das könnten nun andere Genießer anprangern und mir fehlende Objektivität unterstellen. Sie haben wahrscheinlich sogar Recht damit.
Aber ich esse nicht für andere, sondern für mich. Konrad Adenauer bemerkte einmal zu diesem Aspekt: „Ich bin wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich.“


Außerdem ist GastroGuide kein Gourmetführer, der Restaurants testet, sondern ein Ort, um eigene persönliche Eindrücke zu schildern und sich mit anderen Genießern auszutauschen.
 
Ambiente
 
Um die ganze Ausstrahlung und Besonderheit einordnen zu können, muss man wissen, dass das Haus fast unauffällig, still und leise über fast 40 Jahre aus dem kleinen Hotel seiner Eltern heraus zu einer kulinarischen Institution gewachsen ist. Vincenz Thieltges (heute fast 90 Jahre alt) gestaltete das Hotel und das Gelände. Sogar eine kleine Marienkapelle und ein großes Wegekreuz gehören dazu.
 

 
Aus eigener Überzeugung oder aus Ehrfurcht vor den Leistungen von Mutter und Vater  sind Außenanlage und Inneneinrichtung relativ pompös geblieben bzw. geworden und können leicht dekadent wirken: Im Garten stehen zum Beispiel klassische Statuen aufgereiht oder auf der Restaurant-Toilette prangt ein als Schwan geformter Wasserhahn imposant in den Raum (bei den Damen sogar zwei). Überall im Haus sind viel Messing und Goldfarben verwendet.
 
Doch die Tische, die einen angenehmen Abstand untereinander haben, sind in schlichtem Weiß bei Decken und Servietten gehalten. Auch der Schmuck dort ist mit einer dezenten Blumendekoration nicht zu üppig in meinen Augen ausgefallen.
Die Sessel weisen einen hohen Sitzkomfort auf und haben Armlehnen.
 
Wasserhahn
 
Für uns wirkt das alles eigentlich in sich stimmig. Der Gastraum verbreitet Gemütlichkeit aber auch eine besondere Pracht.
 
Service
 
Die Patronin Ulrike Thieltges strahlt eine große Herzlichkeit aus. Sie ist die „Seele“ des Hauses. Daher hat es mich auch erfreut, dass sie 2015 den Preis für Gastlichkeit (ECKART 2015 für Lebenskultur) erhalten hat. Wie eine Dirigentin führt sie ihr Team an.  Guter Service fällt meist weniger auf als missglückter. Hier läuft alles zügig, flüssig aber nie hektisch oder lahm ab. Beim Eindecken und Ausheben wird dies gut deutlich. Getränke werden rechtzeitig bereitgestellt. Die Servicekräfte unterstützen sich gegenseitig: Hier geht keiner mit leeren Händen umher.
Stefan Vossberg, der einzige Mann im Team, arbeitet schon viele Jahre hier und ist damit ein Beispiel für Kontinuität im  Haus – wobei junge Kellner*innen durchaus Erfahrungen in vielen Häusern sammeln sollten, um perfekt zu werden.
Die Sommeliere Magdalena Brandstätter (seit 2008 im Haus) erhielt einige   Auszeichnungen (u. a. Schlemmer-Atlas und Gault Millau als Sommelier des Jahres 2012) für ihre Leistungen. Gerne vertraue ich auf ihre Empfehlungen.
 
Vom gesamten Service-Team fühlen wir uns aufmerksam verwöhnt und umsorgt. Hier muss man nicht „Stammgast“ sein, um beachtet zu werden.
 
Obwohl Chef Helmut Thieltes ständig in seinem Haus anwesend ist, verlässt er die Küche kaum und bleibt für seine Gäste daher eher unsichtbar. Mir fehlt ein Rundgang durchs Restaurant, den manche Köche so zelebrieren, aber auch gar nicht.
Bei unserer Abreise begegnete er uns zufällig auf dem Gang. Hier ließ er es sich nicht nehmen, mit uns über seine Arbeit zu sprechen.


