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Wahrscheinlich bin ich an dem unscheinbaren Eck-Imbiss schon tausendmal vorbeigefahren ohne von ihm Notiz zu nehmen.
Außenansicht
Liegt der Laden doch genau da, wo sich der Pfälzer von den letzten ihn umgebenden urbanen Resten der Fächerstadt befreien möchte und sich - schon die Südtangente vor Augen - der linksrheinischen Heimat entgegensehnt. Dass mir nicht schon früher die „geflügelten“ Worte „Döner“(über dem linken Fenster) und „Kebap“ (über dem rechten) ins Auge sprangen, lag in keinster Weise am äußeren Erscheinungsbild des Lokals. Nein, dieses wirkte sehr gepflegt, was sich beim Betreten des Gastraumes noch bestätigen sollte.
Das renovierte Innere
Genusskollege Oparazzo hat ja schon in seiner Überschrift auf die umfassende, in der Tat recht farbenfrohe Renovierung des Ladens hingewiesen. Auch mir sagte das Interieur zu. Gleich links vom Eingang befand sich die Take-Away-Theke mit gut gefüllten Edelstahlboxen, in denen das Grünzeug und die Saucen ihrer Verwendung harrten. Dahinter, wie aus dem Lehrbuch für Dönerthekenlogistik – in Berlin-Neukölln gibt es bestimmt einen eigens dafür eingerichteten Lehrstuhl – zur Linken die Teigausrollmaschine für die Yufka-Fladen und rechts davon die Drehspieß-Apparatur, die allgemein unter dem Namen Dönergrill firmiert.
Dönertheke Royal
Da wirkte alles blitzblank gescheuert, fast schon ein wenig steril. Eine solche Sauberkeit war mir in Etablissements mit türkischer Schnellküche noch nicht so oft vorgekommen. Über dem Thekenbereich thronte das Speisenangebot des seit 1997 in Karlsruhe ansässigen Ladens. Die Geschichte mit dem Brand im Jahre 2018 hatte ich dem Bericht des Kollegen entnommen. Diesbezüglich kann man vor den Inhabern des Aroma-Restaurants nur den Hut ziehen. Die haben da bestimmt sehr viel Arbeit hineingesteckt, um ihre Grillschenke wieder flott zu machen. Ist ihnen gut gelungen.
Als ich zur Mittagszeit dort eintraf, glänzte mein Döner-Date noch mit Abwesenheit. Im hinteren Bereich des mit wertigem Bistromobiliar, abgehängter Decke (Schallschutz), Laminatboden in Holzoptik, ringsum verlaufender, gut gepolsterter Wandbank sowie einer fast schon zeitlos wirkenden Wandverkleidung aus dunklem und hellem Holz auf sich aufmerksam machenden Gastraumes war noch kein Tisch besetzt.
...ist ganz hübsch geworden!
Ich machte es mir bequem, schoss erste Fotos vom Innenleben und hatte sowohl den zwischen Theke und Toilettentür platzierten, halbkugelförmigen Gasofen im Blick als auch die Eingangstür, neben welcher mittlerweile ein paar Leute am Stehtisch auf ihr Essen warteten.
Vom Grandseigneur aus der württembergischen Kurstadt an der Alb war da noch keine Spur. Die Herren im vorderen Bereich unterhielten sich lautstark. Einzelne Wortfetzen verrieten, dass einer von ihnen wohl Bauingenieur im Außendienst war. Seine Zeit in der arabischen Hafenstadt Dschidda beschrieb er nämlich lauthals und ausgiebig. Ich dagegen tauchte innerlich ab, wollte das banale Alltagstreiben hinter mir lassen und freute mich wie nach dem erfolgreichen Drücken der F5-Taste am Rechner als der Bonvivant aus dem Nordschwarzwald endlich zur Tür hereinkam.
Der Herrenalber Herrenreiter musste wohl noch seinen Schimmel, auf dem er die letzten Kilometer zum Lokal im gestreckten Galopp zurückgelegt hatte, verkehrsgerecht vor der Grillstätte seines Vertrauens anleinen. Er sah ein wenig zerzaust aus, gerade so als wäre er nach langer Zeit mal wieder an die frische Luft gekommen. Kein Wunder, sitzt der Mann doch nächtelang an seinen wortgewaltigen Pamphleten, mit denen er unsere Community bereichert. Warum er seinen Profilnamen nicht in „carpe noctem 1890“ umwandelt, ist selbst mir schleierhaft.
