Zurück zu EssZimmer in der BMW Welt
GastroGuide-User: Obacht!
Obacht! hat EssZimmer in der BMW Welt in 80809 München bewertet.
vor 7 Jahren
"Kochkunst in stillvollem Ambiente"
Verifiziert

Geschrieben am 10.11.2017 | Aktualisiert am 17.12.2017
Besucht am 07.11.2017 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 426 EUR
Prolog

Es ist immer wieder faszinierend für mich, wenn auf dem Mittleren Ring das BMW Hochhaus und die dazugehörende BMW-Welt ins Blickfeld rückt. Jedem Autofan sei es ans Herz gelegt, sich letztere einmal anzuschauen. Die Tiefgarage ist großzügig angelegt, und mit dem Lift erreicht man bequem die darüberliegenden Etagen. Während ich die schnittigen neuen Modelle links liegen ließ und begeistert eine knuffige Isetta fotografierte, schaute sich Schatzl nach den Motorrädern um. Da wäre schon was für ihn dabeigewesen, aber mit einem energischen Zupfen an seinem Ärmel rief ich ihm den eigentlichen Grund unseres Besuchs in Erinnerung, und gemeinsam fuhren wir mit dem Lift in die oberste Etage zum Esszimmer.

1. Kapitel

Die Aufzugstür geht auf, und ein strahlendes Lächeln empfängt uns. Eine äußerst sympathische junge Dame erledigt mit uns die Formalien (Name, Reservierung, Mäntel) und geleitet uns in Richtung Tisch, wo wir dann von einem anderen guten Geist übernommen werden. Auch hier unauffällige Fürsorge, ist der Tisch recht? Wer mag wo sitzen? Ein Schemelchen für die Handtasche ??

Wir sitzen an der großen Fensterfront, so daß wir einen großartigen Blick in die Tiefe und zum Geschehen der BMW-Welt haben. Wie schön, daß es um diese Jahreszeit schon dunkel ist. So wirken die Lichteffekte ganz anders als im Sommer. Das Esszimmer trägt seinen Namen völlig zu recht. Durch eine ausgesprochen geschickte Raumgestaltung entsteht eine sehr private Atmosphäre. Eyecatcher gibt es gleich drei, einmal der flackernde Kamin, dann die Fenster zur Küche und last but not least der sagenhafte Weinkühlschrank , der mehrere Meter hoch in den Raum ragt und eine gewisse Sportlichkeit des Sommeliers voraussetzt, denn auf der Rückseite der Wand warten zwei Leitern auf ihn, damit er auch die Flaschen in gut drei Metern Höhe erreicht.
der Weinkühlschrank ist der Hammer !
Man wird nicht durch Musik belästigt, vielen Dank dafür!  Muß ich ein Wort über Sauberkeit verlieren? Nein, natürlich nicht.

Kommen wir also zum

2. Kapitel

Frank Glüer (sein Name steht auf der Rechnung) erkundigte sich nach einem Aperitif-Wunsch. Nachdem ich mir zu Hause aber schon online die Weinkarte angeschaut hatte, bestellten wir gleich eine Flasche Raumland Blanc de Blancs 2009 (€ 80,--). Während die Aubergine in Starnberg diesen wunderbaren Sekt (schade, daß er sich nicht Champagner nennen darf) von der Karte genommen hat, seit sie einen Stern haben, finden sich auf der Karte des Esszimmers gleich drei zur Auswahl !! Auch beim Mineralwasser bleiben wir deutsch – sogar bayrisch – mit einer Leonhardsquelle (€ 9.50)

3. Kapitel

Eigentlich hatte ich nun mit einer Brotauswahl gerechnet, stattdessen überraschte uns die reizende junge Service-Dame mit einem Dreierlei aus der Küche: Gebratener Seehecht / Kartoffel-Lauch-Suppe / Aal & Ente mit Frankfurter Soße …. das Brot gab’s im Anschluß:  fein duftendes Focaccia und sardisches Knäckebrot, mit Gewürzöl eingerieben. Dazu Steckrübenmus und Nußbutter.

