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In Dresden und der zweite Versuch, sozusagen Völkerfreundschaft aus DDR-Zeiten kulinarisch zu erleben. Nach der mauen Erfahrung mit den kubanischen Kampfgenossen im Varadero in Leipzig, wurden nun die Tschechen geprüft.
In sieben ostdeutschen Städten (neben Dresden in Leipzig, Chemnitz, Zwickau, Halle, Magdeburg und Rostock/Warnemünde) gibt es Wenzels Prager Bierstuben. Es muss also eine alte Verbundenheit der ostdeutschen Landsleute mit der tschechisch-böhmischen Bierkultur und Küche geben, die der Wenzel erfolgreich nutzt.
Meine Versuche, im Winter als Alleinreisender im Wenzel in der barocken Königstraße unterzukommen, waren erfolglos, so brummte es im Brauhaus! Am warmen Sommerabend im August an einem Donnerstag herrschte drinnen gähnende Leere und erst langsam füllte sich am Abend die große Terrasse, für die die herrschaftlich breit angelegte Barockstraße ausreichend Platz bietet.
Der Wenzel ist bei Einheimischen und Gästen der Stadt gleichermaßen beliebt und erinnert insgesamt an die großen Trinkanstalten im Rheinland oder in fränkischen oder bayerischen Gefilden, was als Empfehlung zu verstehen ist.
Das Preisniveau ist durchaus ambitioniert und da lasse ich die Sternenuhr bei schon urlaubsbedingt wohlwollenden 3,25 stehen.
Auf der Homepage finden sich die Speise- und Getränkekarte als Download und einige wenige Fotoimpressionen: http://www.wenzel-bierstuben.de/standorte/dresden/.
Service:
Die Wenzelfarben des Kellnerornats sind braun (Bluse, Hemd) und beige (Schürze). Zwei Frauen und ein Mann, der wohl auch der Zapfer war, erschienen auf der Terrasse. Beim Erstkontakt mit unser „Tischdame“ wurde erst einmal das Knoblauchbrot offeriert, an das wir beim Kartenstudium nicht dachten, hatten wir doch unsere übliche Folge aus VS und HS im Sinn. Uns nicht überrumpelt fühlend, sagten wir spontan ja. Und dann kam auch flott das Knoblauchbrot und die georderten Getränke standen noch aus. Wo sie blieben, so meine Frage und die spürbar indignierte Antwort, sie beim nächsten Gang nach drinnen aufzunehmen und zu bringen. Tiefe Freundschaft schien nach diesem Dialog nicht mehr möglich. Aber beiderseitiges Bemühen sorgte für Entspannung und unsere Kellnerin erwies sich als patent und angenehm, bot von sich aus Wartezeiten zwischen den Gängen an, was in eine 4-Sterne-Bewertung führt.
Beim Wenzel ist Biertrinken angesagt. Krusovice, Budweiser, Staropramen und Bakalar stehen mit je zwei Bieren auf der Karte, ergänzt durch ein Weizen vom Paulaner. Die Preise ambitioniert: 0,3 l Bakalar gibt es noch für 2,70 €, alle anderen kommen auf 3,20 €; die Halbe liegt bei 3,90 € resp. 4,55 €. Vier unterschiedliche Biere löschten meinen Sommerdurst und am Ende war das dunkle Bakalar der Gewinner, auch wenn das auf der Karte vermerkte „kräftige Hopfenbitter“ für mich verhalten war (zugegeben: mein Lieblingsbier ist zur Zeit das Pale Ale der Union Brauerei Bremen mit 40 Bittereinheiten, da fällt so ziemlich alles an herkömmlichen Massenbieren weit ab).
Auch beim Nichtalkoholischen wird zugegriffen. Ein halber Liter Gerolsteiner steht mit maßlosen 5,30 € auf der Karte. Die vier schlichten offenen Weine sind mit 6,40 € für 0,2 l auch klar überteuert.
Essen:
Die Karte ist überschaubar und bietet deftige Hausmannskost. Gulasch, Roulade, Braten, Haxen und Ente dominieren, zumeist von böhmischen Knödeln, Schwarzbiersoße und Sauerkraut oder Rotkohl begleitet.
Aber zuerst erschien ja das Knoblauchbrot in Form von zwei dicken, angekrossten und warmen Scheiben eines Graubrotes mit hohem Roggenanteil, bestrichen mit püriertem Knoblauch. Eine von der Brotwahl her ungewöhnliche Variante, aber gelungen. Solo kostet es 3,95 € und mit zwei Töpfchen Käse (Paprikafrischkäse und Beskydenkäse = geriebener Schafskäse) 5,95 €. Wir kamen ohne Berechnung in den Genuss des Käses, weil er versehentlich mit auf die Platte gestellt wurde und unsere Bedienerin wohl keine Lust hatte, ihn in die Küche zurückzutragen.
