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Das Restaurant selber ist seit einigen Jahren in einem flachen Gebäude entlang der Bahnstrecke Bremen-Hannover beheimatet, vielleicht ein Behelfsbau aus der Nachkriegszeit. Die ehemaligen Veranda ist mittlerweile komplett umbaut und großzügig verglast. Hier kann man auch an trüberen Tagen hübsch sitzen, wobei es nach meiner Erfahrung in solchen „Schuppen“ oft übelst zieht. Aber das ist Spekulation und an diesem Sommertag sicher nicht das Problem der Golden Ager und Freundinnen-Gruppen, die es sich lautstark gut gehen ließen, wie ich durch die geöffneten Fenster live miterleben durfte. Auch mehrere Südamerikanerinnen waren unter den Gästen; ist ja nicht die schlechteste Visitenkarte für eine exotische Gastro. Nach hinten gleicht der Raum einem langen Schlauch, links Theke und Küchenzeile, rechts mit notdürftiger Deko hingezimmerte „gemütliche“ Nischen. Kann man mögen... Wenn ich beim Essen ungestört Geheimnisse austauschen will, nehm ich lieber eine Priölke im Bremer Ratskeller.
Angesichts des doch regen Zuspruchs war die Besetzung etwas dünn. Eine Dame in der Küche, eine im Service, die auch für die Getränke zuständig war. Ich halte sie für die Betreiberin, denn die Auskünfte waren freundlich und fachkundig. Nach der ersten Runde dauerte es - zwangsläufig - recht lange, bis sie wieder vor der Tür erscheinen konnte, so dass ich mich für spätere Bestellungen eigenfüßig an die Theke begab. Speisen musste ich dabei nicht zurücktragen, denn das Essen im Pajaten war zwar anders als im Pachamama, aber ebenfalls gut.
Was sich problemlos vergleichen ließ, denn nach Durchsicht des Angebots fasste ich natürlich den kühnen Vorsatz, weitgehend identisch zu bestellen.
Was schon beim Getränk scheiterte. Cusqueño steht zwar Karte, sei aber „aus“. Nun gut, es hätte hier wohl kaum anders geschmeckt. Aber: Wenn die Wirtin dir kein Bier gibt, bestell halt Chicha Morada! Schon wieder eine Premiere! Nicht etwa, da eine Einkehr auch außerhalb der Fastenzeit so ganz ohne geistige Getränke blieb, sondern weil ich ganz sicher noch nie etwas auf der Basis von ausgekochtem Purpurmais getrunken hatte. Wer sich für die Zubereitung interessiert, möge bitte dem Link folgen
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Chicha_morada#Zubereitung
Optisch und auch am Gaumen erinnerte es an eingekochten Kirschsaft, aber mit deutlichen Aromen von Zitrone, Zimt und Nelke (Wie Kinder-Glühwein?).
Mir zu süß, aber etwas verdünnt, gerne wieder. Der halbe Liter schlug auf dem ordentlichen Kassenbon mit satten 5€ zu Buche.
Für den gerösteten Knuspermais, der im Pachamama auf‘s Haus ging, hätte ich hier 3,5€ (!) löhnen müssen. Vielleicht wäre die Portionsgröße ja entsprechend gewesen; ich verzichtete dankend und orderte erneut
Empanadas
Leche de Jaguar (Richtig so, wie kommt der Tiger überhaupt in die Anden?)
Causa limeña de pollo
Anticuchos und Patacones mit Huancaina-Soße
Und ohne ein Schmankerl ging‘s los:
Statt einer großen kam hier ein Trio von drei kleinen Teigtaschen (10€), alle sich gleichend wie ein Ei dem anderen und diejenigen mit Fleischfüllung zur Unterscheidung mit einem kleinen Brandzeichen versehen.