Die reich bebilderten Speisehefte in Spiralbindung wurden uns von einer jungen Dame an den Tisch gebracht. Es war früh am Tag. Mein Tischgenosse versuchte mit einem Glas Ayran die Geschmackssensoren seines Darmes zu justieren. Mit einem Mineralwasser versuchte ich krampfhaft auf klare Gedanken zu kommen.
„Dürüm, Dürum!“ riss es mich mit selbstauferlegter „Grillkür“ aus den Fängen des manipulierten Geschmacks. Der „Mesiter“ des fachmännisch fotografierten Tellergerichts bestellte nonchalant einen Iskender Döner, ja sapperlot! Dem nicht genug. Einen grünen Salat wollte der staatlich geprüfte Sommerrollendrapierer zudem noch sein Eigen nennen.
Grüner Beilagensalat
Ich gab mich mittelfristig beeindruckt und zog nach. Auf meinem Ass im Aromenärmel stand in erhabenen Lettern „Karisik Izgara“, was auf der Speisekarte mit „Gemischter Grillteller“ übersetzt wurde. Die 17,50 Euro waren mir die Empfehlung meines Gegenübers wert.
Die Zeit bis zur Speisung verging wie im Flug, wurde doch seit unserem ersten Treffen im Thai-Orchid beiderseits viel Köstliches verspeist, das in der Retrospektive noch einmal durchlebt werden wollte. Aber auch jenseits des kulinarischen Horizonts ging es thematisch munter weiter. Wenn die Chemie stimmt, laufen die Gespräche von ganz alleine – kennt man ja.
Der prachtvolle, in Süffigkeit erstarrte Dönerteller meines Tischkollegen war flächendeckend mit Joghurt- und Tomatensauce begossen.
That was the great Iskeeeendöör!
Der frisch abgesäbelte Fleischberg machte Eindruck, wurde aber von meiner Grillplatte optisch und auch mengenmäßig locker übertrumpft. Auf jenem hatten zwei saftige Lammkoteletts, ein stattlicher Adana-Spieß (ebenfalls aus Lammhack) sowie ein weiterer, hervorragend gegrillter Spießgeselle vom Jungschaf die Fleischhoheit inne.
Lamm satt
Das Ganze war auf dünne Yufka-Pappe gebettet. Im Basement des Porzellans hatte sich eine schöne Schicht Bulgur verkrümelt.
Karisik Izgara
Hinter den wohlgerösteten Protagonisten vom Aroma-Grill ging es deutlich vegetabiler zu. Ein paar Blätter Lollo Rosso, diverse Tomatenschnitze, dünne Paprikascheiben, eine Handvoll Mais und ein wenig Gurken rangen nach Aufmerksamkeit, die ihnen die üppig darauf verteilte, latent knoblierte Joghurt-Sauce anscheinend verwehren wollte. Dem nicht genug, ein Tarngestrüpp aus Glattpetersilie sorgte für eine perfide Grünzeug-Camouflage auf dem Teller. Wollte man mich um den letzten Halm von Gesundheitsküche bringen? Das hätte man mit einem Gurkensalat („Igitt!“) doch wesentlich einfacher und mit deutlich weniger Wareneinsatz haben können.
Nun, was soll ich mehr loben? Das perfekt gegrillte, wunderbar gewürzte Lammfleisch oder das leicht angegrillte Tomaten-Peperoni-Duo. Den fluffigen Bulgur etwa? Oder doch die subtil knoflierte Joghurt-Tunke, welche die darunter verborgene Grünbeilage erst auf schmackhaftes Niveau hob. Keine Ahnung, ich fand meinen „Karisik Izgara“ jedenfalls sehr gelungen und würde dort jederzeit wieder „angrillen“ lassen.
Danke Oparazzo für den guten Tipp und die gute Gesellschaft. Hoffentlich können wir uns das kulinarische Karlsruhe bald wieder gemeinsam vorknöpfen.