4. Kapitel

Heldenhaft verzichteten wir auf weiteres Brot, obwohl es uns sehr schwer fiel, aber wir hatten ja noch nicht mal den ersten Gang des Menüs. Und hier zeigt sich die wahre Größe des Küchenchefs, Herrn Bräuer. Die beiden zur Auswahl stehenden Menüs sind nicht in Stein gemeißelt.  Man darf nach Lust und Laune tauschen, wenn man möchte und von vier bis acht Gängen variieren.  Keine Rede von dem von mir so verpönten Menü-Tischzwang !! So kamen bei Schatzl sechs Gänge zusammen (€ 160,--) und bei mir fünf (€ 145,--).

Nachdem dies geklärt war, grüßte uns die Küche mit Yellow Tuna und einem Merrettichwürfel. Bekanntermaßen steht es sich schlecht auf einem Bein, so ging die Küche auf Nummer sicher und sandte ein weiteres Amuse gueule hinterher: ein Zwiebeltascherl mit Topinambur.

Auf diesem Niveau darf es ruhig weitergehen, dachte ich, und das tat es dann auch. Hier mein

5. Kapitel bzw. Menü:

·         Gänseleber aus Ungarn / Kampott Pfeffer / Bohne / Speck Crumble
·         Imperial Kaviar / heimische Rote Bete / Rehschinken / Sauerrahm
·         Sankt Petersfisch aus der Vendée / Kalbskopf / Champagner / Perigord Trüffel
·         Kaninchen aus der Eifel / Agnolotti / Kerbelknolle / Wildkräuter
·         Haselnuß / Williams Christ / Tahiti Vanille / Mascarpone

Man möge mir nachsehen, daß ich kein fotographisches Gedächtnis habe, sondern nur ein paar Anmerkungen zu diesem wundervollem Menü machen möchte:
Gänseleber / Speck Crumble
Danke, daß keine Stopfleber verwendet wurde !! Rote Bete harmoniert mit Kaviar. Freiwillig würde ich nie Kalbskopf essen, aber wenn es denn sein muß, bin ich froh, daß ihn eine Sternekoch zubereitet hat. Der Sankt Petersfisch war überragend !! Die Agnolotti sahen so unscheinbar aus und waren spektakulär…. So gut hat mir Mascarpone selten geschmeckt. 

6. Kapitel

War’s das schon ? Scheint so. Schade ….. Anstelle eines Digestivs lieber einen Espresso (€ 3,50) aufgrund der Heimfahrt nach Garmisch.  A bisserl hatte ich ja gehofft, daß sich vielleicht noch etwas Schokolade an unseren Tisch verirrt. Da tauchte auch schon eine Serviceperle mit einer Schachtel Leckereien auf, gekrönt von einem Hasen mit grünen (eßbaren) Ohren.  Am besten schmeckte mir das Macaron mit Mocca *seufz*.  Und – als hätte es der Pâtissier geahnt - gab’s es nochmal drei Pralinen hinterher. Die dann etwas lieblos auf einem weißen Tellerchen warteten, bis sie verputzt wurden.
KeinOhrHase
*
Epilog

Schmeckt man den Unterschied zwischen 1-Sterne-Küche und 2-Sterne-Küche? Ja, das tut man.  Als wir gingen, ist Herr Bräuer extra vom Nebentisch aufgestanden (die Gäste kannte er wohl näher) und hat uns die Hand gereicht und verabschiedet. Noch schöner wäre es gewesen, hätte er uns dabei in die Augen geschaut.  Die Klasse des Service zeigt sich in so kleinen Dingen wie einem Linkshänder-Löffel, der mir angeboten wurde. Ohne daß ich es bemerkt hätte, wurde ich wohl sehr aufmerksam beobachtet. Gut, daß ich einigermaßen Tischmanieren habe :-)) 

Handys sind nicht verboten, was ein Glück. Schräg gegenüber saß nämlich ein älteres Paar, das sich nach dem Essen anscheinend gar nichts mehr zu sagen hatte, sondern sich lieber ausgiebig mit dem Handy beschäftigte.  Und in einer Ecke saß ein Herr, von dem ich nicht weiß, ob er viel von seinem Menü mitbekommen hat, so intensiv war er in sein E-Book vertieft.

Und zu guter Letzt….

…. würde ich mir Namensschilder für den Service wünschen. Nicht jeder kennt Herrn Glüer, den Sommelier, und auch die jungen Damen hätten wir gerne mit Namen angesprochen.

Keiner hat uns nach Allergien oder Abneigungen gefragt.

Es war ein genußreicher Abend, wir haben jeden Moment genossen.

*
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


kgsbus und 22 andere finden diese Bewertung hilfreich.

Gast im Haus und 23 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.