Also höchstwahrscheinlich vorgefertigte Ware, deren Teig auch deutlich dicker war und auch nicht so fein knusperte wie bei den drei Damen vom Anden-Grill. Die Füllungen waren kräftig, aber nicht überwürzt.
Besonderheit: Die vegetarische Version war mit lockerem Weißkäse gefüllt und frittiert, ein Tequeño.
Das hat natürlich wieder etwas Boden gut gemacht, aber trotzdem fehlte die Raffinesse des Vortags: Punkt für das Pachamama.
Auch beim Ceviche (9,5€) ging das Pajaten eigene Wege. Statt einer frittierten Garnele wurde ein gekochtes Exemplar noch mit Kopf und Panzer aufgelegt, das gegen den knusprigen Kameraden etwas das Nachsehen hatte. Das glich dann der getrocknete Mais wieder aus, der hier anstelle der eingekochten Riesen-Variante vorhanden war. Als Fisch wurde Rotbarsch verwendet, eine der leider vielen überfischten Arten. Für die „Raubkatzen-Milch“ wurde lt. Karte neben Limettensaft Chili-Art Aji de Limo (Lemon Drops) genutzt, die wohl auch einen eigenen Zitrusgeschmack mitbringt. Da überrascht zwar, dass weniger Schärfe im Spiel war, aber nicht die kräftige Säure. Für den Ausgleich war im Pachamama der eingekochte süße Mais zuständig, im Pajaten erfüllte Süßkartoffel die gleich Aufgabe. Statt der Gemüseeinlage begleiteten hier nur rote Zwiebeln den Fisch, die etwas gröber geschnitten waren.
Zwei unterschiedliche Varianten; für mich ein geschmackliches Unentschieden.
Noch interessanter dann die zweite Causa de pollo (8,5€), die zumindest äußerlich der Premiere sehr nahe kam; Avocado war allerdings reichlicher verwendet worden. Die Innenansicht zeigte einen höheren Kartoffelanteil, den die Küche zu einem gröberen Püree verarbeitet hatte. Auch das Hähnchen in größeren Fetzen, was kein Schaden war. Die Farbe belegte wieder die gelbe Paprika, aber am Gaumen überraschte die fast völlige Abwesenheit von Limette.
Same, same but different.
Beim Hauptgericht wenig Überraschendes. Die Scheiben vom Rinderherz (9,5€) kamen aus der Pfanne, nicht vom Grill. Das Muskelfleisch war besser pariert, aber ordentlich kauen musste ich auch diesmal. Die angenehm pikante Sauce leider nur sparsam portioniert. Am Gaumen leider ein Totalausfall die gekochten Maiskolbenringe. Würde ich jetzt erst mal nicht wieder bestellen.
Die frittierte Kochbanane (6,5€) etwas dünner geschnitten, die Panade nicht ganz so knusprig wie tags zuvor aber durchaus gelungen. Da passte es doch gut, dass wie zum Fleisch ein Töpfchen Huancaína-Salsa serviert wurde.
Die braven Leute aus der Anden-Stadt Huancayo vermengen Frischkäse mit der beliebten gelben Chili Aji Amarilla, Knoblauch und roten Zwiebeln zu einer cremigen, würzigen Käsesauce. Die Karte wies keine Zusatzstoffe aus, trotzdem kam sie mir wie ein Industrieprodukt vor. Sie war schon bei den Vorspeisen reichlich zur Verzierung verwendet worden. Beim letzten Teller leichte Vorteile für das Pajaten.
„Und damit darf ich zum Fazit kommen“ (C.), nämlich meiner kleinen Battle:
Beide Restaurants sind zu empfehlen, auch um eine neue Küche kennenzulernen.
Die Speisen im Pachamama schienen mir einen Tick „echter“. Die Authentizität kann ich gar nicht beurteilen, aber sie hatten im Vergleich(!) mehr Eigenständigkeit. Im Pajaten alles professioneller und „glatter“. Aber wie immer Geschmacksache - und das ist auch gut so!