Der Beskydenkäse war der Geschmacksträger des Schopskasalates (6,95 €), der als eine Vorspeise aus überwiegend Gurkenwürfeln, ergänzt um Paprika, Tomate und Zwiebeln bestand. Die Vinegraitte hatte eine Dillnote, was von der bulgarischen Zubereitung mit Bohnenkraut geschmacklich deutlich abweicht.
Ich bekam eine Gulaschsuppe in einer kleinen Tasse. Sie hatte derart viel zarte Rindfleischeinlage ohne Fett oder Sehniges, dass fast der Löffel drin stand. Auch geschmacklich überzeugend. Sie kam auf 5,60 €. Zu beiden Speisen gab es ein leicht hörnchenförmiges warmes und knuspriges Brötchen mit Mohn und Sesam.
Nach der gewährten Pause wurden uns die böhmische Rauchhaxe mit Kartoffelknödel (statt der böhmischen) und extra Soße (13,20 €) sowie die Schwarzbierrolle mit Speck- und Kartoffelknödeln (14,50 €) gebracht. Wir haben uns also abweisend gezeigt gegenüber den böhmischen Knödeln, die in Scheiben geschnitten die meisten Gerichte beim Wenzel begleiten. Als ich sie vor vielen Jahren beruflich bedingt nahe der tschechischen Grenze einmal serviert bekam, konnte ich damit nichts anfangen und auch nach Aufklärung konnte ich die fast weißen Scheiben auf meinem Teller nicht als Kloß durchgehen lassen. Geschmeckt hat es nach meiner Erinnerung wie altbackenes Weißbrot und deswegen meide ich diese Knödelart.
Meine Speckknödel erwiesen sich als Semmelknödel mit Speckstückchen und gefielen mir mit der Schwarzbiersoße sehr gut. Die in Scheiben geschnittenen Kartoffelklöße fielen ab. Sie waren sehr fest und weit entfernt vom fluffigen Thüringer Kartoffelkloß. Ein Volltreffer hingegen war mein Rotkohl, der trocken, noch mit Biss und guter Würze (viel Lorbeer, vielleicht auch Nelke) zu gefallen wusste. Die Schwarzbierrolle ist beschrieben mit Schweinerollbraten mit Paprikahackfleischfüllung. Davon lag eine Scheibe auf dem Teller. Der Rollbraten war am Rand schon etwas trocken, was auf Warmhalten hindeutet, ansonsten zart und geschmacklich bieder.
Die kleine Rauchhaxe wurde ohne Fetthülle serviert und war mild gepökelt. Das Haxenfleisch löste sich leicht vom Knochen. Von der Portionsgröße her ein Gericht für den kleinen Esser. Was nicht mein Geschmack war, war das arg säuerliche Sauerkraut. Es war auch schön trocken, konnte aber nicht mit dem sehr ausbalancierten Süß-Sauer-Verhältnis des Sauerkrauts in der Leipziger Gosenschänke mithalten.
Gute Esser sollten im Wenzel eine Vorspeise mit auswählen, denn die Portionsgrößen sind nicht üppig, was im Übrigen auch meiner sonstigen Brauhauserfahrung entspricht.
Resümieren wir: Knoblauchbrot, Gulaschsuppe, Speckknödel, Rotkohl, Haxe und Soße zeugen von solidem Handwerk und guter Würze. Salat, Sauerkraut und Schwarzbierrolle konnten mich nicht überzeugen. Ausgezählt sind das schwache vier Sterne.
Ambiente:
Das Brauhaus verdient diesen Namen. Durch den großzügigen Eingang betritt man das Atrium mit hundert Plätzen und laut Homepage historischem Glasdach und Steinplattenboden. Links und rechts gehen rustikale Räume ab, die historisierend gemütlich gestaltet sind: Holzboden, blanke Tische und Stühle, gewischte Wände und Decken und dezente Beleuchtung. Regale mit Bierkrügen mahnen an, worum es hier geht. Da lässt es sich behaglich gut zechen. Im Atrium ist viel Platz zwischen den Normal- und Hochtischen.
Sehr groß die Terrasse auf einem Holzpodest. Eher klein fallen die Vierertische aus, an denen man auf bequemen Stühlen Platz nimmt.
Sauberkeit:
Im Restaurant gibt es nichts negativ Auffallendes. Die Toiletten sind modern ausgestattet und auf den ersten Blick vermeintlich großzügig. Bedenkt man aber den möglichen Harn/Andrang relativiert sich dies wohl schnell.