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GastroGuide-User: tischnotizen
tischnotizen hat maiBeck in 50667 Köln bewertet.
vor 3 Jahren
"Lockdown Stories - Kein Dessert in Herzform, aber mit Herzblut gekocht"

Geschrieben am 17.02.2021
Besucht am 13.02.2021 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 98 EUR
Es ist Valentinstagswoche und was dem Blumenhandel recht ist, ist der Gastronomie nur billig. Viele Restaurants, die Take Away-Menüs anbieten, haben für diesen Tag besondere Gerichte kreiert, häufig mit hochwertigeren Zutaten und daher natürlich auch entsprechend bepreist. Kaum ein Dessert, das nicht in Herzform daherkommt. Daran ist nichts Verwerfliches, denn schließlich gibt es dafür genug Nachfrage - auch in Corona-Zeiten halt nicht anders als sonst.
 
Auch bei Jan Maier und Tobias Becker vom „maiBeck“ in Köln, die nach wie vor ihr 4 Gang-Menü für 49 Euro pro Person anbieten, ist es in der Valentinstagswoche nicht anders als in anderen Jahren – normal eben. Keine Polenta in Herzform, keine Preisaufschläge, einfach nur ein gutes „maiBeck“-Menü.
 
Nach wie vor besticht schon die liebevolle Aufmachung der Box, die in Punkto Nachhaltigkeit auch weiterhin exemplarisch ist. Vorspeise und Dessert sind bereits fertig in Pappschachteln angerichtet und müssen nur unfallfrei auf den Teller befördert werden. Der Pastagang kommt in einer Pappschachtel, der Hauptgang in Bambusschalen, in denen das Gericht im Backofen direkt erwärmt werden kann. Sauce und Topping kommen ebenfalls in kleinen Pappdöschen. Lediglich Raddicchiogemüse und Selleriepüree kommen im Vakuumbeutel. Sehr viel weiter lässt sich der Plastikeinsatz wohl kaum reduzieren.
 
Die Komponenten
 
Nach dem ausgezeichneten Brot, das auf der Oberfläche mit einigen Kräutern aromatisiert ist,
 
Brot & Butter
 
starten wir mit dem Tatar vom Prümer Rind mit Garnele und diversen Cremes, das in „maiBeck“-Manier sehr kompakt angerichtet ist. Gepickeltes Gemüse und Röstzwiebel-Kartoffel-Crunch steuern Säure und Textur bei. Das fein gewolfte Fleisch ist nur dezent gewürzt. Dafür lässt es sich mit den diversen Komponenten in vielfältiger Weise kombinieren und gibt so mit jedem Bissen eine andere Nuance frei.
 
Tatar vom Prümer Rind / Mittelmeergarnele / Frankfurter Kräuter / Röstzwiebeln
 
Während die frischen Ricotta Tortelli für nur wenige Minuten im sprudelnden Wasser kochen, wird das Raddicchio-Gemüse im Topf erwärmt. Das geschmorte Gemüse hat noch eine angenehme Bitterkeit, etwas das ja mittlerweile gerne vermieden wird, aber im Zusammenspiel mit dem cremigen Ricotta schön eingebunden wird. Die Heidelbeeren bleiben im Radicchio verhältnismäßig unauffällig. Aber ganz wunderbar macht sich die Salsa aus Cashewkernen, die mit etwas Öl etwas Flüssigkeit beisteuert, die ansonsten fehlt. Und auch das Nussige ergänzt sich vorzüglich mit der Pasta und dem Radicchio.
 
Ricotta-Tortelli / Cashewkern-Salsa / geschmorter Radicchio Trevisiano mit Heidelbeeren
 
Den Hauptgang haben Jan Maier und Tobias Becker ebenfalls bereits so vorbereitet, dass man die Bambusschale nur im Ofen erhitzen muss. Auf einem Gemüsebett aus Wirsing und Wurzelgemüsen ist ein vorgegartes Stück Kalbsschulter mit einer Kruste versehen.
Separat dazu wird im Wasserbad das Selleriepüree erwärmt und die hochkonzentrierte, stichfeste Sauce wird mit etwas Wasser im kleinen Topf ebenfalls erwärmt. Davon hätte es durchaus etwas mehr sein dürfen, denn abgesehen davon, dass sie ausgezeichnet schmeckt und perfektes Saucenhandwerk demonstriert, ist auch bei sanftestem Erhitzen die Gefahr gegeben, dass sie binnen kürzester Zeit immer weiter einreduziert. Vielleicht sollte ich mir aber auch einfach nur für diese Gelegenheiten mal einen Kleinsttopf zulegen.
Auf dem Teller haben wir dann wunderbar bissfestes Gemüse, ein Stück Fleisch, das sich superzart bereits mit der Gabel löst. Die Kruste ist an die Füllung angelehnt, die man auch von einem Filet Wellington kennt, also vor allem auf Basis von feinst gewürfelten Champignons. Zusammen mit dem auch sehr guten Selleriepüree ein mehr als befriedigendes Gericht.
 
Kalbsschulter aus dem Münsterland / Wellingtonkruste / feines Ragout von Wirsing & Wurzelgemüse / Kartoffel-Selleriepüree
 
Auch das Dessert hat die Küche bereits fertig vorbereitet. Will man es nicht gleich direkt aus dem Becher essen, muss man es also nur noch einigermaßen ansehnlich auf einen Teller befördern. Ähnlich unkompliziert, aber deshalb nicht minder lecker, präsentiert sich dann auch die Kombination aus Topfencreme, Baiser, Würfeln von Mandelbiskuit und Kompott von Rhabarber und Himbeeren, in denen der bissfeste Rhababer deutlich vorherrschend ist. Ein schöner Abschluss.
 
Mandelbisquit / Topfen / Baiser / Rhabarber und Himbeere aus 2020 
 
Auch dieses Menü aus der „maiBeck“-Küche hat wieder einmal bewiesen, was den Stil dort ausmacht: hervorragende Zutaten, überwiegend aus der Region, gerne kompakt kombiniert und angerichtet, immer mit einem kreativen Twist. Dazu kommt ein Konzept, das mit möglichst wenig Plastikmüll auskommt und zuhause nur wenige Handgriffe erfordert. Von daher ist dies wahrscheinlich von allen Angeboten, die wir bisher in Anspruch genommen haben, das mit dem geringsten Arbeitsaufwand – aber vom Genussfaktor sicher alles andere als einfach, sondern immer eine sichere Bank.
 
#supportyourlocalrestaurants
DETAILBEWERTUNG
Service
keine Wertung
Sauberkeit
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
Preis/Leistung


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