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Berlin, zweiter Tag, 07.06.2017 als Privatier zum Essen mit einer guten Freundin.
Nachdem meine Recherche keinen spannenden Griechen zu Tage brachte und der alternativ ausgewählte Türke in Kreuzberg wegen falscher Küchenrichtung bei meiner Berliner Begleiterin durchfiel, dachte ich, dass Tapas passen sollten.
Aus den Prinz-Empfehlungen filterte ich dann das Anda Lucia heraus, gelegen am Savignyplatz, einem der gediegensten Ausgehviertel im Westen der Stadt. Da wir uns immer viel zu erzählen haben, ist ein ruhiges Restaurant mit Intimität wahrenden Tischabständen für unsere Abende passend. Das Anda Lucia war das ganze Gegenteil, aber wir hatten ein Restauranterlebnis, dass keine Reue aufkommen lässt. Wer es also authentisch, eng und laut mag, der muss das Anda Lucia besuchen, zumal auch die Tapas überzeugen.
Am besuchten Mittwochabend mit Schauern war das Anda Lucia innen voll belegt und einige Tapfere setzten sich im Laufe des Abends an die dem Innenbereich nächstgelegene Tischreihe. Natürlich Touris, aber auch Stammgäste.
Auf der Homepage sieht man das Speisen- und Getränkeangebot und eine Fotoimpression (http://andalucia-berlin.de/).
Beim Preis-Leistungsverhältnis muss man zwischen den Preisen für die Speisen und die Getränke differenzieren. Die Speisen fand ich fair bepreist (= vier Sterne), bei den Getränken wird hingelangt (= 2,5 Sterne). Macht für die Totalbewertung solide drei Sterne.
Service:
Im Service tummelten sich drei Kellner an den Tischen und zwei jüngere Frauen sorgten für die Getränke und das Füllen der Tapasschalen aus der Vitrine, die L-förmig den Tresen krönt. Alle schwarz gewandet. Ein Kellner war eindeutig der Platzhirsch und machte den feurigen Spanier, drei Hemdknöpfe tief und laut und ständig kommunizierend, gerne mit blonden weiblichen Gästen. Als ich kurz vor 18 Uhr erschien und noch wenig los war, sang er, unterstützt von der blonden Zapferin, laut zur Musikbeschallung, die flamencomäßig war. Auch wenn meine Beschreibung leicht ironisch klingt, die gute Laune und umtriebige Art waren authentisch. Auch die später hinzukommende schwarzhaarige Tresenfrau war gut drauf, sprach aber kein Deutsch. Auch die spanische Blondine tat, glaube ich, nur so, als ob sie einen verstehe. Aber der Platzhirsch verstand wohl alles, vergaß aber auch gerne.
Ich hatte auf den Namen meiner Berliner Begleiterin reserviert und am Telefon schon kein gutes Gefühl – zu gehetzt und kurz wirkte mein gegenüber. Und tatsächlich, im Buch las ich nur drei Namen und meine Reservierung war nicht darunter. Aber er bot mir einen günstig gelegenen Hochtisch an, auf dem vier Gedecke gezaubert worden waren. Für uns zwei ging es nach vollzähliger Tapasbeschickung so gerade.
Die erste Getränkeorder klappte noch, danach musste ständig erinnert werden. Meinen dritten Rosé erschlich ich mir beim Platzhirsch dreist, als er den beiden Blondinen am Nachbartisch über den Tresen hinweg nachschenkte und ich mein Glas unwiderstehlich dreist unter die Flasche streckte! Das Chaos bei der Getränkeversorgung hatte seinen Preis, denn auf dem Bon fehlten im Ergebnis ein Bier und ein Rosé.
Immerhin gab er uns zum Abschied einen Brandy aus, der in vorgewärmten Gläsern serviert wurde.
Die Tapas kamen in passenden Abständen auf den Tisch.
