Zurück zu Villa Melsheimer · Villa Wine & Dine
GastroGuide-User: Carsten1972
Carsten1972 hat Villa Melsheimer · Villa Wine & Dine in 56861 Reil bewertet.
vor 3 Jahren
"Zwei in Einem......"

Geschrieben am 27.09.2021 | Aktualisiert am 25.01.2022
Besucht am 24.09.2021 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 275 EUR
...das findet man in Reil in der Villa Melsheimer. Das Hotel bietet seinen Gästen und externen Besuchern zwei Restaurants. Einmal die Villa Classic sowie das Wine & Dine, deren Küchen nach Inaugenscheinnahme der Karten einmal gehobene bürgerliche Küche bieten, sowie im Fall des Wine & Dine eine feinere Menü Auswahl. Beheimatet ist man im gleichen Gebäude, eben der Villa Melsheimer. 

Die beiden Restaurants sind hier in GG getrennt angelegt, ich vereine das auch nicht wieder. Da meine Frau und ich während unserer Moselwanderwoche in Traben-Trabach wieder einmal kein Hotel bekommen konnten für eine Nacht, wurde kurzerhand unser Aufenthalt im Reiler Hof von einem auf zwei Tage verlängert. Bei Familie Heim würden wir hervorragend aufgehoben sein, und der zweite Abend unseres Reiler Aufenthaltes bot sich an für eine Einkehr in einem weiteren Restaurant in Reil. Da wir von Leiwen kommend in der Wanderwoche fast ausschließlich bei Winzern übernachtet hatten, und meistens auch deren Straußen zur Einkehr ausgesucht hatten, war klar, in Reil wird es feiner in Bezug auf das Essen. Der letzte Abend war Familie Heim zugedacht (Bericht folgt), deren klassische französische Küche uns immer wieder überzeugt. Der erste Abend in Reil wurde dann nach Konsultation des Internets mit einer Reservierung im Wine & Dine der Villa Melsheimer gefüllt. Nach dem einchecken im Reiler Hof waren wir ausgehfein (so weit das ging nach einer Woche wandern und leben aus dem Rucksack) und standen um ca. 18 Uhr vor der Villa.

Nur eine Straße trennt das Gebäude vom Moselufer, eine schöne Terrasse bietet einen tollen Blick auf den Fluss. Leider war das an unserem Besuchsabend keine Option für das geplante Abendessen, wir wollten ja mehr als einen Flammkuchen essen. Frau Melsheimer, die mit ihrem Mann das Restaurant leitet, nahm uns in Empfang und führte uns in den Gastraum, den beide "Restaurants" im Haus zugleich nutzen.

Sehr edel war das Ambiente! So fein hatten wir das gar nicht erwartet. Ich war wirklich überrascht, schon beim durchsehen der gebotenen Speisen auf der HP und nun mit dem gewahr werden des Ambientes fragt man sich, warum das Restaurants in keinem Restaurantführer hervorgehoben wird. Wir nahmen an einem vorbildlich eingedeckten Tisch Platz und ließen uns die Karten reichen. Ein Wasser wurde bestellt, und zwei trockene Reiler Winzersekte veredelt mit eingelegten Hibiskus(blüten). 

Das war ein schöner Start in unseren kulinarischen Freitagabend. Das Speisenangebot lässt sich auf der HP einsehen. Im Wine & Dine sind es 3 Menüs, eines mit Fokus auf den fine dining Bereich, ein Regionales sowie ein Vegetarisches. Obwohl nicht explizit angeboten, traue ich der Küche nach unserem Abend im Restaurant auch zu, ein veganes Angebot zu machen. Die Wahl fiel wirklich schwer. Letztendlich orderte meine Frau das vegetarische Menü in 4 Gängen erweitert um einen Gang aus dem regionalen Menü, der anfänglich für Stirnrunzeln sorgte, aber dazu später mehr. Ich wollte mich den 5 Gängen anpassen, aber es war mir unmöglich aus dem fine dining Menü (ohne Käse) mit 7 Gängen zwei zu streichen, zu verlockend alles. Blick zu meiner Frau, sie nickte, zwei Gänge mehr für mich waren genehmigt! Die Bestellung ging an Frau Katharina Ekelik, die uns zusammen mit Frau Melsheimer und einem jungen Azubi, Herr Sujana, bediente. Nachdem die Wahl getroffen war, wurde unser Tisch neu eingedeckt mit Besteck für unsere Order. Frau Ekelik servierte uns Brot mit verschiedenen Dips.