Die Karte(n) 
 
Einzelgerichte zwei DIN A 4 Seiten; ein Menü in fünf oder sieben Gängen (eine Seite); Getränke- und Weinangebote (ein Buch).
 
Die verkosteten Speisen 
 
Wir entschieden uns für sechs Gänge aus dem Tages-Menü, denn das Kalbsbries wollten wir nicht missen, und haben nur den Käsegang weggelassen. Bei den Getränken habe ich mich gerne auf die glasweise Begleitung der Sommeliere verlassen. Da man von jedem Vorschlag einen Probeschluck erhält, ist das für mich die perfekte Lösung (Gäste, die lieber selber wählen oder einen anderen Wunsch äußern, werden entsprechend versorgt; eine Diskussion über die ideale Begleitung entfällt: der Kunde ist König).
 
Grüße aus der Küche
 
Gruß Vichysoise
 
Der erste Gruß: Creme Vichyssoise mit Oxtail-Gelee und Räucheraal
 
Die Grundlage ist eine kalte gebundene Gemüsesuppe aus den Grundzutaten Lauch, Kartoffeln und Sahne, die zu einer homogenen Creme veredelt werden. Das Gelee wird wohl unter anderem aus Ochsenschwanzknochen erzeugt. Der Räucheraal spricht für sich. Das Ganze wurde von Kaviar bekrönt. Eine angenehme Einleitung in das Abendessen.
 
Der zweite Gruß gliederte sich in drei Teile:
 
Auster
 
Gillardeau-Auster mit Holunderblütenessig und Minze
 
Diese Zuchtauster hat den Ruf zu den besten ihrer Art zu gehören. Für mich ist es eine Freude sie hier serviert zu bekommen. Ich glaube, dass ich gar nicht der Austerntyp schlechthin bin. -  Aber die Zubereitung im Sonnora, lässt mich begeistert sein. Neben der Qualität ist es wohl die Zusammenstellung der Vinaigrette aus kräftigen Kräutern und edlem Essig.

Thunfisch

Cannelloni vom Thunfischtatar auf Rösti
 
Rohen Thunfisch habe ich über die Jahre immer mehr zu schätzen gelernt. In Verbindung mit Rösti, mehreren geschmackvollen Cremes und Lachs-Kaviar ein köstlicher Happen, den ich mit Vergnügen auf der Zunge zergehen ließ.
 
Gruß Fischpraline
 
Gebackene Edelfischpraline auf Mango-Chutney
 
Das dritte Mini-Gericht hat mir sogar besonders gefallen. Die gebackene Praline war mit reichlich Kartoffelstroh umhüllt (ich merke kein bisschen Fett). Es knistert kross im Mund. Das Mango-Chutney, in die ich ein Stückchen tunke, gibt mir dazu fruchtig pikante Noten als Abrundung.
 
Das Menü
 
Gänseleber
 
Pavée von Perigord-Gänsestopfleber mit Aprikose und Gewürzgelee
 
Ich bin ein Fan von Leber aller Art. Daher mundet mir dieser Gang besonders. Die Zubereitung war perfekt. Schon der Anblick des Tellers war großartig – und der Geschmack stand in nichts nach. Die Beilagen komplettierten den Genuss.
 
Hummer
 
Medaillons vom bretonischen Hummer auf Risotto von grünem und weißem Spargel in Holunderblüten-Nage
 
Ich habe in diesem Jahr schon recht guten Hummer verspeisen dürfen, aber diese ausgewählten Stücke des Krustentieres haben doch alles in den Schatten gestellt. Und damit nicht genug; denn der Risotto war für mich Weltklasse. Immer wieder wird diskutiert, wie der Reis sein soll – mir ist das egal: Für mich muss er so schmecken wie hier. Die Sauce ist herrlich cremig und aromatisch und umhüllt das Risotto, aber das Korn hat noch eine angenehm feste Konsistenz im Inneren.
Die Spargelstangen sind ebenfalls optimal im Garpunkt: nicht roh und nicht weich, sondern richtig.
 