Insgesamt also bei der Getränkeversorgung eine schlechte Pflichtübung, aber ansonsten ein herrliches Schauspiel, so dass ich einen Kürbonus gewähre und gute vier Sterne punkte.
Für ein Warsteiner, dass ich immer zu vermeiden versuche, werden sage und schreibe für 0,3 l 3,40 € fällig, eine Flasche spanisches Mineralwasser 0,75 l kostet 6,00 €. Die sechs offenen Weine liegen für 0,2 l zwischen 5,50 € und 6,30 €. Erwähnt werden muss die große Auswahl an spanischen Flaschenweinen bis hin zu Hochgewächsen.
Essen:
Mein Plan war, erst einmal eine Runde Tapas ordern, quasi als ersten Gang und danach schauen, wie es um den Appetit für eine Hauptspeise steht oder vielleicht nur noch weitere Tapas zur Sättigung nachschieben.
So hatte jeder von uns das Recht, drei Tapas auszuwählen, ergänzt um Aioli (1,80 €) und einen Korb Brot, der standardmäßig gereicht wird.
Ich will erst einmal das Aioli in den Himmel loben: Standfest und wunderbar geknobt. Ein solches Aioli habe ich nach meiner Erinnerung in den letzten zehn Jahren nur noch bei einem Spanier in Köln genießen dürfen, ansonsten werden meist Industrieplürren mit etwas Knoblauchgranulat dreist als Aioli auf den Tisch gebracht. Dazu passend ein Baguette, leicht grobporig in der Krume und knusprig in der Kruste. Daran könnte ich mich sattessen.
Aber es kamen ja noch: Datteln im Speckmantel (4,80 €), frittierte Calamari (4,70 €), Fleischbällchen in Tomatensoße (4,90 €), frittierte Chorizo (4,90 €), Oktopus galizischer Art (10,70 €), Kroketten mit zweierlei Füllung (6,20 €) und Pimientos mit Meersalz (7,90 €). Wer mitzählt, wird nun sieben Tapas feststellen. Es muss damit zu tun haben, dass die von mir gewünschten Babycalamari in eigener Tinte nicht vorrätig waren und ich den Oktopus als Ersatz wählte und der Platzhirsch mich vergatterte, auch die frittierten Calamari zu kosten.
Die Portionsgrößen waren gut bis großzügig, was insbesondere für die Pimientos und den Oktopus galt. Geschmacklich und vom Handwerk her gab es keinen Ausfall. Meine Favoriten waren die Pimientos mit Meersalz, der Oktopus, der etwas zu reichlich mit süßem Paprikapulver bestreut war und die Chorizo. Auch meine Begleiterin hat lecker mitgegessen.
Eine Pfeffermühle wurde uns gebracht.
Für Aioli, Brot und Tapas gerne 4,5 Sterne.
Ambiente:
Am Savignyplatz isst man gerne draußen, was dem Platz an warmen Abenden ein südländisches Flair verleiht. So hat auch das Anda Lucia drei Reihen mit ordentlichen Möbeln vor die Front gestellt. Die bodentiefen Fenster können geöffnet werden. An der Fassade und an den Innenwänden Ornamentfliesen mit maurischen Motive und – drinnen – Flamencomotive. Große, runde Lampenschirme spenden sanftes Licht. Passend die dunklen Tische und Stühle und ein heller Fliesenboden. Alles stimmig.
Die „Tischgrößen“ in den Nischen noch akzeptabel, an den Zweiertischen ist es eng und sie stehen eng beieinander.
Am Abend saßen wir neben dem Tresen an geöffneten Fenstern und trotzdem musste für die Unterhaltung schon lauter gesprochen werden. Wenn kein Schall nach draußen dringen kann, muss der Geräuschpegel im Anda Lucia Höhen erklimmen, die eine normale Unterhaltung nicht mehr erlauben.
Neu und geschmackvoll die Herrentoilette im Keller.
Sauberkeit:
Gepflegt und sauber.