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GastroGuide-User: Minitar
Minitar hat Zur alten Apotheke in 46535 Dinslaken bewertet.
vor 7 Jahren
"Stimmungsvoll dinieren zwischen Reagenzgläsern und Tiegeln"
Verifiziert

Geschrieben am 01.10.2016
Besucht am 28.09.2016 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 26 EUR
Bereits im vergangenen Jahr stand ich staunend vor der Alten Apotheke und hatte nur den einen Wunsch: einmal hier gepflegt zu Abend essen! Das war mir seinerzeit zwar nicht vergönnt, weil das Lokal wegen einer geschlossenen Gesellschaft keine freien Plätze mehr hatte. Doch ein zweiter Versuch lohnt sich immer. Die Alte Apotheke hat zwar erst ab 17 Uhr geöffnet (dafür täglich) und Reservierungen sind stark empfehlenswert, doch wenn man, wie wir, zeitig dran ist und nur einen Tisch für zwei Personen benötigt, kann man Glück haben.
 
Die Apotheke befindet sich in einem historischen Gebäude mitten in der Dinslakener Innenstadt (die übrigens permanent saniert und generalüberholt und aufgehübscht wird). Die heute denkmalgeschützte Apotheke wurde im Jahre 1665 gegründet und glänzt auch heute noch durch knorriges altes Inventar, durch wandhohe Apothekenschränke, viel dunkle Holzvertäfelung, alte Bilder an den Wänden und enorm viel Atmosphäre. Abends ist das Haus wie eine überdimensionale Puppenstube beleuchtet und lässt seinen warmen Lichterschein bis auf die Straße hinaus erstrahlen. Hier fühlt man Geborgenheit, Tradition, Heimatverbundenheit, Heimeligkeit. Offenbar hat der frühere Besitzer Elmar Sierp hier auch eine Lehranstalt betrieben und pharmazeutischen Nachwuchs ausgebildet.
 
Wenn ich mich recht erinnere, liegt das Lokal in der Fussgängerzone. Man sollte seinen PKW also ausserhalb parken, zu Fuss herflanieren oder sein Fahrrad nehmen. Die Alte Apotheke betritt man durch die beeindruckenden Verkaufsräume, in deren Regalen noch wandhoch die Tiegel und Flaschen aus früheren Zeiten stehen. Sitzen kann man in kleinen Nebenräumen, recht vertraut und zuweilen ganz ruhig. In unserem Gastraum standen nur 4 – 5 Tische zur Auswahl. Vom ersten Moment an wohltuend: die Stille und Abgeschiedenheit, endlich mal keine Dauermusikbelästigung aus sämtlichen Lautsprechern. Das halte ich für durchaus nachahmenswert. Andernorts muss man richtig dafür kämpfen, dass die Dauerbeschallung wenigstens ein bisschen gedämpft wird, so dass wenigstens eine minimale Konversation möglich ist. Hier herrscht geradezu intime Ruhe.
 
Die großformatige Karte hatten wir fälschlicherweise erst mal nur als Weinkarte interpretiert. Aber nein, dazwischen verbergen sich auch feine Speisen: kleine Häppchen zum Wein (z.B. Käse oder Oliven oder ein mediterraner Brotkorb), zweierlei Süppchen, ein üppiger Haussalat, der mit diversen Zutaten aufgepimpt werden kann, kleine Vorspeisen wie Bruschetta oder eine Ofenkartoffel, sowie herzhafte Hauptspeisen wie Burger, Hering, Pasta, Fisch oder Fleisch, dazu auch ein paar Desserts. Alle Speisen werden absolut frisch und ohne Zusatzstoffe hergestellt.
 
Im Mittelpunkt steht natürlich die umfangreiche Weinkarte, die eine Auswahl von Weinen in meist dreierlei Darreichungsformen anbietet: 0,1 Liter, 0,2 Liter oder 1 Liter. Man findet ausgewählte Rot-, Weiss- und Roseweine aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Übersee – alle Weine werden auf der Karte kurz vorgestellt und klassifiziert. Für Unentschiedene gibt es kleine Weinproben, wie das „Treppchen“ (5 Weisswein-Pröbchen (insg. 0,2 l) und unterschiedliche Brotsorten für etwas unter 10 Euro) oder spezielle Degustationen. Mein Wunsch nach einem speziellen, sortenreinen Rotweinschorle konnte selbstverständlich nachgekommen werden, allerdings mit (verständlichem Aufpreis).
 
Der Service war hochprofessionell und zuvorkommend; meine Anmerkungen und Wünsche wurden mit großer Ruhe angenommen. Trotz der frischen Zubereitung wurden die Speisen erstaunlich schnell serviert. Die cremige, sämige Tomatensuppe (5,80 Euro) wurde in einem großzügigen, tiefen Teller serviert und überraschte durch frische Kräuter und gut spürbare Tomatenstückchen. Sie sättigte lang anhaltend und tat einfach wohltuend gut im Magen. Der Salat natur (ohne zusätzliche Beigaben) imponierte mit unglaublich viel Eigengeschmack, knackiger Frische, würzig gerösteten Croutons und nicht zu wenig Sonnenblumenkernen. Mit dem aromatischen Balsamico-Senfdressing wurde nicht gespart – ohne dass der frische Lollorosso und all das Grünzeug (Paprika, Rucola, Radicchio, Strauchtomate, Salatgurke, Radieschen, Möhren) darin ertränkt worden wären. 11,80 Euro waren vollkommen angemessen für diesen riesigen Teller voll von knackigen Köstlichkeiten. Am Nebentisch musste sich ein Gast, der noch Garnelen als Zugabe gewählt hatte, erschöpft die Hälfte des Salates einpacken lassen. Dem wurde anstandslos nachgekommen.

Die Toiletten befinden sich im hinteren Bereich des Gebäudes und sind mindestens genauso sehenswert und mit Hingabe eingerichtet wie die restlichen Räume. Regelmäßig finden in der Alten Apotheke Veranstaltungen statt mit Musik, Kabarett, Comedy und Kleinkunst. Dafür sollte man schon im Vorfeld extra Tickets erwerben. Alles in allem waren wir vom wundervollen Ambiente dieses historischen Gebäudes verzaubert und können einen Besuch nur wärmstens anempfehlen.
 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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simba47533 und 2 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.