Bries
 
Kross gebratene Medaillons vom Kalbsbries mit Maccaroni-Charlotte und Pfifferlingen uns Sauce Perigourdine
 
Damit nicht genug: Jetzt folgte das Bries (welch ein Glück, dass wir diesen Gang auch bestellt haben – eigentlich schaffen wir im Sonnora nur fünf Gänge und lassen zwei aus. Auch der Käse ist hier gut gereift und wird in einem fahrbaren Klimaschrank zum Gast gefahren – wir nennen das Gerät scherzhaft „Inkubator“).
Wir haben schon in vielen Restaurants Bries verkostet und auch fast immer gute Ergebnisse erhalten. Aber besser ist der Feind von gut. Hier sind die gebratenen Medaillons einfach unvergleichlich für mich (ich bin noch nicht überall gewesen und daher gibt es sicher auch in anderen Gasthäusern beste Varianten). Die Röstaromen und die Zartheit überzeugen mich. Aber selbst das ist nicht der einzige Pluspunkt auf dem Teller. Die Charlotte aus der italienischen Teigware ist ein Ganzstück. Die Füllung mit den Pilzen und der Sauce ist der Hammer. Eine Demi-Glacé wird mit Trüffelstückchen verfeinert. Gelegentlich habe ich Trüffel als Teil eines Gerichtes serviert bekommen; oft war ich enttäuscht, weil ich den typischen Geschmack oder den unvergleichlichen Duft vermisst habe. In dieser Sauce habe ich die Aromatik aber gefunden. Jeder kleine Bissen hat meinen Gaumen erfreut.
 
Seezunge
 
Seezungenfilet „Petit Bateau“ auf glaciertem belgischen Chicorée mit Passionsfrucht-Beurre-Blanc
 
Jeden Morgen kommt aus Luxemburg eine Fischlieferung fang-frisch ins Haus. Die Qualität der Seezunge ist damit gesichert. Wenn ein Filet auf der Haut gebraten wird, trifft das meinen Geschmack voll (ich mag auch andere Zubereitungsarten, aber etwas Krosses schätze ich besonders). Die Form des Schnittes wird wohl der Namensgeber des Gerichts sein („kleines Boot“). Chicorée habe ich lange wegen seiner Bitternoten vernachlässigt; aber seit einiger Zeit haben mir viele Koche gezeigt, dass dies nicht sein muss. Das Gemüse hat seither stark bei mir an Ansehen gewonnen. Dass er hier perfekt verarbeitet war, brauche ich nicht mehr hervorheben. Und dann die nächste Sauce! Die klassische helle Variante mit Passionsfruchtgeschmack war prächtig. Gut, dass hier immer ein Gourmetlöffel eingedeckt wird – und etwas Brot liegt auch stets bereit. So kann ich jede Fit­zel­chen aufnehmen.
 
Reh
 
Eifeler Rehrücken mit karamellisierten Macadamia Nüssen auf Rouennaiser Sauce mit Dörrobstconfit und Spitzkohl
 
