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GastroGuide-User: Ehemalige User
Ehemalige User hat Beef and Reef in 30171 Hannover bewertet.
vor 9 Jahren
"Der Stern leuchtet nach wie vor in der schummrig, kulinarisch eher bescheidenen Südstadt Hannovers"
Verifiziert

Geschrieben am 17.01.2016 | Aktualisiert am 17.01.2016
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Beef and Reef
Besucht am 16.01.2016
 
Ankunft 19:00 Uhr im Tiefschnee. Natürlich nicht geräumt. Das ist eben der Nachteil, wenn es nur Chefs gibt. Nach Abklopfen der Schuhe und einer Gedenkminute auf der noch hinreichend trockenen großen Schmutzfangmatte gesellten wir uns zum reservierten Tisch, den ryanair mit Angetrauter bereits okkupiert hatte. Diesmal stand der Tisch dort, wo das meiste Leben tobt. Das Restaurant war gut gefüllt, und es wurde noch mehr.  Der Chef, der unseren Service erledigte, Konrad, hatte uns sofort wieder erkannt und versäumte es auch nicht, sich für meine letzte Bewertung hier zu bedanken. Ich bin ja gar nicht eitel (wird von meiner Frau in Abrede gestellt), aber man freut sich.

Was das tobende Leben angeht, war es auch heute wieder deutlich vernehmbar. Man musste ganz gut brüllen, um sein Gegenüber zu erreichen. Unser Konrad versicherte, ohne darauf hingewiesen worden zu sein, dass für die Akustik etwas getan werde. Deckensegel seien in der Planung. Na dann man los. Wollen wir hoffen dass der Laden dann nicht vom Auftrieb abgehoben wird.

Die Tische (ich glaube, dunkelholziges Resopal) haben an jedem Platz ein dunkelolives Deckchen aus geflochtemem Kunststoff. Eingedeckt war schön mit der ersten Besteckgarnitur, acht recht universellen Gläsern und einer dekorierten Stoffserviette (blütenweiß). Die Stühle sind hinreichend bequem für längeres Verweilen und nahmen auf klaglos meine Jacke auf.

Wiederum gab es einen Edelstahlkühler für das Loona feinperlig (6,50) und weiterhin sei positiv vermerkt, dass es offenen Wein in 0,1 und 0,2 gibt. Ryanairs Frau, die sich an Loona still ungekühlt festhielt und gemeinhin nicht so richtig trinkfest ist, war dankbar für die kleine Größe (3,20). Wir anderen nahmen nach dem obligatorischen Champagner für alle (Flasche Taittinger 82.-) einen Primitivo doppio passo von Botter Casa Vinicola mit 13%, der butterweich und mit 22,50 Euro sehr günstig war. Es ist schön, wenn jemand geschmackssicher beim Einkauf auch günstige gut trinkbare Tropfen findet. Vielleicht hält ja eines Tages auch der meist günstige Nicolas Feuillatte in der Champagnerauswahl Einzug. Heute wurde uns als Alternative nur der hochpreisige Ruinart blanc de blanc angeboten. Weil bei meinen Mitstreitern Unsicherheit bei den angebotenen Rotweinen herrschte, kam ein Probierschluck für meine Frau und Ryanair, der diese aber nachhaltig überzeugte.

Als Amuse gueule kam wieder das ausgezeichnete hausgemachte Weißbrot mit einem zum Leidwesen meiner Frau paprikahaltigen Dip. Da aber der Rotwein schon da war, war das keine Tragik. Wie auch ich schätzt sie gutes Weißbrot mit einem Schluck Rotwein mehr als die meisten Dips.

Unser Konrad (ryanair kennt den ganzen Namen) hatte bis dahin schon mit multiplen (freundlichen und nie penetranten) Fragen bis auf gewissen Vorlieben im Privatbereich so ziemlich alle unsere Neigungen erforscht. Mein medium rare beim Hauptgericht sagte er mir aber auf den Kopf zu. Ich versichere, dass mir kein Blut aus den Mundwinkeln lief. Ich nahm das Beef-And-Reef-Carpaccio aus weißem Thun und Rinderfilet (10,50) und eine 300-Gramm-Entrecote. Da ich ausnahmsweise am Vormittag einen kleinen Snack zu Hause hatte, war es nicht schlimm, kein T-Bone vorzufinden. Zweifellos haben Restaurants den riesigen Vorteil gegenüber der heimischen Küche, sich das Fleisch selbst aus einem Strang zurecht zu schneiden. Kaufe ich ein Entrecote-Steak, bekomme ich es einem Zentimeter dick und 12 X 20 cm in der Ausdehnung.  Das wird nie gut. Es gibt 1000 Fleischklopfer und nicht einen Kompaktierer außer der Burger-Presse.  Da sind Erfinder gefragt. Ich glaube , da würde ich sogar über ein wenig Chemie hinweg sehen – ein Tropfen aufs Fleisch und schwupp ist es klein und dick.

Mein Carpaccio war ebenso gut wie das gebratene Wildschweinfilet (noch zart rosa) meiner Frau. Beides wurde mit Rucola serviert, bei meiner Frau kamen noch hausgemacht wirkende Preiselbeeren hinzu.  Ein zweiter Korb Brot wurde nachgereicht. Sehr auffallend war die ausgezeichnete Qualität des Olivenöls und der Parmesanspäne über meinen Rinderscheiben. Da ist nicht gespart worden.

Die Steaks waren wieder die Reise wert. Super-Röstaromen mit Laserschwertfurchen wie beim Griechen, innen en point und ohne Nachwürzen perfekt, klein in der Ausdehnung, aber gut drei Zentimeter hoch geschnitten. Die Bratkaroffeln mit nur leicht angeschwitzten roten Zwiebeln hatten ihren Namen verdient. Sie hatten Zeit in der Pfanne. Die Kräuterbutter lag auf ein paar angemachten Frisee-Blättern, wäre also für die Nichtliebhaber problemlos entsorgbar gewesen. Für drei Euro hatte ich mir noch ein Schälchen gebratenes Marktgemüse gegönnt. Die ausgezeichneten Zuckerschoten darin stahl mir meine Frau fast vollständig.
Über die Filets der andern hörte ich nur Wohlwollendes.

Die Dessertkarte wurde und gebracht. Wegen der Klemmbretter ist es ein Leichtes, immer die passende Seite obenauf zu haben. Bei der dort angebotenen Apfelschnitte erwog meine Frau, sich eine Portion einpacken zu lassen. Was dann auf den Tellern der anderen drei lag, bekehrte sie schnell. Wir drei nahmen das gemischte Dessert zu 8,50 mit Mousse au chocolat, Mango-Sorbet und Apfelschnitte. Letztere war in Schichten aufgebaut und schmeckte prima, hatte aber eine quietschgrünen Apfelstreifen (die dänische schreiend gefärbte Limonade hat sie schon als Jugendliche verweigert.)  Das Sorbet war einen Hauch unterhalb dessen im Tesoro, aber immer noch sehr gut. Die Mousse war locker und nicht übersüßt. Die Champagnerflasche wurde leer.

Etwas gaaaanz Wichtiges habe ich vergessen: das Angebot eines Digestifs aufs Haus. Ryamair nahm Zwetschge, ich Marille, dem Bekunden nach aus Östereich. ungewöhnlich süß, aber gut

Nach zweieinhalb Stunden verließen wir das Restaurant gut gesättigt und höchst zufrieden und um 330 Euro/ 4 ärmer.

Nach Küchenreise die 5, unbedingt wieder
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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