und 

Ich weiß nicht, ob das Brot im Hause gebacken wird, aber die Qualität war gut. Dazu gab es eine Tapenade aus getrockneten Tomaten und zwei Cremes mit Kräutern und Senf Saat (Öl). Inzwischen hatten wir die Weinkarte konsultiert. Ein kleines Problem haben wir immer an der Mosel! Die Winzer können oder wollen keine wirklich trockenen Weine erzeugen! Nominell gibt es sie, aber bis auf ganz wenige Ausnahmen ist das, was ein Moselwinzer trocken nennt, an der Nahe (oder dem Rheingau) nahe dran an einem halbtrockenen Wein. Wir orientieren uns immer auch am Alkoholgehalt, ist der bei 13 Prozent oder höher, dann ist soviel Zucker umgewandelt, dass wir den Wein auch als trocken empfinden. Bei einem Winzer aus der "Nachbarschaft" von Reil wissen wir, dass seine Weine trocken sind. 

So wurde also einer von "Ernie" Loosen bestellt, nicht ohne die Nachfrage, das dies "ein recht saurer" Wein wäre! Wissen wir, und wir freuen uns nach einer Woche Weinen mit viel Süße (außer bei Grans Fassian und Thomas Haag) endlich mal einen Wein zum essen zu trinken, den wir als trocken empfinden. Diese Diskussion wurde beendet, die Küche servierte ihren Gruß!

Hoppla, da wurden wir mal mit einem Kunstwerk überrascht. Frau Ekelik verkündete zum Gang: Heilbutt | Zucchini | Erbse | Cous Cous| Safran | Dill. Hatte uns das Team der Villa einen Stern verschwiegen? War mein Guide veraltet? Oder der GM? Was für eine kulinarische Akkuratesse! Der Heilbutt war zu einer Farce verarbeitet, in Zucchini-Scheiben gehüllt und thronte auf einem Bett aus Cous Cous. Die Aromen kamen aus dem Safran (Creme), dem Dill (Öl) und den Erbsen als Creme! Großartig war das und ließ uns etwas sprachlos zurück nach dieser Überrumpelung! Ich war schon vorher gespannt auf das Menü gewesen, aber nun grenzenlos neugierig, was sich die Küche noch so einfallen ließ! Das Menü begann bei meiner Frau mit Zucchini 2.0 Carpaccio, Tatar, Parmesan, Pinienkerne, Portulak, Safran

wieder diese handwerkliche Präzision beim anrichten! Wow, alleine der Anblick lässt einen zum Liebhaber vegetarischer Küche werden. Meine Frau war äußerst glücklich mit ihrem Menü Auftakt. Mein erster Gang wurde parallel serviert. Gelbflossenmakrele Sashimi, Gurken-Sorbet, Orange, Dill war der überschrieben.

Auch bei mir die gleiche Präzision beim anrichten. Hamachi kann ich eh nicht liegenlassen, wenn auf der Karte. Roh war der Fisch, dünn geschnitten in der Mitte des Tellers. Orange brachte eine saure und süße Note in das Gericht, Creme und als Kompott, dazu ein Dill-Öl. Großartig das Sorbet! Ich war glücklich. Zwei Suppen wurden als Gang 2 am Tisch aufgegossen.

Karotten Vanille Suppe, Delice, Fingermöhren, Orange für meine Frau.

Schnittlauch-Suppe aus dem Villa Garten, Robiola, Radieschen, Schnittlauch-Kapern, Schwarzbrot für mich. Der Teller meiner Frau perfekt mit allen Begleitern auf dem Rand. Leider wurde mein ebenso schön angerichteter Teller vor dem eingießen durch das übergießen mit der Sauce unauffälliger. Schande über mein Kritiker Haupt, dass ich in ein Gespräch verwickelt war. Aber beide Teller waren das, was eine Suppe sein muss, konzentrierte Aromen! Der nächste Gang war einer nur für mich. Geschabtes Filet vom Büffel, Languste, Schalotten, Umami verkündete die Karte.

Tja, ich konnte mir unter geschabtes vom Büffel so gar nichts vorstellen, nun bot sich mir ein Tatar dar. Das war aber sicher nicht geschabt, sondern schön fein geschnitten. Kunstfreiheit der Küche beim benennen der Gänge. Darauf ein Stück Langustenschwanz und getrocknete Schalotte. Das Ganze war mit einem aromatisierten Öl umgeben, deutliche Aromen nach Piment d'espelette wies das auf. Umani war gegeben! Das war bis jetzt schon ein erfreulicher kulinarischer Rundgang durch die Küche der Villa Melsheimer. Um mich mit meiner Frau wieder in (Gänge) Einklang zu bringen, wurde auch der für mich 4. Gang vor dem 3. Gang meiner Frau serviert.