Rehfleisch ist schon an sich etwas ganz Feines. Die Stücke waren würzig und saftig ohne Ende. Der Nusskaramell war ein Gedicht – und dazu eine Jus, die herrlich abrundete. Es handelt sich hier um eine klassische Sauce, von der jedoch verschiedene Zubereitungsarten bekannt sind. Das Rezept stammt ursprünglich aus der Stadt Rouen aus der Zeit um 1900 oder früher sogar. Sie hat zu Recht ein Platz in den Geschichtsbüchern der Kochkunst erhalten und es ist gut, das Verfahren zu erhalten. Es werden Schalotten, Gemüse, Butter, Wein und Fleischfond aufwendig verarbeitet. Beim Verzehr weiß ich sofort wieder, warum ich die klassische Küche so toll finde.
Auf dem Confit befand sich eine helle Kugel, in der Gries verarbeitet war. Schon bei anderen Gerichten ist mir aufgefallen, dass die Zutat Gries nicht zu meinen Lieblingen gehört. Ich habe sie probiert und mehr muss ich nicht sagen. Zusammen mit den fruchtigen Noten des Dörrobstes eine interessante Erfahrung. Daneben war ein kleiner Zylinder au dem Spitzkohl angerichtet. Und dieses Gemüse gehört zu meinen absoluten Favoriten und auch heute war es wunderbar verarbeitet. Davon hätte ich auch noch mehr verkostet. Als letztes möchte ich noch die Blutwurstmischung in frittiertem  Filo- oder Yufkateig nennen: köstlich.

geeister Kaffee Arabica
 
Geeister Kaffee Arabica mit Kakaobohneneis und Vanilleschaum
 
Als Vor-Dessert erhalten wir noch diese Köstlichkeit. Die große Eiskugel befindet sich in reichlich Vanilleschaum. Darüber eine leichte Rolle aus Zucker und Nüssen. Das erfrische die Geschmackssinne und stellte sie auf den letzten Gang ein.
 
Delice von Erdbeer und Rhabarber
 
Delice von Erdbeere und Rhabarber mit Grand Cru Schokolade, Erdbeersorbet und Topfeneis
 
Vielleicht waren die vorherigen Gänge einfach zu prächtig oder unsere Erwartungen zu hoch – jedenfalls war diese Komposition einfach gut im Geschmack, aber sie hat uns nicht begeistert. Jede Komponente war aber schmackhaft. Das Besondere aber haben wir nicht gefunden.
 
Petit
 
Petit Fours
 
Wie gut, dass das eben noch nicht das Ende war. Eine Etagere mit recht unterschiedlichen kleinen Köstlichkeiten wurde uns gereicht. Dazu noch einen kräftigen Espresso. Im Sonnora wird zum Kaffee auch nochmals ein abschließendes Törtchen serviert.
Ende gut alles gut.
Ein herzlicher Abschied und Gute-Nacht-Wünsche begleiten uns auf dem Weg zu unserem Zimmer.
 
Getränke 
 
Gerolsteiner 9,50 €
Monin Bitter 8,00 €
Hausaperitif 10,00 €
 
Glasweine Weinbegleitung (9,00 bis 14,50 pro 0,1l)
 
Rebholz, Pfalz - Sauvignon Blanc 2012
Christoffel, Mosel – Ürziger Würzgarten Riesling Auslese 2003
Stahl, Franken – Silvaner trocken 2011
Kühn, Rheingau – Mittelheim St. Nikolaus Riesling trocken 2007
Clos Naudin, Loire – Vouvray demi sec 2011
Huber, Baden – Spätburgunder « R » 2003
Prüm, Mosel – Bernkastler Badstube Riesling Auslese 2007
 
Alle Weine waren gute Begleiter der jeweiligen Gerichte. Bemerken möchte ich nur etwas zum „Kühn“ Riesling. Als er mir ins Glas geschenkt wurde, war ich etwas „verwundert“ über den Geschmack. Er war für mich gewöhungsbedürftig. Aber Frau Brandstätter beruhigte mich: Der Winzer macht eigenwillige Weine, aber zum Bries würde es passen. Dieser Vorhersage konnte ich mich dann beim Essen voll anschließen und war froh diesen Wein verkosten zu können, denn er „passte“ vorzüglich.
 
Fazit
 
5 – unbedingt wieder – schon morgen (Teil 2)
 
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder – nach „Kuechenreise“)
 
Datum des Besuchs: 18. Mai 2016 – zwei Personen - abends
 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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