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GastroGuide-User: Ehemalige User
Ehemalige User hat Restaurant Hubertushof in 76831 Ilbesheim bei Landau in der Pfalz bewertet.
vor 10 Jahren
"Junge Regionalküche auf Top-Niveau mit Weinen, die begeistern!"
Verifiziert

Geschrieben am 06.04.2015 | Aktualisiert am 07.04.2015
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Restaurant Hubertushof
Besucht am 26.03.2015
Um es gleich vorweg zu nehmen: diese Bewertung ist nicht auf der Basis einer singulären Einkehr entstanden. Seit der Eröffnung vor gut einem Jahr, besuche ich dieses Restaurant in regelmäßigen Abständen und schätze sowohl den Küchenstil, den tollen Service und auch das hervorragende Weinangebot dieses Kleinods Pfälzer Kulinarik und Gastlichkeit. Bei meinem letzten Besuch Ende März war ich erstmals zum Mittagessen im Hubertushof. Diese Möglichkeit gibt es von Donnerstag bis Samstag. Neben einer verkleinerten Standardkarte wird hier ein dreigängiges Mittagsmenü mit sensationellem Preis-Leistungs-Verhältnis (20 Euro!) angeboten.


Der Weinort Ilbesheim bei Landau ist seit dem Einzug des Pfälzer Gastronomenpaars Bernhard / Sitter ins denkmalgeschützte Gemäuer des St. Hubertushofs (Name des Gebäudes, Anm.) um eine kulinarische Entdeckung reicher geworden. Die Wurzeln des historischen Gasthauses reichen bis ins 17. Jahrhundert. Damals – noch zu Vaubans Zeiten – diente das Fränkische Gehöft als Postkutschenstation für hungrige und durstige Überbringer geschriebener Worte. Über 300 Jahre mehr oder weniger deftige Küche hat das Gasthaus nun schon im Gemäuer – eine beachtliche Gastro-Historie also. Und dass man dort gemütlich sitzt, war auch schon vor seiner „Renaissance“ im April 2014 vielen Pfalzbesuchern kein Geheimnis.

Nun hat das neue Betreiberpaar den Gasthof im Ortskern konzeptionell neu ausgerichtet. Gesellige Weintradition trifft hier auf fantasievoll-kreative Regionalküche, bei der Chefkoch Jochen Sitter und Serviceleiterin Sandra Bernhard ihre über 10jährige Gastro-Erfahrung in der Südpfalz gekonnt in die Waagschale werfen. Nach ihren „Pfälzer Wanderjahren“ mit (Durchgangs-)Stationen in Herxheim, Hainfeld und Birkweiler hat sie nun der Weg nach Ilbesheim geführt, wo Sitter/Bernhard unterhalb der Kleinen Kalmit zu großer Form auflaufen. „Alles auf Anfang!“ – getreu diesem Motto wird hier seit nunmehr einem Jahr mit viel Schwung, Engagement und Kompetenz Leckeres aufgetischt und Edles in Gläser geschenkt.

Einen einladenden Eindruck macht bereits der sehr geschmackvoll dekorierte, warm beleuchtete Eingangsbereich. Ist das antike Holztor zum Winzerhof erst einmal passiert, empfängt einen drinnen die pure Pfälzer Gastlichkeit in Form einer aus dunklem Holz gefertigten Theke. Freiliegende Balken an der Decke und rustikale Holzdiehlen am Boden setzen die geschichtsträchtigen Gasträume stilvoll in Szene. Die warme Beleuchtung der weißverputzten Wände und Sandsteinfassaden, versprüht eine schlicht-moderne Ästhetik, die sich in der geradlinigen Eindeckung der Tische wiederfindet. Das klassische Weiß der Tischdecken wirkt dabei kontrastierend zu den gepolsterten Stühlen in dunkler Lederoptik. Dies lässt klare Konturen erkennen – immer ein sicheres Indiz für guten Geschmack. Der hängt übrigens in Kreide geschrieben, in Form einer großen Schiefertafel mit wechselnden Tagesgerichten über den Köpfen der Gäste.

Ein lauschiges Fleckchen Pfalz-Heimat, das mit seinem leckeren Essen und den dazu passenden Weinen (mit klarem regionalen Schwerpunkt!!!) auf ein bunt gemischtes Publikum wartet. Das setzt sich im Gros aus jungen Weinfreunden, erfahrenen Pfalz-Genießern und langjährigen Anhängern der Küche von Maître Sitter zusammen. Der hohe prozentuale Anteil an „Wiederholungstätern“ unter den Gästen spricht diesbezüglich eine klare Sprache. Nur eines wird man hier vergeblich suchen: Affektiertheit. Und das ist auch gut so! Man kann also ruhig den Schlips oder die Krawatte im Wagen lassen und stattdessen die ungezwungene Atmosphäre in einem der romantischsten Winzerhöfe der Pfalz locker genießen. Dazu passt der unaufgeregt agierende Service. Er ist leger und doch professionell, bleibt dabei stets entspannt, höflich und aufmerksam. Seine Wein- und Speisenberatung zeugt von Kompetenz. Bei der großen Auswahl an Flaschenweinen, die es im Hubertushof zu entdecken gibt bzw. gilt, eine Aufgabe, die man souverän meistert.