Jakobsmuschel Carpaccio, Ponzu, Enoki, Yuzu, Kaviar, Valrhona Schokolade war mal eine Rundfahrt durch alle möglichen Aromen! Der optische Leckerbissen wurde auch zu einem kulinarischen Leckerbissen. Kalte, rohe Scheiben aus Jakobsmuschel sehr guter Qualität wurden ergänzt durch würzige Ponzu, den Enoki Pilzen und Kaviar. Was erst etwas verrückt klang, verbreitete dann Genuss, die weiße Schokolade brachte Geschmeidigkeit in den Teller und ergänzte das fette Umani auf dem Teller aufs feinste! Bester Gang bisher! Gang 3 (Frau) oder 5 (ich) wurden serviert.

Mediterrane Ravioli, Artischocken Schaum, Basilikum Öl, Wildkräuter für meine Frau.

Weißer Heilbutt, Minimais, Maiskolben geröstet, Polenta, Popcorn, Miso für mich. Genau zum richtigen Zeitpunkt fuhr die Küche die aromatische Schlagzahl etwas runter. Geschmeidige Wohlfühlaromen wurden serviert, keine Extravaganzen hier. Das waren schlotzige Teller genau zum richtigen Augenblick. Mit geschärften Geschmacksnerven warten wir auf den Hauptgang. Für meine Frau Tomahawk Steak vom Moselschwein, Biohof Althaus Zell, Wurzelgemüse und Sandkartoffeln

und ich bekam meinen Hauptgang Rosa Brust von der Challans Ente, Granny Smith, Morcheln, Thai Spargel, Süßkartoffel, Vadouvan

Hier wurden die Geschmacksknospen wieder gefordert! Ich genoss wunderbare französische Ente mit passenden Begleitern. Spargel, Morcheln und Vadouvan sorgten für aromatischen Tiefgang. Süßkartoffeln und Apfel sorgten für Ausgleich, sehr fein! Die Brust natürlich, nach diesem Menü erwartet man da nichts anderes mehr, perfekt rosa gegart. Meine Frau hatte mit ihrem Wunsch nach dem ergänzenden Gang im vegetarischen Menü kurz für Stirnrunzeln gesorgt bei Frau Ekelik, aber dann war der Raviloi Gang ganz schnell zum Zwischengang reduziert und meine Frau erfreute sich an einem wunderbar gegrillten Tomahawk vom Schwein. Zum Abschluss erwarteten wir noch die Desserts.

Erdbeere Estragon Buchweizen Crumble, Mus, Gel, Sponge, Kaviar, Sorbet für meine Tischgenossin. 

Sanddorn, Sternanis, Meringue, Mus, Sponge, Gel, Sorbet für den Herrn. Wie so häufig lass ich hier die Fotos für sich sprechen! Wunderbares Patisserie Handwerk! Und weil sie das können, macht die Küche zum Kaffee auch noch eigene petit fous oder Trüffel.

Lecker! Direkt auf der anderen Flussseite der Mosel blickt man von der Villa Melsheimer auf die Lage Burger Hahnenschrittchen. Von dieser Lage wurde noch eine zweite Flasche Wein aufgemacht. Das Reiler Weingut Steffens Keß produziert aus dieser Lage einen Riesling, den auch wir als trocken bezeichnen. 

Dann waren wir durch mit unserem Genussabend in der Villa Melsheimer. Und ich kann äußerst beeindruckt ein erfreuliches Fazit ziehen. Was die Küche unter der Leitung von Chef Dirk Melsheimer und Küchenchef Alessandro Riemer im Team mit Entremetier Robin Remus und Azubi Satrai Permadi uns an diesem Abend serviert hat, dass war Sternewürdig! Nichts anderes kann man zum gebotenen aussagen! Die Akkuratesse im anrichten der Gerichte erinnerte mich an den Stil von Lars Keiling zu Zeiten seines 2 Sterne Restaurants in Bad Bentheim.

Und auch der Service von Frau Melsheimer, Frau Ekelik und Herrn Sujana stand dieser Leistung in nichts nach! Neben der Professionalität bestach der Service durch eine direkte und frohe Zu-Gewandtheit, die in uns ein großes Wohlgefühl aufkommen ließ!

Wir kommen ganz sicher wieder! Herzliche Grüße vom Wanderpaar, dass auch in Nicht-Abendgarderobe so wunderbar Willkommen geheißen wurde! 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


kgsbus und 23 andere finden diese Bewertung hilfreich.

simba47533 und 24 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.