Die normale Speisenkarte, auf der sich Klassiker, wie die gebratene Blutwurst mit Walnusskrokant mit frischem Meerrettich, marinierten Linsen und Gewürzapfelchutney (16,50 Euro), das geschmorte Lammhäxel mit Grünspargel, geräucherten Tomaten und Polenta (24 Euro) oder die Rinderbäckchen in Spätburgundersauce und Kartoffelgratin (18,50 Euro) befinden, lässt einem schon das Wasser im Mund zusammenlaufen. Für den kleineren Hunger findet man hier auch eine überschaubare Auswahl an Tapas, wie etwa Datteln im Speckmantel (6,50 Euro) oder frittierte Ährenfische (8,50 Euro) mit hausgemachter Aioli, bereit. Die werden gerne auch zum Aperitif oder als Snack zum letzten Wein des Tages bestellt.

Die bereits erwähnte „Zusatzkarte von der Wand“ steht auch in Form eines schmalen Kartenstreifens auf einem originellen Klemmbrett zur Verfügung. Dabei setzt man ganz auf exquisite Überschaubarkeit und hat das bewährte Konzept aus vergangenen Zeiten erfolgreich übernommen. Eine knappe Handvoll Vorspeisen und Hauptgerichte sowie ein Tagesdessert – alles mit dem gewissen Etwas zubereitet und mit stark ausgeprägten saisonalen sowie regionalen Akzenten versehen – sorgt für überraschende Geschmackserlebnisse. Der Abwechslung wird mit dieser „Schiefertafel“ mehr als Genüge getan. So passen zum Beispiel der gegrillte Pulpo mit Oliven und Stangensellerie (13 Euro), der mit Wodka gebeizte Lachs (11,50 Euro) oder die Lammkoteletts mit Taboulé an Minzjoghurt (13,50 Euro) perfekt zur Einstimmung auf – hoffentlich bald kommende – wärmere Tage. Die Raviolo vom Pfälzer Reh mit frischen Pfifferlingen (17 Euro, gibt es auch als Vorspeisenvariante für 11 Euro), der gratinierte Spargelcrepe mit Balsamicopilzen (16,50 Euro) und das Seehechtfilet auf mediterranem Gemüse und Bärlauch-Kartoffelpüree (21 Euro) stehen beispielhaft für die einfallsreich gekochte, regional inspirierte Fusion-Cuisine made by Jochen Sitter. Ebenfalls ein echter Hingucker auf dem Teller: der „Rindertatar-Bausatz“ zum Selbermachen. Vorher vielleicht noch eine hausgemachte Bowle mit leckerem Winzer-Sekt oder einen eisgekühlten Crodino-Secco zum Aperitif, da lässt es sich gut starten.

Nach dem hausgebackenen(!!!) Brot mit Olivendipp, dessen fluffig-krosse Konsistenz zum Reinbeißen förmlich einlud, kam letzten Sommer ein Süppchen, das mich quer durch den Pfälzer Gemüsegarten führte. Ob in diesem auch einige Suppenknochen „vergraben“ waren, wusste wohl nur der Chefkoch selbst. Auf jeden Fall keine gewöhnliche Brühe, schon gar nicht püriert oder mit Sahne abgebunden. Eher eine verdammt leckere Pfalz-Minestrone, die mit geröstetem Tomatenbrot und Pesto sowie würzigen Parmesanspänen (6,50 Euro) gereicht wurde. Der pure Gemüseextrakt. Das damals bestellte Rib-Eye-Steak stammte vom irischen Angus Rind. Ich erinnere mich noch genau daran. Es war perfekt medium gebraten und von einer hervorragenden Fleischqualität. Super saftig und sehr lecker im Geschmack. Das umgebende Fettgewebe sowie das Fettauge in der Mitte sorgten bei diesem Stück aus der Hochrippe für einen Steakgenuss für Fortgeschrittene. Nichts für Magerfleischjunkies und Filetfetischisten. Serviert wurde dieses Prachtstück mit selbstgemachter Kräuterbutter und Ofenkartöffelchen. Ein Vorspeisensalat war ebenfalls inklusive. Für 23,50 Euro ein überaus preiswerter Hauptgang von der Empfehlungstafel.

Von ihr wählte ich auch bei meinem letzten Besuch Ende März die bereits erwähnten Lammkoteletts. Sie kamen mit fein abgeschmeckter Bulgur-Taboulé und einem erfrischenden Minzjoghurt auf den Teller. Kleine Granatapfelkörner sorgten für die passende Süße. Eine echte „Vorspeisenfahrt im Orient-Express“ quer durch die Pfälzer Weinberge, die von einer Flasche 2012er „Les Frères“ (Cabernet Sauvignon-Merlot-Cuveé, 36 Euro) von Youngster Johannes Jülg aus Schweigen perfekt begleitet wurde. Ein Hammer-Wein! Wie so viele, die sich auf der wohl durchdachten Weinkarte Pfälzer Prägung befinden.

Schön, dass im Hubertushof neben vielen bekannten Weingütern, wie etwa Bassermann-Jordan, Dr. Wehrheim und Knipser, auch die jungen „Wilden“ aus der Südpfalz nicht zu kurz kommen. Denn auch Kleinmann (Birkweiler), Bietighöfer (Mühlhofen) und Ackermann (Ilbesheim) sind auf der Karte vertreten. Mit Boris Kranz, Sven Leiner und Frank Ackermann hat man ja schließlich drei ausgesprochen innovative Jungwinzer direkt vor Ort. Und etwas Lokalkolorit darf an dieser Stelle nicht fehlen. Die gebotenen Qualitäten sprechen da klar für sich.

Ich freue mich jetzt schon auf meinen nächsten Besuch im „Hubi-Hof“. Dann darf es auch ruhig mal wieder ein dreigängiges Überraschungsmenü für 28 Euro sein. Das gibt es allerdings nur Mittwoch- bzw. Donnerstagabend. Ansonsten gilt für alle Abende dringende Reservierungspflicht, da die wenigen Plätze sehr begehrt sind.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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